120 Jahre Kampf: Enthüllung eines Aufstands
Zum Weltfrauentag und anlässlich der katastrophalen und brutalen Situation für iranische Frauen: Ayan Rezaei gibt einen Überblick über Kampf und historische Errungenschaften der Frauenbewegung im Iran ab 1905. Der Kampfgeist der iranischen Frauen für eine feministische Revolution weckt Hoffnung.
Die iranische Frauenbewegung ist mit der konstitutionellen Bewegung1 von 1905 verbunden. In dieser Zeit betraten Frauen auf Einladung religiöser Gelehrter die politische Bühne, um die Ziele der konstitutionellen Bewegung voranzutreiben. Dieser Eintritt war noch nicht fortschrittlich. Aber nach dem Ende der Revolution kehrten diese Frauen nicht in ihre Häuser zurück, sondern arbeiteten weiter daran, ihre Rechte zu bestimmen und durchzusetzen. Die ersten Frauenvereinigungen wurden, wie die Männervereinigungen, während der Verfassungskämpfe im Geheimen gegründet. Zu ihnen gehört die Vereinigung „Hurriyet-e-Nesvan“ (Freiheit der Frauen), die sich zweimal wöchentlich in den Gärten rund um Teheran traf. Die Teilnahme an diesen Vereinigungen war auch für Männer erlaubt, unter der Voraussetzung, dass sie von einer weiblichen Angehörigen begleitet wurden. Männer durften jedoch keine Reden halten. Bei diesen Treffen wurden soziale und politische Fragen erörtert, da Frauen in den Männervereinen von der aktiven Teilnahme und Diskussion ausgeschlossen waren. Nach Angaben von Morgan Schuster2, einem amerikanischen Berater, gab es 1907 mindestens 10 geheime Frauenverbände, die von einem zentralen Ausschuss koordiniert wurden. Diese Verbände mit revolutionärem Charakter setzten sich vor allem für die Anerkennung der Rechte der Frauen und die Gleichstellung der politischen und sozialen Rechte von Frauen und Männern durch das Parlament ein. Die erste Erklärung dieser Vereinigungen wurde im Oktober 1907 veröffentlicht, in der es hieß: „Überlasst die Arbeit vierzig Tage lang uns Frauen, wenn es euch keine Schande bringt. Wir wählen Anwälte. Wir wählen Minister. Wir korrigieren das Gesetz. Wir bestimmen die Machthabenden. Wir rotten die Wurzel der Unterdrückung und der Tyrannei aus.“ Die erste Mädchenschule wurde 1906 gegründet. Damals war es für Frauen ungewöhnlich zu studieren, sodass einer der Geistlichen von der Kanzel rief: „Wir sollten um das Land weinen, das eine Grundschule für Mädchen eröffnet hat.“ Und die Leute fingen an zu weinen!
Doch die Mädchenschulen wurden nach und nach in den Privathäusern der Lehrerinnen gegründet und trotz des Drucks und Widerstands der religiösen Männer ausgeweitet. Nach der zweiten Periode der Konstitution im Jahr 1909 wurde der erste öffentliche Aufruf zur Teilnahme an Frauenverbänden publiziert. Nach dieser Aktion, der Bekanntmachung der Aktivitäten der Vereine und der Einrichtung von Mädchenschulen begannen die Frauen im nächsten Schritt, Frauenzeitschriften herauszugeben. Diese Zeitschriften verfolgten zunächst keine spezifisch-feministischen Ziele. Sie befassten sich jedoch nicht nur mit „ethischen Debatten, Hauswirtschaft, Kindererziehung und Viehzucht“, sondern widmeten sich auch Themen wie dem Recht der Frauen auf Bildung und Mädchenschulen. Und machten auf die Notwendigkeit aufmerksam, die Stellung und den Status der Frauen in Gesellschaft und Familie zu verändern. Nach der Etablierung dieser Zeitschriften wurden beispielsweise die Polygamie der Männer und die Leichtigkeit, mit der sich Männer von Frauen scheiden lassen, in Artikeln thematisiert. Diese Forderungen fanden nach und nach ihren Weg in die öffentlichen Publikationen, und die Stimme der Gleichberechtigung der Frau wurde lauter.
