Schönheit der Gegensätze

Kamasi Washington beim Inntöne-Jazzfestival im Mai: Christian Wellmann war vor Ort und befindet, dass Festival und Musiker dem Genre kreatives Oberwasser geben und den Jazz zurück ins öffentliche Bewusstsein blasen.

„Don’t tolerate people, celebrate them.“ Kamasi Washington. Foto Inntöne Festival

„Don’t tolerate people, celebrate them.“ Kamasi Washington. Foto Inntöne Festival

Paul Zauners Bauernhof fungierte beim 33. (!) Inntöne-Jazzfestival abermals als Bühne von und zur Welt. Dass die Verpflichtung Kamasi Washingtons im Umfeld der Konzerte von München und Wien gelang, ist eigentlich ein Wunder, der wohl „kleinste“ Stopp seiner Welttournee, in den Suburbs von Diersbach im Innviertel. Respekt! Alles fühlt sich dort irgendwie „echt“, „ungekünstelt“ an, nah & direkt, einfach, Bio ohne Fake. Ein an seine Grenzen gebrachter Veranstaltungsort, die akustisch (mit)swingende Holzscheune bildete den Rahmen einer mystischen Nacht für die Geschichtsbücher, dieses Intime schaffte es, den Reiz seines Auftritts nochmals zu überhöhen.

 

Zauner selbst ist Jazzmusiker, Produzent, Biobauer und Erfinder des Inntöne-Festivals, als Posaunist fliegt er regelmäßig gen USA, um mit Musikern zu spielen. Philosophie des Festivals ist es, „Stars“ genauso familiär zu erleben, wie die noch weniger bekannten Insidertipps. Der Sauwald wurde nun an drei Tagen zu Pfingsten um eine gediegene Mischung aus europäischen und amerikanischen, erdigen und avantgardistischen Tönen bereichert.

Schon die Anreise stimmt bestens ein: Hinter einem mit „Jazz“ beschrifteten Orientierungs-Pfeiler luchst ein Fasan hinter einem Bienenstock hervor, puh, fast einen Marder mit dem Auto „gerissen“… In der Nachbarschaft ein hinreißendes, poetisches Schild, das „Eier, Schnaps & Likör“ anpreist, statt alles zusammen. Eh, Land, eben. Ringsherum, um Andorf, dröhnen in den Ortschaften die Pfingst-, Zelt-, Feuerwehrfeste, oder künden von Themen-Sommerparties, nach der Fasson der Zeit. Beim Inntöne gibt es – erst recht! – auch ein Zelt im Innenhof, das zum Mitfeiern der Nachbarschaft einlädt, wenn da nicht dieses Gejazze wäre, stört aber niemanden, am Biertisch kummandleitzsoam.

 

Saxofonist, Komponist, Produzent und Bandleader Kamasi Washington gibt dem viel geschmähten Genre Jazz kreatives Oberwasser und bläst ihn zurück in das öffentliche Bewusstsein. Jazz jenseits seiner konventionellen Grenzen. Indem Washington alle Ansichten überschreitet, was Jazz zu sein hat, ist er drauf und dran, ihn wieder zur Musik zur Zeit zu machen. Diese Hoffnung vermittelt er zumindest. Das gelingt ihm ähnlich, wie dies Kendrick Lamar für Hip-Hop praktiziert, auf dessen Geniestreich To Pimp A Butterfly er maßgeblich beteiligt war.

Musik, die wie eine Trotzreaktion auf den Zeitgeist wirkt, mit einer Klangsprache, die auch in Richtung Hip-Hop, Klassik, Soul, R&B oder Elektronik offen ist, und die schon jetzt als Meilenstein in der Musikgeschichte gefeiert wird. Metaphysischer, afrofuturistischer Cosmic Jazz. Seine 2015 erschienene Sound-Odyssee The Epic, eine dreistündige Demonstration in Sachen spirituellem Jazz, machte ihn zum Fackelträger seiner Generation für fortschrittliche und improvisierte Musik. Jüngeres Publikum begann sich wieder für modernen Jazz zu interessieren, ihn in Popmusik-Kreisen zu verbreiten. Der Hauch von Coltrane, Pharoah Sanders oder John Gilmore (Sun Ra) beseelt sein Saxspiel, unter anderem, oder auch Busta Rhymes, dessen Verse er wiederzugeben versucht (normalerweise versuchen Rapper Bläser nachzuahmen), aber er macht sein eigenes Ding, auf jeden Fall. „Ich identifiziere mich zuallererst als Musiker, es geht nicht darum, dass ich ein Jazz-Musiker bin. Ich bin ein Musiker, aber Jazz ist die Musik, die mich inspiriert hat, Musiker zu werden“, so Washington in einem Interview mit Wax Poetics.

 

Letztes Jahr schuf er mit Harmony of Difference eine Multimedia-Installation (und ein gleichnamiges Mini-Album) zur angesehenen Biennale im Whitney Museum of American Art in New York. Seine riesige Fangemeinde wächst kontinuierlich, stellvertretend dafür werden seine Shows bei weltweit bedeutenden Festivals mehr, wie Glastonbury, Primavera oder dem kalifornischen Pop-Festival Coachella, wo er vor kurzem mit erweiterter Streicher-Band vor Beyoncé auftrat. New York, Tokio, Diersbach.

 

Da fliegt mir doch das Scheunendach weg. Das Warten aufs Konzert, wegen Umbaus und Soundcheck, dauerte dann fast länger als der eigentliche Auftritt, was sich im Nachhinein als optimaler Spannungsbogen herausstellen sollte. Förmlich ausgehungert schlang das Publikum dann zu später Stunde den kollektiven Soundpudding in einem Stück runter. Faszinierend an dieser Band ist die kaum in Worte zu fassende Energie, die sie in den Raum stellte. Eine geballte Ladung, ihr Handwerk am Limit ausführende MusikerInnen: zwei super-tighte Schlagzeuger, spacy Keyboards, eine Prise P-Funk versprühend, zweiter Bläser, ein Kontrabassist, der sich mit Effekten in alles Mögliche morphen kann, eine Sängerin als harmonische Grazie oder Kontrapunkt, dazu Washingtons Vater, Rickey Washington, und, ach ja, fast vergessen … Kamasi. Jeder für sich, wenn er nur solo gespielt hätte, wäre schon unglaublich gewesen. MusikerInnen, die schon seit ihrer Kindheit zusammenspielen, das fühlt sich wie „Posses“ im Hip-Hop an. Die Hälfte in Shades, alt und jung, eine „höllisch“ eingespielte Truppe – alle waren sie schon auf oben beschriebenem, wegweisenden To Pimp A Butterfly-Album vertreten. Wie bei allen großartigen Bands ist der „Frontmann“ nicht der „Star“, das ist die Band – wie im Fußball, die Mannschaft entscheidet zusammen ein Spiel. Von sanften Passagen hin zu hartem und schnellem Fusion-Sound, Schlagzeug-Solos der anderen Art, Soul- oder Elektronik-Sprengsel eingeflochten, plötzlich afrikanische oder brasilianische Rhythmen, Groove Is In Da Hut. Der Sound ist niemals retro, ist total im Jetzt, weiß um Geschichte, Einflüsse, und präsentiert sich, so wie sich die Welt darstellt, in all ihrer Komplexität und Schönheit. „Die Schönheit der Gegensätze und das Geschenk der Vielfalt“, wie Washington während des Auftritts dazu anmerkte. „It’s not to tolerate, but to celebrate people.“ Einheit durch Vielfalt, der Geist von Sun Ra schwebt im Raum. Auch merkt er an, dass er schon an allen möglichen Plätzen war und gespielt hat, aber, sich umblickend: „Das ist wirklich eine sehr coole Scheune!“ In philosophischen Gefilden fischt der letzte Track der prachtvollen EP Harmony of Difference, der auch am Live-Menüplan steht, in dem sich Washington mit Variationen von Motiven spielt und sie alle in diesem Lied (Truth) vereint. Jeder spielt seine eigene Melodie, das ergibt ein überwältigendes (Hör)Bild. „I’m a heavy daydreamer – but yes, now, I’m here“, setzte er diesem epischen Song voran.

