Everything must go! Ich werde an Übelkeit sterben.

Wenn dieses Schwanken zwischen positiver Gelassenheit, der Freude darüber, demnächst endlich alles anzünden zu dürfen und der Überzeugung tief drin, dass alles noch viel viel schlimmer kommen wird (schlicht, weil es schlimmer kommen KANN) nicht bald aufhört, dann werde ich an Übelkeit sterben. Mein Herz wird aufhören zu schlagen. Mein Magen und Bauch werden rumoren wie nie zuvor, während sich in meiner Galle ein Brennen und Ziehen breitmachen wird. Ich werde noch ein paar Rülpser in die Welt setzen und dann wird es aus sein.

Die Welt ist manisch-depressiv – oder ist es doch mein Blick, der sich nicht entscheiden kann und mal freudig und dann wieder angstvoll um die nächste Ecke schaut? – egal – ich fühle mich jedenfalls wie damals, als ich als einzige nicht seekrank, dafür nach drei Wochen Segel-Urlaub aber landkrank wurde. Ich wusste nicht einmal, dass es dieses Krankheitsbild gibt. Landkrank. Wenn der Körper sich auf See wohler fühlt als auf dem Trockenen, dann kann eine das überkommen. Dann steigt eine vom Schiff, über dessen Reling alle anderen drei Wochen lang das Meer vollgekotzt haben und kotzt plötzlich selbst (sich vor die Füße. Ohne Reling. Ohne Meer). Abgrundtiefe Übelkeit überkommt eine, sobald das wohlig und grundvernünftig schaukelnde Schiff verlassen werden muss. Abgrundtief übel. Und man weiß: solange auch noch ein Bissen, ein Tropfen in mir ist, der raus MUSS, gibt es keine echte Besserung. Everything must go! Und so auch ich – aus dem Leben anderer, in das ich mich gedrängt habe. Geborgtes Glück, das ich zurückgeben muss. Davor natürlich ausmisten, weil sich wie immer Objekte im Netz der Projektion eines besseren, eines gemütlichen, eines einfachen Leben verfangen haben. Ich kenne das. Ich bin geübt darin. Eine, die schon als Kind stets mit einem fix fertig gepackten Köfferchen unter dem Bett geschlafen hat, tut sich nicht allzu schwer mit weggehen. Eher mit dem Bleiben. Mit dem Statischen, mit dem nicht wohlig und grundvernünftig Schaukelnden.

Landkrank also. Ich denke, ich bin unter Umständen österreichkrank. Immer schon gewesen. Und mindestens in dritter Generation mütterlicherseits. Meine Großmutter – *1899 – meinte, dass das nicht mehr „ihr“ Österreich war, nachdem die Nazis übernommen hatten (wobei sie zwar mit einem republikanischen Österreich auch nicht wirklich allzu glücklich war, befürchte ich, immerhin aber konnte man sich auf die Schnittmenge des Antifaschismus einigen). Meine Mutter – *1934 – wollte nur weg aus dieser Kleinstadt, in die sie gepresst, festgehalten und zu einem stillen Leben gezwungen wurde und später von einer Ehe und vielen Kindern so richtig festgeschraubt wurde an diesem Ort, über den und dessen Bewohner und Bewohnerinnen ich sie nie versöhnlich sprechen hörte. Weg wollten sie und geblieben sind sie und gehadert haben sie. Und ich – *1969 – ich träume vom Meer, vom Schaukeln, vom Treibenlassen, vom Schreiben, vom Auskotzen, vom leer werden.

Landkrank also, da waren wir.

Also nicht generell landkrank, sondern eher geographisch eingeschränkt auf Österreich. Und Ungarn. Und aktuell Italien vielleicht auch noch. Und die USA nicht zu vergessen. Also doch eher länderkrank. Und gleichzeitig, wenn ich mit Freund*innen spreche, habe ich das Gefühl, wir sind mittendrin in etwas schwer Revolutionärem, einem Aufbruch, jedenfalls mittendrin in etwas sehr Gescheitem, Aufregendem, Neuem. Wir können uns allerdings noch nicht entscheiden – ob es notwendig sein wird, gleich und alles anzuzünden oder doch eher …. Ja was eigentlich? Schlauer sein? Menschlicher und demokratischer? Ausharren? Mit Faschisten reden? Hat schon 1938 ganz toll funktioniert. Revolutionär zu sein und nicht alles anzuzünden wird in jedem Fall eher schwierig. Es wird nicht ohne hässliche Bilder gehen.

Derweil findet mein Blick aber noch Schönes: Ich schreibe in einem wunderbaren Garten und blicke auf das wohlig und grundvernünftig schaukelnde Wasser. Es ist noch Sommer und ich bin noch da. Ich sortiere aus, ich miste aus. Trenne mich. Und merke, wie das Innere und das Äußere und die Liebe und die Politik plötzlich miteinander zu tun haben wie selten zuvor. Ich glaube nicht, dass ich in diesem Land bleiben kann, ebenso wenig wie ich in diesem Garten bleiben kann. Es hält mich nichts und niemand. Im Gegenteil macht es mich krank. Mitzuerleben, wie die Spekulanten und ihre dumpfe Klientel in diesen Stadtteil einfallen, alles niederreißen, was eine Geschichte erzählt und alle vertreiben, die diese Geschichte erzählen könnten, bricht das Herz. Mitzuerleben, wie Faschisten ihre alten Geschichten wieder auspacken und über dieses Land stülpen, den Verstand. Lobbyisten bekommen mit einem Fingerschnipp alles an Gefälligkeit (und mehr als sie zu träumen wagten, befürchte ich) vor die Füße gelegt, während anderen Grundlegendes verwehrt wird – Teilhabe und Zugang zu Kultur, Recht auf menschenwürdiges, selbstbestimmtes Wohnen und Arbeiten. In diesem Land regiert die Schamlosigkeit, mehr fällt mir dazu nicht mehr ein, außer: dank an alle, die bleiben, die aufstehen, die sich gegenseitig stärken und Kraft geben! Und passt verdammt nochmal auf eure große Liebe auf! Einmal verschissen, findet ihr sie ein Leben lang nicht mehr.

Da Rechte keinen Sinn für Zwischentöne, Anspielungen und Witz haben, halte ich fest, dass der Ausdruck „alles anzünden“ bitte schön nicht wortwörtlich zu nehmen ist. Niemand hier will irgendwas und schon gar nicht alles anzünden. Es ist ein in feministischen Kreisen gebräuchliches Wortspiel, das die empfundene reale Machtlosigkeit gegenüber den Zu- und Umständen gedanklich in etwas verwandelt, das von Erneuerung und Veränderung erzählt (Phönix, Asche, aus der). Bitte ggf. in einem Duden nachschlagen. Danke. (Anm. WH)

Song singt, was Sache ist …

Hinweis auf zwei Nummern von Notton: „Schlaft ein“ mit der Zeile „Würde ist antastbar, Leistung lohnt sich wieder …“ oder „Da Schnid“, einer Hommage an die Nine Inch Nails und ihr „Hurt“. In der Version von Notton heißt es: „Wos is aus mir worn, die große Freiheit und a miada König. I hobs Spüh valorn, doch eiche Regln san so gewöhnlich“. Direkter Dialekt, Herzensangelegenheit.

notton.at

Anarchie in Kuba

„Freiheit ohne Gleichheit ist ein Dschungel, Gleichheit ohne Freiheit ein Gefängnis“, so eine anarchistische Grundaussage, die wohl besonders in Kuba Wirkung entfaltet. Eva Schörkhuber und Andreas Pavlic haben auf ihrer Reise nach Kuba die Gruppe Taller Libertario Alfredo López besucht. Erkenntnis 1: Auch Anarchist_innen betreiben Crowdfunding. Erkenntnis 2: Besonders mit ihrem Engagement für Bildung und Autonomie erinnert die Gruppe an einen frühen Anarchismus, der auf der ganzen Welt gegen das Elend der Arbeiter_innen auftrat und die ersten sozialen Errungenschaften ermöglichte.

Es ist ein warmer Tag im Januar. Ein strahlend blauer Himmel spannt sich über Havanna. Wir machen uns auf den Weg, gehen die prächtige Steintreppe hinauf, die zum Haupteingang der Universität führt. Wir halten inne, sehen uns um. Von keiner der Personen, die hier sitzen, nehmen wir an, dass sie unsere Kontaktperson ist. Eine Gruppe in Militäruniformen geht an uns vorbei, zwei Männer und zwei Frauen. Am Ende der Treppe wartet ein Auto, sie steigen ein. In diesem Moment biegt ein Mann in gelbem T-Shirt um die Ecke und steigt die Treppen hoch. Kein Zweifel, das ist Mario. Wir begrüßen uns herzlich. Dann nimmt das Gespräch seinen Lauf, wir unterhalten uns über die anarchistische Gruppe, deren Mitglied Mario ist, über die Geschichte des Anarchismus auf Kuba und auch darüber, dass Marios Tochter, die in die erste Klasse geht, Fidel Castro für ihren Großvater hält: Im Fernsehen sei eine Archiv-Aufnahme von einer der Reden Castros ausgestrahlt worden und seine Tochter habe gerufen: „Schau Papa, das ist Opa!“ Er habe nicht sofort verstanden, aber dann habe seine Tochter erzählt, dass in der Schule stets von Fidel Castro als dem großen Vater Kubas die Rede gewesen sei. Einiger Zeit habe es bedurft, um seiner Tochter klar zu machen, dass Castro nicht ihr richtiger Opa sei. Wir lachen, alle drei, dann wird Mario ernst: „Ein Schulsystem, das vorwiegend Staatspropaganda vermittelt, ist untragbar.“ Schließlich fragen wir ihn, ob es wirklich Zufall gewesen sei, dass die Militärgruppe verschwunden und er aufgetaucht sei. Mario winkt ab. Zurzeit sei es nicht so gefährlich, „wir können in Ruhe arbeiten – momentan.“

„We do not feel shame to be anarchists“
Und zu tun gibt es genug. Über eine Crowdfundig-Kampagne haben wir von der anarchistischen Gruppe erfahren. Taller Libertario Alfredo López (Libertärer Workshop Alfredo López) hat einen internationalen Spendenaufruf gestartet, um Geld für die Errichtung eines Sozialen Zentrums in Havanna zu sammeln. „Unser Aktivismus ist nicht so, wie ihr es euch vielleicht vorstellt und wie es in Europa oder in den USA gehandhabt wird“, erzählt Mario, „wir wollen uns nicht als die Bad Guys in schwarzer Kleidung präsentieren.“ Es gehe nicht darum, in direkte Konfrontation mit dem Staat zu gehen, da würde die Repression sofort zuschlagen. Wesentlich für die Gruppe sei es, Kontakt zu den Menschen aufzubauen und zu zeigen, dass es in ihrer Hand liegt, die Wirklichkeit zu transformieren.

