Editorial

Im 1968 erschienenen Mel-Brooks-Film „The Producers“ gibt es eine Szene, in der der Musicalproduzent und sein Buchhalter nach einem fulminant-komödiantischen Showdown zusammentreffen. Deren betrügerisches Vorhaben mit dem beabsichtigt schlechtesten Musical der Welt war gescheitert, die Nazi-Klamotte samt seiner grottenschlechten Mitwirkenden geriet unerwartet zum parodistischen Erfolg und wegen des Erfolges hätten die Investorinnen – alias zuvor eingewickelte alte Damen – mit einer Prämie ausbezahlt werden müssen. Mit Geld, das wegen des geplanten Misserfolges natürlich nie zur Auszahlung vorhanden war. Mitten im Zusammenbruch des schönen Plans kam es in der Hitze des Gefechts zu folgendem Dialog, in dem der Buchhalter ausruft, dass man wegen des missglückten Vorhabens nun doch nicht einfach die Schauspieler umbringen könne! Worauf der Musicalproduzent, der offensichtlich diese Idee hatte, empört ein Warum? ausruft und die Frage zurückschmettert, ob er denn schon einmal mit einem gegessen habe?! Mit diesem Screwball- wie Breakdown-Dialog soll hier der Textbeitrag von Theresa Gindlstrasser eingeleitet werden. Bezüglich Tabubruch und Groteske hat sie als Vergleich den Film „The Producers“ herangezogen, um sich zu fragen, ob das Attentäter-Musical „Assassins“, wie es im Landestheater gerade läuft, eigentlich Sinn machen kann. Den Text gilt es selbst nachzulesen. Der Film soll – in Form dieser hoffentlich exakt erinnerten Stelle – eine Empfehlung sein.

Amoral, Breakdown und Clash of Aesthetics – allein die vielen Trumps auf der Assassins-Bühne scheinen das reale wie ästhetische Chaos zu spiegeln und auf bizarre Weise etwas abzubilden, was nicht mehr abgebildet werden kann. Ein unglaubliches Echtzeit-Desaster zeigt sich auch in der realen Welt zwischen Heimatwahn und Human Resources Exploitation. Da sollen etwa symbolisch-ideologische Leuchttürme diejenigen „sicher“ nach Hause geleiten, die noch nicht einmal eine Gedankenbreite vor die eigene Haustür gedacht haben. Wir dachten ja, die Leuchttürme seien für jene da, die, um mit Melville zu sprechen, „mit blutunterlaufenen Augen aus der Tiefe kommen“. Also für diejenigen, die sich weit hinausgewagt haben oder – das soll heutzutage auch vorkommen – für die, die auf hoher See in Not geraten sind. Und zur Exploitation kann man nur wiederholt sagen: Kürzungen hin, Förderungen her – Wer zahlt, schafft ab? Gerade in Zeiten wie diesen ist es unglaublich kurzsichtig, die Ressourcen nicht gerecht umzuverteilen.

Damit gehen wir weg vom globalen bis lokalen Real-Life-Bizarro-Musical, wir sind ohnehin täglich damit beschäftigt und man kriegt ja schon kaum mehr Luft deswegen. Und nennen hier beispielhaft die Genres und Texte in der Referentin, die uns Vergnügen bereiten. Zum Beispiel stellt Aloisia Moser ein Medientheorie-Spiel aus dem Hause Qujochö vor, das sie für uns gespielt hat – den „Mythos von Theuth“. Georg Wilbertz wirft einen weitläufigen Blick auf das Thema Arbeit – er hat sich Katharina Gruzeis Ausstellungsprogramm im Lentos vorab angesehen. Und dann wollen wir stellvertretend für alle AutorInnen namentlich Pamela Neuwirth, Lisa Spalt, Wiltrud Hackl, Stephan Roiss und Christian Wellmann erwähnen: Es war uns wie immer ein Vergnügen.

Die Redaktion, Tanja Brandmayr und Olivia Schütz

Harald „Huckey“ Renner (30. 09. 1966–01. 05. 2018)

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Ein Großer ist von uns gegangen.

Wir sind unfassbar traurig. Unser Freund, Bandkollege, Weggefährte und Familienmitglied Huckey ist tot. Vor fast genau einem Jahr sah sich Huckey mit einer Krebsdiagnose konfrontiert. Seither gab es viel Leid, aber auch immer wieder Hoffnung. Gestern Abend ist er im Alter von 51 Jahren in Linz verstorben.

Huckey war einer größeren Öffentlichkeit in erster Linie als Musiker bekannt. Dabei hat er etwas geschafft, was nur den wenigsten in einem einzigen Leben gelingt. Er hat gleich zweimal in Österreich Musikgeschichte geschrieben und Musikkultur wesentlich mitgestaltet.

In den 80ern gehörte er als Schlagzeuger Bands wie Target Of Demand, 7 Sioux und Schwester an, die im Stil von Hardcore Punk eine Ära und Musikszene in Linz (und darüber hinaus) prägten.

In diese Zeit fällt auch die Gründung des Kulturverein Kapu. Huckey war gestaltendes und treibendes Mitglied der KAPU und bis zuletzt im Haus tätig.

Schlagzeug spielte er auch anfangs bei Shy und die letzten Jahre bei der Linzer Elektronikband Merker TV.

Seine tiefsten Spuren in der österreichischen und deutschsprachigen Musiklandschaft hat er aber sicherlich als Mitglied und Rapper bei Texta hinterlassen, gegründet 1993, die 25 Jahre lang die HipHop Kultur in Österreich mitinitiiert und geprägt haben. Seine „komische“ Stimme (Zitat aus „Lebe in den Tag“ 1997), seine Bühnenpräsenz und seine hochlyrischen und philosophischenTexte machten ihn zum nahbaren Rapstar ohne Allüren, aber mit umso mehr Attitude, der auch den nächsten Generationen immer ein offenes Ohr geliehen hat. Huckey hat insgesamt sieben Studioalben mit Texta, mehrere Kollaboalben mit den TTR Allstars und Blumentopf, Musik für zwei Theaterstücke, ein Livealbum und unzählige weitere Releases mehr eingespielt. Sein Motto war „forward ever, backward never“, sein Interesse an Kultur, egal ob Musik, Film, Kunst oder Performance war ungebrochen, das Sammeln von Musik, Magazinen, Filmen, Büchern sein Lebenselixier.

Huckey war ein wichtiger Baustein der Linzer Musik- und Kulturszene, der eine große Lücke in der Stahlstadt hinterlassen wird.

Ebenfalls trauern wird die Fanszene von Blau Weiß Linz, zu der er seit den SK VOEST Tagen zählte.

Huckey war mit ganzem Herzen Antifaschist und Zeit seines Lebens ein politischer Mensch.

Der 1. Mai war ein wichtiger Tag für ihn. Dass dieses Datum nun gleichzeitig sein Sterbetag ist, möge vielen seiner Freunde ein wenig Trost spenden.

Huckey war liebender und geliebter Ehemann von Nicole Renner.

Kapu-Aussendung vom 2. Mai 2018

Bodies of Work

Katharina Gruzei ist in den kommenden Monaten im Lentos mit der Fotoserie „Bodies of Work“ zu sehen. Industrie, Arbeit und Produktion in der Linzer Schiffswerft, Nebel und Wolken als atmosphärische Gegenspieler: Georg Wilbertz hat die Werke im ästhetischen wie kulturhistorischen Kontext betrachtet.

Eine verschmutzte Arbeiterhand ruht auf Papieren. Locker, entspannt umschließt sie einen ankergeschmückten Schlüsselbund. Beim zweiten Hinsehen wird deutlich, dass diese Hand keine „normalen“ Proportionen besitzt. Belastung und Anstrengung haben sie über die Zeit breit und schwer werden lassen. Das Porträt der verformten Hand symbolisiert unspektakulär die massive körperliche Anstrengung, die auf der letzten, Stahlschiffe produzierenden Donauwerft Österreichs am Linzer Winterhafen geleistet wird. Katharina Gruzei hat 2016 für rund zwei Monate in der Werft ohne größere Beschränkungen für das enzyklopädische Fotoprojekt „ÖsterreichBilder“ (www.oesterreich-bilder.at) fotografieren dürfen. Entstanden ist mit „Bodies of Work“ ein motivisch komplexer Bildzyklus, der unterschiedliche ästhetische Zugänge nutzt, um den industriellen Kosmos der Werft zu erfassen und bildnerisch zu deuten. Der Zyklus stellt ein weiteres Projekt zu einem der künstlerischen Schwerpunkte Katharina Gruzeis dar: der Repräsentation von Arbeitswelten, ihren zeitbedingten Veränderungen und innewohnenden, häufig unsichtbaren Kräften, Mustern und Charakteristika. Rund 40 Bilder von „Bodies of Work“ werden im Lentos gezeigt.

