Metall und mehr

Forum Metall, Forum Design sowie die Meisterklasse für Metall: Ein großangelegtes Ausstellungsprojekt würdigt das Wirken von Helmuth Gsöllpointner – als Künstler, Netzwerker, Vermittler und Lehrender. Die Landesgalerie Linz ist neben Kunstuniversität, Galerie MAERZ und Kunstraum LinkZ an dieser Kooperation beteiligt. Kuratorin Inga Kleinknecht gibt einen Überblick.

Bürowand von Helmuth Gsöllpointner in der Kunsthochschule Linz, um 1990. Foto Unbekannt

Dass Metall weit mehr sein kann als ein wichtiger Werkstoff für Industrie und Technik und sich nahezu allen Bereichen der künstlerischen Gestaltung etablieren kann, hat Helmuth Gsöllpointner unter Beweis gestellt. Mit Projekten, wie dem Forum Metall (1977) und dem Forum Design (1980) hat er sich in die jüngere Kunstgeschichte Oberösterreichs eingeschrieben. Er initiierte aber auch den Weg für eine solide universitäre Ausbildung für Studierende, die sowohl die Technik der Metallverarbeitung als auch die Prinzipien von Kunst und Design erlernen wollen.

Während seiner Zeit als Professor der Meisterklasse für plastisches Gestalten in Metall war Gsöllpointner Rektor der Kunst­universität (1977–1981) und konnte in dieser Doppelfunktion seine Vorstellungen und Pläne für eine Kombination von künstlerischer Ausbildung und technischen Fertigkeiten gezielt umsetzen. Dabei ging es ihm vor allem darum, neue Maßstäbe in der Optimierung von Lehrinhalten zu formulieren. Es galt nicht nur die Technologie und Methodik der Me­tallverarbeitung zu vermitteln, sondern vor allem das geistige und künstlerische Potential der Studierenden zu fördern. Die „Integration der Linzer Hochschule für Gestaltung in das Bewusstsein der Bevölkerung im allgemeinen und der Absolventen der einzelnen Studienrichtungen in das Praxisleben und in die Wirtschaft im besonderen“1 bezeichnet Gsöllpointner als sein Herzensanliegen.

Wesentlich sind die innovativen Lehrmethoden, die das Experimentelle, die erlebnishafte Erfahrung sowie das projektbezogene Arbeiten und die außerschulischen Veranstaltungen als Teil der Ausbildung berücksichtigen. Das Klima in den Metallklassen hat legendäre Episoden und bleibende Erinnerungen hervorgerufen und gleichzeitig zu kreativen Prozessen angeregt, die weit über die reine Metallverarbeitung hinausgehen.

„Gestalten in Metall heißt Gestalten in allen Materialien“, dieser von Helmuth Gsöllpointner geprägte Leitsatz, oder besser gesagt sein Credo, klingt bis heute nach und wird immer wieder gerne zitiert, wenn die Meisterklasse ihre Erinnerungen Revue passieren lässt.

Seine erste Abteilung für Metallplastik gründete Gsöllpointner 1955 in den Lehrwerkstätten der VOEST Alpine AG in Linz. Ermöglicht wurde diese Lokation durch eine Vereinbarung von Bund und Voest und die Unterstützung des damaligen Generaldirektors der Voest, Herbert Koller. „Durch die Situierung im Gelände der Voest waren nicht nur alle technischen Möglichkeiten der Metallbearbeitung gegeben, sondern auch der unmittelbare Kontakt zur Industrie, welcher besonders im Bereich der Industrieformgebung ideale Voraussetzungen schafft.“2

Die erste Generation der Meisterklasse studierte somit hautnah im dualen System von Industrie und Kunst. In der männerdominierten Runde – unter anderem mit Beni Altmüller, Gerhard Bogner, Charles Kaltenbacher und Gerhard Knogler – behaupteten sich die ersten weiblichen Positionen, allen voran Waltrud Viehböck. Eine erste räumliche Annährung zur Kunsthochschule war eine Außenstelle, die Werkstatt in der Linzer Bischofstrasse. Die Übersiedlung in die Reindlstrasse brachte die Meisterklasse schließlich auch räumlich noch ein Stück näher an die Kunsthochschule.

Für Gsöllpointner galt in allen Phasen, in denen er seine Meisterklasse unterrichtete, die Grundprinzipien von Technik und Handwerk sowie Kunst und Gestaltung gleichermaßen einzutrichtern. Nicht zuletzt um seine Schützlinge so aufzubauen, dass ihnen später beruflich eine große Bandbreite an Möglichkeiten offenstehen konnte.

Impulse, die rein künstlerischer Natur waren, überließ er Künstlern wie Gerhard Knogler, Anregungen zur ausgeprägt technischen Seite wiederum kamen etwa von seinem Kollegen Kristian Fenzl. Gsöllpoint­ner vergleicht beide gerne mit einem irrationalen und einem rationalen Flügel3. Die Pufferzone zwischen den beiden Flügeln bildete der Meisterschüler und später Lehrende Stefan Brandtmayr. Der technische Erfindergeist, der Daniel Düsentrieb der Runde, war Arthur Viehböck. In und um Gsöllpointners Meisterklasse wirkten dem­nach unterschiedliche Kräfte und Widerstände, die genau in dieser Polarität verschiedene individuelle und künstlerische Ausprägungen der Studierenden ermöglichten.

