Archiv für das Jahr: 2019
Pulp Fiction aus der Stahlstadt
/0 Kommentare/in Kunst und Kultur/von Klemens PilslIn der Hitze der Stadt stottern plötzlich die Leben von fünf Menschen. Wann ist man plötzlich nicht mehr jung gewesen? Andreas Kump hat mit „Über Vierzig“ seinen ersten Roman veröffentlicht. Klemens Pilsl bespricht ihn.
Andreas Kump hat schon viel getextet (keinesfalls nur Werbung), gesungen (meist bei Shy) und erlebt (nicht zuletzt am Fußballplatz). Vor einigen Jahren hat er ein stark rezipiertes Buch zur Geschichte des Linzer Untergrunds der 1980er und 90er Jahre niedergeschrieben: ProtagonistInnen und ZeitzeugInnen erinnern sich in „Es muss was geben – Die Anfänge der alternativen Musikszene in Linz“ der aufdräuenden Rebellion in der „Stahlstadt“ und berichten vom Cafe Landgraf, von Willi Warma, von der Stadtwerkstatt und der KAPU.
Mit „Über Vierzig“ verlässt Kump den Boden des Dokumentarischen – aber nicht die Hintergrundfolie des subkulturell bewegten Linz (und Wiens). In seiner nunmehr fiktionalen Erzählung widmet er sich der Gegenwart jener Menschen, die vor 25 oder mehr Jahren die „Szene“ bildeten. Der Leser trifft im Buch auf fünf Romanfiguren, die an einem sauheißen Sommertag ihre Existenzen verhandeln – auf banale, brutale oder auch tragische Weise. Ein einziger Tag gibt Einblick in fünf Biografien, in fünf Werdegänge, in fünf Lebensmodelle und natürlich fünf Midlife-Krisen.
Angst und Würde
Die fünf HauptdarstellerInnen sind sorgfältige Verdichtungen potentiell realer Vorbilder – und lebensecht. Dem hiesigen Leser drängen sich unweigerlich Assoziationen auf: ist das nicht der Dings, die Dings? Roland, System-Administrator bei einem semi-alternativen Internetprovider, erholt sich nur schlecht von psychischem Zusammenbruch und Panikattacken; Mona ist „eigentlich“ eine bildende Künstlerin, deren Leben aber von Lohnarbeit im Copy-Shop und Kleinfamilie geprägt ist; Tommi vercheckt immer noch Speed am Bindermichl und verdingt sich als Geldeintreiber; Pia ist Werbegrafikerin, gefangen zwischen Leistungsethos und Distinktionsarbeit; Lesbos ist gealterter Rock’n’Roller, der irgendwie immer noch vom Ruhm seiner längst vergangenen Rockband zehrt.
Nunmehr über vierzig sind Kumps Figuren nicht nur erwachsen, sondern vor allem am Zweifeln. Prekäre Leben (so anders als die der Eltern!), die unübersehbare Risse bekommen haben. Die äußeren Klammern des Buches mögen die Hitze, die subkulturellen Vergangenheiten, oder manche die Lokalbezüge bilden. Das Motiv des Romans liegt aber im Ringen um Würde: Verängstigt, wütend oder auch ratlos feilschen die Charaktere um ihre Rollen und Identitäten. Dabei reiben sie sich an den großen Fragen: Gibt es nun das Richtige im Falschen? Welche faulen Kompromisse ist man eingegangen, welche hätte man besser (nicht) verweigert? Wie lange kann das überhaupt noch so weitergehen? Und was zum Teufel ist mit all den jungen Menschen los?
Liebevolle Distanzen
Im Laufe der Handlung verringert sich die anfänglich noble Distanz des Autors seinen Figuren gegenüber (die er ohnehin niemals belächelt und immer respektvoll zeichnet). In der zweiten Hälfte des Werkes vermag Kump seine Sympathien für einzelne Figuren nicht mehr zu verhehlen, insbesondere für den tapfer-tragischen Rockveteranen Lesbos. Der wird unerwartet aus seiner Stasis gerissen: Zum einen macht eine attraktive, aber auch unverschämt junge Kellnerin dem Mitfünfziger das Coolbleiben schwer, zum anderen lockt ein letztes Mal der Kommerz – ein Stadtrat wünscht sich gegen gutes Geld eine Reunion von Lesbos’ ehemaliger Combo. Ebenso wie Schläger Tommi darf die Figur Lesbos zum Ende körperliche Genugtuung erfahren: Tommi festigt mit brutalen Schlägen seinen Ruf als Hooligan, Lesbos wird wider Erwarten ins Bett der Angebeteten geladen.
Die weiblichen Figuren hingegen haben weniger Glück bei ihrem Autor, sie scheinen zum Ende hin zunehmend zu verblassen. Die Zeichnung der karriereorientierten Pia, die zwar keinen Mann, aber Trost bei ihrer Katze findet, schrammt dabei mehrmals an der hauchdünnen Grenze zwischen idealtypischem Charakter oder eben doch stereotypem Klischee entlang. Das ist besonders schade, denn gerade ihr Psychogramm und kreativindustrielles Milieu sind im ersten Drittel gelungen beschrieben.
Dieses Verblassen der weiblichen Figuren zu Ende hin resultiert auch daraus, dass sich die Handlung des Romans im Laufe des Sommertages zunehmend weg von Wien und hin nach Linz verlagert – die Frauen aber in der Bundeshauptstadt zurückbleiben und ins erzählerische Hintertreffen geraten. Während im urbanen Wien für die Figuren Entwicklungsschritte und sogar Karrieren zumindest denkbar sind, scheint das provinzielle Linz für das „Hängenbleiben“ und eine kontinuierliche Verweigerungshaltung zu stehen. Hier arbeiten sich die männlichen Charaktere an ihrer Vergangenheit ab, ihre Erzählstränge streifen sich letztendlich in der als „Kulturfabrik“ fiktionalisierten Stadtwerkstadt. Die Geschichte der Männer überlagert sich dabei deutlich mit stadthistorischem und subkultuellem Lokalkolorit (SKV, STWST, Willi Warma) von Linz. Interessant die methodische Fiktionalisierung der Orte: Während der öffentliche Raum (z. B. die Badeanstalten Kongo-, Hummelhof- und Parkbad) auch namentlich unverändert wiedergegeben wird, sind die Lokalitäten (z. B. Hansibar, Kulturfabrik) analog zu den Menschen des Romans fiktionale Verdichtungen realer Spots, die durchwegs vertraut wirken.
Andreas Kump hat für sein Buch diffizile Beschreibungen von Mikrokosmen, Situationen und Charakteren produziert. Eine Fülle an Beobachtungen erzeugt im Leser ein nachhaltiges Bild der Figuren und ihrer Generation. Die Schreibe ist am Leser orientiert, diese Wirkungsorientierung zeugt von der popkulturellen Verortung von Werk wie Autor. Besondere Bedeutung kommt dem ebenso eigenwilligen wie sorgfältigen Arrangement der einzelnen Subgeschichten zu. Die raffinierte Montage der Biografien und Ereignisse führt das Buch von einer (an sich schon aussagekräftigen) Sammlung an Milieustudien in einen funktionierenden und gelungenen Roman über. Auch wenn es manche enttäuschen mag, ist „Über Vierzig“ keine Fortsetzung von „Es muss was geben“. Andreas Kump hantiert großzügig mit realen Versatzstücken, hat aber darauf geachtet, keinen weiteren Beitrag zur Mythenbildung rund um die „Stahlstadtkinder“ zu schaffen – was wohl auch durchaus geklappt hätte.
So hat der Autor den Sprung vom Chronisten zum Romancier gewagt – und mit „Über Vierzig“ ein Stück eigenständige und lesenswerte Literatur geschaffen. Lesen Sie!
Andreas Kump: „Über Vierzig“
Milena Verlag, Wien 2019
Hardcover, 272 Seiten
Zur (Architektur-)Sprache
/0 Kommentare/in Kunst und Kultur/von Florian HuberAnlässlich des Todes des im März verstorbenen Dichters und Architekturtheoretikers Friedrich Achleitner schreibt Florian Huber über die ungebrochene Aktualität von Achleitners Denken.