 

Die Notwendigkeit eines zweiten, genauen Hinsehens ist dabei typisch für die künstlerische Methode, mit der sich Gruzei ihrem Bildthema widmet. Die Linzer Werft ist ein Ort schwerer, körperlich belastender, industrieller Arbeit. Verbunden mit der Industrialisierung des 19. Jahrhunderts und ihrer Fortschreibung in der Moderne bis zur Krise der Industrieproduktion im Zuge der Globalisierung war die parallellaufende Entwicklung von Bildmustern und bildästhetischen Positionen, die sich sowohl in der bildenden Kunst wie auch und vor allem in der Fotografie mit den neuen Themen Werk und Industrie auseinandersetzten. Die Energien, Kräfte und Dimensionen, die mit der Industrieproduktion einen neuen Maßstab erhielten, übten auf Künstler und Fotografen aufgrund ihrer Dynamik und Dramatik eine große Faszination aus. Stand der menschliche Körper in der vorindustriellen Zeit in einem nachvollziehbaren, an seiner Physis orientierten Verhältnis zur handwerklichen und manufakturellen Produktion, so verschiebt sich dies mit der Industrialisierung radikal. Werkstück, Energie, Produktion, Maschine und der menschliche Körper treten in neue Größenverhältnisse zueinander. Die eklatante Diminuierung des Körpers im Vergleich zu Maschine und Produktion wird als dramatisch wahrgenommen und in ihrer ganzen Dramatik bildlich repräsentiert. Zustände wie der „Kampf“ mit der Maschine und dem Werk, der körperlichen Anstrengung, der Verschmutzung und letztendlich der aus der Arbeit resultierenden Erschöpfung führen zu neuen Bildmustern (Ikonographien). Nicht selten entstehen Bilder, die diese neuen Realitäten mythisch oder heroisch überhöhen. Selbst in Bildmomenten der Erschöpfung liegt meist ein Pathos, das auf die geleistete Arbeit zurückverweist.

 

Von alldem ist in „Bodies of Work“ bei oberflächlicher Betrachtung nichts zu finden. Katharina Gruzeis Fotografien zeigen eine undramatische, ruhige (beruhigte?), industrielle Arbeitswelt. Die Bildsprache ist neutral und setzt nicht auf Affektwirkung. Besonders deutlich wird dies bei den Aufnahmen einzelner Arbeiter. Sie zeigen Männer in entspannter Haltung, deren Gesichter, soweit erkennbar, fast entrückte, besinnliche Züge aufweisen. Momente der Beunruhigung oder der latenten Gefährdung des Körpers werden eher unterschwellig wirksam. So, wenn sich die Arbeiter in die Werkstücke begeben, von ihnen fast „verschluckt“ werden oder wenn sie mit der schieren Größe und Masse des Metalls konfrontiert sind. Die scheinbare Ruhe, die in den porträtierten wie auch tätigen Körpern liegt, führt zu einer fast abstrakt wirkenden, über den Moment hinaus verweisenden Darstellung. Auch dies ein Kennzeichen von „Bodies of Work“. Dies wird deutlich, betrachtet man den „Schauplatz“ Werft. Auch wenn dies ein starker, prägnanter und von vielen Details geprägter Raum ist, so wird er durch die spezifische Ästhetik der Fotografien Gruzeis auf eine vom konkreten Ort losgelöste Ebene gehoben. Der Zyklus verbindet beides: die Präsenz und Wirkung der Werft wie auch die bildnerische Repräsentanz grundlegender Prinzipien oder Muster, die mit dem Begriff Arbeit verbunden sind. All diese Charakteristika ermöglichen dem Betrachtenden eine unaufgeregte, fast distanzierte Annäherung an die Bilder, deren Bildsprache keine unmittelbaren, eindeutigen Affekte auslöst. Stattdessen laden sie ein zu einer genauen, gewissenhaften Beobachtung, die möglichst viele, nicht determinierte Assoziationsfelder öffnen möchte.

 

Zu den grundlegenden Prinzipien, die in Gruzeis Bildern formuliert werden, gehört die zwitterhafte Position, die die Arbeiter zwischen dem Werk (Schiff) und den Maschinen einnehmen. Sie erscheinen angesichts der Größe und der harten Materialität klein, fragil und verletzlich. Geschützt durch ihre Arbeitskleidung wirken sie wie Cyborgs oder Astronauten, deren Körper ohne Schutz nicht den Anforderungen der zu leistenden Arbeit gewachsen wären. So gerüstet begeben sie sich an und in die Werkstücke, verschwinden in oder verschmelzen mit ihnen. Erst in den wenigen Porträtaufnahmen finden sie ohne Pathos zu ihrer individuellen Identität zurück.

 

Mit „Bodies of Work“ widmet sich Katharina Gruzei ohne nostalgisch-verklärenden Blick der mehr und mehr im Verschwinden begriffenen Welt der Industriearbeit, die in diesem Werkzyklus ausschließlich von Männern repräsentiert wird. Galt es am Beginn der Industrialisierung Energien, Kräfte und Dramatik der Industriearbeit darzustellen, so trägt die ruhige Ästhetik der Fotografien Gruzeis dazu bei, unmittelbar zu realisieren, dass sich diese Form der Arbeit mehr und mehr aus unserem Bewusstsein schleicht. Es ist der kontrollierte Blick auf letzte, teilweise fast exotisch wirkende „Reste“ einer – zumindest dem Diskurs nach – aussterbenden Kultur. Doch auch hinsichtlich dieses Aspekts entzieht sich der Zyklus einer eindeutigen Positionsbestimmung: Werkshalle und Atmosphäre wirken einerseits anachronistisch, andererseits erinnert der kieloben gelegte Schiffsrumpf an ein zukunftsträchtiges Raumschiff, das nach erfolgter Fertigstellung die Weiten ferner Welten „erobert“.

 

Würde zur „Erinnerungsarbeit“ im oben beschriebenen Sinne der bloß dokumentarische Blick durch die Kamera genügen, verdeutlicht Gruzei durch die unterschiedlichen ästhetischen Modi, die in „Bodies of Work“ realisiert wurden, dass ihre Arbeit eben nicht als einfache Dokumentation zu verstehen ist. Die Bildkomposition, die gezeigten Lichtwirkungen und die Inszenierung des Raums gehen über das rein Dokumentarische hinaus. Neben Aufnahmen, die gegebene Situationen sachlich schildern, treten Bilder, die aufgrund der fremdartigen Farbigkeit und der besonderen Lichtwirkung (Schweißer) einer erheblichen, fast schon mystischen Verfremdung unterzogen sind. Weiterhin nicht-dokumentarisch sind abstrahierend aufgenommene Werkstücke, die sich durch die gewählte Perspektive in ornamentale Strukturen zu verwandeln scheinen. Besonders weit vom Dokumentarischen entfernen sich die Nebelbilder. Der Nebel führt zu einer atmosphärischen Verdichtung, die einerseits Details verunklärt, andererseits andere ästhetische Wertigkeiten hervorhebt und ihrer Wirkung steigert. Der Nebel lässt Spezifika des konkreten Ortes verschwinden und spielt an auf ikonographische Muster der Landschaftsmalerei der Romantik. Ein vergleichbarer Rückbezug kann für die „Wolkenbilder“ Gruzeis konstatiert werden. Sie entstehen auf den Wasserflächen des Hafenbeckens, in denen sich Himmel und Wolken spiegeln. Öltropfen und Verunreinigungen erinnern zugleich an die Funktion des Ortes wie an kosmische Wolken. Die „Wolkenbilder“ entrücken den Bildzyklus am weitesten von der durch Arbeit und Produktion bestimmten Atmosphäre der Werft.

 

Ebenso entrückt wirkt der Ort in jenen Aufnahmen, die entstanden, als die Arbeit ruhte. In ihnen verlieren sich die letzten Spuren des Tagwerks. Abends und an den Wochenenden herrschte eine völlig andere Atmosphäre. Die Klänge der Arbeit wichen der Stille und den nun dominierenden Naturlauten, das Licht veränderte sich. Der Bezug zur Donau und zur umgebenden Landschaft erfuhr eine Wandlung: das Werftgelände wurde zum faszinierenden, fast beschaulichen Biotop mit Bibern und Hasen.

 

Die Auseinandersetzung mit Arbeit ist ein leitendes Thema für die Künstlerin Katharina Gruzei. In der Serie Bodies of Work befasst sie sich mit der Linzer Schiffswerft (ÖSWAG). Gruzei begleitete über einen Zeitraum von zwei Monaten mit ihrer Kamera den Bau eines großen Fährschiffs. Die Künstlerin fotografierte auch außerhalb der Betriebszeiten in der Werft. Wenn sich die Dunkelheit über das Firmenareal legte und der Lärm der Maschinen verhallte, zeigten sich die Motive in einem anderen Licht.

Katharina Gruzei, geboren 1983 in Klagenfurt, studierte an der Universität für künstlerische und industrielle Gestaltung Linz, an der University of California, Santa Barbara und an der Universität der Künste, Berlin.

 

Katharina Gruzei, Bodies of Work
Kunstmuseum Lentos
ERÖFFNUNG: Do, 14. Juni, 19 Uhr, Eintritt frei
Ausstellungsdauer: 15. Juni bis 19. August 2018
lentos.at

Working Class Rage

Wohlgeordnet um den Tag der Arbeit lanciert, schlugen Sleaford Mods gleich zweimal in der Stadt ein. Pamela Neuwirth hat die Zwei-Mann-Formation aus Nottz im Posthof gesehen, sich die Dokumentation „Bunch of Kunst“ angeschaut und gibt auch sonst diverse Einblicke in die Rage.

Working Class Understatement. Foto Simon Parfrement

Working Class Understatement. Foto Simon Parfrement

Unteriridisch.

Unteriridisch.

