Stadtblick
Von der Phantasie beflügelt – ist das schon eine Spur von Alice? (Einstieg in die Linzer Welt nach unten)
Von der Phantasie beflügelt – ist das schon eine Spur von Alice? (Einstieg in die Linzer Welt nach unten)
Im Sommer lud FIFTITU% zu zwei Animationsfilmabenden ins Moviemento Kino. Michaela Schoissengeier hat sich das Animationsfilmfestival tricky women angesehen und berichtet über ein 2-Tage-Festival, mehrere Schwerpunkte – und fokussiert am Ende auf Arbeiten von Veronika Schubert.
„Getting Closer“ das Jahresmotto 2017 von FIFTITU% war die Überschrift der beiden Filmabende im Juni. Die Festivaldirektorinnen Birgit Wagner und Waltraud Grausgruber von tricky women Wien, die das Programm zusammengestellt haben, setzten bei der Auswahl der Beiträge noch die Schwerpunkte „Migration/Family“ und „Beziehungen/Gesellschaften“.
Insgesamt wurden 19 Beiträge von internationalen Filmschaffenden gezeigt und es wurde sichtbar, was der Animationsfilm alles kann. Wagner und Grausgruber, die auch am ersten Abend anwesend waren, war es wichtig, neben den Inhalten auch die Vielfalt von unterschiedlichen Techniken zu zeigen. Von sehr einfachen, wenigen Strichen bis zu aufwändigen Figuren aus Knetmasse wurde die Bandbreite der Möglichkeiten gut dargestellt.
1998 ist das Gründungsjahr von FIFTITU%, tricky women flimmerte 2001 das erste Mal über die Leinwand. Seitdem fand das internationale Animationsfilmfestival in Wien 14 Mal statt, immer Anfang März, rund um den internationalen Frauen*tag, und legt dabei den Fokus auf die Arbeiten von Frauen*. Damit bekleidet tricky women eine herausragende Position in der internationalen Filmlandschaft. Neben dem Wettbewerb bietet das Festival in thematisch immer wieder neu ausgerichteten Spezialprogrammen und Retrospektiven einen Überblick über das Animationsfilmschaffen von Künstlerinnen aus aller Welt und insbesondere von österreichischen Filmemacherinnen. 2017 stand Japan, das Land mit einer langen und reichen Tradition an Animes und Mangas im Mittelpunkt des Geschehens.
FIFTITU%
„2016 haben wir mit dem Jahresfokus Break it down versucht, heteronormative Strukturen frontal anzugehen und aufzubrechen und eine Reinterpretation von Geschlecht, Sprache und Handeln zu forcieren.“1, heißt es im Programm von FIFTITU%. FIFTITU% wird kommendes Jahr 20 Jahre alt und solche Jubiläen lösen so manche Ambivalenzen aus. Ein Grund zum Feiern? Ja, sicher! Feste feiern ist schön. Andererseits zeigt es auch den Zustand der Gesellschaft, die sich in vielen Angelegenheiten verändert hat und sich weiter ändert, die Geschlechterfrage gehört nur bedingt dazu. FIFTITU% ist lästig, FIFTITU% bleibt dran, FIFTITU% reflektiert sich selber kritisch – Attribute, die nicht immer gern gesehen werden, noch weniger wertgeschätzt, was sich auch in der Verringerung von monetären Zuwendungen zeigt.
Veronika Schubert: In erster Linie
Veronika Schubert im weißen Schutzanzug, mit Atemmaske und Taucherbrille nähert sie sich ihrem Arbeitsplatz, den sie nur durch herunterhängende Plastikfolien erreicht. Der Laptop liegt verkehrt mit dem Bildschirm auf den Rücken. Über 3000 kleine Glasplättchen sollen es werden, die sie feinsäuberlich nacheinander auf den Bildschirm legt und auf denen sie dann mit einem Gravierstift Wolkenformationen nachzeichnet, besser gesagt nachgraviert. „Ein so GRAVIERENDES Thema wie die Art und Weise des Umgangs mit Flüchtlingen in Krisensituationen konnte nur in Glas graviert werden“, meint die Künstlerin auf ihrer Homepage. Die so entstandenen Linien lassen jedoch nicht mehr unbedingt an Wolken denken, sondern ähneln eher sich ständig verändernden Grenzlinien auf Landkarten. Daraus ist der 5’20 Minuten lange Animationsfilm „In erster Linie“ entstanden, der 2016 seine Premiere feierte und beim Vienna shorts festival 2017 zum besten österreichischen Film gekürt wurde – Herzliche Gratulation!