Seiner letzten literarischen Buchpublikation wortgesindel aus dem Jahr 2015 hat der am 23. Mai 1930 im oberösterreichischen Schalchen geborene und am 27. März 2019 in Wien verstorbene Dichter und Architekturtheoretiker Friedrich Achleitner eine Sentenz des Philosophen Fritz Mauthner (1849–1923) vorangestellt: „Sprache ist ein Werkzeug, mit dem sich die Wirklichkeit nicht fassen läßt.“ Bereits seine literarischen Anfänge im Wien der 1950er-Jahre im Umfeld des Art Club und als späterer Protagonist der Wiener Gruppe scheinen dieser Einsicht verpflichtet, wie etwa eine Lektüre des gemeinsam mit H. C. Artmann und Gerhard Rühm verfassten hosn rosn baa zeigt. Im wienerisch gefärbten Titel der 1959 publizierten Dialektdichtungen wird jene ironische Distanz gegenüber dem poetischen Sprechen und seinen Grundmotiven erkennbar, die auch für Achleitners Auseinandersetzung mit der zeitgenössischen Architektur zu einem stilbildenden Prinzip wurde, an deren Beginn ein Architekturstudium und das Diplom an der Meisterschule Clemens Holzmeister an der Akademie der bildenden Künste Wien stand. Als Architekturkritiker in der Abendzeitung und in Die Presse sowie in zahlreichen Aufsatzbänden widmete er sich ab den 1960er-Jahren „Problemen der Architektur […], Fragen der Architektur an Hand von Objekten“, wie es in der Vorrede zu seinem fünfbändigen, zwischen 1980 und 2010 im Residenz Verlag verlegten Hauptwerk Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert heißt. In der Verbindung von Fotografien, Konstruktionsplänen, Selbstaussagen der beteiligten Architektinnen und ihrer kritischen Beschreibung durch den Autor entstand über die Jahre eine Typologie moderner Baukultur, die trotz ihrem Fokus auf die österreichischen Bundesländer weit über nationale Kontexte hinauszuweisen vermag, wie etwa die Beschreibung der von 1955 bis 1957 errichteten Pfarrkirche am Bindermichl im ersten, 1980 publizierten Band des Architekturführers verrät: „Der parabelförmige Grundriß, die Art und Lage des Fensterbandes und nicht zuletzt die ‚zarte‘ Konstruktion zeigen eine Verarbeitung sowohl deutscher […] als auch schweizerischer Einflüsse. Ihre ‚Synthese‘ wird wohl einmal als typisch für die fünfziger Jahre angesehen werden.“ Vor allem der im letzten Satz beschworene Blick zurück verdeutlicht die besonderen Qualitäten und Herausforderungen von Achleitners theoretischer Herangehensweise an die Architektur. Die möglichst umfassende Kenntnis ihrer Geschichtlichkeit war für den Kritiker unabdingbar, zumal sich die spezifische Bedeutung vieler Bauvorhaben nur retrospektiv und in Bezug zu anderen Objekten beurteilen lässt. Sein Interesse galt daher nicht nur so genannten Landmarks, sondern vor allem auch der Alltagsarchitektur in Gestalt von Mehrzweckhallen, Industriebauten, Schwimmbädern, Kindergärten und Schulen oder Bauernhöfen sowie ihrer historischen Entwicklung, deren Spuren Achleitner unermüdlich dokumentierte, wie sein architekturtheoretischer Nachlass im Architekturzentrum Wien beweist, der zehntausende Fotografien sowie 22.340 objektbezogene und 2.690 Karteikarten zu Architektinnen umfasst. Die gleichermaßen dem Gang in die Archive und Vor-Ort-Begehungen abgerungene Materialfülle war wohl auch dem Umstand geschuldet, dass bereits zum Zeitpunkt der Entstehung des Architekturführers zahlreiche Bauwerke bis zur Unkenntlichkeit entstellt, abgetragen oder vom Abriss bedroht waren. Dem mangelnden historischen Bewusstsein gegenüber den Errungenschaften architektonischer Modernen korrespondierte die jahrzehntelange Abwesenheit einer deutschsprachigen Architekturtheorie, an die Achleitner mit seinem Vorhaben hätte anschließen können, wie er noch 1992 in einer autobiografischen Notiz mit Blick auf seinen Kollegen Gerhard Rühm bemerkt: „Ich habe ihn jedenfalls immer um das musiktheoretische Instrumentarium beneidet, dem etwa die Architektur (auf deutschsprachigem Boden) nichts Adäquates entgegenzusetzen hat.“ Die Klage über fehlende Vorbilder wurde freilich von der Einsicht begleitet, dass architektonische Denk- und Arbeitsweisen nur ungenügend im Vokabular der Alltagssprache gefasst werden können, zumal Bauwerke und ihre diversen Vorstufen nicht allein aus Worten geformt sind. Vielmehr folgt der architektonische Sprachgebrauch bis in die Bausubstanz hinein einem eigenem, aber nur selten explizit formulierten Regelwerk, wie an einem Text Achleitners „Zur Topographie und (Architektur-)Sprache Wiens“ aus dem Jahr 1994 abzulesen ist: „Auffallend ist […], daß Wien im 19. Jahrhundert, ausgerechnet in den nonverbalen Künsten, ein merkwürdiges Sprachbewußtsein, eine Sensibilität gegenüber sprachlichen Phänomenen entwickelt. Schon vor Psychoanalyse und kritischer Sprachphilosophie demonstrieren die prominenten Ringstraßenarchitekten […] nicht nur den Gebrauch unterschiedlicher Architektursprachen durch einen Künstler, sondern auch den Gebrauch ,sprachlicher Regeln‘ innerhalb der Architektur.“ So besehen vermittelt Architektur eine spezifische Weltsicht, deren Rekonstruktion und kritische Analyse nicht nur im Zentrum von Achleitners Forschungen stand, sondern auch sein literarisches Schreiben informierte, wie eine Prosaminiatur aus den 2003 erschienenen einschlafgeschichten illustriert: „heute fällt niemandem mehr auf, dass die häuser von gastein erst durch ihre aufschriften das werden, was sie vielleicht scheinen. wer könnte sonst ein hotel von einem grandhotel unterscheiden, eine villa von einem landhaus oder ein landhaus von einem haus.“ Die Rede vom Sprachgebrauch und die Thematisierung der Aufschriften an den Häusern erinnern dabei daran, dass Architektur und Literatur für Achleitner soziale Praktiken und Kommunikationsformen verkörperten, die nicht unabhängig von den an ihnen beteiligten Individuen und Räumen gedacht werden können. Auch die von ihm initiierten Debatten zum Denkmalschutz und städtebaulicher Erneuerung sowie die 2015 unter dem Titel Wie entwirft man einen Architekten? gesammelt erschienenen Essays über ArchitektInnen, vor allem aber die Überlegungen zum richtigen Standort zeugen von dieser Haltung, wie seine Darstellung der Linzer Donaulände um 1980 bestätigt: „Der Baukörper des Parkbades mit seiner signifikanten Eingangsfront ist nicht nur ein charakteristischer Bau der frühen dreißiger Jahre, sondern auch vorbildlich in seinen Dimensionen als freistehendes Objekt in der Aulandschaft. Lediglich das Brucknerhaus hat in der späteren Verbauung auf diesen Maßstab Rücksicht genommen. Die Bebauung an der unteren Donaulände hat schon längst ihren ‚eigenen Maßstab‘ geschaffen, der weder auf die Altstadt noch auf die Uferlandschaft Rücksicht nimmt.“ Im minutiösen Verzeichnen historischer Versehrungen und Versäumnisse zeigt sich die ungebrochene Aktualität von Achleitners Denken. Wer erfahren möchte, wie die Stadt und ihre Bewohnerinnen wurden, was sie heute sind, kommt an einer Lektüre seiner Schriften nicht vorbei.
Das Professionelle Publikum
/0 Kommentare/in Termine/von redAuf den folgenden Seiten Kunst- und Kulturempfehlungen von Andrea Bina, Fina Esslinger, Stefan Haslinger, Gregor Graf, CRYSTN HUNT AKRON, Jörg Parnreiter, Kristiane Kaufmann, Moritz Pisk, Matthias Schloßgangl und Dominik Thaller. DIE REFERENTIN dankt!
Andrea Bina
ist Kulturhistorikerin und Leiterin des NORDICO Stadtmuseums Linz.
Prost, Mahlzeit!: Wirtshausziaga
IM KRAUT
Fina Esslinger
ist Kunsthistorikerin und arbeitet u.a. für das Nordico Stadtmuseum und dorf tv. Sie produziert und kuratiert Ausstellungen für das MUSA, Elmgreen & Dragset u. a. und ist Vorstandsmitglied beim Festival der Regionen.
FESTIVAL DER REGIONEN – Soziale Wärme
Hot Spot – Wimhölzl Hinterland
Stefan Haslinger
ist seit bald 30 Jahren aktiv in der Kulturarbeit, auf beiden Seiten der Medaille daheim.
Rad & Roll
Schauspielcollage Abel steh auf
Gregor Graf,
bildender Künstler. Studium an der Kunstuniversität Linz, Metall und Raum & Designstrategien. Bevorzugte Medien sind Fotografie und Zeichnung, oftmals im Zusammenspiel mit Rauminstallationen und Objekten.
www.gregorgraf.net
Ausstellung IM KRAUT
PEW PEW PEW Festival 2019 Groundless Offspace. Sein im dekonstruierten Raum
CRYSTN HUNT AKRON
music and performing arts
Christine Hinterkörner BA
singer . composer . performance artist
Jörg Parnreiter
ist seit 15 Jahren ehrenamtlich beim Open Air Ottensheim engagiert und arbeitet in der Stadtwerkstatt Linz in den Bereichen Veranstaltungen und Gastro.
Open Air Ottensheim 2019
Konfrontationen Nickelsdorf
Kristiane Petersmann
ist Leiterin der Galerie KULTURFORMEN.
Kunstsammlung Schloss Hartheim
Der Einfall der Dinge
Moritz Pisk
ist Kulturwissenschafter und forscht im Dickicht von Pop und Technik. Aktuell ist er Junior Fellow am IFK, Internationales Forschungszentrum Kulturwissenschaft der Kunstuniversität Linz in Wien.
KLUB CLUB
MOCKING THE MACHO TROPES
Matthias Schloßgangl
ist Schauspieler und Sprechtrainer, er leitet die Improvisationstheatergruppe die zebras.
die zebras im Sommer – auf und davon!
Viel Lärm um nix!
Ein Botanischer Sommernachtstraum
Dominik Thaller
lebt und arbeitet in Linz für div. Sozialeinrichtungsträger. Seit 2015 Student an der Kunstuni Linz. Gründungsmitglied bei Zack Prack Productions, Hangover Society und der ARGE ToR!
Chicken Sound Festival
Festival des politischen Liedes
Tipps von Die Referentin
Gabriele-Heidecker- Preisverleihung
BodySoundSpace
SI(E)SI SILK Fluegge
Buchpräsentation Radka Denemarková
theaternyx* über.morgen
My Talk with Florence
Die Vielen
oktolog/out 2019 Abschlussveranstaltung
Editorial
/0 Kommentare/in Editorial/von Die ReferentinDie Nummer 15 der Referentin steht im Zeichen von zwei größeren Themenblöcken.
Zuerst geht es mit mehreren Texten um das neue Format LINZ FMR, das als Format für „Kunst in digitalen Kontexten und öffentlichen Räumen“ Ende März zum ersten Mal zu sehen sein wird. Es freut uns, dass wir hier drei Texte zu den diffus herumschwirrenden Begriffen und Zusammenhängen rund um zeitgenössische Kunst und/oder Medienkunst anbieten können. Wir bedanken uns bei den FMR-BetreiberInnen für den inhaltlichen Austausch und wünschen zum Start alles Gute!
Außerdem geht es in dieser Ausgabe in mehreren Texten um den guten alten FMNSMS, der nicht nur mit dem 8. März Frauenrechte und Gleichberechtigung erneut herausschreit, sondern im Namen dessen wir uns durchaus ganzjährig der Aussage anschließen können, dass wir es – ja, durchaus! – politisch meinen. In diesem Zusammenhang ein kleiner Hinweis auf ein Detail, das bei der „Kleinen Referentin“ als bestimmendes Auswahlkriterium auftaucht: die Schwanzlänge. Wichtig zu wissen, auch schon für Kinder, was im Leben Sache ist – nice! Bitte ausmalen und in diesem Fall an Next Comic schicken – die aber eh nichts dafürkönnen. Aber vielleicht möchte Next Comic nächstes Jahr einen Kinderwettbewerb zum Thema starten? Geht eh auch mit Tierschwänzen, damit‘s eventuell dem Land OÖ nicht zu schlimm wird. Sprich, damit sich im Zentrum der Macht nicht wirklich wer aufs Zipferl getreten fühlt.