Ratlosigkeit allerorts. Finanzkapitalismus und Geldroboter agieren als eigenständige Systeme, die Sozialdemokratie hatte angeblich nie eine Vision, um dem Neoliberalismus Etwas entgegenzustellen und JournalistInnen lassen sich zu der Annahme hinreißen, von Seiten der Intellektuellen sei zu den aktuellen Herausforderungen und Problemen im Weltgefüge Nichts zu hören. In der Philosophie beschäftigt man sich mit der „Acceleration“ und erzählt sich irrationalerweise Heilung durch eine rasante Zerstörung herbei. In dieser allgemeinen Richtungslosigkeit schreibt mittlerweile sogar auch das bildungsbürgerliche Feuilleton über die Band aus Nottingham und leitet aus den Interpretationen manche Erklärung für den Zeitgeist ab, wenn beispielsweise Die Zeit den Sleaford Mods zuschreibt, das „politische Geschehen in Echtzeit“ zu begleiten. Von der „wütenden Stimme des Prekariats“ ist im Spiegel die Rede. Sleaford Mods sind „Britains angriest band“, heißt es im Guardian.

England ist sicher speziell. Zwischen dem Größenwahn des British Empires, das auf Kolonialismus aufbaut, und einer Arbeitertradition, deren inhumane Härten von der Geschichtsschreibung die relativ neutrale Bezeichnung „Manchester-Kapitalismus“ erhalten hat, woran sich Marx und Engels abarbeiteten, irgendwo zwischen diesen geschichtlich aufgebauten Widersprüchen und Missverständnissen reagiert sich heute die Post-Punk, Electro-Punk, Minimalist und/oder Rap-Punk Band Sleaford Mods ab. Sleaford Mods sind radikal, obwohl auf der Bühne eigentlich nicht viel Ungewöhnliches passiert. Es werden nicht, wie bei KLF im Jahr 1994 große Geldmengen verbrannt. Sleaford Mods sehen nicht rot, es ist kein Affekt, kein blindes Wüten. Es ist eher kalte Wut in Verbindung mit Understatement, was sich auf der Bühne ausbreitet und das man ernst nehmen kann. Die Wut verteilt sich im Speichelsprühregen (mit Mineralwasser), perfekt im Scheinwerfer ausgeleuchtet weit übers Mikrofon hinaus. Jason wirkt trotz des ganzen Tour- und Konzert-Aufwandes beinahe sortiert. Der Sound vermittelt Kompromisslosigkeit, die aus dem Minimalismus entsteht.

 

Mit Dante im Schlachthaus

Retrospektiv betrachtet, können die Aussagen und Geschichten von Sänger Jason Williamson und Musiker Andrew Fearn in Interviews oder der Dokumentation „Bunch of Kunst“ auch verklärt werden. Die Dokumentation der Musikredakteurin und Regisseurin Christine Franz ist ebenfalls gerade im Moviemento in Linz gelaufen. Und damals, wie es Williamson gerne erzählt: „I had no money. I’d just have enough for a Mars bar, most days, and a can of Special Brew. And I wrote a song called Teacher Faces Porn Charges, about going to the shop in my pyjamas, to buy the Mars bar and the can“, damals war kein Ende der Situation in Sicht, stattdessen der Arbeitsalltag in der Hühnerfabrik. Neonlicht, zerteiltes Tier, Unterbezahlung. Mit Mitte Dreißig, so alt war Williamson bis er 2006 in Sachen Bandformation sein Heureka hatte, bedeutet eine dementsprechende Lebenssituation sicherlich Leidensdruck. Hier reicht die angespielte Verklärung hinein, die sich retrospektiv, ja beinahe klassisch aus Armut und dem Willen zum Ausdruck (Kunst) leicht hochstilisieren lässt. Aber eben nur im Rückblick funktionieren solche Erzählungen. Und verstellen den Blick. In der harten Realität des Existenzkampfes in Echtzeit ist nichts gesichert und erst später und nur selten kann eine triste Geschichte der Ausbeutung vom sogenannten Erfolg abgelöst bzw. dieser dazu erzählt werden, von JournalistInnen zum Beispiel: Williamson arbeitete in der Fabrik, zieht eine Analogie zwischen Schlachthaus und Dante, schreibt sich überhaupt den ganzen Frust runter und trifft dann zufällig den Musiker Andrew Fearn, ein „moody Smiths fan, who shocked his dad by becoming a vegetarian when he was 15“, wie The Guardian schreibt. Seit 2007 und bis heute sind bei A52, Deadly Beefburger Records, Harbinger Sound und Rough Trade insgesamt neun Alben der Sleaford Mods entstanden. Und bloß für kurze Zeit war Tied Up in Nottz / The Fear of Anarchy (Little Teddy Recordings, 2014) nur den lokalen Homies in Nottingham bekannt, bis es 2014 auf Youtube Klick machte und die Sleaford Mods Geschichte schnell viral wurde.

 

Unterirdisches England

Wer von unten kommt, bleibt am Boden. Das Talent zum Text – oder ist es Unbestechlichkeit? – hat sich mittlerweile über die Musik hinaus auch in anderen Textsorten manifestiert. Nachdem 2014 die Lyrics-Sammlung Grammar Wanker bei Bracket Press erschienen ist, wurde erst letzten Winter eine Kurzgeschichten-Sammlung Slaps From Paradise von Jason Williamson bei Amphetamine Sulphate veröffentlicht. Neben der aktuellen Dokumentation Bunch Of Kunst werden also mit dem 40seitigen Büchlein weitere Einblicke in das Vor-dem-Brexit-ist-nach-dem-Brexit-England möglich. Die inhaltliche Tendenz der Kurzgeschichten im Buch ist aber dezidiert weniger politisch, sondern dreht ab in Richtung sexuelle Obsessionen der englischen Unterschicht, wobei beim Leser freilich die Rolle des Voyeurs liegt, das klingt ein wenig nach Charles Bukowski. Insgesamt kann sich der Eindruck einstellen, dass es bei Sleaford Mods nun „literarischer“ wird und der bittere Sarkasmus zum grotesken Humor gebraut wird. Bier, ja. Wut, ja. Aber alles mit etwas mehr Finesse. Eine Entwicklung, für die man auch vor der Bühne ein Gefühl bekommt. Und während man im Konzert noch überlegt, ob es nicht doch ganz prima gewesen wäre, mit Sleaford Mods auf Augenhöhe den Konzertabend zu verbringen, in intimerer Clubatmosphäre als im Posthof, merkt man, dass die Umstehenden, der 60- wie die 20jährige KonzertbesucherIn neben einem, die Texte kennen und empfindet Solidarität.

 

Lamp Light Boogie. Re-press, re-press /

Bus cunt. Move then, mate. Move for fucks sake! /

The machine goes bleep. Ticketless. Sheep /

Baa baa crack sheep. Have you any rock? /

EDL twat. Tommy used to work on the dock. Union went all white. He fuckin’ loved it /

Take it down, there. Take it down, there. Camouflage. Humpty Dumpty. Crusades /

Blood on the hands of working class rage!

 

Von Christine Franz, der Bunch-Of-Kunst-Regisseurin hört man, die Auftritte von Sleaford Mods in England gehörten zu den besten, die sie bislang erlebt hätte und die Leute wären dort ziemlich abgegangen – aber es hätte wirklich nie eine aggressive Stimmung gegeben. Das hatte eher diese „Einer für alle, alle für einen“-Atmosphäre … da gab es gestandene Arbeiter, die schon seit Jahren auf keinem Konzert mehr waren. Und Sleaford Mods hantieren ziemlich hartnäckig an der bewährten Oben-Unten-Dichotomie und reißen in Skizzen an, was das im Alltag heißt. Es war ja auch ein fataler, wie weitverbreiteter Irrtum anzunehmen, der Klassenkampf wäre zu Ende.

Wer noch tiefer in das Sleaford Mods- nahe Milieu eintauchen will, kann das mit dem Film UK18 tun. UK18 verdichtet sich als Doku-Fiktion über Neoliberalismus, Neofaschismus und totaler Überwachung zu einer Science-Fiction-Dystopie, die momentan nur im Internet zu finden ist und in der auch Jason Williamson eine Rolle hat: Watch out for „The Soldier“!

 

Sleaford Mods – Tied Up in Nottz
www.youtube.com/watch?v=CFFWF1DnZKM

Mediana nachhören

Die medienpolitische Konferenz #mediana18 fand am Pfingstwochenende statt und thematisierte den Medienwandel und die Bedeutung der Medien für den demokratischen Diskurs. Unter dem Titel „public open spaces“ beschäftige sich die Mediana in Form von Keynotes, Talks, Workshops und Podiumsdiskussionen mit der Medienlandschaft als Ganzes.

fro.at: „Mediana“
mediana.at

Medientheorien ins Spiel bringen

„Mythos von Theuth“ ist ein vom Künstlerinnenkollektiv Qujochö entwickeltes Brett- und Gesellschaftsspiel, das Medientheorien von der Antike bis zur Gegenwart ins Auge fasst. Wahrnehmung, Sprache und Technik – über einen weit gefassten Medienbegriff und das how to play berichtet Aloisia Moser.

