Russische Kaltmamsell oder ein Einmaleins für die kalte Küche.
Der Dude ist ja dafür bekannt, dass er jeder Sau, die durchs Dorf getrieben wird, geifernd nachläuft – so auch dem omnipräsenten Thema Winter und Kälte. Um uns bestens auf die drohende Temperatursenkung und den Sparhaushalt vorzubereiten, hier ein kleines Einmaleins zum kulinarischen Widerstand. Die erwähnte Kaltmamsell feiert in Form ihres mannigfaltigen Rezepterbes ein fulminantes Comeback und wird dadurch teure Ratgeberin bei der Zubereitung von wohligen Salaten, sauren Sülzen und bitterkalten Platten. Viel wichtiger als Speisenarchitektur, fancy Cookingskills und exakte Zubereitungsplanung ist aber das Basiswissen über die Wärmekraft der unterschiedlichsten Lebensmittel. Hier wird uns der Chinese ein wohlgelittener Freund und Experte: TCM (Traditionell chinesische Medizin) erzählt uns alles über Zutaten und ordnet die geeignetsten KandidatInnen, sodass wir auf einen Blick die wichtigsten Fakten erfassen und verstehen können. Der Slowdude, seit Jahren ein Verfechter der These „Essen und Trinken muss nähren, aber auch stärken und heilen“, findet sich hier in bester Gesellschaft wieder. Und in dieser fühlt er sich pudelwohl, verstanden und gut aufgehoben.
Der aufziehende Herbst bringt die unterschiedlichsten Kohlarten, Rotkraut, rote Rüben oder Kürbis und damit auch viele saisonale, natürliche, gesunde und außerdem schmackhafte WarmmacherInnen. Aber auch Küchenstandards wie Zwiebel, Porree und Lauchzwiebel sind Heizkraftwerke aus der Gemüselade – Süßkartoffeln und Fenchel runden diesen Reigen an Möglichkeiten ab. Bringt man diese Lieben zum Beispiel mit einer erquicklichen Menge Ingwer, Knoblauch und Chili zusammen, kommt die Hitzewallung so sicher wie das nächste Frühjahr. Additiv zu nennen sind hier Walnüsse, Pinienkerne und Maroni. Auf der Gewürzseite wird von Fenchel, Anis und Kümmel viel Wärme gespendet. Wahre Nachbrenner sind auch Granatäpfel, Zwetschgen (auch in gedörrter Form) und Rosinen. Geräucherter Fisch und Wildbret sind Optionen für Karnivoren. Also ein breites Spektrum an Basismaterial, das die geneigte Köchin oder den geneigten Koch schön gewärmt über die kalten Tage bringt.
Meiden sollten wir hingegen die Gurke, den Sellerie – ja es ist bitter – und auch alle Formen von Kokos. Kokoswasser, Kokosflocken, Kokosmehl, Kokosmilch und auch Kokosspalten. Und auch Spargel, Erdbeeren und Wassermelone sollten tunlichst in der Winternahrung nicht vorkommen – die haben aber in der kalten Jahreszeit soundso nichts im Einkaufskörbchen zu suchen. Die Gewürze, die sich eher der kühlen Seite zuneigen, sind Dill, Kamille, Koriander, Pfefferminze und Salbei – ja auch hier ein paar schmerzliche Verluste. Aber die sehnlichst herbeigewünschte Verwendung im Frühling und Sommer trösten den Dude darüber hinweg.
Neutral hingegen ist der Reis. Im Sommer unterstützt er kühlende Nahrungsmittel, im Winter die wärmenden. Ebenso die gute Kartoffel – neutral bis in die innerste Stärkeschicht. Sympathisch.
Um dem titelgebenden und anachronistischen Begriff Kaltmamsell Rechnung zu tragen: Die Herbst- und Winterzeit zu nutzen, um alte Rezepte zu suchen, zu adaptieren und gar zu modernisieren, schafft Abwechslung vom öden Küchenalltag. Kombiniert mit den weisen Ratschlägen und Zutatentipps aus der TCM eine absolute Win-Win-Situation, meint der Slowdude. Aber auch zur nötigen Distraktion von der aktuellen Weltenlage – Experimente und Neues in der Küche schaffen wertvolle Ablenkung. Der Dude ist und bleibt ein emotionaler Fatalist und rät: Das Beste draus machen – auch wenn die Küche kalt bleibt.
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