Optimus temperatus.

Ja, ja – jetzt kommt er mit Temperaturgefasel zur kalten Jahreszeit. Allgemeinplätze von gekühlten oder heißen Getränken erwartet sich die geneigte Leserin, der geneigte Leser. Aber mitnichten. Der Dude ist auf der Suche nach den leisen Zwischentönen, den feinen Graden: Der sanftwohligen, anschmiegenden Wärme oder der aufregenden, angenehmen Kühle. Gefroren, gefrostet, gebraten, flambiert – das sind in Zeiten der Extreme die wohl naheliegendsten kulinarischen Temperaturzuschreibungen. Aber wie so oft in den lukullischen Sphären, machen die kleinen Entdeckungen das große Bild! Dass Wein erst in unterschiedlichsten Kühle- oder Wärmestufen seine gesamten Geschmacksklaviatur spielt, ist bekannt, und dieses Wissen wird in der Praxis von Profis als auch von Laien so praktiziert. Dass aber fast alle Nahrungsmittel eine Idealtemperatur zur Zubereitung oder Zusichnahme haben, ist wohl weniger bekannt bzw. wird in den seltensten Fällen angewandt.

Und da man im neuerlichen Lockdown vermeintlich wieder mehr Zeit für sich hat, gönnt sich der Dude Warm- und Coolfood in allen Varianten und gesteht seinen zum Verzehr gedachten Zubereitungen die Zeit und Temperatur zu, die sie sich wünschen.

So wird der gute Ziegenkäse nach Brie-Methode durch einen sogenannten Käse-Spaziergang in Fahrt gebracht. Nein, der Dude wird nicht als exaltierter Käseliebhaber mit dem Brie-Laib in den Taschen durch seine geliebte Linzer Stadt wandern. Vielmehr bekommt der Brie sein Bett neben dem Kühlschrank und durch die Dauer des Spaziergangs die genaue Zeit, sich vollends zu entspannen und die richtige Viskosität anzunehmen. Genauso verhält es sich beim Fisch, der gebraten wird. Einfach auf Raumtemperatur kommen lassen, dann wird das fröhliche Bratgut wesentlich geschmeidiger und schmackhafter in der Zubereitung. Bei rotem Fleisch ist es sogar ratsam, ein bis zwei Stunden vergehen zu lassen. Einfach probieren!

Fermentierte Köstlichkeiten, die ja Reife bei Raumtemperatur erlangen und dann gekühlt gelagert werden, sollten vor dem Genuss auch wieder auf ihre Reife-„Grade“ gebracht werden. Die Milchsäurebakterien, die dieses Wunder vollbracht haben, werden es danken. Auch sauer eingelegte Gemüse und alles in Richtung Pickles sowie Würzsaucen entfalten ihren ursprünglichen Geschmack bei Raumtemperatur.

Die Kultur des „Sandwich-Wrap-Sushi“-Runterschlingens – direkt aus der Kühltheke – verlernt es uns, echte Geschmäcker zu schätzen oder überhaupt zu erkennen. Außerdem, so die feste und richtige Meinung des Dudes, ist dieser Conveniencefraß soundso an viel mehr Schuld als vermutet wird. Denn die durchweichten Wraps und Karikaturen von Sushi und Maki im „praktischen“ Plastikpack sollten strafbesteuert werden. Wirklich! Probiert es mal aus, solche Fastfoodteile auf Raumtemperatur zu bringen und dann zu verkosten. Übrig bleiben säuerliche, fasrige Einzelteile, die kaum genießbar sind und vor neuerlichem Erwerb abschrecken werden.

Darum: Liebkost euren Käse, Fisch, Schinken und die guten Essiggurken mit der Temperatur, die sie verdienen und genießt wohltemperiert!

