Herbal Life – der große Kräutercheck.

Slowdude, Originalfoto von Tim Reckmann (CC BY-SA 3.0)

Slowdude, Originalfoto von Tim Reckmann (CC BY-SA 3.0)

Hipster-Bobo-Kochbücher, Kochsendungen im TV und allerlei ExpertInnentipps in den verschiedensten Kanälen schwärmen von der Kraft der Kräuter, versprechen Vitalität und den ultimativen Geschmack. Saisonalität, Verfügbarkeit und Ursprung der Kräuter sind hier selten erwähnte Kriterien. Dies nimmt der Slowdude zum Anlass für eine Bestandsaufnahme über unser aller Herbal-Life – sowohl in der Gastronomie als auch in der privaten Küche.

Die 1-KG-Dose mit getrocknetem Majoran von Kotanyi im Regal der Wirtshausküche ist ein wohlbekanntes Bild. Diese hat oft schon Jahre am Buckel und beherbergt eine Mischung aus Kräuterstaub und flugtauglichen Lebewesen. Geschmack kommt da keiner mehr raus. Braucht es auch nicht. Denn der Geschmack kommt aus dem Fleisch – meistens jedenfalls – und so auch die Intention des Kochs oder der Köchin. Hingegen die unzähligen Lederlounge-Nussfurnier-Restaurants, die wie Pilze aus dem Boden schießen (man möge hier dem Slowdude den botanischen Vergleich verzeihen), mit Produkten wie Dry-Aged-Beef oder „Seafood“ im Angebot, bieten beim Großteil der Gerichte eine wahre Kräuteropulenz.

In Zubereitung und Dekoration. Da kommen Gerichte an „Waldmeister“, auf dem „Kräuterbett“ oder mit „grünem Koriandertopping“ auf den Tisch. Die ganz Mutigen machen auch vielleicht noch ein Eis – aus Basilikum – wow. Die gastronomische Mittelmäßigkeit hingegen wandelt in bewährter Weise mit Petersilie und Schnittlauch auf vermeintlich sicheren Pfaden. Doch Wirtshaus, Restaurant oder gastronomisches Tiefparterre eint eine seltsame Unfähigkeit: Kräuter vernünftig auf den Tisch zu bringen. Beispiel: Als liebloses Blatt auf der Zitrone zum Schnitzel, als krause Variante auf den Preiselbeeren, die wiederum auf die Dosenbirne gepatzt wurden, zum Wild oder als getrocknetes Etwas in der Suppe fristet die Petersilie ein armseliges Dasein. Vergeblich sucht man die raffinierte Verwendung in Salaten oder – wie in der nordafrikanischen Küche – als Hauptdarstellerin im Couscous-Salat. Und die Petersilie als Atemfrisch nach dem Essen kennt soundso niemand. Die chilligen Vorstadtrestaurants mit Beef und Hillinger Wein im Angebot haben zwar durch den weltweiten Gastrovertrieb immer Zugriff auf Kräuter, die schon über ein eigenes Vielfliegerkonto verfügen könnten, schaffen es aber auch nicht, die Weitgereisten frisch und adäquat aufs Teller zu packen. Fertig ist fertig – da hilft auch kein Eiswasser. Der Slowdude mäkelt – er weiß es. Aber wo nichts ist, ist nichts. Und weniger wäre mehr.

Im Privaten ist es auch nicht einfach. Die guten Märkte bieten natürlich nur passend zur Saison frische Ware an, das Fensterbrett liefert auch nicht immer das Benötigte und die Supermärkte verkaufen Plastikgebinde mit (Bio)Müll. Frische – zumindest in der kalten Jahreszeit – Fehlanzeige. Hier hilft: Sammeln. Am Wegesrand beim spätherbstlichen Spaziergang noch ein paar Büschel wilden Oregano gepflückt, beim Griff in den fremden Garten ein paar Salbeiblätter stibitzt und beim Besuch in Omas Garten Rosmarin „mitgehen lassen“ und das alles anschließend akkurat getrocknet. So einfach kommt man schon gut über den Winter. Als Tipp vom Slowdude zum Schluss. Ziemlich 80er. Aber ist ja privat und sieht ja keine/r: Sprossen. Selber ziehen. Sprossen vom scharfen Radieschen, von der guten Kresse, von Senfsaat, Rucola oder Bockshornklee sind idealer Ersatz für frische Kräuter im Herbst und Winter. Sprout it out loud!