 

Ein weiteres Highlight ist der Jazz/Soul/Funk-Groover Abraham aus der Feder des Bassisten Miles Mosley – oder das wütende Fists of Fury vom neuen Album, das irgendwie, oder auch nicht, wie ein Rocksong anklingt, komplex zwar, aber eingängig funkey, wenn man sich darauf einlässt. Ein politisch aufgeladener Song der New Civil Rights Era, Soundtrack zur Unzeit. Schon bei Malcom’s Theme (von The Epic) griff er die Thematik auf, doch hier bekommt das eine fast aggressive Bedeutung. Der Text rückt von der (immer wiederkehrenden) Harmonie im Rest seines Sets ab, er versucht gar nicht, die Wut, die in den USA gerade vorherrscht, zu verbergen. Akzente überschlugen sich, Bläser ließen die Fäuste in die Höhe schnellen, dabei zum Mittanzen einladend, bis Sängerin Patrice Quinn sang, schlussendlich brüllte: „Unsere Zeit als Opfer ist vorbei. Wir werden nicht länger Gerechtigkeit verlangen. Wir werden Rache nehmen.“ Ein Hit des Jahres, zweifelsohne, perfekt gesetzt, als letzter Song eines Abends, der noch lange nachhallen wird: danach keine Zugabe, die Message soll bleiben. Tja, eigentlich war es nur der letzte Song für die, die gingen – weil die Band noch anschließend bis zum ersten Hahnenschrei in einem zweiten Raum des Bauernhofes eine Jam Session für die Verbleibenden abballerte.

 

Sein im Juni erscheinendes, zweites Album Heaven & Earth, wovon zwei Stücke live präsentiert wurden, und das Kamasi Washington knapp über einem See schwebend am Cover zeigt, gilt als eines der am sehnsüchtigst erwarteten von 2018, bereits vorab als Platte des Jahres gehandelt. Sein Twitter-Statement dazu: „Die ‚Earth‘-Seite repräsentiert die Welt, wie ich sie von außen sehe, die Welt, dessen Teil ich bin. Die ‚Heaven‘-Seite repräsentiert die Welt, wie ich sie nach innen sehe, die Welt, die Teil von mir ist.“ Gelebte Realität einerseits, seine eigene Realität schaffen anderseits. Da passt es auch perfekt, dass Heaven & Earth auf dem hippen Young Turks-Label erscheint, das sonst eher Poppiges/Gehyptes wie The Xxs, FKA Twigs rausbringt. Das zeigt auch, dass Jazz nicht mehr nur für deine Großeltern ist, sondern eben auch im Pop angekommen ist. Jazz anno 2018, keinen Trends nachhechelnd, aber sie setzend. Vielleicht eine der toughesten Livebands des Planeten, live noch um einen Tick mitreißender als auf den sowieso schon grandiosen Platten. Das Schönste zum Schluss – das alles ist wohl erst der Beginn.

 

www.inntoene.com
www.kamasiwashington.com

Abweichende Schreibweisen in diesem Text sind beabsichtigt.

3 Tage X

Das Klangfestival Gallneukirchen besticht seit zehn Jahren mit experimenteller Musik, mitreißender Verve und einladender Atmosphäre. Von 24. bis 26. August findet die Jubiläumsausgabe statt. Stephan Roiss sprach mit zwei der OrganisatorInnen, Tanja Fuchs und Thomas Auer, und gibt eine Vorschau auf die musikalische Programmierung von X.

Schöpfen musikalisch aus dem Horror: Okabre. Foto ARGEkultur/Walter Lienbacher

Schöpfen musikalisch aus dem Horror: Okabre. Foto ARGEkultur/Walter Lienbacher

„Wenn dir langweilig ist, wirst du kreativ“, sagt Thomas Auer, dem als 15jähriger in Gallneukirchen offenkundig langweilig war. Er und ein paar AltersgenossInnen beschlossen in ihrem beschaulichen Heimatstädtchen eine Location nach Vorbild der Linzer Kapu ins Leben zu rufen. Zwar scheiterte das Projekt kurz vor seiner Umsetzung an plötzlich einsetzendem Beamtenbammel. Doch die junge Gruppe hatte sich geformt, erste Erfahrungen gesammelt und Blut geleckt. Einige Jahre später reichte man bei der Stadtgemeinde das Konzept des Klangfestivals ein, erhielt finanzielle Unterstützung, gründete einen Verein und war nun nicht mehr aufzuhalten.
Das allererste Festival (2008) war als Open Air geplant, wurde aber vom Wetter zunächst verhindert. In der Folge wurde nicht nur der Termin verschoben, sondern auch gleich der Veranstaltungsort: weg von einem Parkplatz im Ortskern, hin zu einem Bauernhof in idyllischer Lage. Das Warschenhofer Gut blieb acht Jahre lang Schauplatz des Festivals und bot eine ebenso einzigartige wie charmant-skurrile Atmosphäre. Eine Scheune voller Lärm genießen, dann an Kunstinstallation und Traktor vorbei zum Zelt gehen, morgens verkatert Kühe schauen. Diese Symbiose von Landwirtschaft und zeitgenössischem Kunstschaffen endete 2015.

Bewegte Geschichte
Für 2016 hatte das Organisationsteam eigentlich eine Pause geplant. Doch ein leerstehendes Geschäftslokal im Ortszentrum (Alte Nähstube) lud förmlich zur Zwischennutzung ein. Man konnte dort einfach nicht nichts veranstalten. Der Verein benannte sich in „Klangfolger“ um und programmierte eine Veranstaltungsreihe mit demselben Titel, die sich über drei Monate erstreckte und dreizehn verschiedene Kulturereignisse umfasste: überwiegend Konzerte, aber auch Lesungen, eine Performance, sogar den Vortrag eines CERN-Wissenschaftlers. 2017 ging man es dann wirklich etwas ruhiger an und beschränkte sich auf ein einziges Klangfolger-Wochenende im Rahmen der Langen Nacht der Musik (u. a. mit dem fulminanten Lê Quan Ninh).

In den letzten beiden Jahren hat sich der Kulturverein noch besser im öffentlichen Leben Gallneukirchens verankert. Man ist nun sichtbar, arbeitet und veranstaltet im Ortskern. Durch die Auslagen der Alten Nähstube gewinnen die PassantInnen einen Einblick, die Hemmschwelle zur Kontaktaufnahme wird gesenkt, eventuelle Vorurteile leichter zerstreut. Ab und an platzt eine soziale Blase und unerwartete Begegnungen passieren. Obwohl die Alte Nähstube von bewohnten Gebäuden umgeben ist, gab es bis dato noch keine einzige Beschwerde (z. B. wegen der Lautstärke bei Konzerten).