Hervorgegangen ist Taller Libertario Alfredo López (TLAL) aus dem Netzwerk Observatorio Critico. Von 2003 an wurden seitens des kubanischen Kulturministeriums jährlich Treffen initiiert, bei denen Künstler_innen, Wissenschafter_innen und Aktivist_innen über die gegenwärtige Situation im Land diskutierten. Die Themen waren Bildung, Umweltverschmutzung, Gender. Jahr für Jahr wurden kritischere Positionen eingenommen. Die Leute hatten das Gefühl, frei sprechen zu können, obwohl die Organisation unter der Kontrolle des Kulturministeriums stand. 2010 stellte es die Koordination ein, die Mitglieder des Netzwerkes mussten nun allein weiterzumachen. Am 1. Mai 2010 fand das erste Treffen des TLAL statt. „Wir haben beschlossen, uns als Anarchist_innen zu organisieren – we do not feel shame to be anarchists.“ Von da an wurden regelmäßig Präsentationen und Diskussionen organisiert, Infomaterialien zusammengestellt, die Zeitschrift Tierra Nueva herausgegeben und an der Realisierung eines Sozialen Zentrums in Havanna gearbeitet.

„… das ist die Idee von Autonomie“
Das nächste Treffen mit Mario findet eine Woche später statt. Gemeinsam machen wir uns auf den Weg zu dem Haus, in dem das Soziale Zentrum entstehen soll. Wir durchqueren die Höfe der Universität und steigen in einen Bus. 45 Minuten lang fahren wir weg vom Zentrum hinauf in die Hügel von Havanna. Lawton heißt das Barrio, das von ehemaligen Zuckerbaronen gegründet und im typischen Kolonialstil errichtet wurde. Wir sehen Häuser mit vorgelagerten kleinen Terrassen, einige in kräftigen Farben gestrichen, viele jedoch grau und ramponiert. Im Bus treffen wir zufällig Isbel, der ebenfalls bei TLAL aktiv ist. Zu viert steigen wir die Straße hinunter, Isbel erzählt, dass die Crowdfunding-Kampagne rasch erfolgreich gewesen sei, dass sie das Haus mittlerweile gekauft hätten und sich darauf freuten, das Zentrum zu eröffnen: „Allerdings steht uns noch viel Arbeit bevor, wir müssen das Haus einrichten und Kontakte zur Nachbar_innenschaft knüpfen. Wir wollen soziales Vertrauen aufbauen, das es für eine Gemeinschaft braucht, das ist die Idee von Autonomie.“ Wichtig sei es, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen und nicht darauf zu warten, dass der Staat alles für eine_n erledige. „Das tut er sowieso nicht“, Mario grinst und zeigt auf die überbordenden Mülltonnen am Straßeneck, „das könnte mit vereinten Kräften ganz schnell beseitig werden.“ „Und hier zum Beispiel ließe sich wunderbar Gemüse anbauen“, meint Isbel und deutet auf die Grünfläche zwischen den Treppen, auf denen wir das schmale Gässchen hinabsteigen. Vor dem Haus warten David und Antonio auf uns und schließen das Gartentor auf. Ein schmaler Gang führt zur Tür ins Erdgeschoss, eine Betontreppe auf die Terrasse, über die eine_r ins Obergeschoss gelangt. Wir steigen hinauf. „Hier soll ein Versammlungsort sein und hier drinnen – “, Mario öffnet die Tür, „wollen wir eine Bibliothek einrichten.“ Bevor wir eintreten und uns auf den Boden der zukünftigen Bibliothek setzen, zeigt David auf eines der angrenzenden Häuser: „Dort drinnen befindet sich das CDR (Comité de la Defensa de la Revolución, das Komitee zur Verteidigung der Revolution), das ist schräg, dass wir direkt neben diesen Überwachungsorganen unser Zentrum eröffnen.“ „Ja“, seufzt Isbel, „der Anarchismus hat es auf Kuba nie leicht gehabt …“

Von Alfredo López bis zur Kubanischen Revolution
Wie in den meisten Ländern des amerikanischen Kontinents existierte um die Jahrhundertwende eine Arbeiter_innenbewegung, die stark von anarchistischen und syndikalistischen Ideen geprägt war. Der Fokus lag nicht auf Parteiwesen und Wahlen, sondern auf Aufklärung, Bildungs- und Erziehungswesen und vor allem auf der gewerkschaftlichen Organisation in den Betrieben. So auch in Kuba. Dort kam es 1924 zur Gründung der „Federación de Grupos Anarquistas de Cuba“, ihr wichtigstes Organ war die Zeitung Tierra!, die bis in die späten 30er Jahre erschien und Vorbild für die aktuelle Tierra Nueva ist. Im gleichen Jahr wurde auch die „Confederación Nacional Obrera de Cuba“ (CNOC) gegründet, eine Arbeiter_innenföderation, die 128 Organisationen mit insgesamt 200.000 Menschen vereinigte. Sie forderte den Acht-Stunden-Tag und lehnte den Parlamentarismus ab. Generalsekretär der CNOC wurde der Schriftsetzer und Anarchist Alfredo López. Wegen wirtschaftlicher Not und hoher Arbeitslosigkeit kam es immer wieder zu Streiks und Protesten, der seit 1925 amtierende Präsident General Machado reagierte mit verstärkter Repression gegen die organisierte Arbeiter_innenschaft. Korruption und die koloniale Abhängigkeit gegenüber der USA verstärkten das soziale Elend. Im Herbst 1926 verschwand Alfredo López. Zuvor hatte er einen Regierungsposten abgelehnt, um unabhängig im Kampf für Arbeiter_innenrechte zu bleiben. Die Überreste seiner Leiche wurden erst nach dem Sturz Machados 1933 gefunden. Kaum hatte sich die Bevölkerung den einen Diktator vom Hals geschafft, kam der nächste – Sergeant Fulgenico Batista: ein Armeeangehöriger aus der zweiten Reihe, der zunächst das Kommando im Militär übernahm, bis er sich 1940 mit Hilfe der Kommunistischen Partei an die Macht wählen ließ. 1944 wurde er abgewählt, acht Jahre später kam er mit Hilfe der USA wieder an die Macht. In den 50er Jahren wuchs mit dem charismatischen Studenten Fidel Castro sein gefährlichster Gegenspieler heran. Vieles, was sich in dieser Zeit ereignete, wurde zur Legende: Der gescheiterte Angriff auf die Moncada-Kaserne am 26. Juli 1953 (deswegen M-26 bzw. Bewegung 26. Juli); Fidels Verhaftung und seine Verteidigungsrede, in der er den Satz „Die Geschichte wird mich freisprechen“ formulierte; sein Exil in Mexiko und das Zusammentreffen mit Che Guevara; die gewagte Überfahrt mit der Yacht „Granma“; die katastrophale Landung, bei der die Batista-Armee einen Großteil der Gueriller@s tötete; die Flucht in die Wälder der „Sierra Maestra“; der Beginn des Guerillakampfes bis zu dem triumphalen Einzug in Havanna Ende 1959.

Kaum bekannt ist, dass die revolutionäre Bewegung 26. Juli (M-26-7) zwar von Fidel Castro ins Leben gerufen, aber von verschiedenen Fraktionen unterstützt und getragen wurde. Darunter waren katholische Organisationen, liberal-demokratische, sozialrevolutionäre und auch anarchistische. Geeint wurden sie in der Ablehnung der Batista-Diktatur und dem Programm, das neben einer Landreform, eine Sozialreform und eine liberale Verfassung vorsah. Die Revolution selbst wurde anfangs von vielen als Befreiung gesehen. Castro verkündete noch im April 1959: „Wenn auch nur eine Zeitung verboten wird, wird sich bald keine Zeitung mehr sicher fühlen – und wenn auch nur ein einziger Mensch wegen seiner politischen Ideen verfolgt wird, wird sich niemand mehr sicher fühlen.“ Doch die Zeit für Widersprüche und Kritik war bald vorbei. Der Einfluss der Kommunistischen Partei wurde zusehends stärker. Einige hochrangige Gueriller@s, wie auch die anarchistischen Gruppen zahlten für ihre Ablehnung und die Bekämpfung des neuen Regimes einen hohen Preis. Viele wurden inhaftiert, gefoltert und ermordet. Wer konnte, ging ins Exil.

„Auch von unseren Genoss_innen haben viele das Land verlassen“, meint Mario. „Sie wollen andere Länder kennen lernen und sich woanders ein Leben aufbauen.“ Isbel fügt hinzu: „Schon das alltägliche Leben hier ist schwierig. Aber wir wollen die aktuellen Veränderungen hier von einer antikapitalistischen Perspektive aus kritisieren. Wir machen weiter.“ Am 05. Mai 2018, acht Jahre nach der Gründung der TLAL, wurde das Soziale Zentrum in Havanna eröffnet.

 

Hinweis auf die 2-teilige Fernseh-Dokumentation: Kein Gott, kein Herr! Eine kleine Geschichte der Anarchie Textauszug der Doku: „Vom Aufstand der Pariser Kommune 1871 bis zur Gründung der ersten großen Gewerkschaften, von der Entstehung libertärer Milieus mit alternativen Lebensentwürfen bis hin zur Einrichtung freier Schulen: Die anarchistische Bewegung hat die ersten Revolutionen angestoßen und gehört zu den entscheidenden Triebkräften großer sozialer Errungenschaften. Trotz dieser positiven Aspekte, hat der Anarchismus zweifelsohne seine Schattenseiten: Viele seiner Anhänger rechtfertigen den Einsatz von Waffen und Gewalt. Die zweiteilige Dokumentation beleuchtet von Frankreich über Japan bis nach Chicago und Buenos Aires die Ursprünge dieser politischen Philosophie und porträtiert die geistigen Väter der anarchistischen Bewegung wie etwa Pierre-Joseph Proudhon oder Michail Bakunin.“

