Das Rad richtig raushängen lassen

Der Linzer Harald Huckey Renner ist Schlagzeuger, Rapper, Kulturarbeiter – und überzeugter Radfahrer. Johannes Staudinger plauderte mit ihm am Südbahnhofmarkt über das Fahrrad als Verkehrsmittel und Kunstobjekt sowie darüber, dass bezüglich Velo alle Zeichen in Linz gerade auf Grün stehen.

 

Meine Frau und ich waren vor einiger Zeit in Tallinn, Estland. Wir borgen uns oft und gerne Fahrräder aus, um die Umgebung relativ easy kennenzulernen. Dort gab es Miniräder zum Ausleihen, was ziemlich lässig war. Das wär doch auch bei uns was, jetzt, wo sowieso davon gesprochen wird, wieder ein Fahrradverleihsystem nach Linz zu bringen? So ein Leihsystem hat es auch Mitte der 80er in Bologna gegeben. Das System war gratis. Das wurde dann aber wieder eingestellt, weil sich die Einheimischen zu oft die Räder behalten haben. So unter dem Motto, ich leih mir morgen sowieso wieder ein Rad aus. Die haben sich die Räder ins Vorhaus gestellt, weil am nächsten Morgen wäre dann keines mehr zur Verfügung gestanden. Das ist dann aber eben zu oft passiert.

 

In Wien war es beim ersten Verleihsystem anfangs das gleiche. Grundsätzlich kommt die Idee für Fahrradverleihsysteme aus der Anarchistenszene aus Amsterdam. Dort wurde gesagt, wir stellen einfach Fahrräder auf die Straße und jeder nimmt sich eines, wie es gerade gebraucht wird. Aus dem ist eigentlich ein Geschäftsmodell entstanden.

Gibt es aber jetzt noch in Amsterdam! Ein ex-besetztes Haus, das jetzt ein Cafe, veganes Restaurant und Fahrradwerkstatt und -verleih ist. Dort bekommt man halt nur wirklich alte Räder, die repariert sind. Amsterdam ist eine riesige Fahrradstadt, abgesehen davon kannst du überall fahren, es gibt überall Radwege, die breit genug sind und jeder darf sie nutzen, und die Menschen kommen auch zurecht damit, bezugnehmend auf Fußgänger, usw., die Autofahrer nehmen auch schon mehr Rücksicht, passen schon mehr auf. Das ist natürlich ein Traum und keiner legt auf teure Carbonräder oder Citycruiser wert, 90, 95 Prozent sind Hollandräder. Das sind die mit dem breiten Rahmen, die ausschauen, wie ein besseres Waffenrad. Wir haben uns dann bei Mikes Bikes welche ausgeliehen. Ein Privater, der dort verleiht und repariert, der Mike eben. Der ganze Verleih ist dort in zwei Minuten erledigt. Angeblich ist es in Dänemark, in Kopenhagen noch besser, lässiger?

 

Du meinst die Fahrradinfrastruktur und -freundlichkeit generell? Mittlerweile gibt es einen Wettkampf der Fahrradstädte in Europa.

Was überhaupt keine Fahrradstadt ist, ist Lissabon. Da hab ich mir gedacht, was ist mit euch, aber wie ich dann dort war, hab ich es verstanden. Da geht es die ganze Zeit nur so rauf, dort siehst du voll wenig Radfahrer. Es geht nicht, dort kannst du nicht andauernd Berge bezwingen. Hamburg haben wir uns auch angeschaut. Dort haben wir auch den Radverleih gesehen, der, glaube ich, mit der Stadt Hamburg und irgendwie mit der deutschen Bahn zusammenhängt. Billig ist mir dieser Verleih nicht vorgekommen. Eh klar, das ist immer die Sichtweise vom Geldbörsl, aber ich finde, im Sinne von alle Öffis müssen gratis zu nutzen sein, dass auch ein Fahrradverleihsystem, wenn möglich, gratis angeboten werden muss, zumindest für echt jeden leistbar sein muss. Ein Euro am Tag wär OK, aber viele Leute können sich z. B. nicht 12 Euro am Tag leisten. Am schönsten wäre ein Gratis-Leihsystem. Man kann sich einfach ein Rad nehmen, welches man dann zurückstellt und man traut den Leuten einfach soviel Vernunft zu. Das muss man halt entsprechend promoten. In Barcelona hingegen sind wir auf zwei Fahrradverleihstationen aufmerksam geworden, wo wir uns dann auch gleich welche ausborgen wollten. In der Tourist-Info hat man uns dann gesagt, dass der Verleih superbillig sei, aber nicht für Touristen, sondern nur für Barcelonetis. Wir sind zerknirscht wieder raus auf die Straße gegangen.