Aktuell bilden elf Menschen das Kernteam. Etwa nochmal so viele sind Teil des erweiterten Kreises, diese bringen sich zwar auch inhaltlich ein, aber nicht kontinuierlich. Und schließlich gibt es zwanzig bis dreißig UnterstützerInnen, die an Veranstaltungstagen mithelfen. Dabei geschieht sämtliche Arbeit ehrenamtlich. Wie groß ist das eigene schlechte Gewissen angesichts der Selbstausbeutung? Die Antwort von Tanja Fuchs ist einfach und entwaffnend. „Es ist in Zeiten wie diesen extrem wichtig, dass solche Dinge passieren.“ Trotz allem. Punkt. Let’s go.

Triple X
2018 kehrt man zum Festivalformat zurück. Das diesjährige Festival wird als insgesamt zehntes präsentiert und steht unter dem Banner des Buchstabens X, der bekanntlich für die römische Ziffer 10 steht. „Es hat acht Klangfestivals gegeben und das ist jetzt das neunte. Aber das zehnte.“ Thomas Auer spricht’s und lacht. Man muss nicht alles verstehen. Der Buchstabe X steht nicht eben auch für das Variable und Unbekannte.
Zum ersten Mal wird das Festival dreitägig sein. Die bereits vielfach erprobte Alte Nähstube fungiert dabei als Zentrale. Die primäre Konzertlocation ist allerdings die „Halle X“, eine alte Feuerwehrhalle, die eigens für das Festival raumakustisch aufgewertet wurde. (Beide Gebäude sind Leerstände, Leerstellen, und da ist es schon wieder, das X.) Am Samstag wird zudem auch die wildromantische Ruine des Schlosses Riedegg bespielt: mit einer Performance von Magdalena Plöchl, die das Schöne und seine Machbarkeit, sowie die Rolle von Ikonen verhandelt.
Von Anfang an hat das Klangfestival andere Kunstformen miteinbezogen. Regelmäßig wurde das musikalische Programm von Installationen, Theaterstücken, Live-Art oder literarischen Auftritten flankiert und kommentiert. Dieses Jahr wird der zweite Stock der Festivalzentrale (Alte Nähstube) eine Ausstellung beherbergen. Für diesen Zweck hat das Klangfestival einen Open Call ausgeschrieben, der sich an alle Spielarten der Bildenden und Darstellenden Künste wandte. Zu Redaktionsschluss standen die ausgewählten Artists jedoch noch nicht fest. Auch das Booking war noch nicht zur Gänze abgeschlossen. Die bislang fixierten Acts versprechen jedenfalls bereits hohes Niveau und beste Unterhaltung. Proqueerfeministische Haltung gehört zum Selbstverständnis des Vereins. Auch ohne selbstauferlegten Frauen*quote beim Booking (die noch nicht eingeführt wurde, aber intern immer wieder diskutiert wird), erreicht man ein relativ ausgewogenes Geschlechterverhältnis.

Experimentell me more
Die progressiven Clubsounds der Wienerin „ƒauna“ sind subversiv und leidenschaftlich, sie scheuen weder Tod noch Lo-Fi und schon gar nicht die Zukunft. Kann also gut sein, dass sie sich mit „Wien Diesel“ gut versteht. Wobei dieses enthemmte Projekt von MC Rhine und Producerin Marie Vermont deutlich brachialdadaistischer um die Ecke kommt. Ingrid Schmoliner wiederum agiert mit gänzlich anderen Mitteln, mit Strategien der Neuen Musik. Sie arbeitet gerne mit wohl präpariertem Klavier, Stimme und klassischem Minimalismus. Ihr Zugang ist avantgardistisch, aber nicht verstockt elitär, sondern offen und stets am Unerhörten interessiert. Mit dem „Kollektiv Okabre“ wurde ein Projekt gebucht, beim dem das transdisziplinäre Arbeiten Teil der künstlerischen DNA ist. Das Linzer Sextett existiert seit vier Jahren, und hat sich rasch einen Namen erspielt. Unter anderem mit ebenso originellen wie stilsicheren Filmvertonungen. Am Klangfestival wird die Band aus dem Vollen schöpfen, um den Horrorklassiker „Night of the living dead“ (1968) live zu bereichern. „Gorilla Mask“ ist ein Projekt des kanadischen Altsaxofonisten Peter Van Huffel. Für dessen forcierte Free Jazz-Abfahrten legen Bassist Roland Filezius und Drummer Rudi Fischerlehner die harte Piste. Präzise, komplex, wuchtig, virtuos. Das Trio Jakob Gnigler / Susanna Gartmayer / Angelica Costello verspricht dem Papier nach ein Highlight zu werden. Costello muss aufpassen, dass sie von gewissen Szenen nicht bald heiliggesprochen wird, Gartmayer gehört seit Jahren mit zu den spannendsten InstrumentalistInnen hierzulande und Gnigler spielt sich auch gerade in die erste Liga.

Die Schwedin „Fågelle“ wiederum schichtet Rauschen und rhythmische Drones aufeinander, fragmentiert und entfremdet synthetische Sounds, setzt schlichtweg fulminante Gesangsmelodien auf das tonale Gewaber. Das ist Honig und Beton, das ist Popnoise vom Feinsten. „Diese Frau ist einfach eine Erscheinung“, bringt es Tanja Fuchs auf den Punk, „ein bisschen wie Björk, aber ohne den Kitsch.“
Entfernt artverwandt mit „Fågelle“ sind „Slow Slow Loris“, ein deutsch-amerikanisches Zweiergespann, das düstere elektronische Klänge, Breakcore-Elemente und zitternde Loops mit verfremdeten Vocals ins Gespräch bringt, bis alles zerbrechlich und tanzbar ist.
Ein anderes spannendes Duo sind „Ester Poly“ aus der Schweiz. Zwei Frauen aus zwei Generationen, zwei Stimmen, Bass und Schlagzeug. Treibend und druckvoll und melodisch, sehr cool und ein bisschen noiserockig, politisch und klug und multilingual. Straighter Edelpunk in Zeiten ohne Cholera, dafür mit ganz viele anderen Beschissenheiten.

Das Klangfestival denkt nicht in Genres, dennoch gibt es einen roten Faden bei der Programmierung: „Ob noisy, jazzig oder clubig, das Verbindende ist ein experimenteller Zugang“, meint Tanja Fuchs, die gemeinsam mit Magdalena Landl dieses Jahr hauptverantwortlich für das Booking ist.

Ende August – beim zehnten Klangfestival, das eigentlich das neunte ist – wird das Publikum erfahrungsgemäß zu großen Teilen aus der unmittelbaren Region kommen, aus Linz und Umgebung, aber auch aus ganz Österreich, und vereinzelt sogar aus Nachbarländern. Spread your X-Wings and fly. Nächtliche Heimfahrten kann man sich ersparen, da es in unmittelbarer Nähe des Geschehens Campingmöglichkeiten gibt. Langweilen sollte sich beim Festival wohl keine/r so schnell. Und falls doch, ist das nicht schlimm, weil es doch lediglich bedeutet, dass da jemand gerade kreativ wird.

 

Klangfestival Gallneukirchen
24.–26. 8. 2018
Infos: klangfestival.at
Tickets: klangfolger.kupfticket.at

Vad gör du?

Stadtwerkstatt-Nachtprogramm beim Stream-Festival: Klara Lewis lädt zu Experimenten ein, um einem größeren Publikum etwas vor Ohren zu setzen, das es sonst wohl so nicht hören würde. Christian Wellmann kompiliert einen assoziationsreichen Text zu Sound und Facts – und setzt der LeserInnenschaft zu Beginn ein paar von ihm in die Tastatur geklopfte Zeichen vor, um mit dem Titel gefragt ins Jetzt zu weisen: Was machst du?