Das Spiel im Detail. Foto Qujochö

Das Spiel im Detail. Foto Qujochö

Mythos von Theuth ist ein Brett- und Gesellschaftsspiel für Künstlerinnen, Philosophinnen und Göttinnen (1), das an der Schnittstelle zwischen Kunst und Wissenschaft eine Untersuchung medientheoretischer Ideen von Platon, Lessing und Nietzsche über Benjamin und McLuhan bis hin zu Laura Mulvey, Sadie Plant und Donna Haraway bietet. So preisen die Erfinderinnen (2) das Spiel auf der Website ihres Künstlerinnenkollektivs Qujochö an und bringen die Medientheorien von der Antike bis zur Gegenwart in Spiel. Inspiration war Dieter Merschs Buch Medientheorien zur Einführung (3) aus dem Jahr 2006. Mersch (4) verortet darin drei Ursprungstheorien für Medien: Theorien der Wahrnehmung, der Sprache und der Technik. Den Anfang des Buches widmet Mersch dem Ursprung aller Medien, den er im Denken des Zwischen ansiedelt. Medien gibt es also nur, weil es das Andere gibt, das sich dem Zugriff erst einmal verweigert, und wofür es „eines Drittes bedarf, eine Vermittlung, eine Symbolisierung, Übertragung oder Kommunizierung“ (S. 9). Medien treten also „dazwischen“ ohne je der einen oder der anderen Seite anzugehören. Es ist also nie ganz klar, was ein Medium ist, etwas Materiales, etwas mit physischen Eigenschaften, eine Technologie, oder eine soziale Funktion?

 

Der gegenwärtige Medien-Begriff kommt erst mit dem Problem der Massenmedien auf und reicht doch tief in die Geschichte der Philosophie hinein. Die Wahrnehmungsseite oder Ästhetik sprach vom Medium als dem Stoff „in dem“ die Anschauung geschieht. Um 1800, als man sich der Sprache als Medium des Denkens bewusst wurde, war es die Sprache selbst, die als Darstellungsmedium in den Mittelpunkt rückte. Von da an ging es um Repräsentation durch Sprache und nicht mehr um das Medium als Material. Der dritte Schritt war dann jener von der Sprache als Medium der Repräsentation zum Medialen als Funktion oder Operation selbst, also der Schritt in die Technik.

 

Ganz am Anfang steht allerdings der Mythos von Theuth, ein Mythos von der Erfindung der Schrift durch den ägyptischen Gott Theuth, den Platon in seinem Dialog Phaidros (5) beschrieben hat. Es wird oft gesagt, Platon wäre ein Kritiker des geschriebenen Wortes – da es vergesslich mache und im gesprochenen Wort oder Dialog Falschheiten leichter zu klären seien. Aber Platon charakterisiert die Schrift im Phaidros als pharmakon, als Arzneimittel, das je nach Dosis heilend oder giftig sein kann.

 

Unser Spiel spielt mit allen Medien und zeigt spielerisch ihre heilenden oder vergiftenden Kräfte. Der Spielplan ist ein Grundriss der Stadt Theuth, im Maßstab 1:10.000, der ein wenig aussieht wie ein Sternenhimmel. Die käufliche Ausgabe (6) ist in eine Diakassette verpackt und inkludiert Würfel, Stationenchips, Spielfiguren, Bleistifte, Augenbinde, Legosteine, Lüsterklemmen (diese dienen als Halter für die kleinen Medienkärtchen), Schmierzettel und einen Spielplan mit allen dazugehörigen Kärtchen.

 

Als ich das Spiel an einem kalten Januarabend in der Qujochö-Zentrale zum ersten Mal gespielt habe, war der Spielplan bereits vorbereitet und alle Kärtchen aufgelegt. Es ist kein Spiel, das einem sofort einleuchtet, aber man bekommt schnell ins Gefühl, worum es geht. Jede Spielerin zieht eine Karte mit einem Auftrag, den sie erfüllen muss. Um dies zu tun, braucht sie Medien. Etwa der Auftrag in „A New Star is Born“ ist es, eine Nebenrolle in einem französischen Avantgardefilm zu spielen. Dafür werden verschieden Medien gebraucht, ein Fotoapparat, eine Videokamera, ein Mikrophon, ein Laptop, aber auch Schallplatten, ein Fernseher und Bücher. Für den Auftrag „Bestseller“ etwa braucht man dafür gleich sieben Stück, und ein Handy, eine App zum Scannen, Laptop, Fotoapparat, aber auch Bleistift und Notizbuch.

 

Beim Würfeln rechnet man sich aus, in welche Stadtrichtung man auf dem Plan gehen will und zu welchem Feld mit korrespondierendem Stationendepot, um die Medien einzusammeln, die man braucht, um den Auftrag zu erfüllen. Es gibt ein Theater, eine Akademie, ein Stadion etc., die mit hexagonalen Spielfeldern überlegt sind. Darauf finden sich, per Zufall aufgebaut, die Stationendepots. Sie sind je eigene Spiele im Spiel und tragen Namen wie Phaidros’ Ostomachon oder Alles ist Lüge und Täuschung, letzteres eine Anspielung auf Nietzsches berühmten Aufsatz: „Über Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinne.“ (7) Auf diesem Feld muss man die Aufgabe erfüllen, einen Satz zu formulieren, der wissenschaftlichen oder popkulturellen Inhalt hat, aber bei dem Logik und Sinn – scheinbar – keine Rolle spielen. Die anderen müssen raten, auf welchen wissenschaftlichen Zusammenhang und welche Pop-Referenz sich der Satz bezieht. Hier hilft es, die Mitspielerinnen gut zu kennen. Die nächste Station, zu der wir uns würfeln, heißt Das sichtbare Foto. Eine der Spielerinnen macht eine Fotographie, etwa vom Nebenraum. Dann nennt die erste Mitspielerin einen beliebigen, darauf abgebildeten Gegenstand. Die nächste Spielerin hat dann zwanzig Sekunden Zeit, auf dem Foto einen beliebigen anderen Gegenstand auszumachen, der den gleichen Anfangsbuchstaben hat wie der letzte Buchstabe des zuvor genannten Gegenstandes und so weiter. Wer zuerst in zwanzig Sekunden keinen Gegenstand nennen kann, hat verloren. Bei der Medienentnahme geht diese Person leer aus.

 

Eine weitere Station, die bei uns gewürfelt wurde, warf uns in ein Spiel, das Die Aura von Youtube hieß. Hier wird die klassische Pantomime nicht dafür verwendet, jemanden oder etwas – sondern ein Youtube-Video nachzuahmen, das per Zufall (nämlich irgendein genanntes Wort ist der Youtube-Suchbegriff und die Zahl, die ein anderer nennt, ist das x-te Video) gewählt wird. Die Mitspielerinnen müssen in sechzig Sekunden raten, was gespielt wird. Wird es richtig erraten, signalisiert das der Schauspieler mit dem Ausruf „Aura!“ und die Ratende bekommt ein Bonbon. Das Wort Aura bezieht sich auf Walter Benjamins Begriff der Aura des Kunstwerkes, das im technologischen Zeitalter verloren gegangen sein soll. Es werden Medienkärtchen wie Bonbons ausgeteilt.

 

Noch eine der Spielstationen möchte ich beschreiben, weil sie so viel Spaß gemacht hat, nämlich Ich sehe eine heiße Massage – eine Version des Blinde-Kuh-Spiels vermischt mit der McLuhan’schen Dichotomie der „heißen“ und „kalten“ Medien. Während einer Mitspielerin die Augen verbunden werden, sucht man ein Medium aus, das diese suchen muss. Unser Medium war ein Besen, der in der Ecke stand. Laut McLuhan (8) ist er als Verlängerung des Körpers ein Medium. Die massierenden Handbewegungen, mit denen die Spielerin tastet und sucht, sollen helfen, in drei Versuchen zu erraten, was das Medium ist. Sie darf, wenn sie richtig geraten hat, dem gefundenen Medium – dem Besen – eine halbminütige sanfte Massage geben, durch die sie sich, wenn gelungen, ein zusätzliches Medienkärtchen erwerben kann. „Das Medium ist die Botschaft“ – „The medium ist the message“ – der berühmte Ausspruch hieß ursprünglich „The Medium is the massage“. Und laut McLuhan werden wir durch das Medium gründlich durchmassiert.

 

Es gibt noch ein weiteres Spiel im Spiel, bei dem man die Spielerfinderinnen als letzte Hilfe anrufen kann, um eine Frage gestellt zu bekommen. Manchmal, geben diese zu, erhalten sie nun mitten in der Nacht Anrufe, etwa aus Tokyo, wo eine Gruppe von Spielerinnen eine Frage braucht. Recht spät, wenn auch nicht mitten in der Nacht, hatte dann eine von uns alle Medienkärtchen eingesammelt und ihren Auftrag erfolgreich abgeschlossen, womit das Spiel zu Ende ging. Aber auch mich hielt das Spiel über Medientheorien noch länger gefangen – ein paar Tage später fand ich in meiner Tasche einen Brief, bereits frankiert, den ich laut Spielregeln nur noch in den Briefkasten werfen musste. Die Spielerin des Spiels Do Cyborgs dream of Domination hätte auch einen einfachen Facebook-Post oder eine E-Mail wählen können, aber sie entschied sich für das Medium des persönlichen Briefes. Wie damit Donna Haraways „Cyborg Manifest“ in der virtuellen Welt verwirklicht werden soll, müssen Sie beim Spielen selbst herausfinden.

 

„Medien vermitteln, ohne selbst unmittelbar zu sein,“ wiederholt Mersch am Ende seiner Einführung in die Medientheorien und fügt hinzu, dass dies ein Paradoxon ist. Paradoxa kann man aber durch stringentes Denken nicht lösen, und deshalb begegnet man ihnen vorzugsweise in der Domäne der Kunst. Die künstlerische Praxis zum Beispiel gebraucht Apparate oder Technik gegen ihre zielgerichteten Verwendungsweisen und versucht damit, sie zu überlisten. Mersch sagt mit Flusser, „Freiheit ist, gegen den Apparat zu spielen.“ (9) Und er endet sein Buch damit zu sagen, dass „die Kunst vielleicht der Medientheorie mehr zu zeigen hat, als umgekehrt die Medientheorie der Kunst zu sagen hätte“ (S. 228). Dieser Unterschied zwischen dem Sagen und Zeigen ist relevant, gerade weil Medien dazwischentreten, weil es Anderes gibt, das vermittelt werden muss. Dabei ist nie klar, was die Medien sind – und in diesem Sinn können sie nicht gesagt werden. Die Kunst aber kann zeigen, was Medien sind, indem sie sie spielerisch und gegen den Strich verwendet. Die Erfinderinnen des Spiels, Davide Bevilacqua, Eva Maria Dreisiebner, Stefan Eibelwimmer und Thomas Philipp, Künstlerinnen von Qujochö verfolgen dieses Ziel erfolgreich.