Zwischen 1907 und 1914 formierte sich die erste Opposition gegen den Hidschab für Frauen. Zu dieser Zeit umfasste der Hidschab der Frauen Tschador und Schleier, und die Einwände gegen den Hidschab waren lediglich gegen das Tragen von Schleiern gerichtet. Daraufhin nahm Tahira Qura-ul-Ain, eine der Anführerinnen der Babi-Bewegung3, zum ersten Mal in der Öffentlichkeit den Schleier von ihrem Gesicht. In den darauffolgenden Jahren ebneten einige gebildete Frauen den Weg für einen Wandel in der Art, wie sich Frauen kleiden, indem sie den Schleier ablegten und Artikel gegen den Hidschab schrieben. Die „Women and maidens Group of Iran“ war eines der ersten Foren, das gegen den Hidschab kämpfte und betonte: „Da der Iran von allen Seiten im Feuer der Ignoranz brennt, sollte die Bildung bei den Müttern beginnen. Alle familiären, wirtschaftlichen, literarischen, sozialen und sogar politischen Misserfolge Irans sind darauf zurückzuführen, dass die Frauen den Hidschab tragen, der sie daran hindert, in die Gesellschaft einzutreten“. All diese Aktivitäten standen unter ständigem Druck des Klerus und religiöser Kreise, und ihre Veröffentlichungen wurden häufig vorübergehend oder dauerhaft verboten. Frauen, die gegen den Hidschab kämpften, wurden wegen Prostitution und Unmoral verurteilt, verhaftet oder ins Exil geschickt.
Die Proteste gegen das fehlende Wahlrecht begannen, als die Verfassungsänderung in der ersten Legislaturperiode des iranischen Parlaments im Jahr 1907 Frauen ausdrücklich das aktive und passive Wahlrecht verweigerte und sie in die Reihe von Geisteskranken, Kriminellen und Kindern stellte. Drei Jahre später veröffentlichte die feministische Zeitschrift Shokoofeh in einer Situation, in der Frauen jegliche politische Teilhabe verwehrt war, die Namen von 12 Kandidatinnen und forderte die Männer auf, für sie zu stimmen. Diese Aktion führte zu einem vorübergehenden Verbot der Zeitschrift, aber die Bemühungen der Frauen, in die politische Arena einzutreten, wurden fortgesetzt.
Die Siege der europäischen und amerikanischen Frauen bei der Erlangung des Wahlrechts wurden von Aktivistinnen übersetzt und veröffentlicht.
In den Verfassungsjahren setzten sich die frühen iranischen Feministinnen mit den vier Hauptforderungen nach Beseitigung der Geschlechterdiskriminierung in den Bereichen Bildung, Familiengesetze, politische Teilhabe und Wahl der Kleidung auseinander. In der Zwischenzeit gelang es ihnen, weitere Mädchenschulen einzurichten, und die Gründung von Publikationen und Vereinigungen wurden zu zwei starken Waffen, die die iranische Frauenbewegung in der Folgezeit vorantrieben.
Als Reza Schah Pahlavi 1925 den Thron bestieg, änderte sich auch die Politik gegenüber Frauen. Reza Schah war ein fortschrittlicher Diktator, der die Grundlagen für die Modernisierung im Iran schuf. Gleichzeitig duldete er die Aktivitäten unabhängiger und oppositioneller Zusammenschlüsse nicht, und viele politische und zivilgesellschaftliche Vereinigungen wurden zu dieser Zeit geschlossen. Auch die Frauenverbände gerieten unter die Kontrolle der Regierung und wurden nach und nach aufgelöst. Die Einrichtung des „Frauenzentrums“ durch die Regierung bedeutete zu diesem Zeitpunkt den Beginn einer neuen Ära der Aktivitäten von Frauen – im Rahmen der Unterstützung und Kontrolle durch den Schah. Viele Feministinnen setzten ihre Bemühungen fort, die Bewegung in Form dieses Vereins am Leben zu erhalten.