Klara Lewis im Field. Foto Hampus Högberg

Klara Lewis im Field. Foto Hampus Högberg

Ja, was machst du? Jetzt? Du fixierst wohl gerade ==-== —> das hier. Ich, hier, lausche jetzt Vad gör du* von Klara Lewis. Funktioniert natürlich proper als Soundtrack zum Schreiben, sicher auch als Ausgangspunkt (Go-To-YouTube) zum weiteren Lesen der hier versammelten Wortanhäufung, als Sauce zu einem trockenen Gewirr an sub-objektiver Musikbeschreibung. Lewis bedient sich oft des Field Recordings, Grund genug, diesen Porträtversuch ebenso zu gestalten. Raus ins Feld. Getreidehalme zucken im Beat des Windes, ein riesiges, fließendes Gemälde entsteht, Bio-Visuals, das Meer des Binnenländers. Feldtext, aus gefundenem und erfundenem Feldgeschreibsel, im Ährenfeld zusammengestöpselt, schwer editiert und durch den Abc-Kompressor gejagt, unterteilt in sechs Titel:

1. Hard-Fakt-Abteilung**:
Die experimentelle elektronische Musikproduzentin und Videofilmerin Klara Lewis lebt in Schweden. Konzertiert seit 2014 rund um den Globus: Sonar, BBC-Live, Australien, Mexiko, Donaufestival, Berghain … Veröffentlichungen u. a. beim kultigen Wiener Label von Welt, Editions Mego (Ett, 2014. Too, 2016). Zusammenarbeit mit Simon Fisher Turner (Memo: Checkt seine Soundtracks! – The Epic of Everest!!). Videoprojektion zu ihren Liveacts. Tochter des Wire-Bassisten Graham Lewis, einer der wohl genialsten Punkbands überhaupt, weil gegen den Strich, zeitlos.

2. Sound-Tags – S#s:
Noise. Ambient. Diskrete Musik (stets mit einer Patina Dreck gezuckert). Field Recordings. Audio Visuell. Schicht über Schicht. Sound-Collagen (oder -Skulpturen). Kontrolliertes Improvisieren. Zeitgenössische elektronische Musik. Filmische Landschaften. Spärlich funkelnd. Persönlich. Reich texturiert. Fragile Instabilität. Gewohntes Irreales. Oder an Kategorisierungen abprallende Musik.

3. Was sind „Field Recordings“?
Analogie zu Feldstudien. Field Recordings werden Aufnahmen genannt, die außerhalb des Studios angefertigt werden, entweder in Kompositionen eingearbeitet oder für sich stehen. Alltagsgeräusche oder neue Gefilde. Durch leistbare digitale Recorder äußerst populär geworden, lassen sie sich nicht nur in experimentellen Genres finden. Auch ein Brian Wilson hielt bereits das Mikro in die Natur, auch als Mittel, Kindheit und Erinnerungen einzufangen. Stadt, Land, egal, alles geht. Nach dem Sound suchen, den man im Kopf/vor Augen hat. Zufälle zulassen. Weg vom Laptop, gut auch mal an die frische Luft zu kommen … Versteckte Schätze finden, daraus Rhythmen und Melodien machen, Tracks danach aufbauen. Mit einem Strauß voll Sounds nach Hause kommen (natürlich dürfen auch Kräuter, Pilze o. ä. dabei sein). Fund-Sounds mit individuellem Fingerabdruck.

4. Interview-Fragmente, digitale Field Recs:
„Ich verhalte mich Sounds wie Visuals in gleicher Weise gegenüber, und versuche immer meine Augen und Ohren offen zu halten.“
„Ich sammle Tonnen an Material und wenn ich an einem Track arbeite, gehe ich durch meine Bibliothek und zerschnipsle und manipuliere die Aufnahmen. Ich plane nie, welche Art von Track ich mache, es geht mir vorrangig darum, Sounds zu folgen, wohin sie mich führen, und um all diese kleinen Stücke baue ich eine Welt. Ich höre etwas in einem Sound, der mich etwas fühlen lässt, diese Emotion versuche ich zu erfassen. Mein Ziel ist es, etwas zu erschaffen, das sich eindringlich anfühlt oder wie in einem anderen Zustand oder Ort.“
„Aus einer sehr kreativen Familie zu kommen, hat mich sehr offen für diese Art von Musik werden lassen. Ich bin mit der Sichtweise aufgewachsen, dass das etwas Natürliches ist, wo ich also daran teilnehmen kann. Von früh an lernte ich, wie ich über Musik kommuniziere und meinem eigenen Urteilsvermögen vertraue.“

5. Sub-Objektive Musikwahrnehmungen:
Organische Sound-Wolken. Sandstürme aus den Wüsten des Orients. Neo-Klassischer Ambient in unerwarteten Pfaden. Rückwärts laufende Loops wehen mit nebulösen Hallfahnen durch futuristische Welten (die auch hier, wie in aller „ernsthaften“ Musik, „eigene Welten“ sind, das „Innere“ meinen und wohl „futuristisch“ für die meisten klingen). Vogelgezwitscher und aufheulende Amps. Flüssig anmutende, traumähnliche Sounds, als dumpfe Drones nahe dem Boden in der Dunkelheit herumschwirrend. Knotenpunkte für Stimmungen, Atmosphären und Räume. Ein organisches Ding, das aus sich selbst wächst, mit einer Menge verschiedener Schichten. Musik für Leute, die sich selber als „Sternenglotzer“ bezeichnen. Ästhetik im Gewöhnlichen finden, wie dem Summen eines Kühlschranks, einem kaum wahrnehmbaren Lachen. Die emotional unter Hochspannung stehenden Stücke offenbaren die Dualität ihres Ausdrucks, man fühlt Anspannung, Angst, Spaß, Melancholie, Zorn. Vollends gefordert, setzt gleichzeitig eine entspannende Wirkung ein. Doch Obacht, zu gemütlich sollte es man sich dann auch wieder nicht machen, man stellt sich ja auch nicht bei Blitzen unter Eichen … In Summe ergibt das Mehrdeutigkeit, wir reagieren und fühlen unterschiedlich. Das alles erfindet das Rad (elektronische Musik) sicher nicht neu, schmuggelt aber Frischblutkonserven in die Trinkflaschenbefestigung.

6. Postmodernes Samplegeschreibsel, anspielungsreich:
Auch mal wie My Bloody Valentine klingend, durch Effekt-Schleifen bis zum gefrorenem Feedback erstarrend. Boards of Canadas wehmütige „Erinnerungen als Sound“, verblasende (Musik-)Polaroids, zu lange an der Sonne liegen gelassen. Aber auch David-Lynch-Filme, wenn der Meister selber das Sounddesign übernimmt – insbesondere die neueste Twin Peaks-Staffel (2017), dem Epizentrum aller Serien. Die dunkle Energie vom schwarzen Monolithen aus „2001“ als Hal(l)-Soundbrocken, dessen Maß sich auszudehnen scheint, bis ihn ein gefallener Engelchor zerbirst. Eine süße Rache-Melodie, die der Graf von Monte Christo vor sich hin pfeifen würde …

Gegen den Strom – und das ist gut so.