 

1 Während die Spielemacherinnern in ihrer Spielanleitung zwischen weiblicher und männlicher Form abwechseln, verwende ich konsequent die weiblichen Formen und meine die Männer jeweils mit, wie das über Jahrtausende auch umgekehrt gut funktioniert hat.

2 Davide Bevilacqua, Eva Maria Dreisiebner, Stefan Eibelwimmer und Thomas Philipp

3 Mersch, D. Medientheorien zur Einführung. Hamburg, Junius 2006.

4 Mersch ist promovierter Philosoph, derzeit Leiter des Instituts für Theorie und Professor für Ästhetik an der Hochschule der Künste in Zürich, hatte aber von 2004–2013 den Lehrstuhl für Europäische Medienwissenschaften am Institut für Künste und Medien an der Universität Potsdam inne.

5 Platon, Phaidros. 274e1-275b2.

6 Es ist einfach zu einem Spiel zu kommen, man kann die Standardversion namens „Platon“ wählen, die in ausgewählten Linzer Museumsshops und Buchhandlungen wie AEC, Lentos, Buchhandlung Alex, Fürstelberger oder bei Sisi-Top erhältlich ist. Die zweite Version heißt „Theuth“ und ist in höherer Qualität, mit zusätzlichem Spielmaterial auf 100 Stück limitiert und von Qujochö signiert. Die dritte Möglichkeit ist eine durch und durch demokratische DIY-Version: Alle pdf-Vorlagen stehen online unter folgendem Link zur Verfügung. Man kann das Spiel in etwa 6–7 Stunden selbst zusammenbauen.
qujochoe.org/myth-of-theuth-templates

7 Nietzsche, F. „Über Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinn.“ Kritische Studienausgabe. Colli, G. Colli und Montinari, M. (Hrsg), Bd. 1, München, 1999 (2. Aufl.). 8 McLuhan, M, Fiore, Q. Das Medium ist die Massage (transl. M. Baltes und R. Höltschl) Klett-Cotta, 2016 (4. Aufl.).

9 Flusser, W. Für eine Philosophie der Fotographie, Göttingen, 1999 (9. Aufl.) PhF:, S. 68, 73.

 

Präsentationen – Mythos von Theuth

Mythos von Theuth wurde bereits mehrfach präsentiert, etwa 2017 bei der Ars Electronica, im Depot in Wien, außerdem 2018 im Rahmen von Digital Spring in Salzburg und bei anderen Gelegenheiten. In näherer Zukunft bei:

Bains Numériques 2018: Digital Factory #2, Enghien-les-Bains/Paris (FR), 14.–17. Juni 2018

medien.kunst.tirol, Stellwerk Innsbruck (AT), 29. Juni 2018

Speculum Artium – New Media Culture Festival (tbc), Trbovlje (SI), 13.–15. September 2018

York Mediale 2018, York (UK), 27. September – 6. Oktober 2018

Mehr:
qujochoe.org/myth-of-theuth
qujochoe.org/myth-of-theuth-get-the-game

2 x 20 Jahre Jubiläumspublikation

TU20_LK

Die Linzer Kunstinitiative Time’s Up hat im Mai das 20-Jahre-Jubiläumsbuch Lückenhaft & Kryptisch veröffentlicht. Es handelt sich um ein reichhaltiges und ansprechend gemachtes Buch mit ausführlichem Bild- und Textmaterial sowie um eine Publikation, „die durch die Stimmen von (temporären) WegbegleiterInnen, (entfernten) BeobachterInnen und (kritischen) KennerInnen von Time’s Up die eigene Perspektive auf Time’s Up erweitert“, oder auch, „die versucht einen Einblick in das Wesen und die Ideen von Time’s Up zu geben“ (Zitate Time’s Up). Die Publikation inkludiert unter dem zweisprachigen Titel Lückenhaft & Kryptisch / Incomplete & Ambiguous deutsche und englische Texte und richtet seinen Blick, ebenso kryptisch formuliert, darauf, „dass Time’s Up zwischen 2016 & 2017 sein 20-jähriges Jubiläum feierte“. www.timesup.org/LK

roeda-book-20years-240x320-umschlag-768x1024Das Steyrer Veranstaltungshaus Röda hat unter dem Titel 20 JAHRE RÖDA. Und wie es dazu kam – ein Zwischenbericht bereits seit einigen Monaten seine Jubiläumspublikation lanciert. O-Ton des Röda zum Buch: „Am 28. November 1997 wurde das Röda mit allem nötigen Pomp eröffnet. Hier kriegt ihr die Story des Röda. Von den ersten Forderungen der Steyrer MusikerInnen, über die wilden Tage im Kaftwerk-Keller, eine Demo am Allerseelentag 1994, die Herbergssuche und schlussendlich 20 Jahre Röda-Betrieb. Garniert mit „Spots“ genannten Soloeinlagen, unzähligen Fotos, Plakaten, Programmauszügen und Zeitungsausschnitten. Quasi die Ursuppe.“
roeda.at/wo-gibts-denn-jetzt-das-buch

Die Referentin gratuliert und empfiehlt.

The Drake Equation

Radioteleskope, aber sonst weder Mobilfunk noch TV- und Radiosendungen: Seit den 50er Jahren wird in der National Radio Quiet Zone im US-Bundesstaat West Virginia nach Spuren außerirdischen Lebens geforscht. Paul Kranzler und Andrew Phelps haben sich in die Zone begeben, in der neben Wissenschaftler auch Siedler, Bärenjäger und vermehrt Elektrosensible anzutreffen sind. Entstanden ist der Fotoband „The Drake Equation“, den sich Lisa Spalt angesehen hat.

1932 entdeckte Karl Guthe Jansky, dass die Milchstraße Radiowellen emittiert. Die Telefongesellschaft Bell hatte ihn beauftragt, Störsignalen im Kurzwellenband nachzugehen. Als Jansky seine Ergebnisse 1933 veröffentlichte, interessierte das niemanden. Erst Ende der 30er-Jahre beschäftigte sich ein Amateurastronom wieder damit. Er baute die erste Parabolantenne, die Signale aus dem All empfing. Diese war dann auch bereits der Prototyp für die heutigen Radioteleskope. Eins der wichtigsten dieser Gattung, das Green Bank Telescope, befindet sich in der National Radio Quiet Zone, einem rund 34.000 km2 großen Gebiet in West Virginia. Damit hier kein Geburtstagsgruß aus dem All verpasst wird, wird penibelst darauf geachtet, dass irdische Signale den Empfang nicht stören. Durch eine, bereits in den 50er-Jahren eingerichtete Einschränkung der Rundfunkstationen in dem Gebiet ist der Funkempfang für Radioteleskope optimal. Im Umkreis von 20 Meilen um das Teleskop herum gibt es keinen Mobilfunkempfang. Aktiv wird in der Gegend nach schlecht abgeschirmten elektrischen Anlagen gesucht. Denn hier sollen sie empfangen werden: die Signale von Außerirdischen, die sich in den Tiefen des Alls danach sehnen, endlich einmal einen Marshmellow zu essen.

Nun: Jorge Luis Borges entwickelt in einer seiner Erzählungen den Gedanken, dass, wenn man sich vorstelle, es gebe an einer bestimmten Stelle vergrabene Gegenstände, diese auch irgendwann gefunden werden. 1961 stellte Astrophysiker Frank Drake eine Formel auf, welche die Bedingungen der Existenz von Außerirdischen beschreibt. Vielleicht kann sie sie eines Tages auch hervorzaubern? Darauf hoffen jedenfalls die WissenschafterInnen, die in der National Radio Quiet Zone agieren.

Sehr eigentümliche Eindrücke aus diesem eigentümlichen Gebiet der Erde haben die Fotografen Paul Kranzler (Österreich) und Andrew Phelps (Österreich/USA) in ihrem Buch „The Drake Equation“ versammelt. Es wirkt wie eine Bildgeschichte über Grenzen alle Art.

Zuerst die Menschen: Grenzgänger. Balancieren auf der Kante einer Betonplatte oder werden in derart intimen Nahaufnahmen gezeigt, dass die Grenzüberschreitung der Kamera in eine andere Wirklichkeit zu führen scheint.