Verroht

Da sitzt eine also, maßlos ernüchtert und denkt und denkt und denkt. Zermartert sich das Hirn, entwirft Szenarien, verwirft sie und schickt am Ende des Tages doch wieder bloß Emails in die Runde, mit der Frage – was können wir tun, was müssen wir tun? Liest die Antworten. Liest, dass es allen gleich geht. Und so kommen wir uns alle gleich ohnmächtig vor, obwohl wir es natürlich nicht sind. Wir sind so sicher – noch – vor Klimakatastrophe, Waldbränden, Pandemien und Taliban. Und fühlen uns ohnmächtig? Was braucht es denn, um den Hintern hochzukriegen, die Ohnmacht zu überwinden? Und diese Frage, die richtet zuallererst an mich selbst. Das alles war abzusehen, die zunehmende Verrohung mehr als spürbar. Geholfen hat das Spüren nichts, weder das leise Beben noch das Zittern, auch nicht die Unruhe, mit der in den letzten Jahren jede Entscheidung, jede Verabschiedung, jedes Loslassen, jedes neue Aufrichten und Auspacken begleitet war. So viel steht einer offen, wenn sie hier geboren ist: dass sie ständig ein- und auspacken, umziehen und neu beginnen kann. Ganz ohne sich als Flüchtling, Asylantin oder Obdachlose beschimpfen lassen zu müssen. Österreich, das einst ein verdammt gutes, sozial ausgeglichenes Land war, in dem jedes Kind gleiches Recht auf kostenlose Bildung, medizinische Versorgung und Berufschancen hatte (wobei ich das anzweifle, das Land war im Grunde immer ständestaatlich organisiert, es hat uns bloß nicht wirklich gestört) hat so viele ohnmächtige Alleskönner hervorgebracht, Blinde, die meinen, alles überblicken und einordnen zu können, Narzisst:innen, die wohlwollend den Kopf schieflegen, und glucksend davon berichten, wie gut sie es mit anderen meinen, dass einer nur noch schlecht wird. Nichts anderes als verroht sind sie, die aktuell das Land regieren, und auch wir, die es nicht regieren, aber kaum adäquat reagieren auf all die Unmenschlichkeit, die sich dieser Tage über uns ganz offen und unverhohlen ergießt. Frauen verstecken sich in Kellern vor den Taliban, Frauen werden abgeschoben, Frauen fliehen vor den Auswüchsen eines nach wie vor kolonialistisch getriebenen Kapitalismus und da stellt sich einer hin und meint: Hilfe vor Ort wäre jetzt das richtige. Im Wissen – und das ist das Unerhörte – darum, dass es die nicht gibt, nicht geben kann. Wie oft muss sich Geschichte wiederholen, wie lange und wie oft sind wir noch bereit, mitanzusehen und mitanzuhören, dass jene, die alles im Handumdrehen zum Besseren gestalten können, die Hände falten und in den Schoß legen, aus purer Angst, die Zustimmung von der rechtsrechten Seite zu verlieren? Es ist genug, „wir“ haben lange genug auf Kosten anderer gelebt und uns achso ohnmächtig gefühlt, angesichts eines Wordings, das an Menschenverachtung nicht vermissen lässt: belastet sei Österreich, „belastet“. Nein, müssen wir ihnen entgegenhalten, Menschen in ihrer Not zu helfen, ist keine Belastung (und wer sich belastet fühlt angesichts der Not, die global herrscht, verursacht einzig durch Nationen und Menschen, die es sich gut gehen haben lassen auf Kosten anderer, der fühlt sich sehr schnell ebenso belastet durch die Not derer, die bereits im Land leben, machen wir uns nichts vor, Hautfarbe, Staatenzughörigkeit und Religion hin oder her). Im Gegenteil – Menschen wie Karl Nehammer, Sebastian Kurz, Alexander Schallenberg und Peter Doskozil belasten viel mehr jene Menschen, die emotional und kognitiv begriffen haben, dass wir nur Teil eines Ganzen sind, Teil eines jeden anderen Menschen, den wir im Stich lassen, den wir in den Kellern zurücklassen, den wir ertrinken lassen. Zu meinen, es könnte ein Leben abgesondert von anderen Leben geführt werden, ist kein Entwurf, der uns im Jahr 2021 weiterhilft, war nie ein Entwurf, der irgendjemandem weitergeholfen hat. Politiker:innen, die uns nur teilhaben lassen wollen an ihrer eigentümlich kurzen und kleinen Scharade, die sie Politik nennen, haben jegliche Bedeutung verloren angesichts der Herausforderungen, die aktuell zu bewältigen sind und sollten kein Land regieren dürfen. Nirgendwo.
Ich bin grantig, ich fühle mich ohnmächtig, aber ich weiß, dass ich kein Recht dazu habe. Ich habe keine Ahnung, was jetzt zu tun ist, aber ich weiß immer noch zwischen Recht und Unrecht zu unterscheiden. Lasst Euch nichts anderes einreden. Alle, die jetzt schweigen, obwohl sie ihre Stimme erheben könnten, alle, die ihre Städte und Nationen weder zu sicheren Häfen noch zu klimagerechten Zonen machen, machen sich in eben diesem Moment schuldig. Und wir dürfen nicht so dumm oder ebenso verroht sein, sie auch noch zu wählen. Sie vertreten immer nur sich selbst und ihre eigenen Interessen.
Mir ist bewusst, wie naiv das klingt, aber: es braucht Reservate. Zonen für all die patriarchalischen Dumpfbacken, ob sie sich nun Taliban, Nazis, Faschisten oder Fundamentalisten nennen, wo sie – gut umzäunt und abgeschottet – ihren idiotischen, ewiggestrigen Spielchen nachgehen können. Von früh bis spät. Schenkt ihnen ein paar Mopeds, auf denen sie dann gegeneinander antreten können, bis ihnen das Benzin ausgeht. Denn sie – nur sie – sind die Belastung, vor der man den Rest der Welt schützen muss.
Möglicherweise meint nun eine:r: Ja, was hat das denn mit einer Arbeitskolumne zu tun? Sehr viel, darf ich entgegnen. Alles im Grunde. Was unsere Haltung zu Arbeit, zu Verantwortung und zu Feminismus aktuell ausmachen sollte, ist meiner Meinung nach sehr, sehr basic: rettet Menschen. Tut alles, was in Eurer Macht steht, um Unrecht sich nicht wieder und wieder wiederholen zu lassen. Tut es in Eurer Freizeit und tut es in Eurer Arbeitszeit. Nennt es zivilen Ungehorsam, nennt es Kündigungsgrund. Es ist egal. Aber tut es! Ihr seid nicht ohnmächtig, solange es jene Frauen nicht sind, die aktuell in Kabul in Kellern ausharren.

Mein Gott Georg!

Ja, auch der Dude ist postpandemisch und gesellt sich mit Fullspeed ins gesellschaftliche Leben. Genug der Brotbackversuche, weg mit den verschimmelten Fermenten und lautes Pfui den Zustellfressalien.