Eine der umstrittensten Maßnahmen von Reza Schah in Bezug auf Frauen war das Gesetz zur Abschaffung des Hidschabs. Obwohl viele dieses Gesetz dem Schah selbst und seinem Einfluss aus Europa zuschreiben, war das Thema Hidschab seit langem Gegenstand der Kämpfe der iranischen Feministinnen. Sie waren der Meinung, dass der Hidschab ein symbolisches Bild für die minderwertige Stellung der Frau ist. So beschlossen beispielsweise 1929 sechs Frauen, die freiwillig als Lehrerinnen an Mädchenschulen in Shiraz tätig waren, die Farbe ihres Tschadors zu ändern. Damals galt dies als gefährliche Idee. Sie nähten regenbogenfarbene Tschadors und machten sich zu Fuß auf den Weg in die Stadt. Ihr Spaziergang dauerte nicht lange und wurde von Männern unterbrochen, die sie angriffen und bewarfen, woraufhin jede von ihnen in ein Haus flüchtete.
1930 ging eine kleine Anzahl von Frauen in Teheran zum ersten Mal ganz ohne Hidschab auf die Straße. Und nach der Verabschiedung des Gesetzes „Kashf-e hijāb“4 durch Reza Schah zogen Vertreter des Königs Frauen den Schleier vom Kopf und zwangen sie, den Hidschab abzunehmen. Diese Vorgehensweise wurde selbst von Anti-Hidschab-Feministinnen nicht gebilligt.
In dieser Zeit wird auch eine Politik der „Integration von Frauen in das gesellschaftliche Leben und der Erziehung gebildeter Mütter zur Verbesserung der Zukunftsaussichten künftiger Generationen“ verfolgt, die zu einem Anstieg des Alphabetisierungsniveaus bei Frauen und einer Zunahme der öffentlichen Schulen für Mädchen führte. Zwischen 1922 und 1939 stieg die Zahl der alphabetisierten Frauen allein in Teheran von 9.000 auf 68.000. Im Jahr 1936 wurde mit der Zulassung von 80 Mädchen zur Universität die Barriere für den Zugang von Mädchen zur Hochschulbildung durchbrochen. 1944 betrug der Anteil der Frauen an der Gesamtzahl der Studenten im Lande 28 %.
1953 trat die iranische Frauenbewegung in eine neue Phase ein, indem sie sich an linken politischen Organisationen beteiligte, und es entwickelte sich eine Gleichstellung mit Männern. Bis zum Staatsstreich von 1953 wurden die politischen Forderungen der Frauen, einschließlich des Wahlrechts, im Schatten der von männlichen Politikern beeinflussten Parteien marginalisiert. Frauenaktivistinnen waren jedoch weiterhin aktiv, indem sie beispielsweise Demonstrationen veranstalteten, hunderttausend Unterschriften für das Frauenwahlrecht sammelten und Briefe an internationale Organisationen schrieben.
In dieser Zeit kam die Frauenorganisation „Sazman-e- Zanan“ unter das Dach einer Regierung, die fortschrittliche Ansätze verfolgte. Die Anstrengungen der Frauen führten zu wichtigen Erfolgen. Nach 55 Jahren des Kampfes um das Wahlrecht konnten Frauen 1963 endlich wählen gehen, und sechs Frauen zogen gleichzeitig ins Parlament ein.