Veronika Schubert sammelt und archiviert Sätze und das schon seit ihrer Jugendzeit. Konsequent arbeitet sie mit dem Medium Sprache. Mittlerweile ist schon ein beachtlicher Fundus angewachsen, auf den sie für ihre Arbeiten immer wieder zurückgreifen kann. Vertont wurde der Kurzfilm „In erster Linie“ mit einzelnen Sätzen aus Nachrichtensendungen des österreichischen Fernsehens, die ab September 2015 aufgenommen wurden. Die daraus montierte Collage bildet die Hilflosigkeit und Unfähigkeit der österreichischen Politik ebenso ab wie die Uneinigkeit auf europäischer Ebene. „In erster Linie“ gehörte dem Programm „Beziehungen/Gesellschaftsstrukturen“ am zweiten Filmabend an. Der Film irritiert, verstört und macht neugierig.
Und was machst du so?
Veronika Schubert macht vieles, zum Beispiel strickt sie als Diplomarbeit 2005 ihren Film „Tele-Dialog“ und beschäftigt sich darin mit der Sprache „einfach gestrickter“ Fernsehsendungen. Davor, 2004, wurde zur Präsentation des Videos „Schildertausch“ auf die Fassade des architekturforums oberösterreich das Zitat „Und was machst du so? angebracht, das aus ihrer Zeitungsüberschriften-Sammlung stammt, noch immer die Hausmauer des afos ziert und zum kurzen Innehalten einlädt. 2010 entsteht die Arbeit „Säg gaad“ – dafür verwendet sie handschriftlich aufgezeichnete Lustenauer Dialektwörter. Hunderte überlagerte Einzelbilder von gestickten Umrisslinien reproduzieren sich immer wieder neu. Veronika Schubert ist in Vorarlberg geboren und zeigt vor dem Hintergrund ihrer eigenen Herkunft die Komplexität der Konstruktion von Persönlichkeit. Dazwischen und danach gibt es viele wunderbare Arbeiten, worin Sprache filetiert, wortwörtlich zerlegt und neu zusammengesetzt wird, verbunden mit präzisem Handwerk. Eine schöne umfangreiche Werkschau gibt es auf der Homepage der Künstlerin.
1 www.fiftitu.at/de/node/405
Veronika Schubert, geboren in Vorarlberg, studierte experimentelle visuelle Gestaltung an der Kunstuniversität in Linz und lebt in Wien.
Im Rohnerhaus gibt es aktuell eine Überschriften-Arbeit zu sehen.
05.–07. 10. 2017: SELBST.BESTIMMT
Rohnerhaus, Lauterach (Vorarlberg)
„Archiv-Nr. 0749: Wo ist hier der Speisewagen“, Print auf Papier, Breite ca. 1,5 m.
www.veronika-schubert.at/galerie/2017.html
Fotos, kleine Gegenstände aus Email, Haarbüschel, Briefkasten-Schild, Reflektorscheibe, weiß getünchte Planzenrestchen, ein Brieflos (LEIDER-KEIN-GEWINN), die schieferblaue Ziege, eine rätselhafte Maria und vor allem viele ausgestrichene Zeilen in bearbeiteten Büchern: Kleine, vermutlich gefundene, erinnerte oder anderweitig hergestellte Dinge sind im Schaufenster des Friseursalons in der Pfarrgasse zu sehen. Birgit Petris Arbeit „auf die Vernichtung vergesse ich immer“ ist noch im September zu sehen. Danach folgt Gregor Graf ab Oktober. Der Friseursalon ist eine Schaufenstergalerie als Leerstandsnutzung, besteht seit Ende 2016, mit drei bis vier Mal wechselnden Ausstellungen pro Jahr, betreut durch das Atelierhaus Salzamt. blog.salzamt-linz.at
FEBRUAR NULL
Wenn es nicht passiert, dann passiert es bald. FEBRUAR NULL ist eine postapokalyptische Zustandsbeschreibung aus der first-person-Perspektive, in der das Hörstück der Linzer Formation Fang den Berg mit Machinima-Elementen zu einem beengenden, audiovisuellen Kosmos verschmilzt. Die Wüste wächst
Dieses großartige, bombastische Hörstück aus Musik, Text und Visuals ist hier nachzuhören und -sehen: vimeo.com/169929176
