Heimat bist du großer Töchter und starker Frauen!
Zum ersten Mal seit der Austragung einer Frauenfußball-Europameisterschaft (1984) hat sich das österreichische Frauen-Nationalteam dafür qualifiziert. Die Begeisterung ist groß und der ORF überträgt 25 Spiele, zumeist am Spartensender ORF Sport+. Eine kleine Sensation ist die Übertragung des ersten Frauenfußballspiels überhaupt in der Primetime des ORF eins am Samstag, den 22. Juli gegen Frankreich. Da gab es wohl einen Bewusstseinswandel. Danke der weiblichen Programmdirektorin! Ein Hoch auf die Quote!
Der Sportdirektor des ÖFB war nach der erfolgreichen Qualifikation im Herbst bei der Pressekonferenz sehr angetan von „seinen Mädels“. Eine Mitarbeiterin versicherte mir nach meiner schriftlichen Aufforderung, er möge doch mit seiner Verniedlichungsform aufhören und sich einer geschlechtergerechten Sprache bedienen, dass er die Frauen keineswegs abwerte. Sagen, aber nicht meinen … jaja … das unbewusste Verständnis über etwas oder jemanden lässt sich allerdings an der Sprache erkennen. Es besteht ein Unterschied, ob ich im eigenen Team zu anderen Frauen sage: „Gemma, Mädls“ oder ob dies von einem Mann als offizieller Funktionär des Verbandes bei einem öffentlichen Fernsehinterview geäußert wird.
Leider ist die Verniedlichungsform von Frauen – und somit das „Kleinmachen“ – oder das Reduzieren der Frauen auf sexualisierte Inhalte oder ihr Aussehen Usus in der Sportlandschaft. Gerne lässt mann die Frau überhaupt unerwähnt. Leidiges Thema Nationalhymne. Die Tatsache, dass jeder Mann von einer Tochter geboren wurde, ist noch nicht in den Köpfen angekommen. Auch mancher Frauen nicht. Sprache schafft eben Bewusstsein.
Geschichtsschreibung schafft Bewusstsein. Forschung schafft Bewusstsein. Und diese sind u. a. männlich besetzt. In der Archäologie ist mann früher, vor der genauen Geschlechtsbestimmung durch eine DNA-Analyse, sehr einfältig mit den Ausgrabungen umgegangen. Ein Grab mit Pfeilspitzen, Schwert oder Speer wurde als männlich deklariert, Skelette mit Schmuck oder Haushaltsgegenständen als weiblich. Die indoktrinierte Rollenverteilung wurde übernommen, ohne sie auch nur im Ansatz zu überdenken. Mann=Jäger, Krieger. Frau=Sammlerin, Köchin und Putze. Die Amazonen galten als Mythos, eine männliche erotische Phantasie, vor der sie sich zugleich fürchteten und ihnen ein nach dem Beischlaf männermordendes Attribut beifügten. In den südrussischen und ukrainischen Steppen, aber auch im Baltikum, in England, Deutschland und Skandinavien wurden antike Frauengräber mit Schmuck UND Waffen gefunden. Die Vorstellung einer kämpfenden Frau, die sich und ihre Sippe zu verteidigen weiß, kratzte wohl zu sehr am Ego der Männlichkeit und tut es noch immer.
Jahrtausende voller Frauenverachtung und Frauenhass sitzen verborgen, aber sattelfest in der Epigenetik der Menschen. Patriarchale Religionskonzepte verankerten diese tief und fest im Unterbewusstsein und dämonisierten die starke, selbstbestimmte und gelehrte Frau, die sich ihre Kraft und Macht nicht nehmen lässt, die Gleichberechtigung und Freiheit verlangt, die keine Angst hat vor ihrer Sinnlichkeit und überschäumenden Weiblichkeit und eine klare, kompromisslose Liebe verbreitet, die sehr erfrischend und leidenschaftlich ist. Diese archetypische Urkraft (Lilith) wird noch immer verfolgt, verdrängt und bekriegt. Das Ein-Gott-Prinzip mit seiner Leibfeindlichkeit verschärfte die Problematik. So wurde auch Pan, der Gott der wilden Natur, der Musik, Tanz und Fröhlichkeit liebte, verteufelt. Aber das ist wichtig für uns. Es ghert vü mehr tanzt! Und gsungen! Und glacht! Sich spüren im eigenen Körper. Der Körper ist so wunderbar, so sensationell, so phantastisch. Keine Angst. Ohne Körper wären wir nicht da. Der Körper als Ursprung der Welt und des Lebens. Heimat bist du großer Töchter und starker Frauen!
Buchtipp Comic: Liv Strömquist – Der Ursprung der Welt
befasst sich mit dem, was als „das weibliche Geschlechtsorgan“ bezeichnet wird und warum die Menschheit eine so unentspannte, borderline-mäßige Hassliebe mit diesem Körperteil verbindet. Informativ und extrem lustig.
UEFA Women’s EURO 2017: 16. Juli bis 6. August in den Niederlanden
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