Aber auch technische Apparaturen führen in eine andere Welt. Wirken wie Großküchen von Alien-Nationen, die allerdings bereits so lange hier leben, dass die Geräte heimelig anmutende Gebrauchsspuren zeigen. Kurz verhüllt Nebel ein Mobile Home – oder vielleicht bilden gerade die Abgase eines Raumschiffs diesen Schleier, der auf das unsichtbare Außerhalb des Bildes verweist. Stoßen Alien-Raumschiffe Abgase aus? Wir befinden uns an einem Ort, an dem man mit Hunden kommuniziert und die Grenze zwischen Menschenplanet und Tierplanet spürt, die man nie zu überschreiten vermag. Die Messe findet hinter den genarbten Scheiben einer Kirche statt. Wer weiß, wer hier in welcher Weise mit welcher außerirdischen Macht kommuniziert? Ist Gott ein Alien? War Michael Jackson der Messias? The National Radio Quiet Zone ist eine Ausklappung in eine Parallelzeit, die bereits verlassen und gleichzeitig von unverständlichen Lebewesen bewohnt wirkt. Ein Junge läuft durch den Wald. Er ist nicht allein, irgendein Wesen folgt ihm, lugt durch die Büsche. Jemand macht Aufnahmen, die bei mir, in Österreich, auf eine konsternierte Rezipientin treffen. Der Blick fällt auf ein zerstörtes Haus, wie angenagt oder mit scharfen Krallen zerrissen. Ich meine das Beweisfoto eines Vorfalls vor mir zu haben, der vielleicht nie stattgefunden hat, aber eben doch dokumentiert ist. Da klappen Welten in andere um. Die Standstills scheinen zu einem bereits existierenden oder vielleicht schon wieder verschollenen Film zu gehören, dessen Sprache ich nicht verstehe. Eine Frau – eine Figur – sitzt da. Sie sieht mit seltsam unzentriertem Blick in die Kamera, sieht Dinge, die keine Linse fassen kann, dieser Blick, der Unfassbares festhält, ist seltsam festgezurrt. Die Frau weiß, dass ihr Körper im Bild immer Gast sein wird, dass das Bild Dreidimensionales fesseln muss, um es festzuhalten, um es nicht entwischen zu lassen. Ihren Kaffee trinkt sie aus einem Plastikbecher, der wahrscheinlich länger existiert als die für ihr Menschenleben anderswo konzipierten Gläser. Ich fühle mich beim Sehen der Bilder unausgeschlafen, aber überwach. Diese National Radio Quiet Zone ist von meiner Welt in etwa so weit entfernt wie die DDR und andere Staaten, die in der Vergangenheit liegen und damit in einen parallelen Raum geraten sind. Da gibt es einen jungen Menschen mit blitzblauen Haaren, grünen Augen und einem wissenden Lächeln. Während das androgyne Wesen lacht, bröckelt auf einer anderen Seite des Buchs eine über dem Holz liegende, bemalte Schicht weg, ein Stückchen Zeitungspapier, vergilbt, sieht darunter heraus. Wann starben hier die Dinosaurier, die Menschen aus? Werfe ich, indem ich die Seiten des Buches betrachte, einen Blick in die Vergangenheit oder eher in die Zukunft meiner Gegenwart? Beides sind Bereiche, die ich nicht besuchen werde können. Ein paar Bäume wirken verwischt, als seien sie nur gemalt. Ein Mann sitzt in seinem Sessel. Wie bei einer Barbie-und-Ken-Figur zeigen sowohl seine Gürtelschnalle als auch ein Badge auf seinem Hemd seinen Namen in zwei verschiedenen Schriftzügen. Hier hat jemand verschiedene Logos für ein und dieselbe Puppe entworfen. „Ach, es war so groß und gewölbt“, scheint eine Frau zur anderen zu sagen und sich zu amüsieren. Ich habe Angst, sie könnte die knisternde Stille der umstehenden Anlagen stören. Ihre Stimme ist aber weggeblendet. Der vielleicht zu der Szene mit den zwei Frauen gehörende Plan zeigt Faraday’sche Käfige in Iglu-Form, die vor Radiowellen schützen sollen, geplant für eine Gesellschaft, die sich in der National Radio Quiet Zone vor den elektromagnetischen Emissionen der sonst allgegenwärtigen Handy-Masten, W-Lans, Radiostationen versteckt. Diese MigrantInnen aus einer ihrer Meinung nach verseuchten Welt leiden an Elektrosensibilität oder vielleicht auch nur an einer irrationalen Angst vor elektromagnetischer Strahlung. Untersuchungen der WHO scheinen zu beweisen, dass sie Emissionen nicht erspüren können und die auftretenden Symptome vom verkehrtem Placebo-, also Nocebo-Effekt herrühren. Sie wissen schon: Wenn wir von den Nachbarn hören, dass die Kinder sich in der Schule Läuse eingefangen haben, kratzen wir uns auch gleich am Kopf. Ähnlich plagen Kopfschmerzen und Schlafstörungen Elektrosensible wahrscheinlich nur, weil sie sich vor den Emissionen fürchteten. Doch was nützt die Erkenntnis? Wie schon das Thomas-Theorem besagt: Wenn ich mir etwas einbilde und danach handle, sind die Effekte dieser Handlung so, als wäre das Erfundene Wirklichkeit. Den Sensiblen bleibt nichts anderes übrig, als hier in die National Radio Quiet Zone zu ziehen. Hier treffen sie auf BärenjägerInnen und Ahornsirup-Sammelnde, aber auch auf WissenschafterInnen, AstronomInnen aus aller Welt, die die spezielle Forschungssituation nutzen.

Kranzler und Phelps haben diese ganz besondere Welt, an der man wie an einer streng begrenzten Versuchsanordnung sehen kann, dass Zusammenleben immer auf der Basis menschlicher Fiktionen passiert, die nicht unbedingt kongruent sind, nicht etwa einfach festgehalten, sondern erzählt. Sie erzählen, wie das die Fotografie so macht, mit Löchern im Film. Die von Momentanaufnahmen dünn besiedelte Landschaft ihrer Erzählung lässt viel Raum und Ruhe für das Bauen eigener Luftschlösser. Ich kann – oder muss mir – beim Betrachten meine eigene National Radio Quiet Zone erzeugen. Jeder Bildrand ist eine Grenze, hinter der mein Deuten, mein erzählendes Verbinden der Bilder beginnt. Was macht das möglich? Zum einen ist es für mich das bereits beschriebene Fotografieren von Grenzen. Zum anderen aber erzeugt ein einfaches Element des Erzählens diese Anregung zum Weiterspinnen: Eine Gruppe der in der Zone lebenden Menschen besteht aus den Jägern und Ahornsirupsammlern, deren Familien oft schon seit Jahrhunderten hier leben. Alard von Kittlitz beschreibt sie im Begleittext zum Buch mit den Worten, sie wirkten, als seien sie gerade einem Faulkner-Roman entsprungen. Und tatsächlich scheint sich zu bewahrheiten, was einmal jemand – war es Roger Caillois? – als wichtigstes Charakteristikum des Phantastischen beschrieben hat: dass es nämlich nur dann seine Wirkung entfalten kann, wenn es in Alltägliches, Gewohntes eingewoben ist, in diesem Fall vielleicht beinahe in Klischiertes. Die Bilder dieses Buches erinnern an Stills US-amerikanischer Filme, die dem Unheimlichen ihren Tribut zollen. Gleichzeitig könnten die Szenen durchaus von einem Modellbauer gefertigt und dann so aufgenommen worden sein, dass man sie für Aufnahmen von Lebenden hält. Beim Recherchieren stellten sich jedenfalls bei mir Zweifel ein: Gibt es diese National Radio Quiet Zone wirklich? Allzu phantastisch kommt mir das Setting vor. Beim Durchforsten der Historie der entsprechenden deutschsprachigen Wikipedia-Einträge entdecke ich, dass sie jeweils erst im Jahr 2013 beginnt.

 

Paul Kranzler, Andrew Phelps: The Drake Equation
Das Buch ist bei Fountain Books erschienen. Erstausgabe 2018, limitierte Auflage von 1000 Stück, 120 Seiten, € 45.–
fountainbooks.de

Im Herbst ist in der Landesgalerie die Ausstellung „The Drake Equation“ von Paul Kranzler und Andrew Phelps zu sehen.

Paul Kranzler, Andrew Phelps: THE DRAKE EQUATION
Im Jahr 2015 verbrachten die Fotografen Paul Kranzler (A) und Andrew Phelps (A/USA) viele Wochen in der National Radio Quiet Zone, in der Umgebung der kleinen Stadt Green Bank und des Green Bank Observatory, um diese einzigartige Gemeinschaft von Forschern, Elektrosensiblen und einheimischen Familien zu dokumentieren.
Das daraus entstandene Buch THE DRAKE EQUATION zeigt eine naturbelassene Landschaft, durchsetzt von grotesk anmutenden, riesigen Teleskopen. Und es zeigt Menschen, in deren Körpern und Haltungen sich das Leben im Green Bank spiegelt.
„Ich denke, dass es bei der fotografischen Arbeit, die Sie jetzt in Ihren Händen halten, um viele Dinge geht, um Zeit und Wissenschaft und Technik und Natur, für mich jedoch ist es im Wesentlichen eine Arbeit über Amerika“, schreibt der Journalist Alard von Kittlitz in seinem begleitenden Text.
In Green Bank wurde 1961 auch die titelgebende Drake-Gleichung auf einer Konferenz erstmalig vorgestellt. Die vom Astro-Physiker Frank Drake entwickelte Formel dient zur Abschätzung der Anzahl der technischen, intelligenten Zivilisationen in unserer Galaxie, der Milchstraße. Es handelt sich bei der Gleichung um ein Produkt, von dem die meisten Faktoren unbekannt sind.

Wo es Schmutz gibt, gibt es ein System

Die Ausstellung Clean Cube. Zur Kritik der reinen Vernunft zeigt im Juni in der ehemaligen Waschstraße der Kulturtankstelle Arbeiten über Sauberkeit und Schmutz. Victoria Windtner, die die Ausstellung textlich begleitet, beleuchtet beispielhaft – und montiert einen Text, der über die Ausstellung hinaus seine eigene Thematik im Diskurs über Reinheit, Ökonomie und den unsichtbaren Dreck forciert. Ergebnis dessen sind Gedankensprünge zwischen Kunst und Sauenwaschung.