An einem der letzten Freitagvormittage haben wir eine größere Gruppe Schülerinnen und Schüler vor dem Alten Rathaus demonstrieren sehen. Junge Leute haben die Anliegen für Umwelt- und Klimaschutz auch in Linz vertreten und gegen genau den Shit angesungen, den mächtige Männer über die letzten Jahrzehnte angerichtet haben. Ist uns allen die Zukunft gestohlen? Es wird alles besser – meint Theater Nyx in ihrer aktuellen Produktion, die wir auch vorstellen. Ob mit dem doppeldeutigen Titel „über.morgen“ dabei gleich morgen oder erst übermorgen gemeint ist? Wir trauen es uns nicht zu sagen.
Die Referentin geht einstweilen die von Sarah Held empfohlene Serie schauen.
In diesem Sinn wünschen wir zeitgeisty Lesevergnügen.
Die Redaktion, Tanja Brandmayr und Olivia Schütz
„Wir sind das Genre!“
/0 Kommentare/in Kunst und Kultur/von Romana BundLINZ FMR ist ein biennales Format für Kunst in digitalen Kontexten und öffentlichen Räumen, das Ende März zum ersten Mal stattfindet. Hybris – Artists in Residence am diesjährigen LINZ FMR – fanden sich zum Skype-Brunch ein und erzählen zum Einstieg von Ladekabelkrisen, Cyberfeminismus und dem Kampf um Aufmerksamkeit Digital-Post- Pubertierender. Ein Interview von Romana Bund.
Wie schmeckt ein Skype-Brunch?
Nach Mok-Bang mit Kaffee.
Apropos Skype: Skype als eines der Urgesteine unter den Video-Chat- und Instant-Messaging-Plattformen – wie wichtig sind derartige Kanäle für euch?
Wir wohnen alle in verschiedenen Städten und deswegen ist es natürlich schon sehr wichtig. Wir machen ständig Skype-Dates aus, die dann nicht stattfinden, oder bei denen dann nach fünf Minuten eine von uns ganz dringend weg muss. Wir sind aber dann trotzdem froh, dass wir darüber geredet haben.
Plant ihr eure künstlerischen Arbeiten über Skype und ähnliche Kommunikationsplattformen oder macht ihr das dann doch lieber analog, Face to Face und ohne Computer, Handy und Kabelsalat neben dem Frühstücksei?
Es ist eher mehr so eine Mischung aus monatelangem Brainstorming und therapeutischen Sprachnachrichten; oder besser gesagt, dann zwei Tage vorher auf einmal merken, dass wir jetzt wirklich was brauchen.
Und was ist mit Social Media?
Benutzen wir nur um Andere darauf aufmerksam zu machen, wie toll wir sind! Und um Crushes zu stalken.
Facebook oder Instagram?
Instagram und Twitter.
Felizitas ist ohnehin von Facebook ausgetreten und Instagram gleicht in ihrem Fall einem Accountfriedhof, bzw. kreiert sie immer wieder neue Accounts, nur um ein paar Wochen später alles zu deaktivieren. Theresa dagegen ist noch auf Facebook aktiv, lässt auf ihrem Instagram-Account aber immer andere für sich posten.
Natalia ist bei Facebook contemporary not available. Auf Instagram gibt sie sich gerne die volle Dröhnung und landet dann bei 5-Minute Crafts.
Wo spielen diese digitalen Vernetzungskanäle in euren Arbeiten eine Rolle?
Unser Instagram-Account ist eigentlich auch Teil unserer Kunst. Wenn wir was Neues posten, denken wir immer, jetzt gehen wir viral, gleich ruft Jan Böhmermann an. Und wundern uns dann tatsächlich, wenn das nicht passiert.
Eure künstlerischen Arbeiten bewegen sich – auch mit Hinblick auf euren Instagram-Account – zwischen analogen und digitalen Welten hin und her. Seht ihr euch auf beiden Seiten gleich stark verankert?
Wir stehen eher zwischen den Welten und wundern uns, wo die Realität stattfindet.
Ist das Wechselspiel von analog und digital auch der Grund für eure Namensgebung Hybris?
Der Grund für unsere Namensgebung ist eher die bescheidene Eingebung, dass wir uns einfach mehr feiern sollten.
Wie definiert ihr Hybris und wie manifestiert sich diese in euren Arbeiten?
Hybris kommt aus dem Altgriechischen und steht für eine extreme Form der Selbstüberschätzung oder auch des Hochmuts. Damit wir aber nicht total arrogant rüberkommen, nennen wir uns inzwischen auch mal Hybris0815.
Und wo kommt nach altgriechischer Begriffsdefinition der Übermut und die Selbstüberschätzung ins Spiel?
Wenn uns jemand ein Kompliment macht und es wird creepy, verstehen wir nur Groupie.
In euren Arbeiten spielt auch immer wieder der weibliche Körper und die gesellschaftliche Situierung der Frau eine Rolle. Seht ihr euch – auch als Anwenderinnen digitaler Technologien – als Cyberfeministinnen?
Unsere Ideen wachsen auf einem politischen Nährboden, der mit unseren Alltagsproblemen und Konfliktsituationen gedüngt wird. Da wir alle drei Frauen, #toughtitties sind und uns gerne mit uns selber beschäftigen, spielen Sexismus und digitale Weiblichkeit dabei natürlich ein große Rolle.
Feminismus bedeutet aber für uns auch, das sich jede/r frei bewegen kann, ohne dafür gleich einen Stempel aufgedrückt zu bekommen oder in eine Schublade gesteckt zu werden.
Bedeutet das, ihr könntet euch vorstellen, als geschlechtslose oder übersexualisierte Cyborgs im Sinne Donna Haraways zu agieren, die mithilfe von Technik und Digitalität übliche Denkkategorien in Frage stellen, aushebeln und den emanzipatorischen Charakter eben jener hervorheben?
Das übernehmen wir gerne als Artist Statement für unser Portfolio. #nopressure Unsere Hybris ist auf jeden Fall genderlos und kämpft an der Front der Freiheit.
Aber insbesondere online liegen Safe Space wie Shitstorm, Macht und Unterdrückung, Nähe und Distanz, Candy und Shit sozusagen eng beieinander. Sind diese von digitalen Technologien produzierten Ambivalenzen für eure Arbeiten primär produktiv oder auch restriktiv?
Sowohl als auch, denn zwischen: „Wir haben technische Probleme – auch WIFIs haben ihre Tage“, Keanu-Reeves-Fan-Accounts und einer selbst komponierten Hymne für zwei Chatbots machen wir so alles mit. Außerdem sammeln wir gerne Kommentare zu unserer Kunst, digital und analog. Momentaner Favorit unserer letzten Ausstellung: „Um es wie in der Höhle der Löwen zu formulieren – ich bin raus“.
Und würdet ihr eure Arbeiten lieber online oder im MoMA sehen?
Die Hybris lässt nur beides zu!
Lässt sich eure gemeinsame künstlerische Arbeit in ein Genre einordnen?
Wir sind das Genre!
Was ist mit Post-Internet Art?
The future is email.
Eine von Brian Droitcour gesetzte Definition der Post-Internet Art spielt mit der Figur der Insiderin und behauptet: „You know it when you see it“. Könnt ihr euch damit identifizieren?
You know it when you MEME it.
Versteht ihr euch als sogenannte Digital Natives?
Eher Digital-Post-Pubertierende.
Wisst ihr über eure tägliche Screen Time Bescheid?
Wir waren schon einmal auf Entzug. Felizitas hat eine App, die ihr das sagt, die wurde dann aber wieder zwecks Datenschutzes gelöscht. Theresa wiederum fährt viel U-Bahn und muss für eine Fahrt von 45 Minuten immer entscheiden, welches Lied jetzt auf YouTube geladen wird und was man solange ertragen kann. Natalia hat bei Instagram eine dreißigminütige Sperrklausel, aber jeweils für ihre drei Accounts.
Falls der Strom dann aber wirklich einmal ausgeht, besitzt ihr Powerbanks oder seid ihr dann doch lieber zwischendurch offline?
Wir besitzen sogar Powerbanks für die Powerbanks und trotzdem versagt die Technik immer. Außerdem herrscht eine Android und Apple betreffende Ladekabelkrise zwischen uns. #toobigtoofail
Und abschließend eine Frage, die das Internet seit Jahren beschäftigt: Ist das Kleid nun schwarz-blau oder gold-weiß?
Wir haben immer die Lichtapp namens Flux aktiviert, da wird alles sepia. #notsponsered
HYBRIS
Hybris ist ein Kunstkollektiv, das 2016 von Natalia Jobe, Theresa Hoffmann und Felizitas Hoffmann gegründet wurde. Es entstand aus ihrer Leidenschaft gegen die beunruhigend narzisstische Repräsentation von Kunst, die gerade in den sozialen Medien zunehmend verstetigt zu werden scheint. Jobe, Hoffmann und Hoffmann nähern sich dazu aus jeweils unterschiedlichen künstlerischen Hintergründen, aber mit einem gemeinsamen Ziel: die Kunstwelt mit einer einzigartigen satirischen Sichtweise auf ihren Wandel neu zu beleben: „Watch out for Hybris because they are about to defy the norm.“
Festival LINZ FMR
LINZ FMR ist ein biennales Format für Kunst in digitalen Kontexten und öffentlichen Räumen, kuratiert und organisiert von qujOchÖ, servus.at, dem Atelierhaus Salzamt, der Abteilung Kulturwissenschaft der Kunstuniversität Linz und der STURM UND DRANG GALERIE. Die erste Ausgabe findet Ende März 2019 in Linz statt.
LINZ FMR 19
Kunst in digitalen Kontexten und öffentlichen Räumen
Mittwoch, 27. – Samstag, 30. März 2019, Donaulände, Linz, Österreich
Eröffnung: Mittwoch, 27. März 2019, 17:00 Uhr, LENTOS Freiraum
Kern des Formats ist eine Ausstellung im öffentlichen und offenen Raum mit Arbeiten von internationalen und lokalen Künstlerinnen und Künstlern, die sich mit Kunst in digitalen Kontexten auseinandersetzen. Begleitend wird ein Vermittlungsprogramm mit verschiedenen Führungen und ein Rahmenprogramm mit Vorträgen, Konzerten und Gesprächen angeboten, um sich neuen Ansätzen, Arbeitsweisen und Entwicklungen zum Thema zu widmen.
Mehr: linzfmr.at
FMR-Artists
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/0 Kommentare/in Kunst und Kultur/von Alessio ChiericoDeutsche Textversion! (Englische Version: weiter unten)
Festival LINZ FMR – Alessio Chierico über Medienkunst und den Medienbegriff in der Post-Medien-Praxis. Der Autor meint: Kunst sollte sich immer in sozialen und kulturellen Praktiken entfalten, unabhängig von jedem Versuch der Kennzeichnung und Klassifizierung. Um relevante Entwicklungen zu erkennen, müssen wir müssen jedoch einige Etiketten verwenden.