Jetzt lässt der Dude wieder einen Profi ran – und was für einen! Georg Friedl, der ruhige, überlegte und in sich ruhende Denker der heimischen Kochszene. Er braucht keine brachiale Bühnenshow, hat keinen „Mann-bin-ich-toll“-Habitus und schon gar kein Möchtegern-Chi-Chi a la Linzer Innenstadt. Er ist auch nicht der Investmentpunk der Gastroszene oder macht auch nicht auf 50er-Jahre-Kochschnittchen. Er ist vielmehr ein Meister Pei Mei, der im Haselgraben mit einem Hattori-Hanzo-Messer Produkte verwöhnt und das Beste aus ihnen rausholt. Georg Friedl ist somit im besten Sinne ein Meister seines Fachs und ein Vorreiter einer gesamtheitlichen Lebensmittelphilosophie. Er macht am liebsten alles selbst, weiß woher es kommt, hat alles gern unter Kontrolle – vom Einkauf bis zur Raumgestaltung – und nimmt sich Zeit fürs Experiment. Wenn Jamie Oliver einen Holzhacker der Küche darstellt, ist Georg Friedl ein kulinarischer Uhrmacher. Genaue Materialkenntnis, ein präziser technischer Zugang und ein großes Talent zur Abstraktion machen ihn aus. Nach Pop-Up-Wirtshäusern im Rahmen seines Formats „Mühlvierteln“, einem Gastspiel im Linzer Kulturhaus Salzamt – in dem der viele Gäste sehr glücklich gemacht hat – und einer weiteren Odyssee ist er nun im wunderbaren Weinberg im Haselgraben angelandet. „Mühlvierteln“ im Weingarten nennt er diesen neuen Standort. Das Paradox Mühlviertel und Wein wird hier auf wunderbare Weise aufgelöst – die Praeses der Römer wären hin und weg gewesen – so wie auch der Dude es ist. Im Weingarten serviert er – innerhalb von etwas kryptischen Öffnungszeiten – bewährte Rezepte und neue Kreationen mit örtlichem Bezug. So werden die wunderbaren Salate (Gast muss rufen: „Mein Gott Georg!“) nun mit einem Brot, das mit Trester aus der lokalen Weinproduktion verfeinert wird, serviert. Eine nicht nur optisch formidable Mischung, findet der Dude. Der Chef findet nun auch Platz und Zeit, um beste Würste, Pastrami, Salami und eingelegtes und fermentiertes Gemüse selbst zu produzieren. Er ist damit noch einen Schritt näher an der lukullischen Vollproduktion und lokalen Selbstversorgung. Auch der autochthone, noch etwas „hantige“ Wein wird durch alchemistisches Geschick zu etwas Feinem umgebaut. From Nose to Tail und vom Garten bis in den Keller. Wenn der Dude ein „Prepper“ wäre, müsste Georg Friedl den Vorratskeller füllen.

Bevor es aber wieder soweit ist: Rauf in den Weingarten, ihr Linzerinnen und Linzer! Es ist schön, schmeckt toll und erweitert den persönlichen, kulinarischen Horizont ungemein.

Info zu Speisen, Öffnungszeiten und Hintergrund: www.muehlvierteln.at

Noch ein Lesetipp:
Mühlviertler KOCH:BUCH – Altes bewahren, Neues erfahren
Von Georg Friedl, erschienen im Verlag Bibliothek der Provinz
ISBN: 978-3-85252-396-5
www.bibliothekderprovinz.at/buch/5778

WORKB***H on summer vacation.

WORKB***H on summer vacation.

Online-Kochsendungen.

Der Dude ist online. Von seinen Prophezeiungen aus den frühen 2000er-Jahren, dass sich das Internet im Sand verlaufen wird, musste er leider zähneknirschend abschwören. Alles findet mittlerweile online statt. Der Lebensmitteleinkauf, die Essensbestellung, die Bewertung von gastronomischen Stätten, aber natürlich auch die Aus- und Weiterbildung. Und natürlich, auch das unterhaltende Element hat Platz. Gänzlich selbstlos und dem investigativen Handwerk verpflichtet, stürzte sich der Slow Dude in die wohl bisher zeitaufwändigste Recherche seiner Karriere. Nämlich der, die kulinarische Landschaft auf den Rechner- und auch Fernsehbildschirmen ein wenig zu kartieren und der geneigten Leserin, dem geneigten Leser ein wenig Navigator in dem schier endlosen Strom an Food & Beverages im Inter- und Kabelnetz zu sein. Es geht um Kochsendungen.

Beginnend im quasi lokalen Suchradius fällt in den letzten Jahren immer wieder die etwas seltsame Erscheinung einer Art 50er-Jahre-Hausfrau namens Silvia Schneider auf. Sie engagiert sich seit einiger Zeit kulinarisch im Lokal-TV und zusehend „nationwide“. Womit das Kochformat „Silvia kocht“ erwähnt sei. Warum dies überhaupt stattfindet, erschließt sich dem Dude gar nicht. Weder interessieren die Dame scheinbar das Kochen oder Lebensmittel an sich, noch hat sie große Empathie oder echtes Interesse an ihren Mitkochenden. Das Handling mit den Zutaten ist mindestens genauso ungeschickt, knöchern und uninteressiert wie die Kommunikation mit den Gästen. Es bleiben eigentlich nur zweideutige schludrige Bemerkungen, die es in keinster Weise verdienen, weiter beachtet zu werden. Als österreichischer Vorfall noch erwähnt: Andy und Alex. Holy Moly – der eine sieht aus wie der Elmer Fudd (aus Bugs Bunny) und der andere wie eine missglückte Falco-Parodie. Gemeinsam erreichen sie ein Humor- bzw. Gesprächsniveau wie eine Villacher-Faschingssitzung in den frühen Morgenstunden.

Den Kreis etwas größer gezogen, gelangt der Dude relativ schnell an TV-Formate aus dem deutschsprachigen Nachbarland. Man stolpert hie und da zwar auch über Österreicher, man wird aber meist nur von bundesdeutschen Männern in weißen, grauen und schwarzen Kochoutfits belästigt. Diese kochen, unterhalten, vermarkten als Fullservice-Unternehmen und verdienen viel Geld. Gern wird das Kochen als Wettbewerb zwischen Hobbyisten gezeigt. So der Langläufer im ARD, die „Küchenschlacht“. Die KandidatInnen werden entweder angebaggert, verarscht oder wie Kleinkinder gegängelt. Doch die meisten haben es ja verdient. Am besten gefallen dem Dude die Kandidaten, die nach dem Muster ehrgeiziger Hobbysportler daherkommen. Hochkonzentiert, verbissen und humorbefreit machen sie aus einem sinnlichen Akt ein Rennen um Garpunkt, Deko und Kochtechniken. Positiv möchte der Dude da „Koch-Kunst mit Vincent Klink“ erwähnen. Ein urgemütlicher Sternekoch, der dahinnuschelt, manchmal besserwisserisch ist (aber charmant) und „Küche für Alle“ im besten Sinne propagiert.