Suburban Round Trip – Part One

karte

Der Slowdude ist hin und weg. Und möchte mit einem Zitat des Philosophen, Naturalisten und Schriftstellers Henry David Thoreau beginnen: „Wer Fehler finden will, findet sie auch im Paradies“. Nach Jahren des aufreibenden, kräftezehrenden und fokussierten Forschens, Recherchierens und Probierens im städtischen Terrain wagt der Slowdude einen herrlichen Roundtrip im Umland der wunderbaren Irgendwas-mit-Medien-UNESCO und Kulturhauptstadt dekorierten oberösterreichischen Donaumetropole. Und das hat er sich verdient. Ganz genau dem Titel „Heute Disco, morgen Umsturz, übermorgen Landpartie“ von F. S. K. folgend ist der Slowdude im Übermorgen angekommen. Endlich. Disco hatte er schon zu Genüge und der Umsturz war ihm viel zu anstrengend. Darum die Landpartie: Beginnend im Linzer Norden wurden kulinarische Perlen gesucht und gefunden – Ottensheim, Lichtenberg und Pelmberg sind die wahren Orte von Genuss, Entspannung und Selbstfindung. Ja, der Slowdude ist esoterisch geworden – was bleibt ihm auch anders über – in Zeiten wie diesen. Egal. Start. Das im gleichnamigen Pelmberg (1) gelegene Stüberl mit angeschlossenem Freilichtmuseum ist das, was man sich unter einem gelungenen Ausflugslokal vorstellt: wunderbare Aussicht, kleine Karte mit lokalen Spezialitäten und Mehlspeisen, die einem – im positiven Sinne – die Tränen in die Augen treiben. Da schlägt der vom Monopolkonditor Jindrak verseuchte Geschmacksinn für Süßes wahre Purzelbäume und macht Luftsprünge. Der Standard „Schweinsbratl“ ist ein Gedicht und selbst die für FleischverächterInnen kredenzten Spinatknödel sind kein bloßes Alibi, sondern ein wahrer Genuss. Das sympathisch von Frau und Herrn Döberl geführte Stüberl ist ein wahrer Schatz im Linzer Umland. Tipp vom Slowdude: Die Herbstsaison. Fährt man die Urfahraner Hügelkette wieder herunter und biegt nach dem malerischen Hohlweg ab zum berühmten „Exenschläger“ (2), sinkt das Niveau keinesfalls. Der 2015 neu übernommene Ausflugsgasthof bietet eine breite lokal-kulinarische Palette. Der faschierte Braten, die Leinölerdäpfel oder die zum Nachtisch servierten Bauernkrapfen sorgen für ein wohliges Gefühl in der Seele und für Zufriedenheit im Bauch. Die nette Crew beschert dem Slowdude jedes Mal einen gemütlichen Aufenthalt in der romantisch gelegenen Talschwelle – nebst Kinderdistraktion mit Spielplatz und Möglichkeit zur Ziegenfütterung. Tipp vom Slowdude: Zu Fuß zum Exenschläger – eine traumhafte Stadtwanderung. Aber auch an der Donau gibt es Balsam für das geschundene Gourmetherz. In Ottensheim – der bio-konservativen Boboenklave im Westen von Urfahr – bietet das Gasthaus zur Post (3) Bodenständiges aus heimischen Gewässern, Gutes von der Weide und aus dem Garten. Hier wird Lokales mit Weltküche kombiniert – so begegnen sich auf der Speisekarte Ingwer und Kohlrabi genauso wie das Wallerfilet seiner guten Freundin, der Polenta. Und die ganze Pracht der guten Küche genießt man in einer wunderbaren Wirtshausstube – so wie man sie leider nicht mehr oft zu Gesicht bekommt. Tipp vom Slowdude: Genug Zeit mitnehmen und den wunderbaren Gastgarten genießen und ordentlich chillen. Paradiesische Zustände in Urfahr-Umgebung. Hier kommt nun das eingangs erwähnte Zitat zu tragen: Der Slowdude wäre nicht der Slowdude, würde er nicht ein Haar in der Suppe finden. Und er gibt es zu: Er musste wirklich suchen! Aber sonst wäre die Kritik ja keine Kritik, sondern platte Promo – und das wäre eines Slowdudes nicht würdig. Deshalb kurz und schmerzlos: Das Salatbüffet im Gasthof zu Post würde besser ohne Dosengemüse dastehen, beim Exenschläger wäre ein richtig regionales Bier auch fein im Angebot (Hofstetten, Neufelden, Aigen oder Freistadt lassen grüßen) und beim Pelmbergstüberl könnte man beim Kaffee etwas „tunen“. Aber: Das ist Jammern auf hohem – ja höchstem – Niveau. Die drei machen das wirklich sehr, sehr gut. Und vor allem sympathisch und unaufgeregt! Keine inszenierte Urtümlichkeit oder gespielte Lederhosenzünftigkeit. Ein wunderbarer und lebensnotwendiger Kontrapunkt zu den marodierenden Eventgastrohütten im Zentrum der Linzer Stadt. Hier wird der Begriff „Landflucht“ umgekehrt und neu gedeutet. Also raus aus den idiotisch benannten, Klebeschrift verseuchten und mit Ekelbier gefüllten Systemgastrostätten und rein ins kulinarische Vergnügen der suburbanen Sphäre.

 

1 Pelmbergstüberl www.pelmbergstueberl.at
2 Exenschläger Waldschänke www.exenschläger.at

3 Gasthof zu Post www.facebook.com/GHzPOST

 

+++ EILT! +++ AUS AKTUELLEM ANLASS +++
Kurz vor Redaktionsschluss entdeckte der Slowdude bei seiner Routineinspektion der Linzer Innenstadt einen neuen Player der innerstädtischen Gastroszene: Der frisch renovierte Kunstuni-Bau am Hauptplatz beherbergt seit Anfang August die Cafeteria Frédéric. Kurzkritik: Sehr, sehr netter Service, gutes frisches Essen, gutes Ambiente drinnen wie draußen, aber Nachholbedarf bei den Getränken: Bier bitte regional und nicht das Industriebrackwasser namens Gösser, und für die sommerlichen Mixgetränke nochmals ins Rezeptbuch gucken. Aber beide Daumen hoch. Ein Lichtblick. Unbedingt hingehen!

Hybris sagt, was Sache ist …

Papageienmensch4

Aus der Arbeitsserie „Chimären“ von Lisa Spalt. Sein oder nicht sein.

EAR meets EYE (AUG um OHR)

Alltag und Musik gehen bei Werner Puntigam Hand in Hand. Gleiches gilt für das Zusammenwirken des Visuellen und des Akustischen. Über den Linzer Posaunisten und multidisziplinären Künstler, sowie die Kunst der Improvisation schreibt Georg Wilbertz.

Werner Puntigam und Rabito Arimoto. Foto Werner Puntigam

Werner Puntigam und Rabito Arimoto. Foto Werner Puntigam

Der Alltag ist Improvisation und auch in wohlgeordneten Gesellschaften wie der unsrigen sind wir tagtäglich aufgefordert oder gezwungen Unvorhergesehenes durch improvisiertes Handeln zu bewältigen. Manche erfüllt der Zwang zur Improvisation mit Unsicherheit und Angst, andere fühlen sich darin erst wohl und nutzen die quasi unbegrenzten Potentiale, die das Improvisieren für das „Erlebnis“ Alltag bereithält. Zu letzteren gehört der in der Steiermark geborene und seit 1983 in Linz lebende Posaunist, Fotograf und multidisziplinärer Künstler Werner Puntigam, der bewusst Risikobereitschaft und Improvisation zu zentralen Faktoren seiner musikalisch-künstlerischen Arbeit macht. Ein Text über ihn ist zwangsläufig ein Text über die Kunst der (musikalischen) Improvisation.

Alltag und Musik gehen bei Puntigam Hand in Hand. Gleiches gilt für das Zusammenwirken des Visuellen und des Akustischen. Darin mag begründet sein, dass er sich seit über zwei Jahrzehnten in entfernte, fremde Kulturen begibt, um vor Ort musikalisch-künstlerische Projekte zu entwickeln. Seit 1997 ist dies vor allem der afrikanische Kontinent, der in unserer klischeehaften Vorstellung ein einziger Hort täglichen, existenziellen Improvisierens ist. Spricht man mit Werner Puntigam über seine Erfahrungen hinsichtlich der Organisation und Durchführung von Projekten in Afrika, scheint sich das Klischee zumindest teilweise zu bestätigen. Beginnend mit einer Japantournee im Jahr 2013 verlagert sich sein Interesse und Fokus aktuell mehr und mehr in den asiatischen Raum.

Die Aufenthalte an neuen Orten verbindet Puntigam mit einem intensiven Kennenlernen des Alltags und der Menschen, die diesen leben. Hierfür lässt er sich nach Möglichkeit Zeit und interpretiert seine Sicht auf das Neue vor allem in fotografischen Arbeiten, die idealerweise alltägliche Situationen wiedergeben. Die Auseinandersetzung mit der jeweiligen sozialen und kulturellen Realität beeinflusst die künstlerische Arbeit an den jeweiligen Orten maßgeblich.

Viele Konzerte und Projekte entstehen hierbei spontan. MusikerInnen und KünstlerInnen tauchen manchmal unmittelbar vor dem Konzert auf, man lernt sich kennen und steht kurz danach gemeinsam auf der Bühne. Dass dies nicht immer zu überzeugenden Ergebnissen führt, versteht sich von selbst. Jedoch gehört es für Puntigam zum grundsätzlichen Wesen seiner Arbeit, das Risiko des Unbekannten und der mit ihm verbundenen ganz eigenen Dynamik einzugehen. Auch der manchmal sich ereignende „freie Fall“ spiegelt letztlich lebensnahe Realitäten wieder und muss in Kauf genommen werden, wenn es gilt durch Offenheit, Neugier und Spieltrieb gänzlich Neues zu entdecken.

Von besonderer Bedeutung sind die konkreten Räume, ihre ästhetischen und akustischen Qualitäten. Vieles von dem, das schließlich zur Aufführung gelangt, wird direkt entwickelt in der Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Raum. Dabei reicht die Spanne von spürbarer Konfrontation bis zu dem, was – nicht in einem beschönigenden, besänftigenden Sinn – als Harmonie bezeichnet werden kann.

Werner Puntigam besitzt einen sehr persönlichen Begriff von musikalischer Qualität. Für ihn geht es nicht um das technisch perfekte, rasant exponierte Ineinandergreifen akademisch angeeigneter Phrasen (bitte: nichts gegen die Phrase!), die sich durch ihre spieltechnische Brillanz zu einem musikalischen Ganzen fügen. Für ihn ist stattdessen das Musikalische eng mit seiner Vorstellung von Improvisation verbunden. Qualitätvolles Musizieren entsteht im Moment des Aufeinanderhörens, des bewussten, oft intuitiven Reagierens auf den anderen oder die Situation. Für ein derartiges Verständnis des musikalischen Interagierens stellt der Faktor der Zeit und des sich Zeitlassens ein wesentliches Element dar. Es ist eine Binsenweisheit, dass auch und vor allem die nicht gespielten Töne und die Pausen zwischen den Klängen die Wirkung und Spannung eines musikalischen Geschehens ausmachen. Paraphrasiert man den Ausnahme-Pianisten Keith Jarrett, so entsteht durch das Timing die Komplexität des Einfachen. Werner Puntigam besitzt diesbezüglich einen – durchaus wörtlich zu verstehenden – langen Atem. Musiziert man mit ihm, muss man spannungsvolle Momente des klanglichen Horror vacui aushalten können.