Rosa Haut, spritzendes Wasser und abgespülter Kot. Das war meine erste bildhafte Assoziation, als ich die Worte „Ästhetiken der Reinigung“ las. Es war während den Vorbereitungen zur Ausstellung Clean Cube. Zur Kritik der reinen Vernunft. Die Ausstellung ist in der Kulturtankstelle zu sehen, nimmt die Location der ehemaligen Waschstraße beim Wort und thematisiert tradierte Vorstellungen von Reinheit, Sauberkeit und Schmutz sowie deren kulturelle, politische und religiöse Dimensionen.

 

Die Waschstraße, ein gefliester Ort, in dem automatisierte Prozesse ablaufen, um Schmutz von Autos abzuwaschen, spülte meine eigenen Gedanken fast automatisch in den gleichen Kontext, aus dem die eingangs beschriebene Assoziation – der rosa Haut, des spritzenden Wassers und des abgespülten Kotes – stammt. Es handelt sich um eine Fotografie zum Artikel „Einmal waschen bitte“, in der Fachzeitung „Die Landwirtschaft“, der Landwirtschaftskammer Niederösterreich. Zu sehen ist ein Schwein umgeben von Gitterstäben und eine weiße, männliche Person, die einen Wasserstrahl auf das rosa Lebewesen richtet, um den Dreck von seinem Körper abzuspritzen.

 

Die Ausstellung Clean Cube zeigt eine Video-Sound-Installation, die mich an das beschriebene Bild erinnert. Der Wasserstrahl und das Abwaschen finden sich in zwei parallel abgespielten Videos von Carina Nimmervoll wieder. Links wäscht die Künstlerin Temperafarbe von ihren Füßen ab und reibt ihre Zehen und Fußflächen immer energischer aneinander, um die Farbe zu entfernen. Das Wasser verfärbt sich rot und die Farbe setzt sich an der weißen Badewanne ab. Rechts ergießt sich ein Wasserstrahl über ihre Füße. Füße, Farbe, Sichtbarmachung, Entfernung – Die Künstlerin erklärt mir, dass es unter anderem auch darum geht, dass uns die oft wenig beachteten Füße die Möglichkeit geben uns aus Situationen zu entfernen.

 

Diese positive Idee mit befreiender Wirkung bringt mich zurück zum Schwein unter dem Wasserstrahl. Die äußerlichen Bedingungen in der Landwirtschaft sind allerdings allesamt nicht darauf ausgelegt, dass sich dieses Schwein aus der bestehenden Situation entfernen kann. Obwohl es vier Füße hat. Das Schwein auf dem eingangs beschriebenen Bild in der Landwirtschaftszeitung ist ein Mutterschwein, also Protagonistin im landwirtschaftlichen Schweinereproduktionssystem. Die dargestellte Szene zeigt eine Praktik im Sinne des Hygienemanagements der Tierproduktion: die Sauenwaschung. Dabei wird schwangeren Schweinen der Kot, Urin und Staub von ihren Körpern abgewaschen. Dies geschieht kurz bevor sie vom Wartestall, wo sie sich ab der künstlichen Befruchtung durch Menschenhand befinden, in den Abferkelstall gebracht werden, wo die Geburt ihrer Ferkel stattfindet. Die Waschung ist ein einzigartiger und dem Mama Schwein vorbehaltener Moment. Zu keinem anderen Zeitpunkt werden innerhalb des Produktionsprozesses lebendige Schweine gewaschen, obwohl an ihren Körpern andauernd Kot, Urin und Staub kleben. Der Schmutz in Form von Fäkalien ist fixer Bestandteil der landwirtschaftlich-industriellen Struktur. Eine Tatsache, die mich zum Werk Berührung von Angelika Windegger führt.

 

Das in der Kulturtankstelle unscheinbar wirkende Waschsetting mit der Handlungsanweisung „Vor dem Eintreten Händewaschen“. Die Kulisse der Holzkonstruktion erzeugt ein Täuschungsmanöver. Ein Blick in die Rauminstallation löst Irritation aus und Windegger macht die Manipulation sogleich sichtbar. Sie zeigt, dass sich das zum Händewaschen angebotene Wasser in einem zirkulären Kreislauf befindet. Jede*r wäscht sich mit demselben Wasser die Hände. Dadurch kommt es zur indirekten Berührung. So werden Steuerungsmechanismen, Reinheitsansprüche und Berührungsängste angesprochen sowie gesellschaftliche Prägungen und kulturelle Codes.

 

Eröffnet wird dabei auch die Frage, was Schmutz denn überhaupt ist und wie Schweine eigentlich so Schmutz geworden sind, dass die Bezeichnung ihrer Art und ihrer Nachkommen sogar als Schimpfwörter verwendet werden. Die Grundsteine für die Konstruktion des „schmutzigen Schweins“ wurden in den monotheistischen Religionen gelegt. Kunsthistoriker und -wissenschafter Roger Fayet erklärt in „Reinigung. Vom Abfall der Moderne zum Kompost der Nachmoderne“ (2003), dass die expliziten Ursachen für Reinheit und Unreinheit von Tieren* in der Bibel im „Prinzip der eindeutigen Zugehörigkeit zu einer bestimmten Tierkategorie“ (Fayet, 53) liegen. War keine eindeutige Zuordnung des Tieres* möglich, galt es als unrein. Die schmutzigen Vorurteile, die der Mensch gegenüber dem Schwein hegt, sind auf sein eigenes Schmutzverständnis und Ordnungssystem zurückzuführen. Der Mensch verletzt aber häufig selbst die festgelegten Kategoriengrenzen, beispielsweise wenn es um die Grenze von Außen und Innen und deren Durchbrechung geht. „Was die Menschen verunreinigt, sind Körperausscheidungen, Hautaussatz, Geschwüre, genitale und menstruale Ausflüsse, sowie der Vorgang der Geburt“, schreibt die Sozialanthropologin Mary Douglas, in „Reinheit und Gefährdung“ (1988). Douglas beschreibt den Schmutz selbst als etwas Relatives, „etwas, das fehl am Platz ist“ und hält fest: „Wo es Schmutz gibt, gibt es ein System“. (Douglas, 52f)

 

Im System der Schweineproduktion können die allgegenwärtigen Fäkalien als ambivalenter Code verstanden werden. Aufgrund des Haltungssystems werden Schweine zudem, was die Vorurteile über sie schon lange sagen, schmutzig. Ethologische Untersuchungen haben allerdings gezeigt, dass Schweine, wenn es ihre Umgebung erlaubt, oder sie nicht in Gefangenschaft leben, Liege- und Kotplätze trennen. Es entspricht also nicht dem schweinlichen Wesen, über dem eigenen Kot zu leben, wie es ihnen die aktuelle landwirtschaftliche Produktionspraxis mittels Vollspaltenböden abverlangt und ihnen verunmöglicht schweinliche Bedürfnisse nach Sauberkeit auszuleben.

 

Dieser Gedanke führt mich zurück in die Ausstellung Clean Cube und zum Werk Untitled – How would you like to get rid of it? von Bernadette Laimbauer. Es ist ein Angebot zur sinnlich-interaktiven Begegnung im Ausstellungsraum. Ein Würfel aus Seife bildet das Gegenüber der One-to-One-Performance zwischen Mensch und Riesenseife. Das ästhetische Objekt transformiert sich durch den Kontakt mit Wasser und menschlichen Körpern. „Die Seife nimmt den Schmutz mit, der Schmutz verschwindet und dabei auch die Seife selbst“, erklärt Laimbauer und gibt eine klare Handlungsanweisung – „Bitte berühren!“. Das Material wird zur Performerin, so benannt bei Quasikunst im Rahmen des Kunst- und Technologiefestivals Stadtwerkstatt 48×3 2017, bei Tanja Brandmayrs Eisberg – The Entity – 48 Hours Meltdown. Der Eisblock als Performer ist längst verschwunden, weil geschmolzen, doch in meiner Phantasie findet zwischen Riesenseife und Eisblock eine performative Verschmelzung statt und es läuten die Hochzeitsglocken.

 

Jegliche Romantik verfliegt, wenn ich überlege, dass auch Mama Schwein als materielle Performerin gedacht werden kann. Ist sie doch rechtlich nicht mehr als Sache und Eigentum eines Menschen in einem milliardenschweren Industriezweig. Dazu kommt, dass diesem Industriezweig viel daran liegt, die eigenen Produktionsbedingungen unsichtbar zu machen. Immer häufiger tritt dabei die Politik auf und stellt die Weichen zur rechtlichen Legitimierung der Unsichtbarmachung. Es handelt sich dabei um Rechtstexte, die in den Vereinigten Staaten von Amerika bereits einen eigenen Namen bekommen haben – Agriculture Gags (Ag-Gags). Der amerikanische Autor und Journalist Mark Bittmann prägte den Begriff, es handelt sich dabei um „Rechtstexte, die das Aufdecken von Missständen in der Agrarindustrie bestrafen sollen“ (derstandard.at 2015). In Ober- und Niederösterreich gibt es bereits derartige Rechtstexte, #Betretungsverbot, #Feldschutzgesetz und Vergleichbares in der bundesweiten Schweinegesundheitsverordnung (SchwG-VO). An einer Erweiterung wird auf Bundesebene aktuell gearbeitet. Im Programm der schwarz-blauen Bundesregierung ist die Rede von Schutz „gegen das illegale Eindringen in Stallungen“ und „Beweisverwertungsverbot“. Das könnte bedeuten, dass beispielsweise Bilder, die in Stallungen gemacht wurden, nicht vor Gericht verwendet werden dürfen, sondern vernichtet werden müssen, weil sie illegal entstanden sind. Die Unsichtbarmachung der Produktionsbedingungen und möglicher Missstände erreicht eine neue Dimension. Dabei bietet Österreich zum Schutz von Eigentum ausreichend Möglichkeiten, trotzdem soll landwirtschaftliches Eigentum besonderen Schutz erhalten. Das Argument „Sie wollen doch auch nicht, dass jeder* in ihr Wohnzimmer reinschaut“, wird in diesem Kontext oft strapaziert. Bei Produktionshallen und Tierstallungen handelt es sich jedoch faktisch nicht um Wohnzimmer von Bauernfamilien und damit nicht um Räumlichkeiten, in denen die Privatsphäre unter besonderem Schutz steht.