 

* Was machst du? (Schwedisch) – Titel von Lewis’ Highschool-Abschlussarbeit (Soundtrack + Film)

** Interaktive Anspiel-Tipps zu jedem „Track“ (am besten auf YouTube: „Klara Lewis + …“): 1: Try / 2: Seascape / 3: Beaming / 4: Clearing / 5: Msuic 4 / 6: Us

Stream Festival
31. Mai – 2. Juni
www.stream-festival.at

Amro nachbetrachten

Die 2018er-Ausgabe des Festivals AMRO – Art Meets Radical Openness mit dem diesjährigen Titel Unmapping Infrastructures beschäftigte sich Ende Mai mit der Idee des „Mappings“ als Prozess des Bewusstwerdens und der kritischen Auseinandersetzung mit der aktuellen Landschaft der technologischen Infrastrukturen. Themenbereiche der digitalen Geopolitik, alternativen Gestaltungsmethoden, aktivistischen Praktiken und autonomen Infrastrukturen wurden vorgestellt, diskutiert und vertieft.

www.radical-openness.org/en

Nachzusehen auf Dorf TV.

Farbe floatet Bild

Tausendmal totgesagt und immer gut für ein Erweckungserlebnis – die Malerei. Adelheid Rumetshofer war mit „Floatings“ in der Galerie Sturm und Drang zu sehen. Tanja Brandmayr hat die Malerin getroffen und mit ihr über Raumwahrnehmung und Entmaterialisierung gesprochen.

Floatings, nach Farben benannt: „o. T. – bright and blue“ Bild Adelheid Rumetshofer

Floatings, nach Farben benannt: „o. T. – bright and blue“ Bild Adelheid Rumetshofer

Foto Olivia Wimmer

Foto Olivia Wimmer

Floatings war der Titel der Ausstellung, die im März und April in der Galerie Sturm und Drang zu sehen war. Floatings bezeichnet aber auch den unabgeschlossenen größeren Werkszyklus von Adelheid Rumetshofer, dem Überthema, dem sie sich schon mehrere Jahre widmet. So tragen die Ausstellungen der letzten Jahre diesen gemeinsamen Titel. Die Bilder selbst bleiben o. T., werden allemal nach Farbigkeit und Helligkeit benannt. Hinsichtlich Farbigkeit bewegt sich Rumetshofer mit ihren Bildern „innerhalb des gesamten Farbspektrums, mit einer Tendenz zu Blau“, so die Malerin. Weswegen wahrscheinlich Assoziationen mit Wasser, Meer und Weite naheliegen – und vielleicht auch zur unmittelbaren Wirkung eines Dahintreibens. Am Beginn dieser Entwicklung stand jedenfalls 2009 auch ein Initialerlebnis der Künstlerin am Wasser: Rumetshofer, man möchte meinen, fast malerisch klassisch an einem Teich sitzend, beschreibt einen Blick, der wie im Narrenkastl verschwimmt und erzählt von einer Wahrnehmungsänderung, die plötzlich mehrere Ebenen der Realität erfasst – Wasseroberfläche, Spiegelungen, Lichtreflexionen, das Grün unter der Wasseroberfläche. Oder, anders gesagt, die angesichtige Natur und der Raum löste sich in flächig-floatende Farbebenen auf, zumindest für einen ersten und eindrücklichen Moment. Nach dieser Initialzündung gab es, so Adelheid Rumetshofer, „keine Geschichten mehr zu erzählen, keine Landschaft mehr, keine Natur mehr zu malen“. Stattdessen das Interesse an Farben und Farbklängen, zu deren Gunsten die Auflösung der Form vorangetrieben wird. Vertiefung, Vernebelung, Düsternis, Helligkeit, Leuchtkraft – Rumetshofer „floatende“ Flächigkeiten sind dementsprechend unterschiedlich, entfalten aber Raumwirkung, scheinen so etwas wie Kontemplation über Farbe und Raum zu ermöglichen. Und in vielerlei Hinsicht werden Intention und Technik, die über mehrere Jahre nach und nach entwickelt wurden, in den ausgestellten Bildern sichtbar: mehrere Farbschichten und Ebenen, das Verwischen der Farben, die beinahe vollständige Aufhebung der Form und der Kontur, manches Mal Andeutungen von Geometrie, wolkenhafte Verdichtungen. Das alles öffnet Wahrnehmung, ermöglicht Erweiterung des Blicks, oder ein Verschwimmen von Innen und Außen, das sich nicht näher definiert. Eine merkwürdig diffuse Wirkung stellt sich ein und fordert beinahe auf, verschiedene Distanzen zu den Bildern einzunehmen. Und möglicherweise korrespondiert diese räumliche Bewegung mit der Hin- und Wegbewegung zum und vom Bild, die die Malerin selbst während des Arbeitsprozesses im Atelier vollzieht. Diesbezüglich gefragt, meint Adelheid Rumetshofer jedenfalls: „Es gibt viel Bewegung im Atelier“.

 

An anderer Stelle betont Rumetshofer die Wichtigkeit von Gegensätzen in ihrer Arbeit – nicht nur in formalen Fragen wie etwa der nach dem Umgang mit Vertikalen, Horizontalen, sondern durchaus auch in wuchtigeren Gegensätzen von „immer mehr Entmaterialisierung“ zugunsten der Farben und eines Farbsogs, dessen Kraft Räumlichkeit bewirkt. Und der Umstand, dass neben Raumwahrnehmung auch die Farbwahrnehmung je nach Fokussierung des eigenen Blicks variiert, oder auch „je nach Farbnachbarschaft, Tageszeit und Licht“, wie Adelheid Rumetshofer ergänzt, bringt mich an dieser Stelle nun endgültig zu einer kleinen Anmerkung über James Turrell, der als Landschafts- und Lichtkünstler irisierende Farb- und Raumeffekte zaubert – wenn auch, und dies ganz klar angemerkt, mit den noch reduzierteren Medien des Raums und des Lichts, also nicht mit den Mitteln der Malerei, und auch in einer anderen Größenordnung: Wir wissen natürlich, dass James Turrell in internationalen Dimensionen arbeitet. Ich halte diese Anmerkung aber für wichtig, einerseits, weil sich diese Assoziation unmittelbar und auf den ersten Blick eingestellt hat, und wie ich später von der Galeriemitarbeiterin erfahre, nicht nur bei mir. Und andererseits scheint dies gerade auch wegen der „anderen Dimension“ des Lichtes und des Raumes interessant, zumal der „Dimensionenwechsel, ein klassisches Thema der Malerei, nämlich das des Umgangs der zweidimensionalen Fläche mit dem dreidimensionalen Raum“, so die Künstlerin, sich in den Floatings vielleicht anders transformiert hat: Es scheint so, als ob eine Präsenzerfahrung in und mit Natur, den Weg in eine höhere Dimension der Abstraktion, in Stille und Leere, eingeschlagen hat. Und ohne ein Mäntelchen der spirituellen Wellness anziehen zu wollen: Es ist, was es ist. So gesehen trifft hier ein hoher Abstraktionsgrad auf die Fragestellung, „was denn hier eigentlich noch abstrahiert werde, wenn es von vorneherein nicht mehr um die Abstraktion der Gegenständlichkeit geht“ – oder um in den Worten der Künstlerin zu bleiben, „es geht um immer mehr Entmaterialisierung“. Eine Frage, die vieles, um nicht zu sagen alles öffnet – die naturgemäß jedoch nicht für die Betrachter beantwortet werden kann, auf die die Frage in aller Wucht und Zartheit zurückströmt. Entmaterialisierung, Raumerfahrung, Vertiefung: Mich tröstet etwa, dass derartige Erfahrungen nur durch körperliche Anwesenheit möglich ist, durch längeres Sitzen und Stehen vor den Bildern, durch eine Zeit des Betrachtens. Entmaterialisation also körperlich-räumlich präsent – ein weiterer schöner Gegensatz.

 

Derzeit ist ein kleineres Bild von Adelheid Rumetshofer in der Nordico-Ausstellung „Im Garten“ zu sehen: „Auf dem Auberg“ ist ein Landschaftsbild und stammt aus der Zeit vor 2009.