Das Ergebnis ist ein vor allem durch extreme Transparenz geprägtes klanglich-musikalisches Geschehen, das im besten Sinne des Wortes als Kammermusik bezeichnet werden kann. Jedes Detail bekommt Raum, wird wahrnehmbar und trägt bewusst zum Ganzen bei. Kein Wunder also, dass diese Musik sich den technischen Möglichkeiten der Verstärkung weitgehend entzieht und Räume braucht, die ihre Charakteristika für die ZuhörerInnen möglichst unmittelbar hörbar machen. Dichte und Intensität entstehen nicht durch Notenkaskaden, sondern durch die Erfahrbarkeit des einzelnen Tons, des herausgearbeiteten Geräuschs. Puntigams kammermusikalische Improvisationen grenzen sich damit bewusst ab vom landläufig verwendeten Begriff des Freejazz, der sehr häufig intendiert, durch das dichte, oft rasende Zusammenfügen und Überlagern individueller, fast autistisch agierender instrumentaler Stimmen einen expressiven, ja explodierenden Gesamtklang zu schaffen. Natürlich kennt auch Puntigams Musik Momente der tempomäßigen Verdichtung, der gesteigerten Expression und größtmöglichen dynamischen Breite und natürlich ist auch er nicht dagegen gewappnet, die Zuhörenden virtuos zu „überwältigen“. Doch bleiben auch diese Phasen Teil eines interaktiven Geschehens, das im Idealfall einer gesteuerten oder sich ergebenden Dramaturgie folgt.

Erleb- und hörbar ist die Musik Werner Puntigams in einer Vielzahl von musikalischen Projekten, Besetzungen und CDs. Zum Kennenlernen eigenen sich die umfangreichen Konzertdokumentationen auf Dorf-TV, YouTube und seiner Homepage, die er, wie auch alle übrigen grafischen Arbeiten selbst gestaltet. Ab Herbst 2018 wird Werner Puntigam wieder verstärkt in Linz und Oberösterreich in verschiedenen Konstellationen zu hören sein. Verwiesen sei u. a. auf die Konzertreihe des Linzer Vereins Musik im Raum (MIR), die ab Oktober stattfinden wird.

Eine besondere Qualität zeigt Puntigams Zusammenarbeit mit dem japanischen Trompeter und Bassklarinettisten Rabito Arimoto. Sie ist dokumentiert auf der 2017 erschienenen CD „kokyu“ („atmend“; erschienen bei ATS-Records). Zu hören ist auf ihr in Reinform Werner Puntigams Auffassung freier kammermusikalischer Improvisation. Nach ihrem Gastspiel beim hochkarätig besetzten JAZZ ART SENGAWA Festival in Tokio Mitte September wird Arimoto im November mit Unterstützung von LinzIMpORT in Österreich sein und eine Reihe von Konzerten vorwiegend in Linz und Oberösterreich mit Werner Puntigam spielen. Überhaupt ist es dem Posaunisten generell sehr wichtig, zukünftig seine Aktivitäten in Kooperation mit aufgeschlossenen heimischen Veranstaltern und Festivals auch hierzulande wieder zu verstärken.

 

www.ear-x-eye.info (inkl. Videos und aktuelle Live-Termine)
www.musikimraum.at

jazzartsengawa.com/en_2018

15. Sep. 2018: Auftritt beim JAZZ ART SENGAWA Festival in Tokio mit den japanischen Musikern Rabito Arimoto (tp, bcl) und Makigami Koichi (voc, poetry)

17.–30. Sep. 2018: Artist Residency in Singapur inkl. Realisierung einer audiovisuellen Installation und Performances in Kooperation mit der Künstlerin Sharyl Lam (SIN)

14. Nov. 2018: Vierteiliges Hauptkonzert der THE SOUND OF ODEM Duo-Tour mit Rabito Arimoto (J) und Gastkünstler_innen in der Rudigierhalle des Linzer Mariendoms
(9.00 h, 13.00 h, 17.00 h, 21.00 h)

Die aktuelle CD von Werner Puntigam mit Rabito Arimoto heißt „kokyu [breathing]“.

Werner Puntigam betreibt einen Channel auf Dorf TV.

The Metal Underground Resistance

Bands, Party und der Heavy Metal Spirit: Valerie Straßmayr hat Domenik Riedl und Bastian Moser getroffen. Die beiden veranstalten Metalkonzerte in Linz sowie dieses Jahr zum ersten Mal das Festival „Steel City Sorcery“ von 7.–8. September in der Kapu. Die ungekürzte Version über die Linzer Community, die Festivalorganisation und den Underground ist online zu finden.

1,2,3 ... Ranger. Foto Stell City Sorcery

1,2,3 … Ranger. Foto Stell City Sorcery

Meine erste Frage wäre, wer alles Steel City Sorcery macht? Seid das ihr zwei oder sind noch mehr Leute beteiligt?
D: Da ist auf jeden Fall noch Jannis dabei, der die Artworks und Designs macht und ich zähle auch unseren näheren Freundeskreis ein bisschen dazu.
B: Es ist eine Community, ohne die wir das ganze eigentlich nicht gestartet hätten, weil wir gesagt haben, dass ein Team da sein muss.

Warum habt ihr Steel City Sorcery ins Leben gerufen? Oder es als Veranstaltungsreihe gemacht?
B: Weil wir gesagt haben, mit einem Konzert ist es sicher nicht getan. Wenn man einen Fixpunkt schafft, bekommt man mehr Angebote und kann umso bessere Bands holen. Es ist ziemlich schnell ein Selbstläufer geworden. Damit haben wir gar nicht gerechnet.

Also war es schon ein Ziel von euch, dass ihr bekanntere Bands bekommt, nicht nur Underground?
D: Naja, es ist eh noch hübsch Underground, finde ich.
B: Sagen wir einmal Underground’s Finest, doch international, aber wo man sagt, die Bands haben zu Recht schon einen kleinen Ruf, sind aber noch weit weg vom Mainstream.
D: Ich finde ja das Ganze ist etwas an die Live Evil-Schiene aus London angelehnt. Die waren eigentlich die ersten, die sowas begonnen haben. Demnach sind in anderen Städten auch solche Sachen entstanden. Darum glaub ich, dass wir unbewusst auch so ein Ableger sind.
B: Da kannst du über Branding diskutieren. Wir machen ja auch Death und Blackmetal Bands, aber das muss auch immer diesen schönen Gossencharme vom Heavy Metal haben. Es muss halt zusammenpassen. Das ist die Königsdisziplin.

Wie seid ihr eigentlich zu dem Namen Steel City Sorcery gekommen? Steel City lässt sich ja noch recht leicht herleiten …
B: Weil es zauberhaft ist und supergeil klingt!
D: Ich weiß gar nicht, wie lange wir überlegt haben. Das ging, glaub ich, relativ schnell. Irgendwem ist das einfach so mal rausgerutscht.
B: Steel City Sorcery … Das kannst du betrunken auch sagen.

Die Steel City-Konzerte sind eigentlich immer in der Kapu. Seid ihr von der Kapu? Oder wie kam es dazu?
D: Hauptsächlich sind sie aus dem Grund da, weil ich hier sowieso arbeite. Das gehört zu meinen Booking-Tätigkeiten dazu. Es war irgendwie logisch, dass wir das da machen. Wieso soll ich mir eine andere Location suchen, wenn man das hier einbetten kann? Bis jetzt haben wir einmal ein Konzert in einem Linzer Keller veranstaltet. Ich find es auch okay, mal woanders Sachen zu machen. Die Homebase ist aber hier.

Meine nächste Frage hat sich ja schon zum Teil geklärt, da ihr vor Steel City Sorcery schon Veranstaltungen organisiert habt.
D: Ich mache das jetzt schon seit sieben Jahren.
B: Du hast im MuKuKu angefangen. Das total auf DIY basiert war.
D: Da haben wir in der Gemeinde Kremsmünster, einem wenn überhaupt 5.000-Seelendorf, in einem Haus im ersten Stock, einfach die ärgsten Bands eingeladen. Jahrelang. Das war richtig geil.

Tut sich dort heute noch etwas?
D: Da ist jetzt das Tumult drinnen. Die machen auch noch Konzerte, aber nicht so viele.
B: Damals ist die Dorfcommunity einfach noch größer gewesen. Von denen sind viele weggezogen in Richtung Wien.
D: Du machst ja auch schon seit circa zwei Jahren Konzerte. Die Zeit vergeht schnell.
B: Vorher hab ich Adem von Death Over Eferding beim Booking geholfen. Was auch schon in die Schiene geschlagen ist. Da gibt es eine Tradition in diesem Nest!

Wie unterscheidet sich die Organisation von einem Konzert und einem Festival? Ihr macht ja jetzt zum ersten Mal das Steel City Sorcery Festival.
D: Es ist auf jeden Fall die Größenordnung. Ein Hauptproblem ist, dass ich die ganzen Bands nicht im Haus schlafen lassen kann. Das ist Mal das erste, ich muss Hotels suchen. Es kommen Acts, die man vielleicht einfliegen lässt. Sonst kommen immer tourende Bands mit ihrem Bus.
B: Wir haben immer selbst gekocht. Das geht sich nicht mehr aus. Der Anspruch ist auch ein anderer. Wir überlegen uns natürlich, wie unser Festival wirklich herausstechen kann. Wir wollen auch möglichst faire Preise machen. Es ist einfach cool, keinen abzuzocken, vor allem für etwas, das eine Herzensangelegenheit ist.

Die zwei Tage kosten 40 €. Das ist bei diesem Lineup auf jeden Fall fair.
D: Das Rahmenprogramm ist uns sehr wichtig. Wir wollen draußen etwas Lustiges machen. Schnaps mit Gurkerl etc.
B: Dazu wollen wir aber noch nicht zu viel verraten.
D: Bei einem Fest mit so vielen Bands darf man die Organisation nicht unterschätzen. Der Zeitplan muss viel tighter eingehalten werden. Wenn bei sechs Bands jede eine halbe Stunde Verspätung hat, spielen die letzten um drei in der Früh, und das interessiert auch wirklich keinen mehr. Es ist mir ein persönliches Anliegen, dass das halbwegs passt. Ich will ja auch genug Zeit für die Afterparty haben!