Hier geht es um die Auseinandersetzung mit einigen der Fragen, die auftreten, wenn das Wort Medien mit dem Begriff Kunst in Verbindung gebracht wird – und wenn das Label Media Art mit dem Label Contemporary Art in Verbindung gebracht wird. Das Verhältnis zwischen dem, was diese beiden Labels repräsentieren, wurde im Laufe der Zeit ausführlich diskutiert, aber in letzter Zeit hat sich etwas geändert. Die Medienkunst schlägt neue Ansätze vor, während die Contemporary Art zu erkennen beginnt, dass unsere Welt von den neuesten Technologien irgendwie berührt wurde. In anderen Worten scheint es, dass jede künstlerische „Erschließung“ ausdrückt, dass unsere kulturelle, soziale und politische Erfahrung in hohem Maß von Technologien vermittelt wird. Aus diesem Grund mag Kunst, die eine Art Techno-Fetischismus feiert, begründet, aber fragwürdig sein. Die Kunst, die sich mit Auswirkungen der Medien auseinandersetzt, ist wünschenswert und sicher notwendig. Das Label Medienkunst wurde mehrfach kritisiert, was eine Ungreifbarkeit und Mehrdeutigkeit dieser Definition betrifft. (1) Dieser Begriff impliziert eine gewisse Beziehung zwischen Medien und Kunst, aber die Art und Weise, wie diese beiden Wörter verbunden sind, ist sehr verschwommen. Im Bewusstsein, uns auf eine zu starke Vereinfachung zubewegen, können wir diesen Aspekt aufzeigen, indem wir die folgenden Fragen stellen: Ist Medienkunst eine Art von Kunst, die mit Medien gemacht wird? Mit welchen Medien? Wenn Malerei ein Medium ist, ist sie dann auch Medienkunst? Sprechen wir über Medien, die mit Kunst gemacht sind? Das wäre eine interessante Erklärung, aber wie kann man dies dann als Kunstform an sich anerkennen? Vielleicht kommt die beste Antwort, wenn man das Wort Medien als Kommunikationsmittel definiert. In gewisser Weise kann dann alles als Medium betrachtet werden. (2) Darum kann auch diese Lösung nicht befriedigen: Wenn alles ein Medium sein kann, dann kann alles Medienkunst sein. Die Liste aller möglichen Fragen ist lang und Sie werden hier keine Antworten finden. Jeder, der in diesem kulturellen Feld tätig ist, hat seine eigene Meinung und jede dieser Meinungen scheint gleichermaßen vernünftig.
Die einzige Tatsache ist, dass es historische Gründe gibt, die die Community dazu gebracht haben, das Label Media Art zu übernehmen (neben vielen anderen ähnlichen Definitionen). Auf jeden Fall muss klar sein, dass die Infragestellung dieses Labels den Wert dessen, was in diesem Bereich produziert wird, nicht beeinflusst. Die vorangegangenen Fragen führen uns jedoch zu einer wichtigeren Frage, die den Angelpunkt der Missverständnisse aufdeckt, die das problematische Verhältnis zwischen Medienkunst und zeitgenössischer Kunst hervorrufen: Welche Rolle spielen Medien in der Kunst? In der Kunsttheorie konzentrierte sich eine der größten Diskussionen der letzten Jahrzehnte auf den Gegensatz von Moderne und Postmoderne. Im Zentrum dieses Gegensatzes steht (unter anderen Faktoren) die Rolle der Medien in der künstlerischen Produktion, also ihre Funktion bei der Bestimmung der Kunstsparten. Tatsächlich hat uns die lange akademische Tradition der Kunst – quasi den Avantgarden widerstehend – an die klassischen Kategorien gewöhnt, die die Kunstpraxis durch die Produktionsmittel differenzieren (historisch: Malerei, Skulptur usw….). In diesem Zusammenhang können wir sehen, dass Medienkunst per Definition von dieser Argumentation stark beeinflusst ist.
Wenn wir das Wort Medien also mit dem Kunstkontext in Beziehung setzen, müssen wir zuallererst bedenken, wie dieser Begriff verstanden werden kann. In der Tat ist es leicht, sich mit irreführenden Konnotationen zu beschäftigen, wenn das Wort Kunst auf das Wort Medien bezogen wird. Dies geschieht, weil es eine etymologische Mehrdeutigkeit des Begriffs Medium gibt. Es kann als ein Werkzeug angesehen werden, das Kommunikation vermittelt, aber es kann auch ein Werkzeug der künstlerischen Produktion definieren. Historisch gesehen können wir feststellen, dass dieses Wort im 17. Jahrhundert in englischer Sprache die Bedeutung des „Kommunikationskanals“ annahm. Während mit dem Jahr 1853 die Moderne Kunst entstand, und zu dieser Zeit erstmalig die Verwendung des Begriffs Medium verzeichnet wurde – in Bezug auf die Mittel der künstlerischen Produktion. Dies erklärt, warum jede Verwendung des Wortes Medien im Kunstkontext oft mit der Idee der „künstlerischen Medien“, also mit dem Modernismus und der Idee der Mediumspezifität verbunden ist. Kurz gesagt, dieses letzte Konzept, formuliert vom Kunstkritiker Clement Greenberg, identifizierte das dominante Merkmal des Modernismus: eine Erforschung der spezifischen Ästhetik der künstlerischen Medien, um die Bedeutung der Kunst selbst neu zu definieren. Dementsprechend erkennt er, dass die Emanzipation der Kunst von dem Moment an stattfindet, in dem sie sich mit der Spezifität ihrer Medien zu befassen begann. (3) Wie auch immer, einige Ansätze von Avantgarden (z.B. Dada) und Post-Avantgarden durchkreuzen jedoch die Greenbergs Theorien und zeigen eine Inkompatibilität zwischen den Theorien der Moderne und der praxisorientierten Kunst. Im Wissen um diese Inkohärenzen begründet, unter anderen, Rosalind Krauss ihre These in der Definition des post-medialen Zustands als Status, den die Kunst erlangt hat, nachdem sie von den Zwängen der Konzeption künstlerischer Medien befreit wurde. (4) Mit diesem Paradigmenwechsel benannte die Medienkunst ihre Wurzeln und wurde sowohl zur Verewigung eines modernistischen Ausdrucks als auch zum Experimentierfeld für eine Postmedien-Praxis. Tatsächlich scheint die Medienkunst besonders durch das modernistische Paradigma der Medienspezifität konnotiert zu sein. In dieser, ihrer eigenen Definition und Unabhängigkeit wurde (neben des Vorwurfs des Formalismus) der Ausschluss aus der elitären Kunst begründet. Wie auch immer, die Allgegenwart und der zunehmende Einsatz neuer Technologien, die von den neuen Medien angetriebene Sprache, werden jedenfalls zu einem gemeinsamen Fachjargon in der Öffentlichkeit. Da dies weithin üblich geworden ist, wurden Ansätze, die traditionell zur Medienkunst gehörten, auch für die zeitgenössische Kunst zur brauchbarenPraxis.
Laut Rosalind Krauss verkündete das Aufkommen des Structural Film Movements in den 60er Jahren das Ende der Medienspezifität. Rosalind Krauss betrachtet Video unter Berücksichtigung einiger technischer Aspekte als ein Medium, in dem eine Heterogenität keine „Essenz“ findet, was erlaubt, seine Medienspezifität in Frage zu stellen. Die modernistische Absicht des Structural Films anerkennend und mit dem Willen, das filmische Medium zu erforschen, beschreibt Krauss ihre Kritik an der Greenberg-Theorie: Eine Kunstanalyse lässt sich nicht auf die einzelnen Eigenschaften eines künstlerischen Mediums reduzieren, ohne die Ansammlung all dieser Eigenschaften und die Präsenz eines Publikums in Bezug auf sie zu berücksichtigen. Der Structural Film und das experimentelle Kino waren starke Inspirationsquellen für die künstlerischen Praktiken, die zur Entwicklung der Medienkunst führten. Aus diesem Grund sind die Überlegungen von Rosalind Krauss weithin anwendbar, um die ursprünglichen Absichten der Medienkunst zu verstehen und eine Perspektive zu rehabilitieren, die diese Kunstform als geeignetes Beispiel einer Post-Media-Praxis liest.
Ähnlich wie die künstlerische Erfahrung des Structural Films und nach den Prinzipien der Mediumspezifität stützte sich das Feld der Medienkunst stark auf die Erforschung der ästhetischen Möglichkeiten von Medien. Da dieser Ansatz jedoch ein starkes modernistisches und formalistisches Erbe trägt, müssen wir uns noch mit einer anderen Frage befassen: Wie kann eine künstlerische Praxis die Eigenschaften eines Mediums widerspiegeln, ohne in Annahmen einer modernistischen Rhetorik zu verfallen? An dieser Stelle ist es notwendig, zwei grundlegende und getrennte Richtungen der künstlerischen Praxis zu unterscheiden. Die Absicht, die Medienästhetik zu erforschen, kann sowohl durch die Nutzung der technischen Möglichkeiten des Mediums als auch durch Interventionen entwickelt werden, die diese Möglichkeiten „missbrauchen“. Mit anderen Worten ist es möglich, zwischen den künstlerischen Praktiken zu unterscheiden, die dem Skript folgen, das das Medium in seinem Design vorgibt, und den Praktiken, die dieses Skript untergraben. Der erste Fall handelt von einer Erschließung oder „Ausnutzung“ eines technischen Potenzials des Mediums und macht die Kunst zu einer Art stilistischen Übung. Der zweite Fall bietet einen entgegengesetzten Weg, eine Erforschung der Medienästhetik zu entwickeln, indem er seine technischen Potenziale „erforscht“, unter ihrer Oberfläche ausgräbt und die Sprache seiner Inhalte dekonstruiert. Die Frage nach der Natur von Medien und Technologien sollte nicht die einzige Frage und auch nicht das Vorrecht der Kunst sein. Dennoch können diese Fragen nicht aus dem Bereich der Post-Media-Praktiken ausgeschlossen werden. Die zeitgenössische Kunst ist voll von Beispielen künstlerischer Absichten, die darauf abzielen, einige Aspekte unserer zeitgenössischen Kultur zu enthüllen. Unter anderem aus den Bereichen Wirtschaft, Politik, Anthropologie, etc. …. Ein Ausschluss der Medienkunst aus der künstlerischen Elite könnte nur als ein Vorurteil erklärt werden, das von einem blinden Widerstand gegen jede der erwähnten Reminiszenzen an die Moderne angeführt wird. Die Natur der künstlerischen Praxis lässt sich nicht durch ihr Subjekt definieren. Mit einem Medium kann man sich auseinandersetzen, indem man der Sprache von Post-Media folgt. Es ist möglich, eine künstlerische Forschung zu entwickeln, die sich auf die Ästhetik und Spezifizität der Medien konzentriert. Es ist möglich, ein künstlerisches Medium zu erschaffen, das es in seiner Agency ermöglicht, Kunstpraxen voranzutreiben und zu entfalten. Post-Media-Konzepte und die Kunst, die über Medien reflektiert, sind keine entgegengesetzten Perspektiven. Im Gegenteil, sie ergänzen sich und verschmelzen langsam, indem sie ihre Grenzen verwischen.