Außerdem aktuell:
„konkret und minimal“, Ausstellungsbeteiligung in der artmark galerie in wien, bis 16. Juni.
www.artmark-galerie.at

Bereits fixiert:
„Über den Tiefen“, Doppelausstellung mit Evelyn Kreinecker, Galerie der Stadt Traun, von 12. September bis 14. Oktober.
www.traun.at

„Vom Erscheinen und Verschwinden“, mit Willibald Katteneder, Galerie Forum Wels, von 3. bis 27. Oktober.
www.galerie-forum.at

Aufsässig waren wir nie.

Diese Welt ist kein guter Ort. Sie ist eher ein Limbus, eine Vorhölle, in der Vertreter*innen der langweiligsten und nutzlosesten Spezies ever Tag und Nacht Smalltalk führen, sich wichtigmachen, in oder aus Kameras glotzen, Wale mit Plastik vollstopfen, sich gegenseitig abschlachten und schadenfroh hetzen, wenn es anderen noch schlechter als einem selbst geht oder jemandes siebenjährige Tochter ermordet aufgefunden wird. Wenige, ganz wenige Menschen gibt es, die die Klugheit, den Respekt und die Stärke besäßen, aus ihr einen guten Ort und ein gutes Miteinander zu machen, aber die sterben früh und sie lassen mich und die anderen Zornigen zurück in Elend und Selbstmitleid.

Diese Welt ist kein guter Ort. Sie ist ein Paradies für Schmeichler und Schleimer, für Mittelmäßige, für Brave und Anständige, für Dauergrinser und Haargelfanatiker, für Eindeutige und Fleißige, für Herzlose und Strebsame, die sich den Herrgott der Nützlichkeit übers Bett hängen. Es gibt kaum einen Science-Fiction-Film, dessen Dystopien nicht längst zur Realität geworden sind. Und wir bauen Häuser, putzen uns die Zähne, stricken Socken, säen Tomaten, tätscheln die Kinder, kaufen Müll und feiern Gartenpartys, als ob nichts wär’.

Diese Welt ist kein guter Ort. Nicht für Schwarze, Rote, Grüne, Gelbe, nicht für Dreibeinige oder Einbeinige, nicht für Geflüchtete, nicht für jene, die keinen Krieg mögen, nicht für jene, die Angst haben, nicht für Radfahrende, nicht für Lernende und Lehrende, nicht für jene, die nicht schlagen wollen, nicht für jene, die nicht geschlagen werden wollen und schon gar nicht für jene, die sich an den Straßenrand setzen und nur schauen wollen. Menschen, die sich an den Straßenrand setzen und nur schauen wollen, sind eine Bedrohung. Sie kaufen nichts und sitzen nur da. Sie sind nicht nützlich. Sie sind in gewissem Sinn aufsässig und nicht einmal das sind sie absichtlich.

Wann waren wir eigentlich das letzte Mal aufsässig? Waren trotzig, rebellisch, aufständisch, subversiv, umstürzlerisch, aufmüpfig, bockig, störrisch, trotzig, trotzköpfig, verbockt, widerborstig, widerspenstig, renitent, dickköpfig, kratzbürstig, unbotmäßig, oder – veraltet – widersässig und faktiös, in der Schweiz übrigens auflüpfig – und haben uns aufgelehnt?

All diese Synonyme für aufsässig kennt der Duden und wir sitzen immer noch am Straßenrand und sind viel, aber nicht aufsässig. Und dennoch öffnen sich die Mainstream-Schubladen der Aufsässigkeit und wir werden hineingestoßen. Die ARD nennt die Schauspielerin Kristen Stewart nicht nur „rebellisch“, weil Sie am Red Carpet in Cannes ihre High Heels auszieht, mehr noch betitelt das Magazin Brisant! den Beitrag mit „Kristen Stewart macht sich nackig!“ Sie macht sich allerdings gar nicht nackig, sie zieht bloß die Schuhe aus. Und der „rebellische Akt“ ist eine grundvernünftige, nachvollziehbare öffentliche Geste, mit der Stewart – wie schon letztes Jahr übrigens, warum also die gespielte Überraschung? – zum Ausdruck bringt, was sie davon hält, dass Frauen* in Cannes auf dem roten Teppich hohe Schuhe tragen müssen, während die anderen einen Scheißdreck müssen.

Liebe Welt, liebe Medien: Ihr müsst aufhören, Menschen, die sich klar, sachlich und absolut vernünftig verhalten, als rebellisch oder aufsässig zu bezeichnen. Frauen* brechen keine Regeln oder verhalten sich „unnormal“, wenn sie etwa öffentlich sagen, dass ihnen Gewalt angetan wurde oder sie öffentlich dagegen protestieren, dass sie zwangsverheiratet werden, sich Männern unterwerfen sollen, keine Jobs aufgrund ihres Alters, ihres Geschlechts, ihrer Hautfarbe oder ihrer sexuellen Orientierung bekommen. Es ist daran nichts Aufrührerisches, nichts Rebellisches, nichts Aufsässiges, wenn jemand die Rechte, die ihm qua Menschenrechtskonvention zustehen, einfordert.

Denn es ist wohl kaum etwas normal daran, dass Männer, die sich nicht im Griff haben, ganz offensichtlich verwirrt sind, Dinge sagen, die andere herabwürdigen, Menschen von sicheren Häfen, Ländern und Systemen aussperren und sich auch noch stolz dafür rühmen, die mächtigsten Ämter bekleiden.

Männer sollten deshalb vielleicht eine Pause einlegen, ähnlich dem einmaligen türkischen Männerverbot im Jahr 2011, als es dem Verein Fenerbahce wegen massiver Ausschreitungen seiner Fans für ein Spiel untersagt wurde, erwachsene Männer ins Stadion zu lassen. 41.000 Frauen und Kinder hatten Spaß, jubelten, feuerten ihr Team an. Ein Spiel lang kein Gegröhle, kein Machogehabe, keine aggressiven Brunftgeräusche.

Männern sollte nicht nur im Sport und nicht nur für ein Spiel, sondern auch im echten Leben die Möglichkeit gegeben werden, sich der Last ihrer Kraft, ihres Einflusses, ihrer Machtpositionen zu entledigen. Es sollte ihnen leichter als bisher gemacht werden, sich einzugestehen, dass die meisten von ihnen über die Jahrhunderte hinweg keine einzige besonnene, nachhaltige und weiterführende Idee hatten, um die wirklichen Herausforderungen dieser Welt anzugehen. Schaut euch um, Männer, und schaut, wo die Welt steht. Wie sehr sie im Arsch ist. Und nennt mir einen einzigen triftigen Grund, warum Frauen*, Kinder und die klugen Männer euch eine einzige weitere Sekunde am Ruder lassen sollten?

Klingt das aufsässig? Klingt das aufrührerisch? Klingt das rebellisch?

Was aber, wenn der Begriff aufsässig bloß erfunden wurde, um alle Geschlechter, die nicht dem typisch männlichen entsprechen, in eine Schublade zu stecken? Um eine Entschuldigung für Ohrfeigen und Schläge parat zu haben? Um über eine Ausrede zu verfügen, andere in die Schranken zu weisen, die nicht der eigenen Wertvorstellung entsprechen? Wirklich hinterfragt wurde das nie. Ein System aber, das sich unreflektiert bloß seiner Aufrechterhaltung wegen perpetuiert, schlingert irgendwann nur noch ohne Ziel und ohne Motiv dahin. In diesem Irgendwann sind wir gerade angekommen – das letzte Aufbegehren eines wirklich schlechten, unkreativen und inhumanen Systems, das die ganze Welt mittlerweile an den Rand der Existenz gebracht hat, ist unüberhörbar und wir haben alle ein bisschen Mitleid. Jede* allerdings, die nun versucht, den irren oder betrunkenen oder einfach nur machtbesessenen Lokführer vom schlingernden Zug zu holen, ist vielleicht sehr mutig. Niemals aber ist das aufsässig.