So, nun genug mit dem linearen Strom aus dem TV-Kabel. Rein in die wunderbare Welt von Youtube und Konsorten. Und ja, es gibt auch dort die reaktionären Formate. Aber es gibt auch die angenehme, unaufgeregte und witzige Seite. In allen Abstufungen. So ist zum Beispiel der Youtube-Kanal der New York Times (YT: nyt cooking) erwähnt. Eine Recherche-Ent­deckung des Dudes. Hier stellen Köchinnen, Köche, Schreiberlinge und Hobbyisten Rezepte, Techniken und internationale Küchen vor. Ein Kanal zum Bingen. Besonders erwähnt sei hier Alison Roman, die „Easy-goin“ in der Küche zur Perfektion führt. Etwas brachialer, ohne echten Bildungsauftrag fuhrwerkt der Kanadier Matty Matheson (YT: mattymatheson) herum. Er schreit, performt, scheitert und kocht – nebenbei ohne großen Anspruch – unterschiedlichste Rezepte. Die aber am Schluss einen Essreflex auslösen und zum Nachkochen animieren. „Just a dash“ heißt seine letzte Format­reihe, die er gemeinsam mit einem kleinen Team produziert – und jede Episode ist es wert, angesehen zu werden. Wenn man es aushält. Als didaktisches Genie kommt Andong (YT: My Name Is Andong) rüber. Der junge Deutsche lehrt internationale Küche und Kochbasics auf glatte und inszenierte Art. Aber mit Witz und guter Verve. Seine Suppenreihe vom Winter 20/21 sei jeder Suppenliebhaberin und jedem Suppenliebhaber ans genießerische Herz gelegt. Hier kann man echt was lernen – auch wie man Kochvideos machen kann.

Den Großmeister – der leider nicht mehr unter uns weilt – Anthony Bourdain kann der Dude hier nicht unerwähnt lassen. Ein Typ, der Gesprächsführung beherrscht, zum Entdecken ermutigt, kulinarisch wissend ist und dabei ein Ramones-T-Shirt trägt, geht einfach fürchterlich ab. Diverse Streamingdienste und auch Youtube machen das Erbe von Anthony Bourdain zugänglich. Unbedingt ansehen.

Und apropos Lokal-TV: Wieso hat das in Linz basierte DorfTV eigentlich keine Kochsendung? Eine Formatidee des Dudes: Alle kochen (nur) mit Wassermair.

You better work, bitch! (aber better not in Kunst, Kultur, Handel, Pflege oder Gastronomie)

Ob ich eh wisse, dass der Titel dieser Kolumne an einen Titel eines Songs der verehrenswerten Britney Spears erinnert, wurde ich kürzlich gefragt. Ein Song aus 2018, in dem die Sängerin fragt, ob wir auch gern einen Maserati haben, ein Fancy Life leben oder eine Party in France machen wollen und wenn so – ruft sie uns aus der Wüste Kaliforniens zu – na, dann: You better work, bitch!
Natürlich hat der Titel dieser Kolumne überhaupt nichts mit dem Songtitel zu tun und zwischen 2018 und 2021 liegt mittlerweile ein gefühltes Jahrhundert, und, ach – sooo dringend ist das jetzt gar nicht mit der Villa – Durchversicherung, fixe Aufträge, Fair Pay, Jobgarantie womöglich oder wenn ihr uns nach Boni fragt: Wertschätzung und eventuell kein Sexismus am Arbeitsplatz – dafür lässt frau jeden Maserati stehen, Bitch!
Zurzeit sieht es damit eher schlecht aus: um 27,7 % ist der Anteil der Arbeitslosigkeit unter oberösterreichischen Frauen im Jänner 2021 zum Vergleichsmonat im Vorjahr gestiegen (Männer: + 19 %, Quelle: www.ams.at). Und da liegt Oberösterreich noch ganz gut, denn österreichweit waren im Jänner 2021 um 42, 4 % mehr Frauen arbeitslos als im Jänner 2020 (Männer: + 25,2 %). Frauen sind, auch wenn ih­re schlecht bezahlten Jobs als noch so „systemrelevant“ eingestuft werden, diejenigen, deren Jobs offenbar als erste gefährdet sind. 30,4 % (Beherbergung und Gastronomie) bzw. 27 % (Kunst, Unterhaltung und Erholung) der Arbeitnehmer*innen (alle Geschlechter) waren zwischen März und November 2020 österreichweit in Kurzarbeit, das heißt, ihre Jobs konnten nur durch staatliche Beihilfen gesichert bzw. gerettet werden. Und hier sind natürlich nur jene erfasst, die bezugsberechtigt sind. Es fehlen also Selbstständige, EPU, geringfügig Beschäftigte und freie Dienstnehmer*innen – und genau die sind ja in der Sparte Kunst und Unterhaltung durchaus häufig vertreten.
Ein Claim wie „Nichts geht ohne uns!“, den sich das superne, neugegründete Bündnis 8. März für die diesjährige Kundgebung gegeben hat, erscheint angesichts dieser Zahlen auf den ersten Blick also widersprüchlich, denn kurzfristig zeigt sich: Da „geht“ doch sehr viel ohne „uns“. Auch ohne Kunst und Kultur läuft doch alles irgendwie und die Regierenden sprechen gar schon davon, wie man sich „aus der Krise herausinvestieren“ könne. Geld gibt es dafür offenbar. Man/n muss doch nur wollen! In die Krise investieren, aus der Krise profitieren! You better work, bitch!
Die einen arbeiten sich also bei schlechten Löhnen krumme Rücken und hamstern Applaus, die anderen verlieren Aufträge, und die kleinen, aber notwendigen und unterschiedlichen Anstellungsverträge, durch die sie wenigstens kran­kenversichert waren. Langfristig geht da gar nichts mehr, das muss jedem und jeder klar sein. Denn: Geht’s den Männern schlecht, gehen unsere Jobs als erste verloren, völlig egal, in welcher Branche. Da winkt sie schon, die Altersarmut – ob nun der Verkäuferin oder der Künstlerin. Formale Bildungsabschlüsse schützen übrigens nicht mehr zwingend vor Jobverlust, auch das zeigen die Zahlen, Menschen mit Lehrabschluss haben aktuell bessere Chancen, einen Job zu bekommen als Menschen mit Matura, Uni- oder Akademieabschluss (Quelle: www.ams.at). Das ist alles sehr trostlos, öffnet auf der anderen Seite die Sicht auf und die Notwendigkeit für Klassismus überwindende Kooperationen und Bündnisse. Es wird nicht anders gehen, als künftig genoss*innenschaftlich zu denken und Kompliz*innenschaften einzugehen – ob in der Kunst, der Kultur, im Pflegebereich oder im Handel. Viele gesundheitliche Krisen in Europa zogen sozialrechtliche Verbesserungen – vor allem für arbeitende Frauen – nach sich, weil sie sich ihrer Stärke bewusst wurden und Forderungen stellten. Mitte des 14. Jahrhunderts ging nach den verheerenden pestverseuchten Jahren in Europa tatsächlich nichts mehr ohne Frauen, die Folge waren wenigstens kurzfristige Verbesserungen, die sie selbst herbeiführten. „Wir“ sollten auch endlich damit beginnen, verstärkt für „uns“ selbst zu sorgen, Forderungen zu stellen und vor allem diesen „Wir“-Rahmen endlich erweitern. Der 8. März ist ein internationaler Tag und er ist und bleibt ein stolzer Kampftag. Mehrsprachigkeit und Solidarität mit mutig kämpfenden Frauen etwa in Belarus oder Polen sind somit obligat. Und dass er immer noch kein internationaler Feiertag ist, halte ich im Übrigen für eine Schande. Aber wer weiß, vielleicht wird er ja zum Streiktag? Auch daran kann frau ja arbeiten, Bitch!