Letztens lesen wir, dass sich der Autofahrer in Zukunft in seinem selbstfahrenden Auto „wohler fühlen wird als in seinem eigenen Wohnzimmer“, was uns ein wenig nachdenklich stimmt. Nicht wegen der ganzen künstlichen Intelligenz, die ins Auto reinverfrachtet werden muss. Auch nicht wegen des Deep Learnings und des „Weltverständnisses“, dass das Auto dann haben müsste, lesen wir (wir lachen). Sondern wegen des Wohnzimmers. Schon länger fällt auf, dass das Wohnzimmer irgendwie Thema geworden ist – und damit Szenenwechsel in die Kulturhäuser. Dort wird auch gerne davon gesprochen, dass sich die Besucher und Besucherinnen beim Besuch im Museum oder im Theater „wie im eigenen Wohnzimmer fühlen sollen“. Meine Freundin und ich sind uns einig, dass wir, wohlfühlen hin oder her, wenn wir im Museum sind, uns dort gerade NICHT wie in unserem eigenen Wohnzimmer fühlen wollen – denn dann würden wir doch lieber gleich daheimbleiben! Wir erwarten uns von der Kunst schon anderes. Merkwürdig ist das aber, dass das Wohnzimmer überhaupt als Bild für eine Kulturinstitution auftaucht oder jetzt sogar als Auto – und wir fragen uns scharfsinnig: Gibt’s leicht kein Wohnzimmer mehr daheim? Haben die Leute nichts mehr zum Wohnen? Oder, anders: Haben sie keine Zeit mehr zu leben oder keine Ahnung mehr davon, wie das geht? Müssen sie ihr Wohnen, ihr Leben irgendwie anders simulieren? Wir sitzen ja mit Vorliebe im traditionelleren Wohnzimmersubstitut, in einem Café. Dort sprechen wir dann, Stichwort „Weltverständnis“, tatsächlich über richtige Bücher, die wir grade lesen. Am liebsten keine Neuerscheinungen, geht aber auch. Ich habe meinen aktuellen Fast-Klassiker dabei, „The Town and the City“ von Kerouac. Ich intoniere begeistert den Titel The/Town/And/The/City, The/Town/And/The/City und beginne einen kleineren Vortrag darüber, dass das genau der Punkt sei, dass der Town leider oft die City fehlen würde, und sich die Town nur allzu gern gleich wieder mit der Town trifft, wenn man nicht aufpasst und wenn Sie verstehen, was ich meine. Die Stadt und die Stadt ist allerdings überhaupt gleich ein Problem der direkten Übersetzung, der Verdoppelung und Verstärkung oder der nicht eintretenden Transformation. Dann kommt es eben darauf an, sage ich. Die Stadt und die Großstadt vielleicht. Falls man halt überhaupt von etwas Großstädtischem sprechen könne. Und so weiter. Meine Freundin hat auch ein Buch mitgebracht. Wir blättern in Konrad Bayers gesammelten Werken, gerade entlehnt aus der Landesbibliothek. Sie war darauf gestoßen, als sie im Internet diverse Schlagworte in die Suchmaschine eingegeben hatte. Welche und warum weiß ich nicht mehr. Jedenfalls lesen wir jetzt in Bayers konkreten Texten: „franz goldenberg kam zur tür herein und gab mir die hand. ich gab dr. ertel die hand. dr. ertel gab marion bembe die hand. marion bembe gab dr. aust die hand. dr. aust gab dr. herbert krech die hand. dr. herbert krech gab fräulein gisela lietz die hand. fräulein gisela lietz gab ernst günther hansig die hand.“ … und es geht weiter und weiter. Wir hatten das beide früher auch schon mal gelesen. Ich erinnere mich an fra stefano, der in der etwa eine Seite langen Handgeben-Aufzählung auch wieder auftaucht: Ich freue mich über ihn wie über einen alten Bekannten! Was lustig klingt, sagt sie zu mir, hat Ernst Bloch damit kommentiert, dass in Bayers Händeschütteln Witz und Grauen eng zusammenhingen, was Bloch anscheinend als „Heimatlosigkeit“ und als „Sprengung des Verabredeten“ erkannt habe. Das Unheimliche trete so hervor. Übrigens betritt mit diesen Worten ein Bekannter das Lokal, kommt etwas irritiert auf unseren Tisch zu und schüttelt uns beiden die Hand. Wir sehen uns erschrocken an, denn weder wir, noch der Bekannte sind für gewöhnlich in diesem Lokal anzutreffen. Damit ist nun wirklich Schluss mit lustig und wir gehen ganz weg vom Wohlfühlwohnzimmer. Und wechseln abschließend ins Schlafzimmer. Es fällt auf, dass in den diversen Zeitungen neuerdings wieder mehr oder weniger geglückte Kolumnen und Rubriken zu Sex angeboten werden. Wenn sich das nur nicht allzu oft aufs Aussprechen des Direkten beschränken würde! Wie bieder