2 x dunkle Kunst im Netz

Zwei Empfehlungen der Redaktion:

Moor Mother, oder Moor Mother Goddess is ein experimentelles Musikprojekt von Camae Ayewa, eine Musikerin und Poetin aus Philadelphia. Ihre Arbeiten werden beschlagwortet mit „hardcore poetry“, „power electronics“, „slaveship punk“ und „protest music“. Ayewa bezeichnet sich als Afrofuturistin und ist Teil des Kollektivs Black Quantum Futurism.
www.youtube.com/watch?v=asYtTRfkbn8

 

Woyzek. Das Theater Basel beim Berliner Theatertreffen 2018. Verzweifelt, sinnsezierend, gnadenlos getrieben agieren die Darsteller im schwarzen Bühnenraum. Die Scheibe, auf der sie sich bewegen, dreht sich unaufhörlich. Die Welt als Maschine. Büchners Text in der Inszenierung von Ulrich Rasche, beindruckend die Komposition von Monika Roscher. In der 3Sat-Mediathek.
www.3sat.de/mediathek/?mode=play&obj=73156

Attentat Theater

Singen, Tanzen und das Spiel mit dem reißerischen Ernst. „Assassins“, das Attentäter-Musical, ist derzeit im Landestheater Linz zu sehen. Theresa Gindlstrasser hat am Ende viele Trumps gesehen, fragt sich, ob das eigentlich alles geht und stellt vergleichende Überlegungen zu „The Producers“ an.

Foto Reinhard Winkler

Foto Reinhard Winkler

Ein Musical, oder ist das dann ein Grusical?, über neun Attentate beziehungsweise Attentatsversuche auf acht US-amerikanische Präsidenten – ja, sowas gibt’s.
„Assassins“ von John Weidman (Buch) und Stephen Sondheim (Musik und Gesangstexte) heißt in der deutschen Fassung von Michael Kunze „Attentäter“ und läuft seit Anfang April am Landestheater Linz. Uraufführung war 1990 an einem Off-Broadway-Theater, später London, Berlin, nochmal New York, Kapstadt, Toronto. Jetzt also Linz.

Das Programmheft zitiert aus einem New York Times-Artikel des US-amerikanischen Psychiaters Robert Jay Lifton: „Jeder Mörder hat etwas Faszinierendes an sich. Er oder sie besitzt die spezielle Aura desjenigen, der das ultimative Verbrechen begangen hat und zum Gebieter über Leben und Tod geworden ist, wie ein böser Schamane oder ein wiedergeborener Mengele. Der Präsidentenattentäter ist sogar noch weitergegangen, indem er sich ein besonderes Opfer gesucht hat, einen symbolischen König und Anführer der Nation.“ Das klingt alles ganz nach Schau-Lust und Regelbruch-Gier, nach Sensations-Geilheit und ergötzlichem Spektakel für sittsames Publikum. Das sattsam im Dunklen sitzt, während Zeitgeschichte und Historisches für billige Pointen im trivialen Musical-Format verbraten werden. Shocking! Das „ultimative Verbrechen“! Wir zeigen mehr als einen Mord, wir zeigen einen „symbolischen“ Mord. Kann denn so ein Genre an so ein Thema heran? Ja, ich will nicht sagen „sowas gibt’s“, es gibt jedenfalls eine Assoziation: „The Producers“, die Filmkomödie von Mel Brooks aus dem Jahr 1968, wurde 2001 am Broadway aufgeführt und 2005 in der Regie von Susan Stroman neuverfilmt. In „The Producers“ planen zwei Produzenten einen bombastischen Musical-Flop, auf dass sich daraufhin bombastisch viel Geld hinterziehen ließe. Aber, gegen alle Wahrscheinlichkeit, gerät das Musical „Springtime for Hitler“ zum Erfolg und die beiden ins Häfn. Es gibt also ein Spiel im Spiel und dieses Spiel im Spiel, aka „Springtime for Hitler“ in „The Producers“, verunernstet den Nationalsozialismus zu einem ästhetisch überbordenden Arrangement aus Pirouetten drehenden SS-Männern, übermensch-großen Brezeln und einem wie bekifft winkenden Hitler.

Eingangs, Max Bialystock wird als ewig scheiternder Broadway-Produzent etabliert, findet sich übrigens einen Verweis auf „Hamlet“. Die Tragödie von Shakespeare (wahrscheinlich 1602 fertig gestellt) gilt als prominentes Beispiel des Mise-en-abyme-Motivs. Im Kontext der Theaterhandlung „Hamlet“ lässt Hamlet ein Theaterstück aufführen um den Mörder seines Vaters zu überführen. Auch die Linzer Inszenierung von „Attentäter“ greift auf das Spiel-im-Spiel-Verfahren zurück. Die sieben Attentäter und zwei Attentäterinnen werden nacheinander von einer Conférencier-Figur auf einer Bühne auf der Bühne einem Publikum aus lauter Trumps vorgestellt. Einer nach der anderen versingen sie ihre Attentate und performen für die Trumps.

„Make America great again“, blinkt es über der schummrigen Guckkastenbühne, die Eva Musil ins Schauspielhaus gebaut hat. Nach jedem Song, nach jeder Attentats-Performance jubelt die unter voluminösen Trump-Masken versteckte Statisterie. An Tischen verteilt, trinken sie Sekt, wenden dem Theater-Publikum den Rücken zu. Der Caspar-David-Friedrich-Moment holt die Betrachtenden spiegelbildlich ins Betrachtete hinein. Das Publikum im Landestheater Linz schaut einem anderen Publikum beim Schauen zu. Und staunt, dass diese Trumps offenbar so gar nicht das potentiell auch gegen sie gerichtete Spektakel als ein solches ernst nehmen. Die Trumps missverstehen die Attentats-Performance als Parodie, das Publikum im Schauspielhaus darf diesen Zusammenhang erkennen.

Darf sich selbst in diesem Zusammenhang erkennen. Womit wir wieder bei „The Producers“ wären. Dort missversteht das Publikum den Versuch mittels schlechtestem Drehbuch ever, in Kombination mit einem Tony-Award-fixiertem Regisseur und einem Altnazi in der Rolle von Hitler, einen Flop zu produzieren. Und missversteht dies als gut und klug gemachte Parodie, als gelungenen komödiantischen Umgang mit dem Nationalsozialismus. Für das Publikum vor dem Bildschirm wiederum wird stellvertretend das Showbusiness als Tanz ums goldene Kalb entlarvt. Das Spiel im Spiel generiert Selbstreflexivität: Gehe ich, sowie das Publikum, dem ich zusehe, hier etwas oder jemandem auf den Leim? Bin ich Teil dieser Gesellschaft des Spektakels?

