Spektakulo: Drohnen, Urfahrmarkt, Kunst!
Spektakelgespräch Numero Uno im Cafe Strom: Rückschau Ars Electronica Festival, beziehungsweise Spaxels alias Drohnenshow, mit Intel-Logo am Himmel. Reden darüber, dass das Investment Beachtung fordert, mehr als manchen lieb ist, vielleicht auch der Futurekunst im Futuremuseum nebenan. Eh klar. Kann man sich schon vorstellen, wie das geht: Zuerst nettes Anklopfen und zuletzt der kommerzielle rush in – wir wissen das eh alle alles. Das sind die Bewegungen unserer Zeit, die manche als Problem, andere als Chance bezeichnen. Die Straße der Sehnsucht und der Angst wird am Wegrand mit Staunen und Lobpreisen begleitet. Der unangenehme Rest, der anders nicht zu verarbeiten ist, wird mit guten Absichten kommentiert: So höre ich, an diesem netten Abend im Strom, dass das negative Image von Drohnen in manchen Regionen mit Hilfe von so genannter Drohnenkunst etwas hintan gerückt werden konnte, um Drohnen, quasi mit einem positiveren Image versehen, flächendeckend für Dinge wie Rettungseinsätze verwenden zu können. Ich höre, dass im diesem Zusammenhang die Kunst hier ein Argument war, um positive gesellschaftliche Veränderungen einzuleiten – quasi durch Imageverbesserung einer problematisch wahrgenommenen Überwachungs- und Kriegstechnologie. Ich weiß nicht: Hat nicht sowas wie die Eduscho-Werbung schon letztes Jahr zu Weihnachten mit Sprüchen wie „Für die Kinder Drohnen unterm Weihnachtsbaum“ geworben? Ich halte das Argument hinten an, weil ich nicht imstande bin, das Kaffeeimperium und sein temporäres vorweihnachtliches Drohnengeschäft in einen beisltauglichen englischen Satz zu übersetzen (international talk an diesem Abend). Und sehe kurz vor meinem geistigen Auge eine Drohne inmitten einer familiären Weihnachtsfeier hochsteigen, die abgehackt sprechen kann: „So wahr uns das Christkind helfe!“ Aber gut, zurück zum Thema: Art as an Argument – für Rettungseinsätze. Ich kontere ironisch: But where is the Art? Zumindest kurzes Nicken. Ich erzähle von meiner Beobachtung während einer Eröffnung vor Jahren – Tabakfabrik, ein anderer Spaxels-Drohnenflug: Hier hat sich in einem paradoxen Moment die Situation ergeben, dass, während die Drohen am Himmel zum Sternbild Großer Wagen zusammengesurrt sind, das Publikum ziemlich zu lachen begonnen hat, zumindest in meinem Areal … war wohl ein bisschen zu viel der Hybris. Aber darum geht’s natürlich letzten Endes sowieso nicht. Denn vielmehr geht es an diesem Abend um die Liebe, ist eh viel besser. Der eine erzählt, dass er ungeduldig die Begegnung mit der einen Frau erwartet, die er vor Monaten an einem einzigen Tag kennengelernt hat und mit der er seitdem mehrmals täglich per Handy kommuniziert. Die Begeisterung für die Frau, für ihre überbordende Ausstrahlung und Intelligenz, die um einiges größer sei als seine eigene, sogar unvergleichbar größer, so eine kluge Frau, kommentiert der andere Mann mit einem schlichten „Thats good“. Ich muss lachen. Und gehe. Denn ich bin noch zu einem kleinen nächtlichen Spaziergang übers Urfahrmarktgelände verabredet, mit meiner Freundin. Beide waren wir schon Jahre nicht mehr dort und schauen die glitzernden Fahrgestelle an, wie sie die Menschen in den Himmel drehen. Wir finden, dass es gut ist, dass in Zukunft in den Bierzelten keine politischen Veranstaltungen mehr abgehalten werden dürfen. Wenn das aber nicht mal zu spät ist. Wir beobachten einen Local Artist, der, wie wir scharfsinnig schlussfolgern, wahrscheinlich schon Fotos für die Urfahrmarktausstellung im Frühjahr macht, die wir uns sicher ansehen werden. Also Spektakel Nummer zwei nach der Ars an diesem Abend: der Urfahrmarkt als Stadtgeschichte und Jahrmarktsgeschichte. Als ich dann heimgehe, fällt mir eine Geschichte ein, die mir meine Freundin früher schon erzählt hat. Also, angeblich war es so, dass zu Zeiten, als ihr Vater Kind war, in Kleinmünchen des Öfteren fahrendes Volk unterwegs war, das einen kleinen Jahrmarkt aufgebaut hat. Die Sensation, die den Kindern am meisten gefallen hat, war ein für mehrere Tage etwa zwei Meter tief in der Erde vergrabener Mann, dessen Gesicht man durch ein Rohr betrachten konnte. Ich zweifle ja manchmal daran, dass meine Freundin die Wahrheit sagt oder überhaupt eine reale Person ist. Sie hat so unglaublich viele erzählerische Miniaturen in sich angesammelt. Eine andere Geschichte, die mir später auch noch eingefallen ist und die mich richtig zum Lachen gebracht hat, ist die: Im Rahmen der Ars Electronica, bzw. eigentlich im Rahmen der Stadtwerkstatt-Veranstaltungen zu dieser Zeit, war ein britischer Künstler zugegen, den meine Freundin als Sleaford-Mod-styled-Arbeiterklassekind bezeichnet hat. Er hat sich bei ihr vorgestellt, im weißen Hemd mit den schüchternen Worten: „Hi, I’m Ryan“. Ryan hat dann im Saal der Stadtwerkstatt eine Show abgeliefert, in der man vor lauter Stakkato-Höllensound, Stroboskopinferno und Nebel kaum mehr stehen konnte. Später hat man sich erzählt, dass er nach dieser Nacht am Vormittag volltrunken zur Ars gegangen ist und lauthals gerufen hat: „Where is the Art!“. Er wurde sofort hinausgeworfen. Manchmal habe ich das Gefühl, dass einen von weit unten ständig andere Gesichter anschauen, als die Tagesgesichter, die wir uns gegenseitig präsentieren.
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