Wie kam es bei euch dazu, dass ihr überhaupt Metal hört?
D: Da wird es bei mir peinlich. Mit 15/16 Pagan Metal. Das Heidenfest im Posthof war ganz groß. Da warst du doch auch dort!
B: Du hast gar nicht gesagt, dass es für mich auch peinlich wird! Da kannten wir uns aber noch nicht.
D: Das waren so meine Anfänge. Dann ist es recht schnell Black Metal geworden und jetzt immer mehr Heavy Metal.
B: Back to the roots! Bei mir war es auch klassisch. In der Schule nimmt jemand eine Metallica-CD mit. Geil! Dann kommst du drauf, dass der Papa viele Schallplatten hat. Dann ist das aber irgendwie zu fad und man will härter und böser sein … und dann ist man trotzdem irgendwie beim Pagan Metal gelandet.
D: Das ist die eine Abbiegung, die du falsch gegangen bist!
B: Man sieht halt, dass es damals zwei Mal im Jahr im Posthof Konzerte in der Richtung gab. Natürlich geht da jeder hin. Das war uns schon zu wenig, was in Linz passiert ist. Grundsätzlich hat es hier immer Leute gegeben, denen das gefällt. Warum sollte man da Konzerte aussterben lassen, wenn das das Wichtigste ist. Sich treffen, sich unterhalten und den Metal ausleben.

Wie motiviert findet ihr die Linzer Metalszene?
B: Bei den Leuten, die da sind, denk ich mir: Ihr habt euch die Bands angehört, ihr freut euch, dass sie spielen und steht nicht nur im Eck. Das freut mich besonders.

Ihr seid ja auch noch nicht so alt, aber merkt ihr einen Unterschied zur Community von damals und heute. Sind heute noch die gleichen Leute dabei?
D: Ich finde es immer so schön, wenn Leute von „früher“ zu den Shows kommen und es ihnen gefällt.
B: Das ist cool, aber eher die Ausnahmen. Die kommen vermutlich, wenn sie sich denken, jetzt waren wir schon echt lange nicht mehr unterwegs. Ich weiß es aber nicht. Man kennt sie zu wenig.

Habt ihr Wünsche für die Zukunft hier in Linz?
D: Ich würd gerne ein Open-Air-Fest machen.
B: Das wär schon ein kleiner Teenie-Traum.
D: Aber das ist noch weit weg. Nächstes Jahr sicher noch nicht. In zwei Jahren wahrscheinlich auch noch nicht. Aber das wollen wir.
B: Schön wäre es auf jeden Fall, wenn wir jedes Jahr ein Festival in dieser Größenordnung machen können. Da dürfen wir total zufrieden sein.

Die Linzer Punkszene war schon immer größer als die Metalszene. Bei euch spielen ja keine Punkbands. Wollt ihr euch klar vom Punk abgrenzen und eine reine Metalkonzertreihe sein?
D: Eigentlich will ich das gar nicht.
B: Ich auch nicht. Ich bin ein großer Punkfan. Wir fragen auch schon seit Jahren bei Indian Nightmare an, die eine perfekte Mischung zwischen Metal und Punk sind.
D: Bis jetzt hat sich das noch nicht ergeben. Am Festival spielen aber Vole aus Tschechien. Das ist lupenreiner Punk. Spiker sind mit ihrem Straßenrock auch eher punkig.
B: Ja, ziemlich Deutschpunk. Wir wollten das von Anfang an auch mischen.
D: Auf jeden Fall nicht abgrenzen. Das ist das Schlechteste, das man machen kann.

Was war für euch persönlich das beste Konzert, das ihr gemacht habt?
D: Sagen wir es auf drei gleichzeitig? Mich würd es interessieren, ob wir das gleiche sagen. 1 … 2 … 3 …
D, B: Ranger!
B: Für mich war das die offizielle Geburtsstunde. Das war ja ein Experiment. Die haben 500 € gekostet. Es war ein totales Zittern. Und dann war die Hütte voll. Es war die geilste Party!

Hattet ihr schon negative Erfahrungen mit Bands, die hier gespielt haben?
D: Nein, eigentlich gar nicht. Das sind meistens nette Leute.
B: Die sind sehr dankbar.
D: Ja, es hat nie wirklich was gegeben. Wir kümmern uns auch gut um die Leute.

Fragen bei euch Bands aus Eigeninitiative an, oder liegt das mehr an euch?
B: Mittlerweile müssen wir viel mehr ablehnen, als wir wollen, weil das Programm in der Kapu relativ dicht ist oder weil die Anfragen zu knapp sind.

Hat bei euch schon jemand angefragt, den ihr nicht spielen lassen wollt?
B: Ja schon, aber mehr, weil es uns nicht reingepasst hat.

Also habt ihr da schon Kriterien, dass ihr Bands nicht spielen lasst, weil sie zu kontrovers sind oder einfach von der Musik nicht passen.
D: Beides. Bei manchen Bands check ich das schon ab, wenn ich mir denke, die klingen vielleicht ein bisschen edgy. Man muss eine klare Linie ziehen. Das ist ganz wichtig.
B: Auch aus Respekt vor den Werten der Kapu und welche Leute dann kommen würden. In aller Klarheit willst du hier keine Nazis haben und keine Leute, die andere einfach abfucken. Es gibt eben gewisse Bands, die so kontrovers oder auch einfach nur deppert sind.

Welche Bands wollt ihr einmal unbedingt herholen?
B: Aura Noir.
D: Daran arbeiten wir schon seit über einem Jahr. Die Tour wurde immer wieder verschoben. Ich will Aura Noir auf jeden Fall einmal hier haben. Gewaltbereit will ich auch noch machen. Das ist aber noch nicht so weit.
B: Leipziger HC Punk, wie er uns eben richtig gefällt! Old school, ehrlich, Mittelfinger, g’schissen. Geil.
D: Mindestens zwei Mittelfinger!

Gibt es abschließend noch etwas, das ihr sagen wollt? Was vielleicht noch offengeblieben ist?
D: Danke an die Leute, die immer kommen und die das zaht, was wir machen.
B: Das ist das wichtigste. Und auch das Community-Ding, das wir vorher angesprochen haben. Das ist ganz wichtig. Aber auch, dass uns die Leute daran erinnern, wenn etwas deppert laufen sollte. Wir sind auf jeden Fall offen für Feedback.

Weit im Abseits – Frauen*

Ein kurzer Rückblick auf das 1. Fußball-Film-Festival ABSEITS im Juni: Bei der Hälfte der Filme lag der Fokus auf Frauen und Fußball. Und in jedem der Filme, mal mehr und mal weniger, kamen mir Tränen. Tränen der traurigen Verzweiflung, aber auch der Wut. Die porträtierten Frauen wollten einfach nur Fußballspielen und ihnen wurden mit patriarchaler Konsequenz Knüppel zwischen die Beine geworfen. Und nicht nur einer, sondern viele. Ob in Guatemala, Iran oder Senegal. Ob katholisch oder muslimisch. Überall dasselbe. Unglücklicherweise nicht nur beim Fußballspielen, sondern auch in jedem anderen Bereich des Lebens. Selbstbestimmung der Frau – nicht erwünscht. Selbstermächtigung und Selbstvertrauen durch Stärkung des Körpers – nicht erwünscht. Freude und Spaß der Frau (ohne einen Mann) – nicht erwünscht. Feministische Arbeit – nicht erwünscht, aber halt, damit sind wir zurück in Österreich. Im doppelten Rückwärtsschritt in die Vergangenheit.

Dass eine Babypause einen nicht unbeträchtlichen finanziellen Einschnitt im Leben einer Frau ausmacht, musste in diesem Jahr auch Tennis-Ass Serena Williams erkennen. Letztes Jahr noch als einzige Frau auf Platz 51 der Liste der Top100-Bestverdiener(Innen) im Sport, flog sie heuer raus und auch keine andere Frau schaffte es auf die Liste. Zum ersten Mal, seit diese besteht. Traurig, aber ein Abbild der Gesellschaft. Die Lohnschere geht weit auseinander und nach oben dünnt es sich immer mehr aus. Im Jahre 2013 waren immerhin vier Frauen im Ranking. Im Übrigen führt die heurige Liste ein nicht mehr aktiver Boxer an. Ja in die Goschn haun, damit kummst weit!

Eine andere Weltklasse-Tennisspielerin bleibt uns vor allem wegen ihres Einsatzes für die Gleichberechtigung von Frau und Mann in Erinnerung. Billie Jean King. Ihr Statement: Gleiches Preisgeld für Damen und Herren. Da die Männerführungsriege im Verband nichts abgeben wollte, gründete sie 1970 zusammen mit acht Tennisspielerinnen („Original 9“) und der Herausgeberin des World Tennis Magazins die Virginia Slim Series, die 1973 in der Gründung der noch heute bestehenden WTA – Women’s Tennis Association – aufging. Bereits im selben Jahr wurde bei den US Open das Preisgeld in gleicher Höhe an Frauen und Männer ausgezahlt. Dieser sehr frühen Gründung eines eigenen Verbandes und der Vermarktung der eigenen Damentennis-Serie verdanken die heutigen Tennisspielerinnen ihre vereinzelten Durchstöße der gläsernen Decke zur monetären Sportwelt. Im Übrigen dauerte die Gleichstellung der Preisgelder bei den vom ITF (International Tennis Federation) veranstalteten Grand-Slam-Turnieren bis 2007 in Wimbledon.

Zur Erinnerung: Im Jahre 1970 gründete sich auch der FIEFF, ein internationaler Verband für Frauenfußball, der allerdings innerhalb von drei Jahren von der patriarchalen Übermacht der UEFA in die Knie gezwungen wurde. Dieser wiederum brauchte zwölf Jahre, um die ersten internationalen Frauenfußballbewerbe auszurichten.*

Die FIFA wiederum hat diesen Sommer ihren Ethikcode überarbeitet und just die Korruption herausgestrichen und eine Verjährungsklausel zu Bestechung und Wettbetrug neu aufgenommen. Kritik ist jetzt a ned so leiwand, und deswegen wird eine Diffamierung der FIFA für jene, die an den Codex gebunden sind, unter Strafe gestellt! Sport, ein Mikrokosmos der Gesellschaft!

 

Tipps: newsmavens.com – Europäische Online-News von Frauen (women choose news)

siehe: Mit Eierstock und Herz gegen Kommerz, eine frühere Spiele!-Kolumne

Das Professionelle Publikum

Auf den folgenden Seiten die obligaten Kunst-und Kulturtipps für die kommende Zeit. Diesmal von: Claudia Dworschak, Erich Klinger, Remo Rauscher, Marie Ruprecht, Leo Schatzl, Valerie Straßmayr und Ursula Witzany. Die Redaktion dankt!

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Foto: Reinhard Winkler

Foto: Reinhard Winkler

Claudia Dworschak
ist Künstlerin und Kulturarbeiterin und Gründungsmitglied des Künstlerinnenkollektivs „freundinnen der kunst“.

freundinnen der kunst | performative Intervention
Johann Kresnik | Kurt Schwertsik MACBETH – (Rekonstruktion)

 

 

Foto: Renate Hofman

Foto: Renate Hofman

Erich Klinger
schreibt, wünscht sich autofreie Plätze und wirkt derzeit bei Radio FRO.

Rundgang durchs Bahnhofsviertel
Lesungsabend zu „Political Correctness“
Lesungsabend zu „Political Correctness“

 

 

Portrait_RemoRemo Rauscher
ist freischaffend in den Bereichen Animationsfilm und Theater.