und langweilig. Da hat meine liebe Freundin wieder einmal mehr zu bieten. Das liederliche Weib hat sich eine Zeit lang doch glatt per Internet mit Männern für Sex verabredet. Gerne hat sie mir dann von ihren Begegnungen erzählt bzw. von dem Gerede davor. Also davon, was ich dann „The 60 Minutes before Sex“ genannt habe. Und am Ort des Geschehens, also dort, wo sie sonst nie hingeht und sich mit den Männern getroffen hat, um das Minimum an Kennenlernen zu absolvieren, treffen wir uns heute für unseren privaten Literaturtalk. Ich bedaure fast, dass sie diese Geschichten nie aufgeschrieben hat und überhaupt jetzt auch wieder einen Freund hat, sage ich ihr, kannst du nicht trotzdem, es war immer so lustig? Sie versteht natürlich meine versuchte Sprengung des Verabredeten und antwortet nicht einmal. Und zum Spaß beschließen wir den Nachmittag im Café mit: franz goldenberg kam zur tür herein und fickte mich. ich fickte dr. ertel. dr. ertel fickte marion bembe. marion bembe fickte dr. aust. dr. aust fickte dr. herbert krech. dr. herbert krech fickte fräulein gisela lietz und so weiter. ernst günther hansig und fra stefano kamen natürlich auch noch dran und außerdem ein paar Bekannte. Wir müssen aufpassen, dass uns nach dem Wohnzimmer nicht auch noch das Schlafzimmer genommen wird.
Die Elite der Zukunft wird keine Gedichte mehr schreiben, sie wird intelligent, technisch hochbegabt und von einem pervertierten Triebleben sein, und kein Band wird Intellekt und Trieb verbinden.
Aus: Marlen Haushofers Tapetentür. Jüngst wieder gelesen von Pamela Neuwirth.
Mit einem sensationellen Auftritt voller Leidenschaft und kraftvollem Einsatz begeisterte das österreichische Frauenfußball-Nationalteam bei der EM in den Niederlanden. Der Einzug ins Halbfinale mit einem abgebrühten, knallharten und dennoch mental lockeren (entspanntes Lachen im Gesicht!) Elfmeterschießen gegen Spanien ließ die österreichische Volksseele zu neuem Leben erblühen. Jubelschreie schallten durch die offenen Fenster in diesen heißen Sommertagen.
Die kritische Masse der VerfechterInnen der selbstverständlichen Nennung der „Töchter“ in der Bundeshymne scheint dennoch nicht erreicht worden zu sein. Wohl noch immer zu wenig Kampf. Denn entsprechend dem Vokabular der derzeitigen Frauenministerin und einer Wiener Stadträtin gibt es Dank an erfolgreiche Frauen v. a. für ihren Kampf. Aber, liebe Verantwortliche mit Außenwirkung, wir Frauen sind des Kämpfens müde. Müde. Ja, müde! Ich bin nicht auf die Welt gekommen, um ständig für meinen Platz in der Welt und für meine Rechte kämpfen zu müssen. Zu viele Kämpfe.
Zu viele Kämpfe wurden auch im Fußball verloren. So gegen die übermächtigen Verbände des Männerfußballs im Jahr 1972. Nach nur dreijährigem Bestehen wurde die „FIEFF – Fédération Internationale et Européenne de Football Féminin“ in die Knie gezwungen. Oder eher auf den Boden geworfen. Die zweimalige sehr erfolgreiche Austragung einer jährlichen Weltmeisterschaft im Frauenfußball mit medialer Begleitung in den großen Zeitungen, Live-Übertragungen im Fernsehen und mit bis zu 110.000 StadionbesucherInnen (!!) in Mexiko wuchs zu einem unerträglich bittergroßen Dorn im Auge der kapitalistischen Gier und Eitelkeit der patriarchalen UEFA. Diese drohte den nationalen Fußballverbänden mit Sanktionen, sollten Frauenteams an der neuerlichen WM teilnehmen, was viele nationale Verbände veranlasste, diesen die Teilnahme zu verbieten. Es dauerte 12 Jahre, bis die UEFA einen ersten offiziellen, internationalen Bewerb im Frauenfußball ausrichtete.
Den so lobenswert kämpfenden österreichischen Fußballfrauen widmete der Hip-Hop-Musiker Kid Pex einen eigenen Song, dessen Text erwähnenswert ist. Meine Lieblingszeile: „Ohne billige Schwalbe, ohne vorgespielten Schmerz – Eierstöcke und Herz gegen Kommerz“.