(1) Erläuterungen: Paul, Christiane. Digital Art. Thames and Hudson.
(2) Marshall McLuhan ist eine großartige Quelle, um diese Perspektive anzuerkennen: McLuhan, Marshall. Understanding Media: The Extensions of Man. MIT Press.
(3) Dieses Argument in: Greenberg, Clement. “Towards a Newer Laocoön.” In Pollock and After: The Critical Debate, edited by Francis Frascina.
(4) Die ausführlichen Theorien: Krauss, Rosalind E. A Voyage on the North Sea: Art in the Age of the Post-Medium Condition. Thames & Hudson.
LINZ FMR ist ein biennales Format für Kunst in digitalen Kontexten und öffentlichen Räumen, kuratiert und organisiert von qujOchÖ, servus.at, dem Atelierhaus Salzamt, der Abteilung Kulturwissenschaft der Kunstuniversität Linz und der STURM UND DRANG GALERIE. Die erste Ausgabe findet Ende März 2019 in Linz statt.
LINZ FMR 19
Kunst in digitalen Kontexten und öffentlichen Räumen
Mittwoch, 27. – Samstag, 30. März 2019, Donaulände, Linz, Österreich
Eröffnung: Mittwoch, 27. März 2019, 17:00 Uhr, LENTOS Freiraum
Kern des Formats ist eine Ausstellung im öffentlichen und offenen Raum mit Arbeiten von internationalen und lokalen Künstlerinnen und Künstlern, die sich mit Kunst in digitalen Kontexten auseinandersetzen. Begleitend wird ein Vermittlungsprogramm mit verschiedenen Führungen und ein Rahmenprogramm mit Vorträgen, Konzerten und Gesprächen angeboten, um sich neuen Ansätzen, Arbeitsweisen und Entwicklungen zum Thema zu widmen.
English Version:
Festival LINZ FMR – Alessio Chierico about Media Art and the Medium Relativity of Post-Media Practice. The author says: Art should always unfold in the social and cultural practices irrespectively from any attempt of labelling and classification. However, we need to use labels in order to see the emergence of some occurrences.
Here the concern is about facing some of the issues that appear when the word media is associated to the term art and when the label Media Art is associated with the label Contemporary Art. The relation between what these two labels represent has been extensively debated over time, but recently something changed. Media Art is proposing novel approaches while Contemporary Art begins to realize that our world has been somehow touched by the recent technologies. In other terms, it seems that any artistic “enclosure” is remembering that our cultural, social and political experience is highly mediated by technologies. For this reason, the art that celebrates some sort of techno-fetishism might be fair, but questionable. The art that finds in the effects of media an argument to face, is desirable and certainly needed. The label Media Art attracted several criticisms concerning the ephemerality and the ambiguity of this definition.(1) This term implies a certain relation between media and art, but the way in which these two words are connected is very blurry. Conscious of moving toward an oversimplification, we can expose this aspect by posing the following questions: Is Media Art a kind of art made with media? Which media? If painting is a medium, is it also painting Media Art? Are we talking about media made with art? This would be an interesting explanation, but then how to acknowledge this as an art form per se? Maybe the best answer might come by assuming media as a word that defines means of communication. In some sense, anything can be seen as a medium.(2) However, also this solution cannot satisfy: if anything can be a medium then anything can be Media Art. The list of all the possible questions is still long and here you will not find an answer. Anyone who operates in this cultural field has his own opinion and each of them is equally reasonable. The only fact is that there are historical reasons that brought the community behind this field to adopt the label Media Art (among many other coincident definitions). In any case, it must be clear that questioning the label does not affect the value of what is produced in this area. However, the previous questions drag us toward a more important question, which exposes the pivot point of the misunderstandings which creates the discrimination between Media Art and Contemporary Art: Which is the role of media in art?
In art theory, one of the largest discussions that crossed the latest decades focused on the opposition between Modernism and Post-Modernism. Among many factors, at the centre of this opposition appear the role given to the media in the artistic production, thus their function in determining the taxonomies of art. Indeed, resisting to the avant-gardes, the long academic tradition of art accustomed us to the classical categories that differentiate art practice by the production means (historically: painting, sculpture etc …). In this context we can see that by definition Media Art is highly exposed to this argumentation. First of all, while relating the word media with the art context, we must account how this term can be understood. Indeed, on any occasion the word art relates to the word media, it is easy to incur in misleading connotations. This happens because there is an etymological ambiguity about the term medium. It can be seen as a tool that mediates some communication, but it can also define a tool of artistic production. Tracing a historical path, we can notice that in English language this word assumed the significance of “channel of communication” in the 1600s. While in 1853, the same period in which Modern Art was conventionally beginning, it has been recorded the first use of the term medium in reference to the means of artistic production. This last definition explains why any usage of the word media, in the art context, is often linked to the idea of “artistic media”, thus to Modernism and to the idea of Medium Specificity. Shortly, this last concept, formulated by the art critic Clement Greenberg, identified the dominant feature of Modernism: an exploration of the specific aesthetics of the artistic media, as a way to redefine the meaning of art itself. Accordingly, he sees that the emancipation of art occur from the moment which it started to be concerned in the specificity of its media.(3)
However, some approaches of avant-gardes (Dada for instance) and post avant-gardes, foil the Greenberg theories, revealing an incompatibility between the theories of Modernism and the practice-based art. Acknowledging these incoherences, Rosalind Krauss, among others, bases her thesis in the definition of post-medium condition as a status which art acquired after being liberated from the constraints of the conception of artistic media.(4) During the shift of this paradigm, Media Art poses its roots and became both a perpetuation of the modernistic imprint and territory of experimentation for post-media practice. Indeed, Media Art appears to be particularly connoted by the modernist paradigm of Medium Specificity. Its own definition and independence (in addition to the accusation of formalism) became reasons for exclusion from the elitarian contexts of art. However, the ubiquity and the spreading use of new technologies, the language propelled by new media become a common jargon in the public sphere. Since this has been widely recognized, the approaches that traditionally belongs to Media Art became also proper practices for Contemporary Art. According to Rosalind Krauss, the advent of the Structural Film movement during the ’60s proclaimed the end of Medium Specificity. Accounting some technical aspects, Rosalind Krauss sees the video as a medium in which heterogeneity cannot be found any “essence” which allows questioning its specificities. Recognizing the modernist intent of Structural Film, and its will of inquiring the nature of the cinematic medium, Krauss explains her critiques to the Greenberg’s theory: an analysis of art cannot be reduced to the single properties of an artistic medium, without taking into account the aggregation of all these properties, and the presence of an audience in relation with them. The Structural Film and the Experimental Cinema have been powerful sources of inspiration for the artistic practices that lead to the development of Media Art. For this reason, the concerns of Rosalind Krauss are widely applicable to the understanding of the original intentions of Media Art and to rehabilitate a perspective that reads this art form as a proper instance of a Post-Media practice. Similarly to the artistic experience offered by Structural Film and in accordance with the principles of Medium Specificity, the Media Art field strongly relied on the research of the aesthetic possibilities of media. However, since this approach carries a strong modernistic e formalistic heritage, now we need to address another issue: how an artistic practice can reflect the properties of a medium without falling in the conjectures of modernist rhetoric? At this point, we necessitate distinguishing two fundamental and separate directions of artistic practice. The intent to research the media aesthetic can be developed with both the use of the technical possibilities offered by the medium or with interventions which “misuse” these same possibilities. In other words, it is possible to discriminate between the artistic practices which follow the script given by the design of a medium and the practices which subvert this script. The first case is about an “exploitation” of the aesthetics offered by the technical potential of the medium, leading art toward a form of stylistic exercise. The second case offers an opposite way to develop an exploration of media aesthetics, made by “enquiring” its technical potentials, excavating under their surface and deconstructing the language of its contents.
Questioning the nature of media and technologies should not be the only necessity and prerogative of art. Nevertheless, an intent which follows this purpose, cannot be implicitly excluded from the realm of Post-Media practices. Contemporary Art is plenty of examples of artistic intentions which aims to reveal some aspects of our contemporary culture. From the fields of economics, politics, anthropology, etc. … An exclusion of Media Art from the artistic elite could just be explained as a prejudice conducted by blind opposition to any reminiscence of Modernism. The nature of artistic practice cannot be defined by its subject. A medium can be questioned by following Post-Media languages. It is possible to develop artistic research which focuses on the aesthetics and specificities of media. It is possible to create an artistic medium which gives it the agency to process and unfold the subject of art practice. Post-Media conceptions and the art that reflects on media are not opposite perspectives. At the contrary, they are complementary and are slowly merging by blurring their borders.
1 More detailed explanations can be found in: Paul, Christiane. Digital Art. Thames and Hudson.
2 Marshall McLuhan is a great resource to acknowledge this perspective: McLuhan, Marshall. Understanding Media: The Extensions of Man. MIT Press.
3 This argument can be found in: Greenberg, Clement. “Towards a Newer Laocoön.” In Pollock and After: The Critical Debate, edited by Francis Frascina.
4 Theories expressed in: Krauss, Rosalind E. A Voyage on the North Sea: Art in the Age of the Post-Medium Condition. Thames & Hudson.
LINZ FMR is a biennial format on art in digital contexts and public spaces, curated and organized by qujOchÖ, servus.at, the Atelierhaus Salzamt, the Department of Cultural Studies of the University of Art and Design Linz and the STURM UND DRANG GALERIE. The first edition will take place at the end of March 2019 in Linz, Austria.
LINZ FMR 19
Art in digital contexts and public spaces
Wednesday, March 27 – Saturday, March 30, 2019, Donaulände, Linz, Austria
Opening: Wednesday, March 27, at 5:00 p.m., LENTOS Freiraum
The heart of the format is an exhibition in public and open space with works by international and local artists who deal with art in digital contexts. An art education program with various guided tours and a supporting program with lectures, concerts and talks will accompany the exhibition, to reflect on new approaches, working methods and developments related to art in digital contexts.
Mehr: linzfmr.at
Suburban Round Trip – Part Two. Mit der S-Bahn ins Glück.