 

Wie ist dein Blick auf das Fahrrad in der Kunst bzw. wo taucht es in Kunst und Kultur für dich auf?

Das Fahrrad hat immer zur Kunst und Kultur gehört. Veranstalter wie Musiker sind mit dem Fahrrad unterwegs, das war schon immer Teil unserer Kultur. Wie oft bin ich für die KAPU flyern und plakatieren gefahren? Natürlich ist hier auch das Fahrrad das Gescheiteste. Aber nicht als Sportgerät, sondern als nützliches Fortbewegungsmittel. Ich brauche keine fancy Fahrräder, für mich muss das Fahrrad laufen, sehr stabil sein, darf nicht kaputt werden. Ich verlange nicht mehr davon. In der Kunst fällt mir auf, dass das Fahrrad auch immer mehr zum Thema wird und auf den Fahrradboom reagiert wird. Dazu fällt mir natürlich Hans Schabus ein. Das Fahrrad fällt mir aber auch ein, weil immer mehr Künstler und Musiker mit dem Rennrad fahren. Da fällt mir Hans Falkner von Attwenger ein, der gleich Dynamo Neubau in Wien mitbegründete. Kulturarbeiter und Künstler nutzen das Fahrrad vermehrt. Sie lassen es heutzutage richtig raushängen. Früher gab es das nicht so. Man hat so das Gefühl, als würde das Fahrrad offensiver in Szene gesetzt.

 

Wo ist eigentlich dein Fahrrad jetzt? Es ist ja immer bei dir vor dem Haus gestanden?

Mir wurde der Sattel gestohlen! Es gibt für mein Fahrrad leider keine genormte Sattelstütze, die den nötigen Durchmesser hat. Jetzt kann ich wahrscheinlich, wegen des Sattels das ganze Fahrrad entsorgen. Wir haben eh noch gesucht, weil sich ja oft irgendwelche Typen einen Jux machen und den gestohlenen Sattel beim nächsten Hauseck wegwerfen. Jetzt frag ich noch beim rostigen Esel. Vielleicht finden die eine Lösung. Ich brauch einfach wieder ein Miniradl! Dabei hab ich das Rad in letzter Zeit eh immer wieder ins Haus gestellt, aber ich sehe es nicht ein, warum ich das Rad nicht einfach vor der Haustüre abgesperrt stehen lassen kann, ohne dass mir jemand irgendwas zertrümmern oder runterstehlen muss! Für mich ist wichtig, dass ich in der Früh beim Haus rausgehe, aufs Rad steig und damit fahre. Ist ja cool! – bin eh oft spät dran, da will ich es nicht noch auch vorher aus dem Keller herauftragen müssen. Jetzt wurden mir schon Miniräder nahegelegt, welche man zusammenlegen kann. Sowas brauch ich nicht wirklich.

 

Obwohl, so ein zusammenlegbares Rad könntest du dann in der Straßenbahn in Linz mitnehmen.

Eh, aber ich fang nicht bei der Mozartkreuzung an das Rad zusammen zu klappen, damit ich es nach der Straßenbahnfahrt bei der Goethekreuzung wieder aufklappen kann. Räder müssen wieder generell in den Öffis mitgenommen werden dürfen. Das geht ja in anderen Städten auch, wie in Wien oder Amsterdam! Wenn es da eine Möglichkeit gäbe, mit Haltevorrichtungen auf der Bim oder mit einem Schiebewagon, wo man vor dem Fahrer die Räder raufschiebt. Einfach als Erweiterung für den öffentlichen Verkehr! Das würde vielleicht wieder mehr Autofahrer umdenken lassen? Ist immer eine Frage, wie offen auch die Politik dafür ist? Gerade in Linz, aufgrund der Verkehrsituation, würden jetzt alle Zeichen dafür auf Grün stehen!