Bez nas nic nie dziala! biz olmadan hiçbir sey yürümez! Senza noi, non si puo! Ingenting virker uten oss! Sin nosotros, nada va! لا شيء يعمل بدوننا Nimic nu merge fara noi! Nichts geht ohne uns!

Mjamerando!

Der Dude möchte das Haus nicht verlassen. Der Dude möchte beliefert werden. Darum eine schnelle und korrekte Suche auf Duckduckgo und schon werden ihm zwei Lieferdienste kredenzt: Lieferando und Mjam. Die kennt er eigentlich nur von der negativen Berichterstattung aus den Mainstreammedien und von beherzten Ausweichsprüngen auf der Straße, wenn lässige ZustellerInnen mit bizarren Rucksäcken etwas zu zügig an ihm vorbeirattern. Dass die Arbeitsbedingungen der FahrerInnen letztklassig sind, die Unternehmen aktiv eine gewerkschaftliche bzw. betriebsrätliche Organisation zu unterbinden versuchen und der Job hart und gefährlich ist, sollte ja hinlänglich bekannt sein.

Im letzten Jahr ist die Nachfrage nach Essen per Lieferdienst pandemiebedingt stark gestiegen – verständlicherweise – da besonders für Menschen, die ihren Haushalt nicht verlassen wollen (oder können) hier die Möglichkeit haben, zumindest teilweise etwas Abwechslung in ihren Speiseplan zu bringen. Zumindest auf dem Papier. An sich ist die Zustellung per Veloziped lobenswert. Hier sieht der Dude eindeutig die positive Seite. Anders hingegen stellt sich dann ein genauerer Blick auf das Angebot dar. Dies ist natürlich nur ein virtuelles Abbild des Angebots in der Stadt, wird aber dennoch auch durch werbliche Tricks, Bewertungsmatrixen und Datenanalyse verstärkt und sicher auch verfälscht. So wird dem Dude gleich beim ersten Ansurfen der Lieferando-Website der Laden mit dem gelben M vorgeschlagen. Mindestbestellwert 10 Euro. Der Slow-Dude überlegt die Anschaffung von 20 Apfeltaschen, verwirft die Idee aber wieder und schmökert weiter. Übrigens im Head-to-Head-Vergleich ist McDonalds bei Mjam fast gleichauf. Wird dem Dude dort auf Platz 2 angeboten. Bemerkenswert ist, dass Mjam die Hausnummer zur Suchabfrage benötigt. So wie Billa die Postleitzahl vom Dude will, wenn er einen Liter Milch benötigt. Mjam schafft es so, in beide Richtungen Produkte zu generieren. Dienstleistung und Datamining und natürlich die Quersumme daraus. Kompliment.

Der Dude hat aber jetzt schon Hunger. Bei den ganzen wunderbaren Abbildungen der feilgebotenen Schmankerln. Also, das Gustieren geht weiter und der Dude entdeckt lauter alte Bekannte aus der lokalen Gastroszene. Eigentlich das „Who is Who“ des „Worst-Off“. Nun möchte der Dude in diesen schweren Zeiten nicht einzelne kleine Anbieter nennen – die waren zwar schon vorher schlecht – aber das gehört sich trotzdem nicht. Genannt werden dürfen aber, ob ihrer Marktgröße, der schlechten Qualität und des horriblen Geschmacks wegen: Subway, Pizzamann und Vapiano. Eigentlich ist es eine Ansammlung von Küchen, die halbwegs bei sich seiende KonsumentInnen auch in „normalen Zeiten“ meiden sollten.