/0 Kommentare/in Kolumnen/von The Slow DudeDer zweite Teil der Huldigung an die Vorstadt und die suburbane Sphäre kann beginnen. Der fast aufgekratzte und für Dude-Verhältnisse beinahe hysterische erste Teil unseres Round-Trips hat den nördlichen Teil unserer schönen Landeskulturhauptstadt in den Fokus genommen. Nun ist der Süden dran – quasi besuchen wir die oberösterreichischen Rednecks – die aber keine Landarbeiter mehr sind – sondern Diplomingenieure mit eigenem Haus, gepflegtem Vorgarten und ebenso gepflegtem und sportlich ausgelegtem SUV. Alles auf 90 Grad, alles im Winkel. Als erstes nähern wir uns St. Marien unweit von Neuhofen an der Krems. Hier thront die Bäckerei Reichl mitten im Ort. Zugegeben kein kleiner Hinterhofbetrieb, sondern eine proper gestaltete Bäckerei mittlerer Größe. Das Corporate Design, die Architektur der Bäckerei und Verkaufsstellen (in St. Marien, Neuhofen an der Krems und Traun) sind modern oder modisch gestaltet ebenso wie der gewählte Untertitel „Art of Baking“. Das Handwerk aber hat Hand und Fuß und man darf soweit gehen und den Betrieb als Hort des Sauerteigs nennen. Hier sind wahre Spezialisten am Werk. Die Teige aus Dinkel, Weizen und Roggen sind hervorragend! Jede Gelegenheit nutzen, diese Brote zu erwerben!
Der Betrieb ist ein wahrer Lichtblick nach der Ödnis von Traun, Ansfelden und dem ganzen Convenience- und Fastfoodgesocks, das sich entlang der Autobahn niedergelassen hat.
Weiter geht die Kohlenhydratrally entlang der A1 ans Ende des Zentralraums, in die wunderschöne und – wie die meisten wissen – älteste Stadt Österreichs, Enns. Hier begibt sich der Dude zum Frühstück ins sogenannte Brotgwölb der Bäckerei Winkler aus Mauthausen. Da der Slowdude sich gerne als hipper Großstädter gebärdet und immer am besten Lifestyle dran ist, wurde zum Test das „vegane Frühstück“ herangezogen. Hervorragendes Brot (Roggen), gute Aufstriche (der Dude nimmt an, 50% selbstgemacht – 50% aus der Packung) und diverse sojabasierte Beimischungen in Form von Butter und Joghurt. Dem Herrgott sei es gedankt, keine Sojawurst oder Sojasalami. Alles in allem sehr gelungen und gemütlich für einen Frühstücksaufenthalt. So kann ein lokaler bzw. regionaler Mehrfilialenbetrieb auch daherkommen – wie ein Bäcker halt. Einzig das ausgewiesene „Freundinnenfrühstück“, das die geschlechtliche Determinierung nur erahnen lässt, stößt dem Slowdude, dem alten Feministen, sauer auf. Die Mädels gehen gerne frühstücken, um bei Lachs und Müsli zu tratschen, Gossip auszutauschen und ihre Männer schlecht zu machen – ja, das wissen wir. Man muss es aber nicht extra verschriftlichen. Sonst gibt’s Zores. So genug von Mehl und Körnern. Es wird Zeit für echtes Essen. Ein kleiner geografischer Sprung von Enns in die sanften Hügel von Kirchberg und Thening. Hier steht eines der letzten wirklich guten Wirtshäuser mitten im Ort neben der Kirche in Kirchberg. Eine bessere Ortsbeschreibung ist nicht möglich. Schon die Getränkekarte zeigt die Marschrichtung. Die Biere aus Eggenberg und die Säfte von unterschiedlichsten Herstellern aus ganz OÖ. Gustert es nach Zwetschke-Aronia – kein Problem. Weiter zur Karte. Hier sieht man auf den ersten Blick, dass hier Omnivoren voll auf ihre Rechnung kommen, aber auch Vegetarier nicht ausgelacht werden. Egal ob Schnitzerl, „Gordon“, Tafelspitz oder Spinatknödel – alles anständig zubereitet und wirklich schmackhaft. Als großes Surplus empfindet der Slowdude den Gastgarten. Hier lässt es sich im Frühjahr und Sommer gut aushalten und drei Gänge sind kein Problem. Also raus in die Peripherie – Frühstück in Enns, Brot in St. Marien eingepackt und dann Mittag nach Kirchberg-Thening. Der lukullische Samstag ist gerettet.
Reichl – Art of Baking www.reichlbrot.at
Winkler Brot www.winkler-brot.at
Kirchenwirt www.kirchenwirt-kirchberg.at
For a Micro-Phenomenal Definition
/0 Kommentare/in Kunst und Kultur/von Vincenzo EstremoDeutsche Version! (englische Version weiter unten)
Eine mikro-phänomenologische Definition
Noch einmal das ephemere LINZ FMR: Vincenzo Estremo argumentiert für eine mikro-phänomenologische Definition des digitalen Ephemeren und schreibt über dessen Anziehungskraft für den Kapitalismus. Zu Beginn das „Unmögliche“.
Nach Angaben des Google N-gram-Viewers (1) ist die Verwendung des Wortes „unmöglich“ seit etwa Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts stark zurückgegangen. Aber was sagt uns das? Bedeutet das, dass immer weniger Dinge unmöglich sind? Bedeutet das, dass sich die Unmöglichkeit „als solche“ im historischen Niedergang befindet? Vielleicht bedeutet das nur, dass sich die Bedingungen für Möglichkeiten als solche im Laufe der Zeit ändern können? Sind sowohl das Mögliche als auch das Unmögliche durch historische und äußere Bedingungen definiert? (2)
Vorneweg: Einige Gedanken zur Ästhetik für diejenigen, die sich noch an die Ästhetik erinnern.
Als im zwanzigsten Jahrhundert die Begriffe Ästhetik, Objekt und Werk (Kunstwerk) von den ideologischen und normativen Zwängen der Tradition befreit wurden, wurde die Lücke mit dem gefüllt, was wir heute zeitgenössische Kunst nennen. Ich meine all diese Praxen und Prozesse, die mit Objekten und Dingen verbunden sind, die keinen „a priori“-Wert haben, sondern einen Wert in der Manifestation einer grundsätzlichen Präsenz ihres Seins erlangen. Mit diesem Zeitpunkt, wo wir begonnen haben, über die Geschichte des Werks, über seine Unabgeschlossenheit an sich und gleichzeitig sein dauerhaftes Bestehen nachzudenken, sollten wir meiner Meinung nach unsere Überlegungen über das Ephemere und über seine gegenwärtigen Ausformungen, einschließlich der ästhetischen, anstellen. Meine Absicht ist es, die frühere Idee der esthéticien zu überwinden, in Richtung von etwas „nicht Vollendetem“, zu etwas, das vom intellektuellen Feld noch nicht vollständig ausformuliert ist. Das Ziel ist es, bis zum Bruch der Idee der „Schönheit“ fortzufahren und neue „Wege“ zu eröffnen, der uns auf die andere Seite der Barrikade gebracht (gezwungen) hat.
Das Wort „ephemer“ leitet sich vom Lateinischen ephemĕrus ab, das aus dem Griechischen epi (auf, bis) iméra (Tag) stammt. Es bezeichnet alles, was nicht mehr als einen Tag lebt. Ein Zustand von Kürze, der, wenn er mit Überprüfung oder Verwerfen des Konzepts der ästhetischen Produktion, und mit diesem Konzept der objektiven Realität verbunden ist, in der Lage ist, die Zeit zu überleben und die Nachwelt zu erreichen, den gegenwärtigen Zustand einer ewigen Gegenwart zu beschreiben scheint. Der zeitgenössische Begriff der Ästhetik, auch wenn er verlagert und fragmentiert ist, wie es auch seine eigenen Objekte zu sein scheinen, zeigt anstelle von Eindeutigkeit und festen Aussagen eine Reihe von Diskursen, die besser zu der Kontroverse und dem polymorphen Charakter der zeitgenössischen Kultur passen. Es ist etwas, das einerseits das Unbekannte annimmt, andererseits auf eine bestimmten Vorstellung von „Geschmack“ und „Schönheit“ bei künstlerischen Produkten verweist (der prozessorientierte Ansatz dieses Phänomens erlaubt es mir und Ihnen nicht nicht mehr, das Wort Werk zu verwenden). Ein Vergnügen, das, wie von Lascault geschrieben, als eine Art Nebel entsteht, „im verschwommenen, ausgefransten, verdrängten, unreinen, in der Skizze einiger spezieller Beschreibungen, die nie zu allgemeinen Aussagen werden“ (Übersetzung des Autors). (3) Ausgehend von dem, was Lascault gesagt hat, und dann weit, weit entfernt von der Gewissheit einiger ästhetischer Diskurse der Vergangenheit, und weit entfernt von polemischen und subversiven Schlussfolgerungen und Begleiterscheinungen, könnte der Diskurs der zeitgenössischen Ästhetik heutzutage „nomadisch“, „vagabundierend“, „wandernd“ oder „unsicher“ sein – eine unter anderen Möglichkeiten, wie sie Lascault genannt hat. Dieses ästhetische Projekt ist zugleich eine mikrophänomenale Analyse des Realen und deren hartnäckiger und mimetischer Anhaftung, oder besser gesagt, einer Anhaftung einer vermeintlichen „Pluralität“ der zeitgenössischen (Kunst-)Realität. Eine Analyse des Jetzt, das zu einem deskriptiven (normativen) Werkzeug wird, das den zeitgenössischen Phänomenen ihre fließenden Eigenschaften zurückgibt und sich nicht mehr mit deren Produkten (und Werken) beschäftigt. Ein dispositif, das es uns erlaubt, die künstlerische Produktion zu betrachten, ihre Inkonsistenz, ihr Ephemeres, das sprießt, wächst und verschwindet.
Soziale Netzwerke haben deine Seele gestohlen, aber dann fangen sie an, dir ihre unrechtmäßigen Gewinne zurückzugeben.