Spektakulo: Drohnen, Urfahrmarkt, Kunst!

Spektakelgespräch Numero Uno im Cafe Strom: Rückschau Ars Electronica Festival, beziehungsweise Spaxels alias Drohnenshow, mit Intel-Logo am Himmel. Reden darüber, dass das Investment Beachtung fordert, mehr als manchen lieb ist, vielleicht auch der Futurekunst im Futuremuseum nebenan. Eh klar. Kann man sich schon vorstellen, wie das geht: Zuerst nettes Anklopfen und zuletzt der kommerzielle rush in – wir wissen das eh alle alles. Das sind die Bewegungen unserer Zeit, die manche als Problem, andere als Chance bezeichnen. Die Straße der Sehnsucht und der Angst wird am Wegrand mit Staunen und Lobpreisen begleitet. Der unangenehme Rest, der anders nicht zu verarbeiten ist, wird mit guten Absichten kommentiert: So höre ich, an diesem netten Abend im Strom, dass das negative Image von Drohnen in manchen Regionen mit Hilfe von so genannter Drohnenkunst etwas hintan gerückt werden konnte, um Drohnen, quasi mit einem positiveren Image versehen, flächendeckend für Dinge wie Rettungseinsätze verwenden zu können. Ich höre, dass im diesem Zusammenhang die Kunst hier ein Argument war, um positive gesellschaftliche Veränderungen einzuleiten – quasi durch Imageverbesserung einer problematisch wahrgenommenen Überwachungs- und Kriegstechnologie. Ich weiß nicht: Hat nicht sowas wie die Eduscho-Werbung schon letztes Jahr zu Weihnachten mit Sprüchen wie „Für die Kinder Drohnen unterm Weihnachtsbaum“ geworben? Ich halte das Argument hinten an, weil ich nicht imstande bin, das Kaffeeimperium und sein temporäres vorweihnachtliches Drohnengeschäft in einen beisltauglichen englischen Satz zu übersetzen (international talk an diesem Abend). Und sehe kurz vor meinem geistigen Auge eine Drohne inmitten einer familiären Weihnachtsfeier hochsteigen, die abgehackt sprechen kann: „So wahr uns das Christkind helfe!“ Aber gut, zurück zum Thema: Art as an Argument – für Rettungseinsätze. Ich kontere ironisch: But where is the Art? Zumindest kurzes Nicken. Ich erzähle von meiner Beobachtung während einer Eröffnung vor Jahren – Tabakfabrik, ein anderer Spaxels-Drohnenflug: Hier hat sich in einem paradoxen Moment die Situation ergeben, dass, während die Drohen am Himmel zum Sternbild Großer Wagen zusammengesurrt sind, das Publikum ziemlich zu lachen begonnen hat, zumindest in meinem Areal … war wohl ein bisschen zu viel der Hybris. Aber darum geht’s natürlich letzten Endes sowieso nicht. Denn vielmehr geht es an diesem Abend um die Liebe, ist eh viel besser. Der eine erzählt, dass er ungeduldig die Begegnung mit der einen Frau erwartet, die er vor Monaten an einem einzigen Tag kennengelernt hat und mit der er seitdem mehrmals täglich per Handy kommuniziert. Die Begeisterung für die Frau, für ihre überbordende Ausstrahlung und Intelligenz, die um einiges größer sei als seine eigene, sogar unvergleichbar größer, so eine kluge Frau, kommentiert der andere Mann mit einem schlichten „Thats good“. Ich muss lachen. Und gehe. Denn ich bin noch zu einem kleinen nächtlichen Spaziergang übers Urfahrmarktgelände verabredet, mit meiner Freundin. Beide waren wir schon Jahre nicht mehr dort und schauen die glitzernden Fahrgestelle an, wie sie die Menschen in den Himmel drehen. Wir finden, dass es gut ist, dass in Zukunft in den Bierzelten keine politischen Veranstaltungen mehr abgehalten werden dürfen. Wenn das aber nicht mal zu spät ist. Wir beobachten einen Local Artist, der, wie wir scharfsinnig schlussfolgern, wahrscheinlich schon Fotos für die Urfahrmarktausstellung im Frühjahr macht, die wir uns sicher ansehen werden. Also Spektakel Nummer zwei nach der Ars an diesem Abend: der Urfahrmarkt als Stadtgeschichte und Jahrmarktsgeschichte. Als ich dann heimgehe, fällt mir eine Geschichte ein, die mir meine Freundin früher schon erzählt hat. Also, angeblich war es so, dass zu Zeiten, als ihr Vater Kind war, in Kleinmünchen des Öfteren fahrendes Volk unterwegs war, das einen kleinen Jahrmarkt aufgebaut hat. Die Sensation, die den Kindern am meisten gefallen hat, war ein für mehrere Tage etwa zwei Meter tief in der Erde vergrabener Mann, dessen Gesicht man durch ein Rohr betrachten konnte. Ich zweifle ja manchmal daran, dass meine Freundin die Wahrheit sagt oder überhaupt eine reale Person ist. Sie hat so unglaublich viele erzählerische Miniaturen in sich angesammelt. Eine andere Geschichte, die mir später auch noch eingefallen ist und die mich richtig zum Lachen gebracht hat, ist die: Im Rahmen der Ars Electronica, bzw. eigentlich im Rahmen der Stadtwerkstatt-Veranstaltungen zu dieser Zeit, war ein britischer Künstler zugegen, den meine Freundin als Sleaford-Mod-styled-Arbeiterklassekind bezeichnet hat. Er hat sich bei ihr vorgestellt, im weißen Hemd mit den schüchternen Worten: „Hi, I’m Ryan“. Ryan hat dann im Saal der Stadtwerkstatt eine Show abgeliefert, in der man vor lauter Stakkato-Höllensound, Stroboskopinferno und Nebel kaum mehr stehen konnte. Später hat man sich erzählt, dass er nach dieser Nacht am Vormittag volltrunken zur Ars gegangen ist und lauthals gerufen hat: „Where is the Art!“. Er wurde sofort hinausgeworfen. Manchmal habe ich das Gefühl, dass einen von weit unten ständig andere Gesichter anschauen, als die Tagesgesichter, die wir uns gegenseitig präsentieren.