Aufmerksamkeit von internationaler Seite erlangte die Meisterklasse schließlich mit dem Projekt „Netz Europa“ (1994), das zu einem regen Gedankenaustausch mit Gastprofessoren führte und Studienaufenthalte im Ausland ermöglichte. Hauptanliegen der Meisterklasse blieb das „Kennenlernen neuer Strukturen und die Auseinandersetzung in offener Diskussion“.4

Die aktuelle Ausstellung der Landesgalerie Linz hat es sich zum Ziel gesetzt, nicht nur einzelne künstlerische Positionen zu zeigen, sondern eben genau diese Grundstimmung der Meisterklasse zu dokumentieren. Neben Schnappschüssen aus der Zeit vermitteln einzelne Filmdokumente von diversen Projekten oder Studienreisen etwas von dem künstlerischen Austausch, der auf gemeinsamen Erlebnissen und Gesprächsrunden basierte.

Diskutiert wurden Fragestellungen mit städteplanerischen Relevanz, zum Beispiel die Erhaltung des Steyrer Wehrgrabens. Dabei ging es um die Regulierung und Revitalisierung des Wasserstandes im technischen Sinne und die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit, die durch künstlerische Ob­jekte und Installationen angeregt wurde.
Weitere Themenfelder bilden die Gestaltung von Innenräumen und Außenanlagen von Häusern und öffentlichen Plätzen bis hin zu neuen Ideen rund um das Thema Form und Funktion von Denkmälern. Der sogenannte Zigarettenturm der Linzer Tabakwerke von Karl-Heinz Klopf und Gerhard Knogler gehört zu den bekannten Beispielen, die eine neue Richtung im Umgang mit Großplastik im urbanen Raum widerspiegeln.
Darüber hinaus entstanden Ideen zur Erweiterung des Mediums Skulptur, die funktional und spielerisch sein kann. Exemplarisch dafür ist die „Kuppel“ von Wolfgang Georgsdorf zu nennen, die sich dauerhaft im Skulpturenpark der Landesgalerie befindet. Der Künstler verschweißte Eisenfundstücke aus der Voest zu einer Art Behausung, die im Inneren mit einer Schaukel erlebbar gemacht werden sollte. Die Erweiterung von Möglichkeiten von Gestaltung und Design wurde neu definiert und in allen Maßstäben umgesetzt. Schmuck und Objektdesign entwickelte sich zu einem wichtigen Schwerpunkt in der künstlerischen Auseinandersetzung der Meisterklasse.

Die Ausstellung fokussiert Werke aus der Studienzeit und Diplomarbeiten der KünstlerInnen, wirft aber gleichzeitig einen Blick auf die vielfältigen beruflichen und künstlerischen Karrieren. Das Spektrum reicht dabei von KünstlerInnen, die Metall als Werkstoff wählen (Wolfgang Georgsdorf, Gerhard Gutenberger, Andreas Sagmeister, Bibiana Weber), sich der Bildenden Kunst verschrieben haben (Beni Altmüller), konzeptuell arbeiten (Peter Sommerauer) oder in mehreren künstlerischen Sparten tätig sind (Karl-Heinz Klopf, Barbara Mungenast, Ursula Witznany), über GrafikerInnen, Produkt- und IndustriedesignerInnen (Rainer Atzlinger, Andreas Bauer, Christian Kreiner), ModemacherInnen und SchmuckgestalterInnen (Andrea Auer, Tina Haslinger) bis hin zu FotografInnen (Norbert Artner, Gregor Graf, Katharina Struber), TechnikerInnen, FilmemacherInnen (Ella Raidel) und BühnenbildnerInnen (Stefan Brandtmayr), die in der Metallproduktion arbeiten oder an der Universität für künstlerische und industrielle Gestaltung lehren (Susanne Jirkuff).

Es geht aber auch um Kunstschaffende, die ganz andere Wege gegangen sind, einfach weil sie in der Meisterklasse von Helmuth Gsöllpointner gelernt haben, den Mut zu haben, mal etwas anderes auszuprobieren und ihr Leben zu gestalten.

 

1 Helmuth Gsöllpointner: Meisterklasse für plastisches Gestalten – Metall an der Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung in Linz, in: Intelligenz der Hand, Metallgestaltung in Österreich am Beispiel von Arbeiten der Meisterklasse für Metallgestaltung an der Hochschule für Angewandte Kunst in Wien und der Meisterklasse für Plastisches Gestalten – Metall an der Hochschule für Künstlerische und industrielle Gestaltung in Linz, Wien 1980, Vorwort.

2 Helmuth Gsöllpointner, Kristian Fenzl, Josef Priemetshofer, Gerhard Knogler (Hgg.): Metall, 1976/1977, Linz 1977, Vorwort.

3 Vgl. Helmuth Gsöllpointner, Meisterklasse Metall, 10 Jahre Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung in Linz, Ternberg 1984, S. 6.

4 Helmuth Gsöllpointner, Gerhard Knogler, in: Meisterklasse Metall Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung, MK Metall, Linz 1994, Vorwort.

 

METALL UND MEHR. Helmuth Gsöllpointner und seine Meisterklasse Eröffnung: Mi., 13. Nov. 2019, 19.00 Uhr
Ausstellungsdauer: 14. Nov. 2019 bis Jan. 2020
www.landesmuseum.at/de/standorte/landesgalerie-linz.html

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