Apropos Eierstöcke, auch wir Frauen haben Eier, ja wir produzieren sie sogar selbst, natürlich unbezahlt und kontinuierlich, fast ein Leben lang. Ein spezieller Dank all den Töchtern, die die Mütter dieser starken Frauen sind. Diese Frauen haben mit ihrer freudvollen Kompromisslosigkeit, ihrer taktischen Disziplin und Antizipationsfähigkeit, einem laufstarken körperlichen Einsatz, und bis auf das Elfmeter-Verhalten im entscheidenden Halbfinale, durch mentale Stärke und einem unbedingten Willen überzeugt. Dies bescherte dem ÖFB das höchste eingespielte Preisgeld mit der berechtigten (und hoffentlich erfolgten) Forderung, diese 700.000 € ausschließlich in den Frauen- und Mädchenfußball zu investieren, v. a. in die Breite, so der Fachjargon.
Lobenswert die ORF-Studiosendungen mit mehrheitlich weiblichen JournalistInnen und ExpertInnen. Auf eine weibliche Stimmbesetzung der KommentatorInnen bei der Spielübertragung bleibt zu hoffen. Aber ob das die männliche österreichische Fußballseele verträgt … oder überwiegt schon der weibliche Anteil an Fußballfans bei der Höchstquote von 1,2 Millionen ZuseherInnen (Marktanteil von 44 %), die das Elfmeterschießen auf ORF eins sahen? Da fangen die Köpfe der MarketingstrategInnen angesichts der möglichen Absatzmärkte zum Rauchen an. Der Kommerz rollt an. Ob der Frauenfußball davon profitieren kann, ist fraglich.
Profitieren werden auf alle Fälle die vielen Mädchen, die sich nun für den aktiven Fußballsport begeistern. Das Ergebnis einer Studie im Rahmen der Aktion „Together #WePlayStrong“ zur Stärkung des Frauenfußballs besagt, dass Fußball selbstbewusst macht und den Zusammenhalt fördert. Sehenswert das Video der Imagekampagne.
PS: Ab diesen Sommer lautet die Hymne: Heimat bist du großer Töchter!!
„Oh Burger Burger Burger – oh Nina Nina Nina ich häng zum Bild vom Krankl – dein Poster in mein Zimmer“
Liedtext-Tipp: Rot-Weiß-Rote Schwestern, Kid Pex
Sport-Tipp: Die Nr. 1 im Frauenfußball in Linz – Union Kleinmünchen (1. Bundesliga)
Google sagt zum Würstelstand „Warmer Hans“: Dauerhaft geschlossen. Die Bewertung gibt 3,7 von 5 Sterne an – es gibt Abschiedsartikel in diversen Tageszeitungen, Beiträge im Lokalfernsehen zum Farewell und das stadteigene Wiki (1) widmet einen Eintrag.
ExillinzerInnen lechzten nach dem Ausgehen nach der Institution „Warmer Hans“ und BesucherInnen der Stadt wurden zu später Stunde zu einem Stelldichein genötigt.
Horden von japanischen Gästen verschlangen biergelenkt die fleischigen Produkte, Hooligans mit selbstgebrachtem Dosenbier sauten mit Käsekrainern herum und blasse, schlaksige Jünglinge und feiste Mädels holten sich nach der Tanzschule – noch in Verkleidung – die verlorenen Kalorien zurück. Die Rede ist von „Legende“, Kult und Institution. Ja, sogar die große Elisabeth T. Spira, die Indie-Regietante des deftigen (Amateur)-Sozialpornos, hatte auch ihren Dreh und menschelte, was das Zeug hielt, herum. Es wird gejammert. Der Untergang einer Kultstätte wird beweint und einhergehend auch gleich der Untergang von Österreich und der Verlust der großen, stolzen Leitkultur. Für den Slowdude war die versiffte Nische eigentlich immer ein abstoßender Ort: Räudiges Ambiente, aber eben nicht kultig genug, um cool zu sein. Oft schlechte – ja sehr schlechte Stimmung bis hin zu gelebter Aggression. Unfreundliches und abgestumpftes Personal – der Slowdude hat Berliner Ansprüche. Pro und Kontra des sozialen Faktors Würstelstand wurde eben am Beispiel „Warmer Hans“ genügend durchexerziert. Das viel wichtigere Element der Auseinandersetzung sollte natürlich der gastronomische Verlust von Pusztalaibchen, des „Bosnadings“ und der restlichen angebotenen Fleischausformungen sein.
Zuallererst, um es abzukürzen: Gott, dem gnädigen Herrn im Himmel sei es gedankt, dass diese grausige Fleischschwemme weg ist und nur mehr in Wort und Bild existiert. Die Erinnerung verklärt. Hoffentlich.