Darum wieder mal der Aufruf des Dudes, die Wirtin und den Wirt seines Vertrauens anzurufen, anzumailen oder virtuell zu besuchen und sich nach Click-and-Collect-Möglichkeiten erkundigen. Viele bieten dieses Service an, und die ganz Schlauen unter ihnen adaptieren ihr Angebot so, dass die Speisen auch die Abholzeit und Transporte gut überstehen oder sich gut aufwärmen lassen. Spannenderweise ist das Lieferangebot von Lieferando und Mjam ja meist mit Produkten ausgestattet, welche eigentlich nur frisch aus der Küche ihre beste Wirkung entfalten: Pizza, Burger oder Schnitzel. Wobei, wenn diese Gerichte von den oben genannten Unternehmen zubereitet werden, sind Temperatur und Alter meist egal.

Das Fazit: Wenn bei Mjam und Lieferando schon bestellt werden muss: Ein üppiges Trinkgeld für die Fahrerin oder den Fahrer. In bar. Noch besser: Kurze Recherche, welches Lokal eine Abholmöglichkeit bietet. So kommt man raus und sieht kurz seine liebsten Wirtsleut.

Mermaid On Your Side

„Schöne getreue Bertha! Ich bin nicht zu Deines Mannes Verderben erschienen. Ich vergebe ihm. Er ist ein Mensch, ängstlich, wie ihr alle seyd. Ich stellte ihn auf die Probe. Er hat sie nicht bestanden. Nun gebe ich alle Verbindungen mit Menschen auf.“1

Hulda wirft das Handtuch. Ein bissl entnervt und enttäuscht von Albrecht, der sich doch eher als Dolm erwiesen hat. Dabei hat Hulda, die Saal-Nixe in Christian Vulpius‘ Erzählung wie andere Wasserfrauen vor ihr, gar nicht so viel gefordert: 1. eine Affäre reicht völlig 2. Schweigen 3. Schweigen 4. Schweigen 5. gegebenenfalls das gemeinsame Kind bitte selbst und mit der Gattin aufziehen; sofern es ein Sohn ist, Töchter bleiben bei der Nixe.
(Möglicherweise hätte sich Hulda einfach gleich mit Bertha auf ein Packl hauen sollen, aber das wird eine andere Kolumne).

Erzählungen von europäischen Wasserfrauen sind voll von Entwürfen von Geschlechterkonstruktionen, die sich auf den ersten Blick einer patriarchal imaginierten Weiblichkeit widersetzen. So einfach ist die Sache bei näherer Betrachtung natürlich nicht, die Ausführung würde aber einerseits den Rahmen sprengen, andererseits darf ich hier ausnahmsweise ungschaut Aspekten von Wehrhaftigkeit und Widerständigkeit im Nixennarrativ nachgehen.

Seit Jahrhunderten ist Andersheit aus patriarchaler Sicht – auch – mit einer Imagination von Weiblichkeit verbunden, die sich nicht beherrschen, nicht kontrollieren lässt. Und aktuell wird sichtbar – ob in Belarus oder in Polen – nichts macht das Patriarchat wütender als eine Weiblichkeit, die sich ihrer körperlichen Autonomie und Macht bewusst ist, oder gar eine sich dem reproduktionsfähig und -willig imaginierten Konstrukt widersetzende Weiblichkeit. Selbstbestimmung mit einem patriarchalen Narrativ überschreiben – eine Strategie, die sich auch entlang der Entwicklung von Wasserfrauen festmachen lässt: Einer machtvollen, weiblichen Erzählung entnommen wurden sie in ein christianisiertes Korsett gepresst. Weibliche Identitätsfindung anhand von Nixen oder Undinen wurde ab dem späten Mittelalter so zum Irrlauf zwischen nicht verhandelbaren Archetypen: unberührbare Göttin vs. seelenlose Verführerin vs. bedürfnisbefreite Femme Fatale vs. rach­süchtiges Monstrum. Eine Suche, an deren Ende einzig die Position der unterwürfigen Gattin Ausweg versprach. Ein Bild von Weiblichkeit, in der sich Weiblichkeit spalten, doppeln oder auflösen sollte, um patriarchale Machtphantasie vom Dilemma des Geborenseins, der Herkunft aus einem weiblichen Körper zu befreien.2 Doch die Nixe schlägt in diesem Sommer zurück und schlägt sich auf die Seite der Protestierenden. Ausgehend von der Aneignung im Zuge der LGBTQ-Proteste im Sommer wurde in Warschau eine Replik der Bronzefigur von Ludwika Nitschowa, sie stellt die Warszawska Syrenka dar, auch zur Komplizin der Gegner*innen des verschärften Abtreibungsverbotes. Diese Figur ist eine stets mit Attributen der Verteidigung, des Kampfes ausgestattete Was­serfrau3, ihre Darstellung verweist auf die Gründungsmythen der Stadt, worauf sich auch das Manifest des Kollektivs Stop Bzdurom bezieht, das sich im Zuge der Proteste bildete:
„Die Warschauer Nixe hat ein Schwert und einen Schild in der Hand. Sie hat einen Regenbogen und ein Halstuch. Dies ist unser Aufruf zum Kampf. Solange wir mit dem Gedanken einschlafen, dass sich sowieso nichts ändern wird. So lange müssen wir daran erinnert werden, dass wir existieren. Dass wir nicht allein sind. Diese Stadt gehört auch uns. Kämpft!“4
Ein Blick auf die Gründungsmythen verdeutlicht und schärft den Bezug zur Nixe: In einigen wird die Warszawska Syrenka als Schwester der Kleinen Meerjungfrau5 beschrieben. Beiden wird die Stimme zum Kapital: Während Andersens Nixe die Stimme der Meerhexe gibt, um „Mensch“ zu werden, wird die Schwester gefangen genommen, um sie ihrer Stimme wegen zu verkaufen. Sie allerdings setzt die Stimme ein, um sich zu widersetzen, wird gerettet und dankt mit dem Versprechen, Warschau zu beschützen, hin und wieder aus der Weichsel an die Wasseroberfläche zu kommen, um die Veränderung der Stadt wahrzunehmen. Die Protestierenden erinnern nun die Nixe an dieses Versprechen eines wohlwollenden Blicks auf Veränderung. Die Wasserfrau wird so zu einer Erzählung von der Möglichkeit der Zugehörigkeit, bei gleichzeitiger Abgrenzung. Sie repräsentiert nicht länger ein Geschlecht, sie steht für ein Bezugssystem. Außerhalb der Regeln eines heteronormativen, patriarchalischen Gesellschaftskonstrukts zu stehen ist mit der Nixe an der Seite nicht länger gleichbedeutend mit dem Ausschluss aus dieser Gesellschaft. Die Nixe entscheidet, ob und wann sie sich entzieht. Und ohne die Nixe und ihren Blick auf die Stadt, in Warschau immerhin Gründungsnarrativ, hört die Stadt auf zu werden. So wird die Syrenka Komplizin im Sinne notwendiger, demokratischer Forderungen, gleichzeitig wird sie Erinnerung an und Echo von Weltentwürfen und Geschlechterkonstruktionen, die keiner patriarchal formulierten Norm entsprechen.
Mermaid on Your Side also – ach hätten Bertha, Berthalda in Undine oder die Prinzessin ohne Namen in der Kleinen Meerjungfrau – all die als „Rivalinnen“ der jeweiligen Wasserfrau also beschriebenen Nichtwasserfrauen – nur früher davon gewusst! Hulda und die Nixen-Meute würden sich sofort mit ihnen zusammentun – und das Patriarchat würde sich nie mehr davon erholen.