Hölle Hölle Hölle
Sam Bunn: Through the Far-See-Er: Imagining an Institute for eUtopia

 

MarieRuprechtMarie Ruprecht
arbeitet seit 1994 in den Bereichen Fotografie, Video, Mixed Media, computerbasierte Techniken sowie Zeichnung, Malerei und raumbezogene Videoinstallation. Ein wesentliches Merkmal ihrer Arbeiten ist die unmittelbare Auseinandersetzung mit den vorgefundenen räumlichen und inhaltlichen Gegebenheiten und die themenbezogene Aneignung immer wieder neuer Kulturtechniken zur Umsetzung ihrer Werke.
Infos: www.marieruprecht.at

Vernissage der Ausstellung ÜBER DIE NATUR DER DINGE III
Wechselspiel – Keramische Skulpturen Constance Ferdiny Hoedemakers

Foto: LS

Foto: LS

Leo Schatzl
ist bildender Künstler und Lehrbeauftragter an der Linzer Kunstuniversität. Seine Arbeitsbereiche beinhalten Kunstprojekte im öffentlichen Raum, interdisziplinäre Rauminstallationen, Objektgestaltung sowie bildgebende Medien.

Loose Harbour #2
EBBE (Objektinstallation)

WhatsApp Image 2018-01-22 at 19.24.12Valerie Straßmayr
ist Musikerin und Musikenthusiastin. Im Juli war sie Stadtwerkstatt Praktikantin.

Steel City Sorcery Festival
Linz Deathfest

ursulawitzany 2018Ursula Witzany
ist Geschäftsführende des Alumnivereins forum – Kunstuniversität Linz.

Busshuttle zum steirischen herbst 2018
Ars Electronica Festival 2018

 

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Tipps von Die Referentin
Holyhydra
20 Jahre FIFTITU%
Sonatas of Sleep/LESS Soundartist-Reihe
WER WAR 1968?
SNOOZE (Dösen)

The Metal Underground Resistance

Bands, Party und der Heavy Metal Spirit: Valerie Straßmayr hat Domenik Riedl und Bastian Moser getroffen. Die beiden veranstalten Metalkonzerte in Linz sowie dieses Jahr zum ersten Mal das Festival ‚Steel City Sorcery‘ von 7. – 8. September in der Kapu. Hier, online, die ungekürzte Version über die Linzer Community, die Festivalorganisation und den Underground.

1,2,3 ... Ranger. Foto Stell City Sorcery

1,2,3 … Ranger. Foto Stell City Sorcery

Meine erste Frage wäre, wer alles Steel City Sorcery macht? Seid das ihr zwei oder sind noch mehr Leute beteiligt?

D: Da ist auf jeden Fall noch Jannis dabei, der Artwork und Design macht und ich zähle auch unseren näheren Freundeskreis dazu.

B: Es ist eine Community, ohne die wir das ganze eigentlich nicht gestartet hätten, weil wir gesagt haben, dass von vorneherein ein Kernteam da sein muss, wo man ein Backup hat. Das ist wichtig, alleine für die Aftershow-Parties…

D: Wer da auflegt, die zählen wir schon auch dazu, das sind immer dieselben Leute.

Warum habt ihr das Steel City Sorcery ins Leben gerufen? Oder es als Veranstaltungsreihe gemacht?

B: Weil wir gesagt haben, dass es mit einem Konzert sicher nicht getan ist. Wenn man einen Fixpunkt schafft, bekommt man mehr Angebote und kann umso bessere Bands machen und es ist ziemlich schnell ein Selbstläufer geworden. Mit dem haben wir gar nicht gerechnet, dass das wirklich so aufgeht. Ich hab mir das erst nochmal angeschaut. Ich hätte mir nie gedacht, dass nach Ewig Frost, Deathstorm und Brand gleich einmal Ranger kommt, was für mich genau in die Richtung geht, wo ich von Anfang an hinwollte. Das war ein ziemlicher Startschuss, auch wenn es ein halbes Jahr später war.

D: Für mich war es schon von Anfang an als Reihe ausgelegt…

B: Das schon, aber ich hätte nicht damit gerechnet, dass wir gleich Chancen bekommen unsere persönlichen Präferenzen so stark zu vertreten. Ich hätte schon gedacht, dass wir zuerst in österreichischer und nähere Umgebung herumgrundeln. Aber gleich einmal cooler Speedmetal aus Finnland, da sag ich nicht nein.

Also war es schon ein Ziel von euch, dass ihr bekannter werdet oder bekanntere Bands herbekommt, nicht nur Underground?

D: Naja, es ist eigentlich eh noch hübsch Underground, finde ich. Da könnte man aber lange diskutieren, was überhaupt Underground ist.

B: Da kommt man vom Hundertsten ins Tausendste! Sagen wir einmal Underground‘s Finest, doch international, wo man sagt ok, die Bands haben zu Recht schon einen kleinen Ruf, sind aber doch weit weg vom Mainstream.

D: Ich finde ja das Ganze ist etwas an die Live Evil-Schiene aus London angelehnt.

B: Die haben einfache eine super Mixtur beisammen.

D: Die waren eigentlich die ersten, die sowas begonnen haben. Demnach sind in anderen Städten auch solche Sachen entstanden. Darum glaub ich, dass wir unbewusst auch so ein Ableger sind.

B: Da kannst du über Branding diskutieren. Wir machen ja auch Death und Blackmetal-Bands, aber das muss auch immer diesen schönen Gossencharme vom Heavy Metal haben. Es muss halt zusammenpassen. Das ist die Königsdisziplin.

Wie seid ihr eigentlich zu dem Namen Steel City Sorcery gekommen? Steel City lässt sich ja noch recht leicht herleiten…

D: Ganz viel blöd sein…

B: Weil es zauberhaft ist und weil es supergeil klingt!

D: Ich weiß gar nicht, wie lange wir überlegt haben. Das ging glaub ich relativ schnell. Irgendwem ist das einfach so mal rausgerutscht.

B: Steel City Sorcery… Das kannst du besoffen auch sagen.

Die Steel City Konzerte sind eigentlich immer in der Kapu. Seid ihr von der Kapu? Oder wie kam es dazu?

D: Hauptsächlich sind sie aus dem Grund da, weil ich hier sowieso arbeite und Booking mache. Das gehört zu meinen Booking-Tätigkeiten dazu. Es war irgendwie logisch, dass wir das hier machen. Wieso soll ich mir eine andere Location suchen, wenn man das hier einbetten kann. Bis jetzt haben wir einmal ein Konzert in einem Linzer Keller veranstaltet.

Das waren Eisenhand und Hellbringer, oder?

D: Ja genau. Ich find es auch okay mal wo anders Sachen zu machen. Die Homebase ist aber hier.

Das ist eh eine der besten Locations.

B: Ja, der Flair ist perfekt.

D: Ich würde es auch nicht in der Stadtwerkstatt machen wollen, ich denk, die würden unten keine Freude mit den Afterparties haben. Da schmeißt du einen Sessel und bist schnell draußen. Hier ist das einfach egal.

Ich hab auch das Gefühl, dass in der Kapu die Stimmung am leiwandsten ist. Wie ich angefangen habe auf Konzerte zu gehen, war ich in Linz mehr im Keller und im Ann & Pat.

B: Das kann man schon sagen, hier geht das ja auch schon über Jahrzehnte.

D: Das Ann & Pat hat, leider finde ich, etwas nachgelassen mit den Bands, die spielen. Früher haben da bessere Bands gespielt.

B: Man muss auch dazu sagen, dass die dort einen Rahmen haben und einfach abspecken müssen.

D: Ja, die haben immer nur Freitage.

B: Das ist halt ein Jugendzentrum, die sind anders strukturiert. Hier können wir unsere Narrenfreiheit mehr ausleben.

D: Wir können uns schon gescheit auslassen. Das ist cool.

Meine nächste Frage hat sich ja praktisch schon zum Teil geklärt, dass ihr vor Steel City Sorcery schon Veranstaltungen organisiert habt.

D: Ich mache das jetzt schon seit sieben Jahren.

B: Du hast im MuKuKu angefangen. Das total auf DIY basiert war.

D: Da haben wir in der Gemeinde in Kremsmünster, einem, wenn überhaupt, 5000-Seelendorf, in ein Haus in den ersten Stock, einfach die ärgsten Bands eingeladen. Jahrelang, das war jedem im Ort total egal. Das war richtig geil.

Tut sich dort heute noch etwas?

D: Da ist jetzt das Tumult drinnen. Die machen auch noch Konzerte, aber nicht so viele.

B: Ja, das sind schon weniger.

D: Wir waren auch vollkommen wahnsinnig. Wir haben zweimal im Monat eine Show dort organisiert. Das ist eigentlich viel zu viel, für das, dass es irgendwo am Land ist.

B: Da ist die Dorfcommunity einfach noch größer gewesen. Von denen sind viele Richtung Wien weggezogen. Wenn du dort den Kern hast… Da müssen einfach Leute mitziehen, sonst können wir da gar nichts machen. Underground ist Underground und da merkst du einfach, vor allem im Dorf, liegt es einfach an zwei Personen oder an einem, der einfach motiviert ist. Wenn der wegfällt, dann ist alles weg, wenn der die ganze Partie zusammenhält.

D: Du dürftest ja auch schon seit zwei Jahren Konzerte machen. Die Zeit vergeht schnell.

B: Vorher hab ich Adem, von Death Over Eferding, beim Booking geholfen. Das ist schon in die Schiene geschlagen. Wir wollen geile Bands, es geht um die Party und das Ausleben vom Heavy Metal Spirit.

Bist du ein Eferdinger?

B: Ja ich bin ein Eferdinger.

D: Es ist ganz wichtig, dass man im Team mindestens einen Eferdinger hat. Sonst geht da gar nichts.

B: Das ist der Deal! Wenn du die Schiene fährst, schadet es zumindest nicht. Da gibt es eine Tradition in diesem Nest!

Wie unterscheidet sich die Organisation von einem Konzert und einem Festival? Ihr macht ja jetzt zum ersten Mal das Steel City Sorcery Festival.

B: Die Größenordnung.

D: Es ist auf jeden Fall die Größenordnung. Ein Hauptproblem ist, dass ich die ganzen Bands nicht im Haus schlafen lassen kann. Ich hab halt für 10-15 Leute mit Matratzen Platz. Das ist mal das Erste, ich muss Hotels suchen, was ich sonst nicht mache. Es kommen Acts, die man vielleicht einfliegen lässt. Da kommt Flüge checken dazu, das hab ich sonst noch nie gemacht. Normalerweise kommen immer tourende Bands mit ihrem Bus. Die brauchen nur einen Parkplatz und passt. Für mich persönlich war Flug buchen etwas, was mich gar nicht zaht.