Der Slowdude hat einen Test, der die Qualität von Fastfood schonungslos ermittelt, entwickelt: Das zu testende Produkt kaufen, mit heim nehmen, kalt werden lassen und am nächsten Tag zuerst kalt und dann aufgewärmt verkosten. Beim Pusztalaibchen war dies aber nicht möglich. Hier war es sogar die Intention des Entwicklers: das Pusztalaibchen kann nur heiß und ab 2 Promille problemlos verzehrt werden – so glaubt der Slowdude. Genauso verhält es sich mit dem schrecklichen „Bosnadings“ in Schneckenform. Was da genau drinnen war, wollte und will Mensch nicht wissen. Besser so.
2015 fuhr der Bildhauer Hans Schabus für sein Kunstprojekt „The Long Road from Tall Trees to Tall Houses“ mit dem Rennrad von San Francisco nach New York. Johannes Staudinger fuhr nun mit seinem Rennrad von Linz nach Wien, legte dabei in 8 Stunden und 57 Minuten 232 km zurück, verbrannte 8506 Kalorien und führte mit Hans ein Ateliergespräch über das Fahrrad in seiner künstlerischen Arbeit.
Hans, wir kennen uns seit 1998 und ich hab dich ja nicht kennengelernt als Radfahrenden. Aber bei einem Treffen 2014 fiel mir auf, dass du total süchtig nach Radfahren warst und mir erzählt hast, „Ich schau beim Fenster raus und sobald ich merke, dass das Wetter halbwegs passt, sitz ich am Rad“. Was hat dich am Ende doch zum Radfahren gebracht?
In meiner Kindheit habe ich als 13-Jähriger bei einem Zeichenwettbewerb teilgenommen und da gewann ich ein 10-Gang- Rennrad. Aber keines von der Sorte, welches man heute noch gerne besitzen würde, nichts Cooles, sagen wir so. Es hat in meinem Umfeld keine Radfahrer gegeben. Mit fünfzehn, sechzehn Jahren waren für uns Motorräder, Schifahren und im Sommer Fußballspielen interessant, aber nicht Radfahren. Ich hab mir immer gedacht, wenn ein Radfahrer bei uns auf das Nassfeld, auf den Passo di Pramollo raufgefahren ist, um Himmelswillen, das möchte ich nie in meinem Leben machen, das ist das Verrückteste, was man im Leben machen kann. Später, als ich bereits in Wien war, bin ich immer zu Fuß gegangen, weil ich so in der Stadt viel gesehen habe, Sachen, die für mich neu waren, in den Geschäften, den ganzen Stadtvierteln usw. Ich habe für mich so etwas wie eine Kultur daraus gemacht, nämlich die des Erwanderns, oder des Ergehens. So um 1997 bezog ich ein neues Atelier in einem anderen Bezirk, wo das tägliche zu Fuß Gehen dann zu weit wurde. Ich kaufte mir dann ein altes Rennrad, ein Francesco Moser, eine Spur zu klein, aber mit dem fuhr ich in der Stadt herum. Leider wurde mir dieses Rad 2001 gestohlen. Von einem Onkel, der früher Rennradfahrer war, bekam ich daraufhin ein altes Dancelli. Ich bin aber noch immer nicht richtig Rennradfahren gegangen. Es hat lange gedauert, nämlich bis 2010. Da hab ich mit dem Rauchen und dem Fernsehen aufgehört, und mit dem Rennradfahren begonnen. Eigentlich über einen Freund, der mir das Buch von Robert Penn „Vom Glück auf zwei Rädern“ schenkte. Ich las dieses Buch und war praktisch infiziert! Daraufhin ergab sich eins aufs andere. Hier im 20. Bezirk gab es CAPO, das schönste Fahrradgeschäft, welches gerade vor ein paar Wochen zugesperrt hat, in den 80ern umgebaut wurde und eine Betonfassade mit einem kreisrunden Fenster hatte, welche vom Architekten Carlos Scarpa hätte sein können. Ich wusste, CAPO baut Räder, ich bin zu ihm rein, ließ mir ein Rad bauen und war dann gleich in dieser ganzen Welt gefangen.
Es ist also alles noch nicht solange her. Es hat nicht lange gedauert und bei einem Residency-Projekt auf Sri Lanka hast du ein Fahrrad in deine Arbeit eingebaut?