Der nächste Schritt der Frauenorganisation war die Verabschiedung des Gesetzes zur Unterstützung der Familie. Die Ablehnung diskriminierender Gesetze in Bezug auf Ehe und Scheidung, das Verbot der Polygamie und der Ehe auf Zeit sowie die Beseitigung aller Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen waren die Forderungen dieses Gesetzes, das dem König und dem Parlament in einer Liste von 13 Artikeln vorgelegt wurde. Obwohl sie nicht zur Opposition der Geistlichen gehörten und nicht religiös waren, gab es einige Männer in der Schah-Regierung, die sich gegen das Gesetz zur Unterstützung der Familie aussprachen, mit der Begründung, es stehe im Widerspruch zur Scharia.
Frauenzeitschriften hatten großen Einfluss darauf, diese Forderung bekannt zu machen und sie in verschiedenen intellektuellen Gruppen zu diskutieren. Schließlich wurde das Gesetz 1974 angenommen, nachdem die religiösen Führer Änderungen durchgesetzt hatten. Obwohl dieses Gesetz nicht genau die Gleichberechtigung darstellte, die sich die Frauenrechtlerinnen wünschten, war es zu diesem Zeitpunkt das fortschrittlichste Familiengesetz zugunsten der Frauen. Dinge wie die Anhebung des Heiratsalters für Frauen auf 18 Jahre und die Erleichterung des Scheidungsantrags für Frauen hatten die Rechte der Frauen in der Familie erheblich verbessert.
Doch die Errungenschaften der letzten 70 Jahre gingen in der Revolution von 1978 verloren. Haideh Moghithi, eine FrauenforscherInnen, schreibt: „Die Ereignisse nach der Revolution zeigten, dass die Unterstützung durch diese Regierung weder den Frauenorganisationen noch der Mehrheit der Frauen zugutekam.“ Diese Art der Mobilisierung der Frauen veränderte das Wesen der politischen Frauenverbände in einer Weise, die zu einer Verzerrung und Diskreditierung des Feminismus führte. Die Verstaatlichung der juristischen Kämpfe der Frauen führte dazu, dass junge und gebildete Frauen den Kampf um Geschlechterfragen und Diskriminierung als bürgerliche Frauenthemen ansahen und das Sprechen über Frauenrechte als spalterisch aus Sicht der Volksbewegung betrachteten. Viele dieser Frauen schlossen sich der Anti-Schah-Bewegung an. Einige wurden inhaftiert und gefoltert.
Die widersprüchliche Rolle der Frauen in der Bahman-Revolution, d. h. ihre Beteiligung an der Revolution gegen das Schah-Regime (ein Regime, das behauptete, die sozialen Rechte und den rechtlichen Status der Frauen verändert zu haben) und ihre Unterstützung des Klerus, d. h. einer Kraft, die sich jahrzehntelang aktiv gegen soziale Reformen zugunsten der Frauen gewehrt hatte, lässt sich unter diesem Gesichtspunkt erklären. Die wenigen Frauenorganisationen, die nach der Abschaffung der Pahlavi-Monarchie und der islamischen Revolution 1978 noch übrigblieben, setzten sich nicht mehr für ihre Rechte ein.
Als die patriarchalische Seite der islamischen Regierung zum Vorschein kam, gingen viele Errungenschaften der Frauen verloren. Nur 15 Tage nach dem Sieg der islamischen Revolution erklärte Khomeini das Gesetz zur Unterstützung der Familie für schariawidrig und setzte es außer Kraft. Die erste Reaktion der Frauen war die Demonstration am 8. März 1978. Erst am Tag zuvor hatte Khomeini verkündet, dass „nackte Frauen“ (Frauen ohne Hidschab) die islamischen Ministerien nicht betreten sollten. Eine Flut von Menschen begann auf die Straße zu gehen. Trotz der Kälte und des starken Schneefalls schlossen sich etwa 50 000 Frauen dieser Demonstration an. Diese Demonstration dauerte sechs Tage und ist die größte Frauendemonstration in der Geschichte des Iran. Doch die meisten der damaligen revolutionären politischen Gruppen, von den linken und liberalen bis hin zu den religiösen und säkularen Kräften, ließen die Frauen, die gegen den Hidschab protestierten, mit ihrem Widerstand oder ihrem Schweigen allein. Sie ebneten so den Weg für die Unterdrückung der Demonstranten und in den folgenden Monaten und Jahren für weitere Eingriffe in die Frauenrechte.