 

Du bist auch Mitglied des Vereins Velodrom Linz. Was machst du dabei?

Ich hab mich dem Verein angeschlossen, weil ich es interessant und lässig finden würde, hier in Linz ein Velodrom zu bekommen. Ich bin jetzt nicht der große Rennfahrer, aber ich denke mir, das wär doch super. Objektiv kann man sagen, zusätzlich zu sportlicher, kultureller oder touristischer Seite, was immer man darin sehen kann, wäre es doch eine Erweiterung für die Stadt. Hinge natürlich auch vom Ort ab, an dem man es bauen würde, was bietet man dort alles an, da fallen einen eh tausend Sachen ein, wie ist es nutzbar für die Anwohner? In diesem Sinne wäre ein Velodrom sicherlich eine interessante Geschichte für Linz.

Das Professionelle Publikum

Auf den folgenden Seiten, die wärmsten Empfehlungen von Manfred Berghammer, Petra-Maria Dallinger, Wolfgang Dorninger, Andreas Liebl, Leonie Reese, Adelheid Rumetshofer, Klaus Scheuringer, Martin Wassermair und Victoria Windtner. Die Referentin Redaktion bedankt sich an dieser Stelle dafür und wünscht der geschätzten LeserInnenschaft einen Winter mit viel Kunst und Kultur (solange sie noch da ist).

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Foto Manfred Berhammer

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Manfred Berghammer
Nachdem ich mit meiner Rahmen- und Kunsthandlung sehr zufrieden bin, kann ich nur mein Bedauern über momentane gesellschaftspolitische Vorkommnisse ausdrücken. Seit Jahrzehnten lebe ich von und für Kunst und Kultur: als Rahmen- bzw. Kunsthändler, in meiner langjährigen ehrenamtlichen Tätigkeit in Kulturinitiativen sowie als ehemaliges Vorstandsmitglied der OÖ Kulturplattform. Als Unternehmer zahle ich gerne Steuern, wenn ich Gewissheit habe, dass diese auch entsprechend für Kunst, Kultur, soziale Probleme vieler unserer Mitmenschen und vorzügliche Bildung für unsere Jugend verwendet werden.  Umso bedauerlicher stimmt mich das Vorhaben der Landesregierung, die Landesmuseen zu verändern, das Kulturland OÖ durch finanzielle Streichungen auszudörren, notwendige Sozialleistungen zu kürzen und am so wichtigen Bildungsweg derer, die dann leider später ebensolche Unterstützungen brauchen werden, denkunmögliche Einsparungen zu beschließen. Förderungen für Kunst, Kultur, Bildung und Soziales sind hochrangige Investitionen in und für die Zukunft eines Landes.
www.berghammer-rahmen.at

Damen & Herrenstraße (kurz DH5)

 

Foto Volker Weihbold

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Petra-Maria Dallinger
ist Literaturwissenschaftlerin und Direktorin des Adalbert-Stifter-Institutes des Landes OÖ. / StifterHauses

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Foto Max Bauer

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(* 1960 in Linz) ist Musiker, Musik-Produzent und Künstler. Er ist Komponist für Filmmusik, Theatermusik, Modern Dance und Sound-Installationen.

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andi_bildAndreas Liebl
lebt in Steyr und arbeitet als Haustechniker im Museum Arbeitswelt.

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Foto P. Hindle

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Leonie Reese
ist selbstständige Szenografin und arbeitet in Österreich und Deutschland für freie Theaterproduktionen. Gerne mit Jugendlichen. Am liebsten mit Holz.

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ist freischaffende Malerin. Sie lebt und arbeitet in Linz.

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kpsKlaus Scheuringer
ist Künstler und Visionär, seit 2017 im Vorstand des MAERZ, Leiter der Kunstbibliothek im LENTOS Kunstmuseum sowie Kunstvermittler in beiden Museen der Stadt Linz.

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Foto Felix Neudecker/Maria Mihaescu

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