B: So haben wir auch immer selbst gekocht. Bis jetzt waren das maximal vier Bands.

D: Das macht einen Unterschied, ob ich für 15 Leute Catering mache, oder für 35.

B: Das geht sich alleine nicht mehr aus. Der Anspruch ist auch ein anderer. Man will schon, bei einem Festival, wo man hofft, dass auch Leute von weiter wegkommen, Bands von weiter weg holen. Dann überlegen wir uns natürlich auch, wie man unser Festival wirklich herausstechen lassen kann, aus der Fülle an geilen Festivals, die es mittlerweile schon überall gibt. Die Qualität nimmt nicht ab. Man könnte sich jetzt schon zerreißen.

D: Man könnte ohne Problem jedes Wochenende wo hinfahren.

B: Ja genau, und wir haben trotzdem den Anspruch, die Tickets günstig zu halten, möglichst faire Preise zu machen. Es ist einfach cool, keinen abzuzocken, vor allem für etwas, das eine Herzensangelegenheit ist.

Die zwei Tage kosten 40€. Das ist für dieses Lineup auf jeden Fall fair.

B: Ja, wir überlegen uns gerade eh, wie es sich ausgeht.

D: Da bin ich mittlerweile schon positiver gestimmt. Ich hab am Wochenende schon von Leuten aus Bayern und Leipzig gehört, dass sie sich schon freuen zu kommen. Ich glaub, wir haben schon ein gutes Einzugsgebiet.

B: Ok, wenn du gut drauf bist, bin ich es auch.

D: Dazu kommt auch, dass wir draußen auch etwas Lustiges machen wollen. Schnaps mit Gurkerl etc. Das Rahmenprogramm ist total wichtig.

B: Dazu wollen wir auch noch nicht zu viel verraten.

D: Was auch noch dazukommt, bei einem Fest mit so vielen Bands an einem Tag, darf man die Organisation nicht unterschätzen. Bei normalen Konzerten mit drei Bands, da sind alle am Nachmittag da. Soundcheck, Essen, Konzert. So müssen sie viel früher da sein, wenn sie checken wollen. Den Zeitplan muss man viel tighter einhalten. Wenn bei sechs Bands, jede eine halbe Stunde Verspätung hat… Dann spielt die letzte Band um drei in der Früh und das interessiert dann auch keinen mehr. Da bin ich gespannt wie das funktioniert. Normal ist es hier recht leger. Sehr freundlich ausgedrückt. Es ist mir ein persönliches Anliegen, dass das an dem Wochenende halbwegs passt. Ich will ja auch genug Zeit für die Afterparty haben!

Macht ihr selbst Musik oder spielt in Bands?

B: Ich spiele in zwei Blackmetal Bands. Kringa gibt es schon relativ lang. Bei Hagzissa gibt es die Idee schon relativ lang, ist aber erst jetzt umgesetzt worden. Das nutzt mir schon sehr viel, wenn ich die Hintergrundgeschichten kenne. Hätte ich einfach nur als Fan angefangen, mich in die Organisation hineinzuhauen, wäre es mir um einiges schwerer gefallen. Das erleichtert das ganze schon.

D: Ich spiele in Eisenhand, einer Heavy Metal Band. Dann hab ich noch mit Jannis ein Black Metal Impro-Projekt. Es wird vermutlich weiterhin Impro bleiben, vielleicht kommt etwas mehr Struktur.

B: Wir zwei haben auch noch etwas mit einem Gitarristen geplant.

D: Ja, genau. Das ist aber noch am werden. Das kommt erst.

B: Ja, da muss man noch schauen. Es wird auf jeden Fall eher etwas Richtung Speed Metal werden.

D: Ich glaub auch, dass draus etwas wird. Ich bin motiviert.

Wie kam es bei euch dazu, dass ihr überhaupt Metal gehört habt?

D: Da wird es bei mir peinlich. Mit 15/16 Pagan Metal. Das Heidenfest im Posthof war ganz groß. Da warst du doch auch dort!

B: Ja, da kannten wir uns aber noch nicht.

D: Eluveite und Equilibrium haben da gespielt. Das waren so meine Anfänge.

B: Du hast gar nicht gesagt, dass es für mich auch peinlich wird!

D: Dann ist es recht schnell Black Metal geworden und jetzt immer mehr Heavy Metal.

B: Back to the roots! Bei mir war es auch klassisch. In der Schule nimmt jemand eine Metallica-CD mit. Geil! Dann kommst du drauf, dass der Papa viele Schallplatten hat. Da ist dann AC/DC, Motörhead und Deep Purple dabei. Dann ist das aber irgendwie zu fad und man will härter und böser sein… und dann ist man trotzdem irgendwie beim Pagan Metal gelandet.

D: Das ist die eine Abbiegung, die du falsch gegangen bist.

B: Da waren dazwischen auch Dimmu Borgir, Marduk und Cannibal Corpse. Und wenn man es nicht besser weiß… Man muss sich halt hintasten. Es gibt ja richtig viele geile Bands und es wird schwierig, dass du gut filterst. Man kann im Underground so viel graben. Es ist ein Wahnsinn!

D: Es ist dann mehr die Angst, dass da so viel Musik ist, die man hören will und man hat nicht genug Zeit im Leben.

Über so was darf man gar nicht zu viel nachdenken. Da wird man verrückt.

D: Total.

B: Die Aufmerksamkeitsspanne ist auch so gering geworden. Man hört nur mehr schnell auf Bandcamp hinein. Eigentlich furchtbar.

D: Das Heidenfest war ja wirklich einer meiner Konzert-Anfänge. Wir sind da fast schulklassenmäßig hingefahren.

B: So populär war das damals. Da haben wir ja eine gute Entschuldigung, dass man sich kaum entziehen konnte.

D: Das war schon cool.

Das Heidenfest habe ich ja noch nie vorher gehört.

B: Das war 2008, glaub ich. Eluveite, Equilibrium, Ensiferum, Korpiklaani

D: Equilibrium haben da ihr zweites Album oder so herausgebracht.

B: Finntroll war sicher Headliner!

D: Nein, die waren im Jahr darauf.

Dafür habe ich da eine gute Entschuldigung, dass ich noch nie davon gehört habe. 2008 bin ich sechs Jahre alt gewesen.

D: Ich glaub aber, da du und ich und die Leute, über die wir uns kennengelernt haben, dort waren, das ist schon ein bisschen … wenn du es darauf auslegen möchtest … die Geburtsstunde.

B: Naja, wenn man es darauf auslegt…

D: Nein, es war die Empfängnis. Geburtsstunde war später!

B: Man sieht halt, dass es damals zwei Mal im Jahr im Posthof Konzerte in der Richtung gab. Natürlich geht da jeder hin, der irgendwie affin für die Musik ist. Das war uns schon zu wenig, was in Linz passiert ist. Das ist schon, wo wir sagen: das kann’s nicht geben. Es gibt ein Aps und nach wie vor ein Thüsen Tak. Es ist dahingestellt, wieviel Spaß man in diesen Beiseln haben kann, aber grundsätzlich hat es da immer Leute gegeben, denen das gefällt. Warum sollte man da Konzerte aussterben lassen, wenn das das Wichtigste ist. Sich treffen, das ausleben…

D: Bis auf die zwei Mal im Jahr, wo im Posthof eine fette Metalpartie hereinprallt.

B: Ja, das kannst du aber auch aufschreiben, wenn Kreator da mit ihren Luftballons herkommen, dann ist das keine Metal-Show für mich… so gut die Alben Extreme Aggression und Endless Pain auch sind.

Das haben sie letztes Jahr im Gasometer auch gebracht… mit Konfetti und Luftballons.

D: Daran kann ich mich gar nicht mehr erinnern…

B: Ich hab ja gewusst, dass so was in die Richtung kommt. Ich hab mir aber gedacht, schau ich mir das an. Pungent Stench spielen auch. Insanity Allert sind live auch immer witzig. Aber ich bin dort gestanden und nach dem halben Set hab ich mir gedacht: Ich will nicht mehr. Wie lang ist das wieder aus, dass im Posthof so eine Metalshow war?

D: April, oder? Ja.

B: Aber davor. Jahre… um wieder den Bogen zum Thema zurückzuspannen.

D: Ich weiß die Frage gar nicht mehr.

B: Warum wir Metal hören… weils im Posthof war.

Wie motiviert findet ihr die Linzer Metalszene?

D: Die da sind, sind schon motiviert, aber ich hab das Gefühl, dass ich nicht mal alle kenne.

B: Das ist ja auch schon schön, für so eine kleine Stadt wie Linz. Bei den Leuten, die da sind, denk ich mir: Ihr habt euch die Bands angehört, ihr freut euch, dass sie spielen und ihr steht nicht nur im Eck. Das freut mich besonders.

D: Der Spirit im Saal, der passt.

War es leicht euch zu etablieren?

D: Ja. Die Leute haben eigentlich darauf gewartet, dass es etwas gibt. Das hat man auch gemerkt. Das spricht auch dafür, da es im Herbst auch noch viel gibt. Das ist gerade echt ein Ding, das noch ein bisschen anhalten wird. Bis sie wieder alle gesättigt sind.

B: Das wird in der Zukunft vielleicht ein Thema.

D: Das heißt halt, dass es vielleicht nur mehr ein Konzert pro Monat, oder alle zwei Monate ein Konzert gibt. Nicht, dass es ganz aufhört.

Ihr seid ja auch noch nicht so alt, aber merkt ihr einen Unterschied zur Community von damals und heute. Sind heute noch die gleichen Leute dabei?

D: Ich finde es immer so schön, wenn Leute von ‚früher‘ zu den Shows kommen und es ihnen gefällt. Ich hab schon ein paar im Saal mit einem zufriedenen Grinsen gesehen. Da denkt man sich: Passt, ich hab die Alten auch damit abgeholt. Das ist schon cool.

B: Da rennt die Nostalgiekamera. Das ist cool, aber eher die Ausnahme. Die kommen vermutlich, weil sie sich denken, jetzt waren wir schon echt lange nicht mehr unterwegs. Ich weiß es aber nicht. Man kennt sie zu wenig. Ich kenn zwar ein paar von den alten Eferdingern, aber die kommen nicht her. Die wissen schon, dass es was gibt, sind aber auch schon ruhiger geworden.

D: Ich denk, es geht mehr um generell die Linzer Urgesteine, die sich das anschauen. Wo auch Leute aus dem Porn To Hula-Umfeld da sind. Die sind vielleicht auch nur wegen dem Phil, der die Technik macht, da. Der Vergleich zu früher fällt mir ja schwer, vermutlich liegt das am Alter.

B: Ich hab bei unserem Publikum schon das Gefühl, dass die meistens sogar jünger als wir sind. Maximal bis in unser Alter. Ab 30 sind das schon Ausreißer.