Trotz aller Repressionen hat die iranische Frauenbewegung auch nach der islamischen Revolution nicht aufgehört tätig zu sein. Während dieser Zeit wurden die Vereinigungen im Geheimen weitergeführt. Aufgrund der übermäßigen Zensur in den Medien und der Presse dieser Zeit wurden diese Gruppen zu Orten, an denen verbotene Bücher gelesen wurden. Die Frauen, die diesen Kreisen angehörten, versammelten sich aus unterschiedlichen Beweggründen. Sie reichten „von Liebeskummer und Zusammensein bis hin zur Sensibilisierung für den Feminismus, es ging um Durchführung von Aktionen zum Wohle der Frauen und um Forschungsarbeiten auf dem Gebiet des Feminismus“.
Eine Gruppe regierungsnaher Frauen nahm 1985 an der Weltkonferenz in Kenia teil, eines der wichtigsten Ereignisse dieser Zeit. Dort wurden ernsthafte Fragen zur Lage der iranischen Frauen gestellt. Nach ihrer Rückkehr bildeten diese Frauen eine Arbeitsgruppe und begannen, den Koran aus der Sicht der muslimischen Frauen zu überarbeiten und zu überprüfen. Diese langsamen Schritte machtnaher muslimischer Frauen zur Anerkennung der Frauenrechte waren ihre Bewegung in Richtung Feminismus, und so konnten einige von ihnen in denselben Jahren durch ihren politischen Einfluss einige kleine Veränderungen zugunsten der Frauen erreichen.
Mit der Öffnung während der Reformära, zwischen 1997 und 2010, konnte die Frauenbewegung entsprechend den Forderungen eine kontinuierliche Periode des Aufbaus von Institutionen und die Organisation von Massenkampagnen verzeichnen. In Folge konnten sie den 8. März 1998 in einem Buchladen in Teheran wieder öffentlich veranstalten. Einer der weiteren Meilensteine dieser Jahre war die Bildung des „Women’s Consortium“, das nach der Verleihung des Friedensnobelpreises an Shirin Ebadi5 gegründet wurde. Neben säkularen und regimekritischen Frauen außerhalb des Regierungskreises waren auch religiöse Aktivistinnen und reformorientierte Parlamentarierinnen in dieser Gruppe aktiv.
Zahlreiche Bewegungen wie die Gründung des Forums „Mütter des Friedens“, kollektive Bemühungen zur Ausarbeitung einer Frauencharta, der Beitritt zur „Globalen Frauenbewegung“ und der Start der Kampagnen „Eine Million Unterschriften zur Änderung diskriminierender Gesetze“ folgten. Weiters gab es „Das Gesetz ohne Steine“, „Eine Million Unterschriften“ nach dem Vorbild der Kampagne der marokkanischen Frauen zur Änderung der Familiengesetze und vieles mehr.
Die neue Welle der Ablehnung der Hidschab-Pflicht begann erneut 2017 – mit einem Mädchen, das ihren Hidschab auf einen Stock steckte und mitten im Protest auf eine Plattform kletterte. Ihr Name war Vida Movahed. Sie wurde nach dieser Aktion verhaftet und zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Vidas Protest wurde von anderen Mädchen wie Narges Hosseini, Shapark Shajarizadeh und Roya Saghiri wiederholt und führte zu einer neuen Bewegung, die als „Girls of Enghelab“-Bewegung bekannt wurde. Nach einigen Tagen bezeichnete Khamenei, der derzeitige Führer der islamischen Revolution, diese Frauen als „verachtenswert“ und „geblendet“.