Die Einführung in die Neudefinition des Begriffs der Ästhetik wird notwendig, sobald ich die kontroversesten und komplexesten Phänomene unserer heutigen menschlichen Aktivitäten sorgfältig berühren würde: das Digitale und seine Epiphänomene, Daher werde ich mich in diesem Text auf einen sehr kleinen Teil der Makrofragen im Zusammenhang mit der Digitalen konzentrieren und bespreche hier exemplarisch: den Aufstieg und das Verschwinden von Google+. Dieses wurde 2011 als Google+ gestartet. Es war schon bemerkenswert, dass der kostenlose und deregulierte Goldrausch eine große Anzahl von persönlichen Daten über die Präferenzen der Social Media-Nutzer aus deren sozialen Präferenzen generierte. Ich werde versuchen zu zeigen, wie wir in dem Moment, in dem wir eine Debatte über das Eigentum unserer Daten (als Nutzer) eröffnen, bereits als Keil mitten in einem neuen ästhetischen Phänomens steckten. Die Google-Kampagne folgte den Beispielen anderer Unternehmen, die zu Medienkolossen wie Facebook (2004) und Twitter (2006), sowie zum aufstrebenden “social star” Instagram (2010) wurden. Die Einführung von Google+ war im Vergleich zu den Konkurrenten anders. Google versuchte, den Markt der sozialen Medien von einem markanten Punkt aus zu besetzen (4), anstatt auf ein vielversprechendes Geschäftsfeld zu setzen, wie es die ehemaligen Social Media Start-ups einige Jahre zuvor getan hatten, die buchstäblich auf das digitale Eldorado setzten. Die Tatsache aber dann, dass Google nach sieben Jahren erklärte (sieben Jahre könnten im Makrokontext des digitalen Business eine geologische Ära sein), dass Google+ vorbei war (5), eröffnet den Raum für einige ethische Überlegungen, die auch ästhetisch sein könnten. Beginnen wir mit der Feststellung, dass soziale Netzwerke künstlerische Praktiken unterfüttern und dass gleichzeitig die sozialen Netzwerke von ihnen gespeist werden (6). Ich spreche von den Praktiken, die sich mit der digitalen Technologie befassen und sich bildhaft mit den Formaten und Prozessen einer hyper-vernetzten zeitgenössischen Gesellschaft befassen, oder eine Reflexion über den Zustand des Menschen im technisch-politischen Rahmen des globalen Marktes beinhalten. Diese Praktiken lassen sich in ihrer Komplexität in Bezug auf die von mir erwähnten Veränderungen der zeitgenössischen Ästhetik beschreiben. Es ist ein Versuch, den zeitgenössischen Zustand von „Digitalität“ unter Berücksichtigung der systemischen Komplexität der Realität neu zu formulieren, ohne notwendigerweise ihr Auftreten selbst zu beschreiben. Es kommt vor, dass zeitgenössische Kunst oft eine Art Klon digitaler Realitäten sein können, die im Voraus die unheimlichen Ergebnisse unserer neuen Sozialität offenbaren. Und ich sah soziale Aspekte und Berührungspunkten von Kunstpraktiken und Social Networking in dieser E-Mail von Google, in der die Abschaltung von Google+ angekündigt wurde. Wir möchten die Analyse für das Verschwinden dieses sozialen Netzwerks auf Aspekte des Ephemeren beschränken, die an einige Merkmale zeitgenössischer Kunstpraktiken erinnern. Jedenfalls schien die E-Mail, die von Google an Millionen von Nutzern gesendet wurde, eher Kunstprojekt als Warnung eines digitalen Unternehmens zu sein – aber bringen wir die Dinge in die richtige Reihenfolge. Denn hinter der Entscheidung, Google+ abzuschalten, stand ein Bug, der private Daten von mehr als fünf Millionen Nutzern des sozialen Netzwerks hätte gefährden können. Ähnlich wie es bei Facebook und Cambridge Analytica passierte. Anwendungen von Drittanbietern hätten illegal Daten von einer großen Anzahl von Nutzern des sozialen Netzwerks erfasst. Ein Skandal, der weiter verfestigt hätte, was jemand bereits einmal als „digitale Geisterstadt“ des Netzes bezeichnet hatte. Der Text im E-Mail, von dem ich mir sicher bin, dass ihn auch LeserInnen dieses Texts erhalten haben, schlug uns nun vor, alle „unsere“ (7) persönlichen Inhalte neu zu archivieren, zu sichern, wenn wir nicht wollen, dass sie verschwinden würden. Nun, praktisch lädt Google seine eigenen Benutzer ein, private Sicherungskopien zu erstellen und gibt (einen Teil) der Informationen zurück, die dieselben Benutzer Google während dieser sieben Jahre der unglückseligen Aktivität von Google+ geschenkt haben. Ist das eine ironische Wiederaneignung oder das Eingeständnis eines kolossalen Fiaskos? Ich weiß es nicht. Tatsache ist, dass Google Cloud-Backups für seine eigenen BenutzerInnen anbieten hätte können, aber stattdessen bevorzugte, dass jeder einzelne Benutzer erneut handeln sollte, was seine eigenen Informationen betrifft. Etwas, das für einen Riss symptomatisch ist. Eine Art Verletzlichkeit, die eher ideologisch als technologisch ist. Ein Prozess der minimalen und privaten Rematerialisierung eines Teils dieses Google-Riesen, der aus durchsichtiger Materie besteht, eine Materie, die irgendwo dort draußen in einem Rechenzentrum versteckt ist und große Mengen an Elektrizität verbraucht. Eine Art Klassenkampf von heute, ein Ergebnis eines weiteren internen Widerspruchs der Kapitalakkumulation, bei dem die Produktionsmittel zurückkehren und den Arbeitern (den Nutzern) gehören.
Der Umgang mit dem Ephemeren und dem Kapitalismus
Als sich Ende der 90er Jahre Tausende von Demonstranten aus der ganzen Welt unter dem Wunsch vereinten, die Straßen zurückzuerobern, war BLOCKBUSTER, ein damals bekanntes Unternehmen, eines der am meisten gehassten Übel unter den Gottheiten des aufkeimenden globalen Hyper-Kapitalismus. Einige Jahre später, im Jahr 2013, als der Verleiher für Home-Movies und Videospiele pleite ging, schätze ich, dass viele von denen, die Jahre zuvor Steine geworfen haben, nostalgisch geseufzt haben – anstatt den Tod des ehemaligen Feindes zu feiern. Also, ist es auf eine seltsame Weise und als Vorstellung einer nicht klar definierten Zukunft möglich, dass Google das gleiche Schicksal vorausgesagt wird, das auch BLOCKBUSTER widerfahren ist? Ich habe keine genaue Antwort, aber einige Vermutungen hinsichtlich dieser Unmöglichkeit. Nach dem Stand der Dinge ist es sinnlos, einen Google-Standard zu erwarten, gerade wegen seiner eigenen digitalen Natur. Der prä-digitale Spätkapitalismus hatte einige versteckte Schwachstellen, aber stattdessen scheint die ephemere Natur des digitalen Spätkapitalismus die beste seiner Eigenschaften zu sein, der ephemere Beat des digitalen Spätkapitalismus, der auf den Pfaden der verschlungenen Nicht-Dinge basiert. Freiheit, Schwäche, kapitalistische Verflüssigung und die Vernetzung digitaler Plattformen setzen auf Paradigmen, die Arbeiter (Nutzer) ausbeuten, ohne die Ausbeutung sichtbar zu machen. Die neo-digital-kapitalistische Ausbeutung ist ungreifbar (8). Sie ist wie Nebel. Und wie Nebel könnte er in Zukunft noch stärker alles durchdringen. Kritische Theorie, eine Sache, die Social Media-Nutzer zuvor nie brauchten, wurde zu einer Notwendigkeit. Wir brauchen unseren Generationenkonflikt jetzt wie nie zuvor. Etwas, das die utopischen Kämpfe aus dem Reich des letzten Jahrhunderts auf das Schlachtfeld des ephemeren Nahkampfes von heute verlagert.
Die Alternative
In all diesem Gewirr müssen wir über die Vorstellungen von gestern hinausblicken. Zu glauben, Konzepte wiederholen zu können, die etwa vor einem Jahrhundert funktioniert haben, wäre so, als hätte zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts jemand Befreiungsstrategien und Kampfmethoden vorgeschlagen, die in der Ära der Sklaverei nützlich waren. Das mag prinzipiell richtig sein. Aber völlig unzeitgemäß, wenn man die Prozesse betrachtet, die der digitale Kapitalismus hervorgebracht hat. Ausgehend von den Defekten, Mängeln und Schwachstellen, vor allem aber im Bewusstsein der größeren Widersprüche, sollten wir anfangen, an dem ephemeren Käfig zu arbeiten, in dem wir eingesperrt sind, um ihn in etwas anderes umzuwandeln, das für einen Tag am Leben bleiben kann – oder so.
Notes (Sorry – not translated!)
1 https://en.wikipedia.org/wiki/Google_Ngram_Viewer [February 6th 2019]
2 H. Steyerl, Duty-Free Art, “e-flux Journal” n 63, March 2015.
3 G. Lascault, Ecrits timides sur les visible, Paris, U.G.E., 1979, p. 10.
4 Google could be associated with a media-state, something that has characteristics of bureaucratic-authoritarianism. The “modern” authoritarianism of Google is a kind of incarnation of new economic rationality which is presumed to be (also) necessary for the development of digital capitalism. Media-state enterprises are the newest form of bureaucratic-authoritarianism. Thus, thanks to these newest forms of state dispositif, emerges a social stratum which is created within the state (the nation-state) and yet which, paradoxically, achieves to some degree a separate basis of power and can eventually clash with the government under given circumstances. In this model, the use of state enterprises is meant to facilitate and legitimate digital-capitalist development and to reinforce their position of power.
5 Do you remember about Google Hangouts? Have you ever used it after 2013? The position of Google concerning accessory services as chat, social media, and photo sharing is kind of creepy. These attempts to contend on the proliferated and diversified business of media-services are everything but competitive. In a few words, a strategic asset or calculated fiascos.
6 It is no coincidence that Paolo Virno talks about art and more generally about creative contexts as anticipating social and economic trends. P. Virno, A Grammar of the Multitude, Cambridge MA, MIT Press, 2004.
7 Who Owns Your Data? Dear reader don not forget that search engines, governments, financial markets, social networks, and law enforcement agencies rely on the digital data market. Something that daily we gift to someone else just because the majority of us do not know how to take blood from a stone.
8 Digital Taylorism is more pervasive than any other former theory of management of the workforce. It mined and weakened any defensive system of whom might have protected the rights of these new subjectivities. Thus, if in one hand we are aware that the exploitation of the digital era is different compared with its own old brother, on the other hand, we must consider some factual alternatives.
LINZ FMR ist ein biennales Format für Kunst in digitalen Kontexten und öffentlichen Räumen, kuratiert und organisiert von qujOchÖ, servus.at, dem Atelierhaus Salzamt, der Abteilung Kulturwissenschaft der Kunstuniversität Linz und der STURM UND DRANG GALERIE. Die erste Ausgabe findet Ende März 2019 in Linz statt.