Kennt ihr noch Veranstalter, die früher Metalkonzerte in Linz gemacht haben?

D: Nein, eigentlich gar nicht. Außer man zählt den Post-Metal in der Kapu dazu, der einmal passiert ist. Aber von der Schiene, die wir fahren, kenn ich eigentlich keinen.

Habt ihr Wünsche für die Zukunft hier in Linz?

D: Ich würd gerne ein Open Air Fest machen.

B: Das wär schon ein kleiner Teenie-Traum.

D: Aber das ist noch weit weg. Nächstes Jahr sicher noch nicht. In zwei Jahren wahrscheinlich auch noch nicht. Aber das wollen wir.

B: Schön wäre es auf jeden Fall, wenn wir jedes Jahr ein Festival in dieser Größenordnung machen können. Da können wir total zufrieden sein.

Welche Location würdet ihr euch für ein Open Air in Linz vorstellen?

D: Ich wär da ganz pragmatisch und würde am Rodelgelände in Ottensheim anfragen. Wo auch das Ottensheim Open Air stattfindet. Das Gelände ist cool, man kann baden gehen… Man setzt sich zwar ins gemachte Nest, aber bei so einer Mammutaufgabe wie ein Open Air organisieren, stört das nicht. Da ist jede Aufgabe, die nicht zu organisieren ist, eine Erleichterung. In Linz gibt es eh nicht so viel Möglichkeiten dafür. Da muss man eben etwas nach außerhalb gehen. Ottensheim erreicht man aber noch gut mit allem. Da spricht nichts dagegen, es dort zu machen. Wann es überhaupt einmal spruchreif wird.

Manche größeren Bands wie Bell Witch oder Church of Misery spielen ja in der Kapu, aber nicht als Steel City Sorcery Konzert? Wie grenzt ihr das ab?

B: Das stimmt, das hätte beides unter der Reihe laufen können.

D: Das hängt damit zusammen, dass ich zum Beispiel Bell Witch einfach selber gebucht habe. Da haben wir gar nicht darüber geredet und das ist ein Kriterium für Steel City. Das war glaub ich wirklich der Grund. Wir reden normal schon darüber, was wir machen.

B: Es ist wirklich schwer, das abzugrenzen. Es ist eine Gefühlssache. Klare Trennlinien gibt es da nicht.

Bei euch spielen ja keine Punkbands. Die Linzer Punkszene war schon immer größer als die Metalszene. Wollt ihr euch klar vom Punk abgrenzen und eine reine Metalkonzertreihe sein?

D: Eigentlich will ich das gar nicht machen.

B: Ich auch nicht. Ich bin ein großer Punkfan. Wir fragen auch schon seit Jahren bei Indian Nightmare an, die eine perfekte Mischung zwischen Metal und Punk sind. Auch von der Ästhetik perfekt für die Kapu. Das kann man mit Metalbands gut zusammenbuchen, wo teilweise ja noch Berührungsängste bestehen. Das wird aber vom Gefühl her auch immer besser.

D: Bis jetzt hat sich das auch noch nicht so ergeben. Wenn wir einen Headliner haben, sind uns bis jetzt keine passenden Punkbands eingefallen. Am Festival spielen auch Vole aus Tschechien. Das ist lupenreiner Punk. Das passt super. Spiker sind mit ihrem Straßenrock auch eher punkig.

B: Ja ziemlich Deutschpunk. Wir wollten das von Anfang an auch mischen.

D: Auf jeden Fall nicht abgrenzen. Das ist das Schlechteste, das man machen kann.

B: Beim Festival haben wir immer schon gesagt: Da spielen mindestens ein bis zwei Punkbands.

Was war für euch persönlich das beste Konzert, das ihr gemacht habt?

D: Sagen wir es auf drei gleichzeitig? Mich würd es interessieren, ob wir das Gleiche sagen. 1…2…3…

D, B: Ranger!

D: Das war einfach rundum geil. Vom Lineup, viele Leute waren da, die Stimmung war gut. Es ist bei Ranger voll abgegangen. Das war fast schon zu gefährlich. Es hat einfach alles gepasst.

B: Für mich war das die offizielle Geburtsstunde. Da hat man gewusst, dass das funktioniert und dass man das machen kann. Es hat eine Rundum-Bestätigung gegeben. Das war ja ein totales Experiment. Die haben 500€ gekostet. Es war ein totales Zittern. Aber wenn Hip-Hop-Shows in der Kapu teilweise mehr kosten und unter der Woche stattfinden, dann müssen wir uns so etwas auch trauen.

D: Das war das erste Mal, dass wir uns wegen den Gagen und den Kosten denken mussten, wenn 50 Leute kommen, dann ist das eine Niederlage.

B: Und die Hütte war voll. Es war die geilste Party. Da hat alles gestimmt.

Wann war das Konzert?

D: Jänner vor einem Jahr.

B: Ja, das war Ende Jänner 2017. Das war das zweite, das wir je gemacht haben nach drei österreichischen Bands. Die anderen zwei Bands waren eh auch Österreicher. Aber Küenring kennen wir seit Jahren. Das ist einfach unwiderstehlicher Charme.

D: Küenring sind auf jeden Fall ein Anhör-Tipp. Die kennen meiner Meinung nach viel zu wenig Leute.

B: Viel zu wenige! Sie schauen ja auch nicht wie die Rockstars aus. Beurteile die Leute nie nach ihrem Aussehen.

Habt ihr Küenring nicht diesen März auch wieder hergeholt?

B: Denen hat es so gefallen, dass sie ihre Album-Releaseparty hier machen wollten, obwohl sie alle Wiener sind.

Hattet ihr schon negative Erfahrungen mit Bands oder Bandmembers, die hier gespielt haben?

D: Nein, eigentlich gar nicht. Das sind meistens nette Leute.

B: Die sind sehr dankbar.

D: Die meisten sind sehr froh, dass sie hier im selben Haus schlafen können. Ja, es hat nie wirklich was gegeben. Wir kümmern uns auch um die Leute. Ich hatte schon lange Nächte mit Bandleuten, wo wir bis acht in der Früh hier zusammengesessen sind. Vor allem gerade mit Leipziger Partien.

B: Ähnliche Musik, ähnliches Alter…

D: Da gibt es eine Connection. Linz – Leipzig, da gibt es unserer Meinung nach schon eine Verbindung. Das ist cool.

Fragen bei euch Bands aus Eigeninitiative an, oder liegt das mehr an euch?

B: Ja, mittlerweile müssen wir viel mehr ablehnen, als wir eigentlich wollen, weil das Programm in der Kapu relativ dicht ist oder weil die Anfragen teilweise zu knapp sind.

D: Man hat schon gemerkt, wie das kontinuierlich mehr geworden ist. Am Anfang ist noch nichts gekommen, dann hab ich mal die ersten Bands angeschrieben. Auf einmal bist du auf irgendwelchen Verteilern von Booking-Agencies.

Hat bei euch schon jemand angefragt, den ihr hier nicht spielen lassen wollt?

B: Ja schon, aber mehr, weil es uns nicht reingepasst hat.

Also habt ihr da schon Kriterien, dass ihr Bands teilweise nicht spielen lasst, weil sie zu kontrovers sind oder einfach von der Musik nicht passen.

D: Beides. Bei manchen Bands check ich das schon ab, wenn ich mir denke, die klingen vielleicht jetzt ein bisschen edgy. Da schaut man halt dann. Das Gute ist, dass die Musik meistens auch scheiße ist. Das macht das dann relativ einfach zum Absagen. Da muss man eine klare Linie ziehen. Das ist ganz wichtig.

B: Ich hab das vorher nicht dazugesagt, aber ich bin auch aus der Kapu-Betriebsgruppe. Auch aus Respekt vor den Werten der Kapu und welche Leute dann halt kommen würden. In aller Klarheit willst du hier keine Nazis haben und keine Leute, die andere einfach abfucken. Es gibt eben gewisse Bands, die so kontrovers oder auch einfach deppert sind.

Fragen solche Bands dann auch an, weil sie die Kapu nicht kennen?

B: Ja, eher so.

D: Aber auch selten. Einmal war so eine Partie, bei deren Label Zorn herauskommt, da wird einem schon ein bisschen schwindelig. Damit hab ich mich viel beschäftigt und das ist schnell ein Ausschlusskriterium. Die Musik ist meistens eh scheiße, das ist einfach so.

Spielen bei euch auch Bands, die euch gar nicht gefallen, weil ihr denkt, den Leuten taugt das?

B: Naja, nicht gar nicht, aber es gibt ja Vitamin B.

D: Wie auch überall schleicht sich Korruption durch alle Ebenen.

B: Lassen wir das so stehen. Es gibt Vitamin B. Im Endeffekt haben wir es nie bereut. Das war mehr im Vorhinein.

Welche Bands wollt ihr einmal unbedingt herholen?

B: Aura Noir.

D: Daran arbeiten wir schon seit über einem Jahr. Dort ist die Tour immer wieder verschoben worden. Jetzt spielen sie im Dezember und kommen nur einmal nach Graz. Ich will Aura Noir auf jeden Fall lieber hier als in Wien haben. Ich weiß nicht wieso. Ich glaub, die wären hier einfach geiler. Gewaltbereit will ich ja auch noch immer machen, das ist aber noch nicht so weit.

B: Leipziger Hardcore Punk, wie er uns eben richtig gut gefällt! Old school, ehrlich, Mittelfinger, g‘schissen. Geil.

D: Zwei Mittelfinger mindestens!

B: Ja. Also Aura Noir und Gewaltbereit.

D: Anfangs haben wir ja sogar eine Liste geschrieben. Devision Speed war die erste Band.

D: Die Anfangsliste haben wir ganz gut abgearbeitet.

B: Bei Deathhammer wissen wir noch nicht, ob die uns die Hütte wegreißen.

D: Ich glaub, das ist dann so das letzte, das wir machen. Das müssen wir uns überlegen, aber nachdem ich den Sänger letztes Wochenende wieder gesehen habe, denk ich mir, dass das schon echt geil wäre.

Würdet ihr auch mal gerne so eine große Band wie Pungent Stench herholen?

B: Da haben wir tatsächlich schon überlegt, sind aber noch nicht auf einen grünen Zweig gekommen.

D: Stench wären für mich eher ein Headliner für irgendwas irgendwann mal.

Gibt es abschließend noch etwas, das ihr noch sagen wollt? Was vielleicht noch offengeblieben ist?

D: Danke an die Leute, die immer kommen und die das zaht, was wir machen.

B: Das ist echt das wichtigste. Und auch das Community-Ding, das wir vorher angesprochen haben. Das ist ganz wichtig. Und auch, dass uns die Leute daran erinnern, wenn etwas deppert laufen sollte.

Wir sind auf jeden Fall offen für Feedback.