Genau, das war dann ein bisschen später. Im Winter von 2011 auf 2012. Dort hatten wir eine Ausstellung in Colombo. Ich war damals dabei, etwas mit einem alten, rostigen Rad eines Arbeiters der Residency zu machen. Man muss sich vorstellen, die Räder dort sind alle komplett verrostet wegen der hohen Luftfeuchtigkeit und der salzigen Luft. Der Rahmen hatte richtig große Rostlöcher, wo man hindurchsehen konnte. Andererseits haben die Menschen dort einen Materialbegriff, dass alles was glänzt, dauerhaft ist, d.h. Chrom, Glas und Poliermittel sind must-haves. Ich habe dieses Fahrrad dann zerlegt, die Teile abgelaugt, verchromt, wieder zusammengebaut und sozusagen so etwas wie eine rückwärtige Veredelung durchgeführt, wobei die Oberfläche noch immer zerfressen war, aber jetzt eben verchromt. Doch irgendwann wird sich der Rost wieder durch die neue Chromschicht arbeiten. Anschließend fuhr ich mit dem Rad in einer Tagesfahrt 150 km zur Ausstellung. Die Straße, der Verkehr sind dort anders, es sind Fußgänger, Fahrradfahrer, Auto-, Lastwagen- und Motorradfahrer alle dichtgedrängt beisammen. Das ist, wenn man so sagen möchte, ein visuelles Unterfangen, jeder schaut auf jeden, aber es ist auch brandgefährlich, weil der Verkehr einfach anders funktioniert als bei uns.
Mit diesem verchromten Rad möchte ich die Brücke zur letzten Ausstellung schlagen, wo du 2015 5352 km durch Amerika geradelt bist, „The Long Road from Tall Trees to Tall Houses“. Wie ist es dazu gekommen?
Man muss hier einen Schritt zurückgehen, weil mit dieser Radreise in Sri Lanka und gleichzeitig in Wien, das Begreifen meiner Umgebung mit dem Fahrrad, da hat sich bei mir einiges getan. Nämlich, wie groß so ein Wirkungskreis mit einem Rennrad sein kann. Man kommt relativ weit und sieht sehr viel. Ich bin von Grund auf ein sehr neugieriger Mensch und entdeckte das Fahrrad als Werkzeug, um meine Abenteuerlust zu stillen. Ich hab dann auch begonnen, Wien geographisch ganz anders zu begreifen. Das hat mich irre beflügelt. Das mit dieser amerikanischen Reise hat dann so angefangen, dass diese Radfahrlust immer größer und größer wurde, fast schon unstillbar, d.h. es ist in mir dieser Wunsch größer geworden einfach einmal nichts anderes zu tun als Rad zu fahren. Da ich mit den USA gute Erinnerungen verbinde, weil ich einmal in L.A. eine längere Residency hatte, habe ich einfach die Liebe zum Radfahren, zur USA und das Verlangen nach Alleinsein und einfachen Tätigkeiten, wie das Treten der Pedale, miteinander verknotet. Anfangs war es gar nicht als künstlerisches Projekt gedacht, sondern wirklich als Auszeit. Dann aber ist der künstlerische Egoismus zurückgekommen und hat gesagt, du musst eine Ausstellung daraus machen.
Wie ist dieses Projekt, die Reise mit dem Rad durch Amerika dann generell vom Kunst-Publikum aufgenommen worden?
Es ist ja wirklich schwierig, weil was ich nicht möchte ist, dass es sozusagen so etwas Heroisches ist, wenn man so etwas macht. Weil, das Einzige, was wirklich herausfordernd ist, ist die dafür notwendige Zeit auf die Seite zu schaufeln. Bei mir waren das sechs Wochen, mit An- und Abreise, 50 Tage, die man organisieren muss. Ich kann es jetzt schwer einschätzen, wie so etwas gelesen wird, wie man so was verstehen kann. Für mich war es sehr interessant, es zu machen.
Werden jetzt in deiner Kunst öfter Fahrräder vorkommen?
Nein, das denk ich jetzt nicht, aber… wer weiß? Aber interessant ist ja tatsächlich, wie Konrad Paul Ließmann gesagt hat, dass Fahrräder Reflexionsmaschinen sind. Also, dass das so ein Ort ist, so ein Werkzeug, um über bestimmte Dinge nachzudenken.
In deinen Arbeiten gibt es immer wieder Zitate auf die endlose Säule von Brancusi. Das hat bereits Anfang der 2000er begonnen, wo du die Säule auch in Rumänien, in Targu Jiu besucht hast. Jetzt gibt es die Idee von dir, mit deinen Studierenden mit dem Fahrrad von Wien nach Targu Jiu zu reisen. Was können sich davon Studierende erwarten bzw. mitnehmen?