Die Kampagne „Sneaky Freedoms“ (Heimliche Freiheiten) der in Amerika lebenden iranischen Journalistin Masih Alinjad hatte ebenfalls großen Einfluss darauf, dem Protest iranischer Frauen gegen die Hidschab-Pflicht in der internationalen Gemeinschaft seit 2014 Gehör zu verschaffen. Bei dieser Kampagne handelt es sich um eine Facebook-Seite, auf der Bilder von Frauen ohne Hidschab an öffentlichen Orten gezeigt werden.
Die Bewegung „Frauen, Leben, Freiheit“ ist das Ergebnis von mehr als 120 Jahren des Kampfes der Frauen um Erlangung ihrer Menschenrechte. Eine Bewegung, die bis heute einen langen Weg zurückgelegt hat. Dieser Kampf brachte sogar Männer dazu, ihre Sichtweise zu ändern. Heute fordern sie in Protesten an der Seite der Frauen, dass Frauenrechte gleichbedeutend mit Menschenrechten sind. Aktuell wurden diese Proteste wegen des gewaltvollen Todes von Mehsa Gina Amini durch die Sittenpolizei erneut entflammt. Durch die Betrachtung der historischen Entwicklungen der Frauenbewegungen im Iran können wir heute klar und mit Zuversicht behaupten, dass die Revolution „Frauen, Leben, Freiheit“ eine feministische Revolution ist.
1 Die persische konstitutionelle Revolution war ein Vorstoß für eine demokratische Herrschaft in Form einer konstitutionellen Monarchie in einer stark elitären, aber dezentralisierten Gesellschaft unter der Qajars-Dynastie. (Wikipedia)
2 Janet Afary, Die iranische Verfassungsrevolution, Basisdemokratie, Sozialdemokratie und die Ursprünge des Feminismus Columbia University Press, 1996
3 ist eine Religion, die 1844 vom Báb (b. ’Ali Muhammad) gegründet wurde, einem iranischen Kaufmann, der zum Propheten wurde und lehrte, dass es einen unbegreiflichen Gott gibt, der seinen Willen in einer unendlichen Reihe von Manifestationen Gottes manifestiert. (Wikipedia)
4 Das Gesetz zum Verbot des Schleiers und zur Ermutigung der Iranerinnen, europäische Kleidung anzunehmen, wurde 1936 verabschiedet. (Wikipedia)
5 Shirin Ebadi ist eine iranische politische Aktivistin, Rechtsanwältin, ehemalige Richterin und Menschenrechtsaktivistin sowie Gründerin des Zentrums für die Verteidigung der Menschenrechte im Iran. (Wikipedia)
Text: Ayan Rezaei, Februar 2023
Maryam Hosseinkhah ist Journalistin und Forscherin. Sie ist eines der Gründungsmitglieder der One Million Signatures Campaign, einer iranischen Bewegung, die sich für die Abschaffung diskriminierender Gesetze einsetzt. Sie erwarb ihren Master-Abschluss an der Abteilung für Nah- und Mitteloststudien der Universität Dublin, Trinity College. Im Jahr 2007 wurde Maryam wegen ihrer Arbeit für die Eine-Million-Unterschriften-Kampagne verhaftet und zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, während der sie weiterschrieb. Sie ist die Autorin von Thirty-five Years of Forced Hijab: The Widespread and Systematic Violation of Women Rights in Iran; The Unfinished Tale: The Mothers and Families of Khavaran; und The Forgotten Women: Stimmen aus den Gefängnissen im Iran.
Tina Reif hat aus dem Englischen übersetzt.
Valarie Serbest von der Frauenvernetzungsstelle Fiftitu% hat den Text vermittelt.
fiftitu.at
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