„Jeder hat das Recht, sich frei zu entfalten“, singen die Attentäter und Attentäterinnen. Präsentieren ihre Morde und Mordversuche aus der Gedankenwelt des American Dreams heraus. „Heute Bettler, morgen Millionär!“. Die Figuren beharren auf ihrem Recht, ihre eigene Geschichte auch entgegen der historischen Forschung zu erzählen, beharren auf ihren Ideen von einer „großen Tat“. Das klingt dann manchmal recht revolutionär-romantisch: „Protestier, revoltier, bis sie alle hinhör’n!“. Manchmal auch schlicht sozialkritisch: „In einer Waffe steckt viel Arbeit drin. Viele schuften für sie ohne Sinn“. Aber wie sagte John Hinckley, der 1981 versuchte Ronald Reagan zu ermorden? „Waffen sind was Hübsches, stimmt’s? Sie können außergewöhnliche Leute töten, und das mit irrsinnig wenig Aufwand“.
Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten ist vor allem das Land der Schusswaffen, die von der Waffen-Lobby gerne als „Gleichmacher“ verstanden werden. „Was für eine Lust: Man krümmt nur einen Finger und verändert mühelos den Lauf dieser Welt“. Der Liberalismus des weißen Mannes mit der Handfeuerwaffe gebiert die Attentäter und Attentäterinnen, die weiterhin fröhlich behaupten: „Jeder hat das Recht, sich frei zu entfalten“. Sich also auch gegen andere frei zu entfalten.

Das alles ist schon gruselig. Also doch wirklich ein Grusical. Dieses Musical. Ich würde sagen: Eine gut und klug gedachte Parodie auf die unsolidarische Gedankenwelt, in der das Universum in zwei Teile zerfällt. Zuerst ich und dann der ganze Rest. Und der Rest steht unter mir. Übrigens war es Präsident Gerald Ford, dem von den insgesamt neun verhandelten Attentaten gleich zwei galten. Lynette „Squeaky“ Fromme versuchte am 5. September 1975 zwecks Erzwingung der Freilassung von Charles Manson auf ihn zu schießen. 17 Tage später probierte es Sara Jane Moore nochmal: „Ich tat es, um Chaos zu verursachen“.

 

www.landestheater-linz.at

Bild einer Ausstellung

Johannes Fiebich_Reinigung1c

In Grote kuis! SCHONE KUNST EERST verwandelt Johannes Fiebich ein Werbeplakat der rechtspopulistischen, belgischen Partei Vlaams Blok in ein fiktives Werbeplakat einer regierenden Partei in Oberösterreich. Besen und Dreck spielen auf das politische Saubermachen an.

Diese Arbeit ist im Rahmen der Ausstellung Clean Cube. Zur Kritik der reinen Vernunft zu sehen. Ein assoziativer Text zur Ausstellung ist auf Seite 13 zu lesen, die Ausstellungsfacts sind in der dazugehörigen Infobox nachzusehen.

Im Abseits – Fussball und Film.

Wie eine Sportlerin stelle ich mich einem Wettkampf und verinnerliche die sportpsychologischen ExpertInnentipps und lasse erst mal los, um mich ganz der Sache hinzugeben. Eine interessante TV-Diskussionsrunde mit ehemaligen und aktiven österreichischen SpitzensportlerInnen und SportexpertInnen beförderte den Zeitgeist an die Oberfläche. Der harte Kampf und eiserne Wille eines Hermann Meiers hätten wohl kaum mehr die Kraft und Möglichkeit zu jener grandiosen Entfaltung. Neben diesen kräftezehrenden Verschleiß braucht es heutzutage ein gutes Energiemanagement und die Kraft, der medialen Verfügbarkeit Grenzen zu setzen. Auf der anderen Seite veranschaulichen diese SportlerInnen ihre Erfolgsmethoden, die auch im alltäglichen Leben anzuwenden wären. Spüren. Im Moment sein – nicht schon im Ziel. Aber wann spüren wir uns schon im Alltag. Also so richtig guat, und ned nur so nebenbei. Irgendwie in dem Körper, der da a dabei is. Und welchem Ziel rennen wir eigentlich hinterher?

Ziele erreicht haben die teilnehmenden Kicker der Männer-Fußball-WM in Russland. Dieser widmet sich der Ballesterer #132 , ein Fußballmagazin zum Wertschätzen.

Fußball abseits des großen Rampenlichts zeigt das Fußballfilm-Festival ABSEITS von 6. Juni bis 9. Juni in Linz. Die Filme zeigen meist „Fußball als Vehikel für Alternativen und Ungehorsam und somit zur Antriebskraft für Fortschritt und Emanzipation“.

Der Eröffnungsfilm in der Kapu „Han, Dul, Sed“ erzählt von vier jungen Frauen aus Pjöngjang, die die Leidenschaft des Fußballs teilen. Sie spielen im nordkoreanischen Nationalteam, müssen nach einer Nichtqualifikation für die Olympischen Spiele ihr hohes Prestige und Ansehen zurücklassen und in ein normales Leben zurückfinden.
„Football Under Cover – Anstoß in Teheran“ ist die Geschichte des ersten offiziellen Frauenfußballspiels seit der iranischen Revolution vor 27 Jahren. Die Dokumentation zeigt den unerschütterlichen Willen der Beteiligten, und die Erfahrung, dass Veränderung möglich ist. Musikalisch wird DJ DAN ROCKER durch den Abend führen, der mit einer Autogrammstunde von „68 Dreadlocks“ abgerundet wird. Am nächsten Tag sind in der Kapu „Sankt Pauli! Rausgehen – Warmmachen – Weghauen“ und „Zwischen Himmel und Hölle“ zu sehen, letzterer ein Film von Oldenburger Fans über ihren Verein. Die filmemachenden Fans treten auch den Weg nach Linz zum Filmgespräch an.

Am Freitag verlagert sich das Filmfestival in die Stadtwerkstatt und bringt mit „Railroad Allstars“ und „Ladies’ Turn“ die 50%-Quote. Herzlichen Dank an dieser Stelle an alle Beteiligten. So einfach kann es gehen. „Railroad Allstars“ erzählt die Geschichte von Sexarbeiterinnen in Guatemala, die mit der Gründung eines Fußballvereines gegen sexualisierte Gewalt aufmerksam machen wollen.
Der senegalesische Verein „Ladies’ Turn“ organisiert Frauenfußballturniere in einem Land, wo Eltern und Männer es nicht gerne sehen, wenn junge Mädchen kicken. Begleitet werden drei der 19 Turnierteams, die mit Vorurteilen aufräumen und die Frauen an den Ball bringen wollen.
Musikalisch aufräumen und zum Tanzen einladen werden DJ Lotta Gaffa im Spektrum von Local Dub, African Beat und Electro Cumbia und DJane Ronit Rockit, die mit spacigen Mashups noch mehr einfordert.

Der Abschlußtag steht im Zeichen des österreichischen Fußballs und dessen Fankultur. Zuerst „Es geht sich immer nicht aus“, ein Film über den Traditionsverein „First Vienna Football Club 1894“, bekannt als Vienna von der Hohen Warte, und danach die dokumentarische Sichtweise von Dominik Thaller auf FC Blau Weiß Linz und seinem ehrwürdigen Ahnen, dem SK VÖEST , mit „Immer wieder geht die Sonne auf“. Das BlauCrowd DJ Team begleitet die fußballbegeisterte Meute ins Wochenende und bleibt hoffentlich fit genug für den Ute Bock Cup am Sonntag. Die Freund*innen der Friedhofstribüne und der Wiener Sportclub laden zum 10jährigen Jubiläum. Bei Fußball und Party, zugunsten von Projekten für Geflüchtete, lohnt es sich dabei zu sein. Herzlichen Dank für den Einsatz aller Beteiligten!

 

Tipps:
Fußball Film Festival ABSEITS 6. Juni – 9. Juni in Kapu & Stadtwerkstatt

10. UTE BOCK CUP am Sonntag 10. Juni beim Wiener Sportclub Platz, 1170 Wien, Alszeile 19