Ach, Helene … Du und deine pessimistischen Cardinalsätze!

„18. Der Mann führt höchst unbescheidenerweise überall das große Wort und ist das schnatterhafteste aller Lebewesen. (…) Es fehlt sogar sehr auffallend an der Partizipierung der Frauen in den täglichen Geschäften und in den öffentlichen Dingen, weshalb die Welt- und Tagesgeschichte, weil hauptsächlich von Männern ausgefüllt, den bekannten öden Eindruck macht.“1

1905 veröffentlichte die österreichische Philosophin, Literatur- und Musikkritikerin Helene von Druskowitz (1856–1918) ihre „Pessimistischen Cardinalsätze“, die 1988 unter dem Titel Der Mann als logische und sittliche Unmöglichkeit und als Fluch der Welt von Traute Hensch neu herausgegeben wurden. In sechs Kapiteln analysiert und beschreibt die Philosophin darin präzise und umfassend den Zustand der Welt unter der Diskurs-Vorherrschaft von Männern („weiß“ wurde damals natürlich als Selbstverständnis vorausgesetzt), gibt etwa in Kapitel 5 (Normalsätze für das männliche Geschlecht) Verbesserungsvorschläge, widmet sich aber vor allem in Kapitel 4 (Der Mann als logische …) hingebungsvoll, ausufernd und grausam der Demontage dieser Vorherrschaft. Und verzichtet dabei völlig auf den Entwurf einer „feministischen Utopie“, will – daraus macht sie keinen Hehl – einfach darlegen, in welch beschissenem Zustand die Welt sich befindet und wer daran schuld ist. Helene und ich – wir hätten uns ganz gut verstanden, soferne sich zwei überzeugte Misanthropinnen gut verstehen können. Ich hätte zwar – nicht meiner Überzeugung aber meiner Sozialisierung folgend – hin und wieder versucht, kalmierend und relativierend auf sie einzuwirken und gemeint, es solle doch niemandem sein Geschlecht zum Vorwurf gemacht werden. Sie hätte mir ein paar mehr radikale Sätze um die Ohren gehauen und gemeint: Warts ab! Und tatsächlich – mehr als 150 Jahre nach Helenes Geburt hat sich, tja …, was nochmal geändert …? (In diesem Moment kommt wie aufs Stichwort und ungefragt ein Magazin als Beilage meiner Tageszeitung ins Haus. Es widmet sich in edler Aufmachung österreichischen Manufakturen. Frauen kommen in dem Heftchen auch vor, bis auf zwei Ausnahmen allerdings als Models, die die schönen Dinge, die Männer herstellen, anziehen oder ehrfurchtsvoll begutachten. „Außerdem lässt das Magazin Persönlichkeiten aus Österreich zu Wort kommen, die nationale und internationale Erfolge feiern. Helmut Lang etwa verrät, woran er erkennt, dass eines seiner Kunstwerke vollendet ist. Ebenfalls im Interview: Josef Hader, Toto Wolff, Max Hollein und viele weitere. Und: Journalist Michael Fleischhacker bittet Wirtschaftsgrößen wie Matthias Hartmann und Andreas Treichl zu Wort.“2 Meint der Chefredakteur selbst noch ganz ergriffen von den wunderbaren 130 Seiten, die soeben durch seine, uuuh, Hände gegangen sind. Dass er Wert darauf legt, auf jeden Fall gegen den Mainstream der „Meinungselite“ zu schwimmen, erkennt man vor allem daran, dass er mit Michael Fleischhacker (Talk im Hangar-7, Servus.tv) die österreichische Antwort auf Alexander Kissler (Cicero) im Team hat. Einen Vertreter jener aufregungsunterversorgten Liberal-Konservativen, die sich aus lauter Fadesse verstärkt den Rechts-Rechten anbiedern.)