 

1 Vulpius, Christian August: Die Saal-Nixe. Eine Sage der Vorzeit. Leipzig: Rein, 1795
2 Vgl. Luce Irigaray, Devine Women, 1989
3 Die Bronzefigur Nitschowas – eine von zwei Darstellungen der Warszawska Syrenka im öffentlichen Raum – wurde vermutlich nicht ohne Grund gewählt: Modell für die Bronzestatue stand 1939 die Dichterin Krystyna Krahelska, die 1944 als Sanitäterin in einem der Warschauer Aufstände gegen die Okkupation der Nationalsozialisten starb.
4 www.facebook.com/stopbzdurom
5 archiwum.auslandsdienst.pl/3/22/Artykul/403052, Aus-dem-Archiv-Warschauer-Seejungfer

Wiltrud Hackl zum Thema Wasserfrauen
Kepler Salon, 14. Dez 2020, 19.30 h
„VON DEREN KUSS IHR ZU STERBEN FÜRCHTET, ZU STERBEN WÜNSCHT (…)“
Konstruktionen von Weiblichkeit und Wasser am Beispiel der Wasserfrau

Wie wirklich ist die Wirklichkeit

Um seine Gipfel jagen Nebelschwaden. 1896 – nur 15 Jahre nach der Erstbesteigung, durchstieg die Österreicherin Rosa Friedmann als erste Frau die Watzmann-Ostwand im Berchtesgadener Land. Welch gewaltige Leistung! Einige Jahre später führte die Britin Beatrice Tomasson den frühen Frauen-Alpinismus zum Höhepunkt. 1901, an der majestätisch anmutenden Marmolata – Königin der Dolomiten – durchkletterte sie mit zwei heimischen Bergführern die Südwand. Diese Erstbegehung setzte einen Meilenstein in der Dolomitenkletterei.

In weniger schwindelerregende Höhen begab sich das Kollektiv Breathe In The City. Angepasst an die urbanen Strukturen im Mural Harbour, jedoch ganz schön hoch für ein DJ-Set, präsentierte Flip sein neues Album Experiences am Dach eines Linzer Hafengebäudes. Für das visuelle Spektakel sorgte die Tagtool Crew, die mit animierten Graphiken die sich hinter dem DJ auftürmende Hauswand mit unzähligen Beamern bespielte. Dabei partizipierten KünstlerInnen aus der ganzen Welt, die sich nach Voranmeldung in den Stream einloggten. Ebenso bestand die Möglichkeit des realen Erscheinens und künstlerischen Mitwirkens vor Ort.

Ob dieses lockere Zusammentreffen in Zukunft noch möglich sein wird, wird sich zeigen. Das Pendel schwingt Richtung virtuelle Realität. Wie weit die zeitgenössische Kunst hier euphorisiert vorprescht, demonstrierte bei einem Ars-Electronica-Panel zum Thema „Telling The Future Through Art and Technology“ etwa das Kollektiv Miro Shot mit seinen interaktiven Live-Events. Ein Hybrid aus Konzert, Installation, Theaterinszenierung und Live-Multiplay-Videogame. Eine Verschmelzung der künstlerischen Visionen und technischen Tools sowie der Potenziale des offenen Kollektivs aus MusikerInnen, Visual & Digital Artists, ProgrammiererInnen, SchreiberInnen und FilmemacherInnen. Ein Gesamtkunstwerk, das holographische Realitäten für die Menschen zusammen an einem Ort zur Verfügung stellt. Ich hoffe, das physische, gemeinsame Erleben nebeneinander und miteinander im selben Raum bleibt bestehen.