LINZ FMR 19
Kunst in digitalen Kontexten und öffentlichen Räumen
Mittwoch, 27. – Samstag, 30. März 2019, Donaulände, Linz, Österreich
Eröffnung: Mittwoch, 27. März 2019, 17:00 Uhr, LENTOS Freiraum
Kern des Formats ist eine Ausstellung im öffentlichen und offenen Raum mit Arbeiten von internationalen und lokalen Künstlerinnen und Künstlern, die sich mit Kunst in digitalen Kontexten auseinandersetzen. Begleitend wird ein Vermittlungsprogramm mit verschiedenen Führungen und ein Rahmenprogramm mit Vorträgen, Konzerten und Gesprächen angeboten, um sich neuen Ansätzen, Arbeitsweisen und Entwicklungen zum Thema zu widmen.
English Version:
Again the ephemeral LINZ FMR: Vincenzo Estremo about the micro-phenomenal definition of the digital ephemeral and its capitalistic magnetism. The author starts with some thoughts regarding to the “impossible”.
According to the Google N-gram viewer(1), the usage of the word “impossible” has steeply dropped since around the mid-twentieth century. But what does this tell us? Does it mean that fewer and fewer things are impossible? Does this mean that impossibility “as such” is in historical decline? Perhaps it just means that the conditions for possibilities as such are subject to change over time? Are both the possible and the impossible defined by historical and external conditions?(2)
Precondition: Notes on Aesthetics for Them Who Still Remember About Aesthetics.
When, in the twentieth Century, the notions of aesthetic-object and opera (piece of art) were freed from the ideological and normative grids often imposed by tradition, the chasm was filled with what we now call contemporary art. I mean: all that praxistic processes linked to objects and things that do not have an “a priori” value but that acquire value in the manifestation of their cardinal presence of being. It is, since that moment, since when we started to reflect on the opera ontology, on the infinity of its being and on the finiteness of its persistence, that I think we should start our reflection about ephemeral and about all its contemporary declinations including the aesthetic one. My intention is to overcome the former idea of esthéticien, going towards something “not finished”, something not perfectly acknowledged by intellective grids or to authorial activities. The goal is to proceed till the break of the idea of “beauty”, opening up new “ways” for that tunnel that has brought (forced) us in the other side of the barricade.
The word “ephemeral” derives from the Latin ephemerus, that comes from the Greek epi (up) iméra (day). It indicates all that things that live not more than one day. A state of brevity that, if associated with the discard or the reconsideration of the concept of aesthetic production, and then to that concept of objective reality able to survive the time with the ability to reach posterity, seems to describe the contemporary condition of an eternal present. The contemporary notion of aesthetics, even if displaced and fragmented, as seem to be its own objects, shows up, instead of sureness and fixed statement, a number of discourses that fit better with the controversy and polymorphic nature of contemporary culture. It is something that, if in one hand embrace the unknown, on the other hand winks at certain idea of “taste” and “beauty” concerning artistic products [the process-oriented approach of this phenomenon does not allow me (it does not allow you) to use the word opera anymore]. A pleasure that raises, as written by Lascault, in a sort of fog, “in the blurred, frayed, displaced, impure, within the sketch of some particular descriptions that will never become general statements” (my translation).(3) Starting from what stated by Lascault and far far away, then, from the certainty of some aesthetic discourses of the past, and far from polemic and subversive implications, the discourse of contemporary aesthetics nowadays – one among other possibilities as stated by Lascault – could be “nomadic”, “vagabond”, “wandering”, “unsure”. This aesthetical project is at the same time a micro-phenomenal analysis of the real and a callous and mimetic adhesion at it, or better adhesion at the supposed “plurality” of contemporary art reality. An analysis of the now, that becomes a descriptive (normative) tool, that gives back the fluxing nature of contemporary phenomena and does not deal anymore with its products (operas). A dispositif that allows us to look at the artistic production, at its inconsistency, at its ephemeral that sprouts, rises and vanish.
Social Networks Steal Your Soul but Then Start to Give You Back Their Ill-Gotten Gains
The introduction about the redefinition of the concept of Aesthetics becomes needed because I would carefully touch one of the most controversial and complex phenomena of our contemporary human activity: digital and its epiphenomena. Thus, in this text, I will concentrate on a very tiny part of the macro issues connected to digital: the rise and the vanishing of Google+. It was 2011 when Google launched Google+. It was time already remarkable for the free and deregulated Gold rush to acquire a huge number of personal data using the preferences of social media users’ social-preferences. I will try to show how, at the moment in which we open a debate about the property of our (as users) data, we are already in the wedge of a new aesthetical phenomenon. Google campaign followed the examples of other companies become media colossuses as Facebook (2004) and Twitter (2006) and of the rising social star Instagram (2010). The launch of Google+ was different if compared with the ones of its competitors. Google attempted to occupy the market of social media from a prominent point,(4) instead of bet on a promising business field as done by the former social media start-ups few years before, that literally bet on the digital Eldorado.
The fact that now, after seven years (seven years could be a geologic era in the macro context of digital business) Google declares that the experience of Google+ is over,(5) opens up the space for some more ethical considerations that could also be aesthetical.
Let’s start saying that social networks feed artistic practices and that, at the same time, the social networks are fed by them.(6) I am talking about the practices which deal with digital technology and that metaphorically relate themselves with the formats and the processes of hyper-connected contemporary society, or entail a reflection on the condition of human being in the techno-political frame of the global market. These practices can be described in their complexity referring to the changes occurred to contemporary aesthetics that I mentioned before. It is an attempt to reframe the contemporary condition of “digitality”, considering the systemic complexity of the reality, without necessarily describing its appearance. It happens that contemporary art productions may be, most of the times, clone of the digital reality, revealing in advance uncanny outcomes of our new sociality. Socialites and conjunction points between art practices and social networking, that I saw in the e-mail sent by Google announcing the Google+ shutdown. We may wish to restrict the analysis, for the disappearing of the social network, to ephemeral values that recall some features of contemporary art practices. The e-mail, sent by Google to millions of users, seems to be an art project more than a warning sent by a digital corporation. Let us get things in the right order, behind the decision to turn down Google+ there is a bug that could have put in danger private data of more than five million of the social network’s users. Something similar to what happened to Facebook with Cambridge Analytica. Third-party applications would have illegally acquired data from a large number of social network users. A scandal that would have further bury what that someone already defined the web’s “digital ghost town”. The e-mail text, that I am sure also who is reading received, suggests us to re-archive all “our”(7) personal contents if we do not want them to disappear. Well, practically Google invites its own users to make private backup copies, giving back (part) of the information that the same users had gifted to Google during these seven years of Google+ unlucky activity. Is that an ironic re-appropriation, or the admission of a colossal fiasco? I do not know. The fact is that Google might have offered cloud backups for its own users, but it preferred that every single user dealt back again with his/her own information. Something symptomatic of a crack. A kind of vulnerability that is more ideological than technological. A process of minimal and private re-materialization of part of that giant (Google) made out of diaphanous matter, a matter hidden somewhere out of there in some datacentre that drains a huge amount of the electricity. A sort of today’s class struggles, a result of another internal contradiction of capital accumulation, in which the means of production come back and belong to the workers (users).
Dealing with Ephemeral and Capitalism
When at the end of the ’90s, thousands of demonstrators from all around the world unified under the desire of reclaiming the streets, BLOCKBUSTER, a well-known corporation of that time, was one of the most hated evil among the deities of the divine council of the sprouting global-hyper capitalism. A few years later, in 2013, when the video provider of home movie and video game rental services went bankrupt, I guess that many of them, that years before threw stones at its windows, have sighed nostalgically instead of celebrating the death of the former enemy. So, in a strange way and imagining a not-well-defined future, is it possible to wish for Google the same destiny occurred to BLOCKBUSTER? I do not have a precise answer, but some more suppositions about its impossibility. At the state of things, it is futile to expect a Google default, precisely because of its own digital nature. The pre-digital late-capitalism had some hidden vulnerabilities. Instead, the ephemeral nature of digital late-capitalism seems to be its best feature. The ephemeral beat of digital late-capitalism bases itself on intertwined not-things. Freedom, weakness, capitalist liquidity, and interconnection of digital platforms exploited paradigms that exploit workers (users) without making the exploitation manifest. Neo-Digital-Capitalist exploitation is ungraspable.(8) It is like the fog. And like the fog, it could become even more pervasive in the upcoming future. Critical theory, a thing that social media users never needed before, became a necessity. We need our generational clash now as never before. Something that displaces the utopic struggles from the realm of last Century to the battlefield of the ephemeral melee of nowadays.
The Alternative
In all this tangle we need to know how to look beyond what we imagined yesterday. Who thinks to repeat the schemes that worked a Century ago is as if, at the beginning of the Twentieth Century, someone had proposed a process of liberation and methods of conflict useful in the era of slavery. It is right from the perspective of the principle. Totally out of time if considering processes that digital capitalism generated. Starting from the flaws, but above all from a spreader state of awareness. We should start working on that ephemeral cage in which we are locked up, in the way to convert it into something that may stay alive last for a day or so.
More: linzfmr.at
1 en.wikipedia.org/wiki/Google_Ngram_Viewer [February 6th 2019]
2 H. Steyerl, Duty-Free Art, “e-flux Journal” n 63, March 2015.
3 G. Lascault, Ecrits timides sur les visible, Paris, U.G.E., 1979, p. 10.
4 Google could be associated with a media-state, something that has characteristics of bureaucratic-authoritarianism. The “modern” authoritarianism of Google is a kind of incarnation of new economic rationality which is presumed to be (also) necessary for the development of digital capitalism. Media-state enterprises are the newest form of bureaucratic-authoritarianism. Thus, thanks to these newest forms of state dispositif, emerges a social stratum which is created within the state (the nation-state) and yet which, paradoxically, achieves to some degree a separate basis of power and can eventually clash with the government under given circumstances. In this model, the use of state enterprises is meant to facilitate and legitimate digital-capitalist development and to reinforce their position of power.
5 Do you remember about Google Hangouts? Have you ever used it after 2013? The position of Google concerning accessory services as chat, social media, and photo sharing is kind of creepy. These attempts to contend on the proliferated and diversified business of media-services are everything but competitive. In a few words, a strategic asset or calculated fiascos.
6 It is no coincidence that Paolo Virno talks about art and more generally about creative contexts as anticipating social and economic trends. P. Virno, A Grammar of the Multitude, Cambridge MA, MIT Press, 2004.
7 Who Owns Your Data? Dear reader don not forget that search engines, governments, financial markets, social networks, and law enforcement agencies rely on the digital data market. Something that daily we gift to someone else just because the majority of us do not know how to take blood from a stone.
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Die Referentin #31
März/April/Mai 2023
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- 120 Jahre Kampf: Enthüllung eines Aufstands
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- Diversität und Resilienz – Stifter als moderner Autor
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- Kochen in der lokalen Medienlandschaft.
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- Mitleid für das digitale Baby
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