Was interessant ist für Studierende, diese Reise zur endlosen Säule zu machen, ist erstens einmal, dass man so was wie ein Ziel hat, ein Ziel fokussiert, adressiert. Das Ziel ist diese Skulptur von Brancusi, die endlose Säule, die wichtigste Skulptur des 20. Jahrhunderts, und um diese Skulptur zu begreifen, müssen wir für uns den Raum erobern, der hier dazwischenliegt. Erobern im Sinne einer Aneignung, dass man es auch körperlich begreift und erfährt, als Gruppe, dazu ist das Fahrrad ein wunderbares Werkzeug. Deswegen denke ich, dass das für uns alle einfach eine tolle Erfahrung werden kann, etwas gemeinsam zu machen. Es auch zu sehen, was da dazwischen ist, und es auch aufzunehmen mit allen zur Verfügung stehenden Synapsen.
Links:
Aktuelle Ausstellung: Hans Schabus’ Cafe Hansi im Mumok, Wien:
www.mumok.at/de/events/cafe-hansi
Hans Schabus’ Blog „The Long Road from Tall Trees to Tall Houses“:
from-tall-trees-to-tall-houses.blogspot.co.at
Buch „The Long Road from Tall Trees to Tall Houses“, Harpune Verlag: www.harpune.at/schabus.html
Nachschau: Ausstellung im Salzburger Kunstverein „The Long Road from Tall Trees to Tall Houses“:
www.salzburger-kunstverein.at/at/ausstellungen/vorschau/2016-02-20/hans-schabus
Nachschau: Ausstellung in Kunsthalle Darmstadt „The Long Road from Tall Trees to Tall Houses“:
www.kunsthalle-darmstadt.de/Programm_3_0_gid_1_pid_151.html
Die Referentin hat für diesen Herbst Abby Lee Tee, Patrick Huber, Linde Klement, Elisabeth Kramer, Klemens Pilsl, Us(c)hi Reiter, Gerda Ridler und Jerneja Zavec um ihre Empfehlungen gebeten und bedankt sich an dieser Stelle dafür.
Für unsere Leserinnen und Leser diese ganz persönlichen Tipps hier wieder im Überblick:
Abby Lee Tee
beschäftigt sich mit Musik, Field Recordings und umliegenden Gefilden.
The Future Sound #74 mit Lukas Lauermann & Instant Choir
Independent Publishing #10
Patrik Huber
ist freischaffender Künstler mit interdisziplinären Projekten zwischen Theater/Performance/Musik.
SPOTTER TRIP
ARS Electronica Festival
Linde Klement
Mitarbeiterin im afo architekturforum Oberösterreich, freischaffende Fotografin.
Neue Standards – Zehn Thesen zum Wohnen
G.R.A.M. − Der Regenschirm, die Schaufeln und der koreanische Tanz
Elisabeth Kramer
ist Buchhändlerin, Holzbildhauerin und arbeitet als freischaffende Künstlerin mit den Methoden des Räumlichen. Sie lebt und arbeitet im Hausruckviertel und in Linz.
OUT OF DÖRFL – Der Film
OUT OF DÖRFL – Die Ausstellung
Egon-Hofmann-Haus – Film und Diskussion
Jam-Sessions im Jazzkeller Burghausen
Klemens Pilsl
ist Soziologe, Text- & Kulturarbeiter. Er arbeitet und schreibt meistens für die KUPF – Kulturplattform OÖ.
Lehrgang Kunst- & Kulturmanagement
Ausdrucksspiel
Us(c)hi Reiter
beschäftigt sich mit digitalen Medien, alternativer Software, neuen Technologien und gesellschaftlichen Implikationen einer vernetzten Gesellschaft.
„From C to X: networked feminisms, explores the theories and practices of cyberfeminism, xenofeminism and feminist critiques of technology“
Sternführung: Sternhaufen: Wo 100 Sonnen funkeln
Gerda Ridler
ist wissenschaftliche Direktorin des Oberösterreichischen Landesmuseums.
Oberösterreich ist überdurchschnittlich!
STERNE. Kosmische Kunst von 1900 bis heute
Jerneja Zavec
ist Philosophin und Politikwissenschaftlerin, sie arbeitet bei FIFTITU% – Feministisches Forum für Frauen* in Kunst und Kultur in Oberösterreich. Ihre Schwerpunkte sind Feminismus und Migration in Beziehung zu Kunst und Kultur.
Wie wird hier gesprochen?
City of Women
Tipps von Die Referentin
Turnton Docklands
SPOTTER TRIP
CARNEVAL OF FEAR Life starts when fear ends
music unlimited 31
maerz sprachkunst 5: Autorenmusik sprechbohrer
MYTHOS VON THEUTH