Derzeit werden wir rigoros vereinzelt und isoliert. Es erfolgt eine Reduktion auf virtuelle Interaktionen. Digitale Techkonzerne sind die globalen Gewinner des Rückzugs von der real-physischen Welt. Der Mensch verliert, ich als Mensch verliere: Meine Leidenschaft für den Fußballverein meines Herzens verblasst. Fan-Sein präsentiert sich nun am Bildschirm zuhause, jeder ist für sich alleine. Jeder trinkt für sich alleine. Niemand singt. Niemand feuert an. Kein gemeinsamer Jubel. Kein gemeinsames Gejammer. Emotionen können nicht mehr unmittelbar gelebt und geteilt werden. Ein Emoji dürfen wir posten. Juhuu – das ist Leidenschaft. Das Stadion ist leer. Und so leise, dass die Spieler in der Übertragung zu hören sind. Das ist gespenstisch. Die Redaktionssitzung von V-TV, das Video-Fanprojekt von Fans für Fans, abgehalten per Zoom. Das ansonsten lustige und sehr verbindende mehrstündige Treffen entpuppte sich als emotional erbärmlich und entbehrlich für mich. Ein seelenloser Austausch, der mich nicht berührt, der mir kein authentisches Miteinander ermöglicht und mich emotional verarmen lässt. Genauso wie der Blick in ein Heer identitätsloser Gesichter. Da verarmt die eigene Mimik, die Ausdruck von Emotion und Individualität ist. Eine erschlaffende oder verkürzte Muskulatur zieht Konsequenzen nach sich. Interessant in diesem Zusammenhang die Bezeichnung einiger mimischer Muskeln als musculus depressor … supercilii zieht die Augenbrauen nach unten … anguli oris zieht die Mundwinkel nach unten … labi inferioris zieht die Unterlippe nach unten … septi nasi zieht die Nasenflügel nach unten und verengt damit das Nasenloch. Bitte mal ausprobieren. Nomen est Omen. Ich schneid jetzt zuhause Grimassen oder versuche alle Gesichtsmuskeln abwechselnd oder miteinander zu aktivieren und trotzdem entspannt zu bleiben. Und jedem maskenfreien Gesicht schenke ich ein umwerfendes Lächeln!

 

Die Kolumne Spiele! wird ab 2021 nicht mehr in der Referentin veröffentlicht.
Wir bedanken uns bei Andrea Winter für ihre Arbeit bis dahin, distanzieren uns aber von Inhalten, die im Zusammenhang mit Corona-Leugnung und Verschwörungstheorien stehen.

Digital & lokal ;-)

Online. Schon wieder alles dicht. Ja, der Dude könnte jetzt Abhandlungen über Hefe, Brotbacken, Fermentieren und Vorratshaltung oder anti­virale Lebensmittel schreiben. Nichts da – der Dude ist dem überdrüssig und darum flüchtet er sich in den virtuellen Raum und empfiehlt – ja empfiehlt – diesmal Onlineangebote aus der Region fernab von A****n und anderen bösen Plattformen. Ganz entziehen kann er sich nämlich der aktuellen Weltenlage ja leider nicht. Da­rum: das Internet oder genauer gesagt das WWW. Der Dude startet als netzpolitisch-korrekter User seinen Firefox und begibt sich auf eine Reise über die „lokale“ Datenautobahn. Um dem Motto „Being Digital“ unseres geschätzten Nicholas Negroponte vollends zu entsprechen.

Den ersten Tab füllt der Biberhof in Pieberschlag bei Freistadt. Warum der auch immer Biberhof heißt, obwohl er sich in Pieberschlag befindet. Feilgeboten werden im Onlineshop des von der Familie Friesenecker bewirtschafteten Hofs Öle, Kräuter, Schokolade und Getreide unterschiedlichster Art. Besonders zu empfehlen ist Emmerreis. Zubereitung wie gewöhnlicher Reis, nur bringt Emmer mehr Charakter und Eigengeschmack mit ein. Alle Produkte werden vor Ort angebaut und haben herausragende Qualität.

Ein wenig weiter westlich ist die Bergkräuter Genossenschaft angesiedelt. Genauer gesagt befindet sich die Zentrale der Veteranen des heimischen Kräuteranbau- und Vertriebs in Hirschbach. Eine breite Produktpalette von Kräutern, Gewürzen und anderen Lebensmitteln steht zur Auswahl. Komplettiert wird das Angebot von diversen Pflegeprodukten – die der Dude aber nicht in seinem Zuständigkeitsbereich sieht und deshalb außen vor lässt.

Quasi als Meta-Plattform versteht sich das Angebot von Farm Goodies. Der Onlineshop bringt unterschiedlichste ProduzentInnen zusammen und bietet ein reichhaltiges Angebot Mühlviertler Produkte. Fokus ist eindeutig auf Öl und Würzsaaten mit regionalem Background bzw. Geschichte. So wird hier Leinöl, Leindotteröl und Hanföl bester Qualität angeboten, die ja im Mühlviertel auf eine lange kulinarische Geschichte zurückblicken können und auch für so manche Signature-Dishes verantwortlich sind – wie zum Beispiel die berühmten Leinölerdäpfel. Saaten wie Hanf, Mohn oder eben Leinsamen stehen ebenfalls zum Verkauf und machen jeden Salat, jede Mehlspeise oder sonstige taugliche Speisen besser, verträglicher und interessanter.
Und für die kommende Geschenkezeit – der sich wohl nicht jede oder jeder entziehen mag – eine ideale und praktische Quelle für Präsente. Denn es gibt „Goodie-Boxen“, die Laien, Profis, Gourmets und Gourmands erfreuen werden.

Und – zum Abschluss – eine Institution lokaler Produktion: Die Mühlviertler Ölmühle im schönen Haslach. In normalen Zeiten immer einen Besuch wert und – gegenwärtig mit Onlineshop ausgestattet – auch für ölige Genüsse verfügbar. Tipp: Warm gepresstes Leinöl (für Leinölerdäpfel), Distelöl (für jegliche Wintersalate) und Mohnöl (für Mehlspeisen und Wintergebäck). Und auch hier gibt’s Geschenksets für die kommende Zeit.

Ja, das mag didaktisch und beschreibend klingen und in den aktuellen „Regional-Lokal-Kanon“ von Medien und Politik miteinstimmen, ist aber durchaus ernst gemeint. Ohne Zeigefinger – wie ihr es vom Dude kennt – aber dennoch mit Nachdruck formuliert: Kauf bei lokalen ProduzentInnen. Es ist besser für Dich!

Biberhof: www.biberhof.com

Bergkräuter: www.bergkraeuter.at

Farm Goodies: www.farmgoodies.net

Mühlviertler Ölmühle: www.oelmuehle-haslach.at