 

Ein Vernichtungsgebot von Bildmaterial erinnert ein bisschen an Bilderverbot und Bilderstreit. Andrey Ustinov überführt in ICONOCLASH. Footage zu einem nicht-realisierten Videoprojekt das Thema Bilderstreit in den Kontext einer modernen multikulturellen Großstadt. Er zeigt einen Mann beim sachgemäßen Zerstören von Werbebildern. Herr C. arbeitet als Plakatkleber in Köln und ihn stören so manche Botschaften und Bildmotive auf den Plakaten, die er aufkleben muss. Für ihn ist das Herunterreißen der Plakate eine politisch subversive Geste, es gehört aber ebenso wie das Aufbringen der Plakate zu seiner Arbeit. Wird ein Plakat heruntergerissen, das saubere, glücklich wirkende Schweine auf einer grünen Wiese zeigt, schließt sich der Kreis zu Mama Schwein. Sie wird niemals in ihrem Leben eine grüne Wiese betreten, aber die Erinnerung an sie ist in einen Text geflossen, der assoziativ Bilder und Diskurse aus dem Ausstellungskontext aufnimmt und anhand zeitgenössischer Kunst den Blick auf das zeitgenössische System der Schweineproduktion eröffnet. In der Ausstellung selbst ist keine Sauenwaschung zu sehen.

 

Über Schweine zu schreiben ist vermutlich nicht besonders schick. Selbst kritischen Zeitgenoss*innen ist die Erwähnung dieser Lebewesen unbequem, wenn es außerhalb von Speisekarten geschieht und die üblichen sprachlichen Verhüllungen, wie Stelze, Schnitzel, Schinken und Speck durch die Benennung der lebendigen Wesen selbst entblößt werden. Doch Unbequemlichkeiten zugunsten erweiterter Sichtweisen nehme ich gerne in Kauf. Versprochen.

 

Das Wort Tier wird im Text mit einem * versehen, um auf die soziokulturelle Konstruktion des Begriffs zu verweisen.

 

Clean Cube. Zur Kritik der reinen Vernunft
8.–22. Juni 2018, tägl. 16.00–20.00 h

kulturtankstelle
Dametzstrasse 14
4020 Linz

Opening am 7. Juni 2018 um 18.00 h mit einer Performance von Bernadette Laimbauer

Für zwei Wochen wird die kulturtankstelle, das neue Coop-Lab des OÖ Kulturquartiers und der Kunstuniversität Linz, zum Clean Cube oder besser: zu einem Ort der Auseinandersetzung mit den Ökonomien der Reinheit in Kunst, Politik, Religion und Gesellschaft. Ausgangspunkt der Ausstellung im Linzer City Parkhaus war das Dispositiv der ehemaligen Waschstraße – eine von automatisierten Prozessen begleitete Passage im urbanen Raum.

16 Künstler*innen befragen die Grenzen der Sauberkeit und die Reinheitsideale der Moderne. Sie spielen mit der Kontamination, untersuchen Mechanismen des Ein- und Ausschlusses, urbane Wasserkreisläufe, politische Aufräumrhetorik und den Schmutz des White Cube.

Künstlerische Positionen:
Santiago Alvarez, Maria Dirneder, Johannes Fiebich, Eveline Handlbauer, Julie Sophie Kratzmeier, Twana Kushnau, Bernadette Laimbauer, Matthias Lindtner, Domas Schwarz, Atena Neuhuber, Carina Nimmervoll, Jens Pecho, Marlene Penz, Andrey Ustinov, Nico Joana Weber, Angelika Windegger

Redaktion: Lisa Maria Schmidt, Stefanie Schiefermair, Victoria Windtner Kuratorische
Leitung: Anne von der Heiden und Jasmin Mersmann

Begleitprogramm
12. Juni, 18.00 h VORTRAG Roger Fayet (Zürich): Abfall, Ordnung und Immersion bei Song Dong und Christoph Büchel

22. Juni, 10.00–20.00 h WORKSHOP

Programm und weitere Infos unter www.kulturtankstelle.at

Salz auf unserer Haut.

sd_salz

Im Auftrag der geschätzten Chefredaktion begibt sich der Dude in die spannende Welt unserer wichtigsten Zutat: Salz. Wer jetzt gedacht hat, dass sich der Slowdude aufgrund des analogen Clickbaits im Titel der Kolumne mit der Erotikschnulze aus den 90er Jahren befasst, irrt gewaltig – einzig der sphärische Soundtrack von Klaus Doldinger sei hier positiv erwähnt. Nix da mit Erotik, Sex oder Beziehungpallawatsch in langsamen Bildern. Als Florian Klenk des Gastrojournalismus geht es dem Dude einzig um harte Fakten und transparente Information für die geschätzte LeserInnenschaft. Salz war für viele lange Zeit die billig zu erwerbende Kartonverpackung oder der schmucke Kunststoffzylinder mit dem Salinen-Austria-Schriftzug. Bilder von Gasthäusern mit unverschraubten Salzstreuern oder selbige mit gelblichen Reiskörnern durchmischt, ergänzen unsere Erinnerungen. Die Herkunft war für uns alle mit dem Schulausflug ins Bergwerk Hallstatt determiniert. Der fade Schulunterricht brachte uns die chemische Zusammensetzung näher. Doch: Die Zeiten haben sich geändert. Ein wahrer Salztsunami ist über die Regale unserer Supermärkte, Reformhäuser, Marktstände und Bioladentheken hereingebrochen. Neben dem hundsordinären Tafelsalz gibt es mittlerweile zig Varianten von Meersalz, Steinsalz, Himalaya Salz, Fleur de Sel, Rosensalz, Kaffeesalz, Selleriesalz, BBQ-Salz mit Hickoryaromen, schwarzes Salz, geräuchertes Salz, Salz aus Hawaii, Chilisalz, Bio-Salz, Salz mit weniger Salz, Kräutersalz, Ur-Salz, ayurvedisches Zaubersalz, Blütensalz und Wilderersalz – um hier nur einen kleinen Ausschnitt der verfügbaren Produktpalette zu erwähnen. Hier fällt dem Slowdude auf, dass Salz eigentlich ein komisches Wort ist. Aber egal. Zu oft horrenden Preisen werden die auch recht seltsam anmutenden Salzkreationen feilgeboten oder als Salz aus „exotischen“ Ländern angepriesen. Salz aus Hallstatt ist in Würzkraft und Gesundheitsbelangen eigentlich nichts anderes als Salz aus Khewra. Aber scheinbar braucht unsere auf die innere Mitte fixierte Biobobo-Gesellschaft die Gewissheit, nahe am Urquell des Lebens zu agieren. Hier trifft der marktschreierische Ökoverkaufsapparat auf geifernden Verbraucherschutz. Die einen verkaufen simples Salz zu absurd hohen Preisen mit Heilsversprechen, die frei erfunden sind. Die anderen kommen mit der Keule, „unser“ Salz ist besser, daher und vergessen dabei, dass das vielgerühmte Himalayasalz meist naturbelassen auf seinen riesigen CO2-Latschen daherkommt, während die meisten Salze aus heimischer Produktion – um den Conveniencegewohnheiten der VerbraucherInnen zu entsprechen – meist mit Aluminiumoxid oder Silikaten versetzt sind, um die „Rieselfähigkeit“ zu gewährleisten. Ja, so ist sie, die schöne Welt der globalen Wohlfühlvielfalt. Ideal wäre hier eine Bio-Planwirtschaft. Nämlich so: Das fröhliche Kollektiv aus dem Salzkammergut produziert Bio-Salz zu fairen Preisen, das später von gut gelaunten Konsum-MitarbeiterInnen an das nicht minder frohe Heer der Werktätigen verkauft wird. Die würzen dann damit ihre schmackhaften, fairen Bio-Speisen und freuen sich des Lebens. So einfach wäre es. Aber der Slowdude ist wie immer euer Navigator und hat euch zum Schluss doch noch was zu empfehlen: Im Preis/Leistungs- und Fußabdrucksranking kann euch der Slowdude zu „Glück auf“-Natursalz der Salinen Austria raten. Herkunft ums Eck und es ist ohne Zusätze – auch der Preis ist ok.

Der Slowdude muss jetzt schließen. Er fährt nämlich zu seiner Salzsommelierausbildung nach Guérande ins Département Loire-Atlantique und bekommt dort sein Diplom verliehen. Gott erhalt’s – unser Salz.