Es fehlt an Mut. Es gibt Lichtblicke. Alles wird gut.
Wenn man Linz als Fahrradmikrokosmos sehen möchte, wartet man entweder auf den Urknall oder man sehnt den Weltuntergang und die damit verbundene Katharsis herbei. Meint Magnus Hofmüller.
So ist politisch zwar einiges in Bewegung geraten, bloß, ob die Richtung stimmt und der nötige Mut zugegen ist, wird sich zeigen. Der glücklose ehemalige Verkehrsstadtrat hinterlässt ein trauriges Erbe. Für sämtliche VerkehrsteilnehmerInnen. Der Neue, der sich im Wahlkampf ja zumindest als fahrradfreundlicher Politiker präsentiert hat, muss sich erst beweisen. Und die Zeit von Warten-wir-auf-dies-und-warten-wir-auf-das sind vorbei. Große Metropolen (z. B. Paris), aber auch vergleichbare Mittelstädte (z. B. Freiburg) schaffen es, in kürzester Zeit Maßnahmen zu setzen, die das mobile Leben angenehmer, sicherer und ökologischer machen. Und keine Angst vor Verboten – manchmal müssen diese sein. Das einzige Projekt aus der Ära Hein, das zumindest teilweise nachhaltig wirkt, ist das Parkverbot am Urfahraner Jahrmarktgelände. Zeter und Mordio wurde von Verbänden und Pendler-IGs geschrien – und genauso schnell war das Schreien auch wieder vorbei. Positive Fakten schaffen und nicht nur Entscheidungen zu Ungunsten von Fuß- und Radverkehr, darum geht es. So ist auch das Prozessdesign entscheidend. Geht man in Linz von einem guten Status Quo und einem „bloßen“ Verbesserungspotential aus, war man in Paris ehrlicher zu sich selbst und letztendlich auch zur Bevölkerung. Die Planung in Paris ging von einem desaströsen Ist-Zustand aus. So sollte man in Linz wohl auch starten. Und den Rufern „Die frechen Radler wollen alles“, sollte man das Programm von Freiburg näherbringen, denn dieses setzt auf einen moderaten und gut moderierten Umgang miteinander.
Aber auch einfach couragiertes Herangehen würde schon viel helfen. Wo sind zum Beispiel die Fahrradvorrangrouten, die Linz von Nord nach Süd und von West nach Ost an den Hauptverkehrswegen verbinden? Wo sind die fahrradfreundlichen Auf- und Abfahrten, und Spuren auf den Brücken? Wo sind die ernstgemeinten Konzepte für sanfte Mobilität? Politisch wären das doch wohl mehrheitsfähige Absichten. Grüne, KPÖ und Linz+ sind ja ausgewiesene Fahrradfreunde. Und die ÖVP ja, wie es scheint, auch. Und selbst die verkehrsmäßig oft etwas verpeilte SPÖ könnte dazulernen – sie betreibt ja zumindest schon den Radverleih der Stadt. Man hat in Linz einfach an entscheidenden Positionen noch nicht begriffen, dass das Fahrrad und seine FürsprecherInnen keine lästigen Randerscheinungen sind, sondern ein zentrales Instrumentarium für moderne zukunftsgewandte Stadtentwicklung.
Als Lichtblick kann man die private Initiative der gelben Firma aus dem Linzer Hafen nennen. Aktuell wird der schon vor Jahren eingerichtete und öffentlich zugängliche Pumptrack um ein sogenanntes Velodrom erweitert. Eine abgeschlossene Rundstrecke für Trainings- und Wettfahrten. So wird ein Hotspot für Fahrradfreunde geschaffen, der der sportlichen Seite des Radsports im Zentralraum hoffentlich neuen Antrieb gibt. Der Verein Velodrom Linz, der sich seit Jahren für eine derartige Anlage eingesetzt hat, ist fürs nötige Einführungstraining verantwortlich und wird sicher das eine oder andere Event vor Ort gestalten. So gesehen blicken wir radsportlich in ein gutes 2022 und verkehrspolitisch in ein unsicheres Gemeinderatsjahr. Hoffen wir das Beste.
Ein kleiner Tipp für die LeserInnen, die noch ein Präsent suchen und Fahrrad mit Kunst verbinden möchten, ist der feminist machines–Fahrrad-Kalender 2022 von Silke Müller. Quelle und Kontakt: silkemueller.net/fahrradkalender-2022
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