Anneliese Rohrer fragte kürzlich auf twitter, was denn bitte schön daran links sei, wenn man sich gegen frauenverachtende Politiker stelle? Was außer anständig sei das denn, fragte sie weiter? Und bekam ernsthaft Antworten wie: wenn es von oben verordnet wird, dann ist es links! Übersetzt bedeutet das wohl, dass unsere gesamtgesellschaftliche Wertehaltung und der Konsens, auf den wir uns geeinigt haben – Menschenrechte, gegen Diskriminierung und Frauenfeindlichkeit etc. – verhandelbar seien oder Haltungen, für oder gegen man sich entscheiden kann. Und das meinen diese Erklärbären offenbar tatsächlich, und es ist ihnen dabei völlig wurscht, dass ihre persönliche Meinung nicht das ist, worauf die Welt gewartet hat. Männer mit Meinungen gibt es mittlerweile in ausreichendem Maß, partei- und ideologieübergreifend. Was die Welt bräuchte, wären ein paar Menschen mit dem Talent Fragen zu stellen. Und keinesfalls noch mehr von jenen, die auf Social-Media-Plattformen darum eifern, wer die meisten Posts pro Tag absetzt (lesen die eigentlich auch mal oder produzieren sie nur ständig ungefragt content?). Sie posten dreist irgendeinen unzusammenhängenden Schwafel auf die Timelines anderer und löschen ihn ebenso dreist, sobald sie dann doch (gähn! endlich) erkannt haben, mit welchem Müll sie die eh schon sehr bedacht und selten genug verfassten Anmerkungen manch kluger Frauen zum Zustand der Welt beglücken. Sie organisieren Konferenzen, Filmfestivals und Diskussionsveranstaltungen, geben Magazine heraus und moderieren Talkrunden, mit rein oder fast ausschließlich männlicher Beteiligung und verstehen all die Aufregung gar nicht. Sie haben zu allem, wirklich allem etwas zu sagen, erblöden sich nicht, sich selbst zu zitieren und es ist ihnen fürchterlich egal, wieviel Ödnis sie dabei hinterlassen. Und das von der großen Welt bis in die Niederungen der Provinz hinein. Wir Frauen haben uns irgendwann mal einreden lassen, dass uns eine Quote doch vielmehr schadet als hilft und befeuern diesen männlich dominierten Diskurs auch noch damit, ein schlechtes Gewissen zu entwickeln, wenn wir uns in den Vordergrund drängen. Derweil werfen sich die Schnatterhaften die Stichwörter zu, auf dass der Strom an geglaubtem Wissen niemals ende. Ach, Helene … deine Sätze blieben leider ungehört:

3. Laßt an Stelle eurer Eigenliebe und Selbstbehauptung ein pessimistisches Urteil treten, prüfet und untersucht euch schonungslos und ihr werdet von Haß gegen euch und eure Existenz überfließen.3

 

1/3 Traute Hensch (Hg.) Helene von Duskowitz, Der Mann als logische und sittliche Unmöglichkeit und als Fluch der Welt. Pessimistische Cardinalsätze. Freiburg 1988

2 www.austrian-limited.at/preview-auf-das-erste-austrian-limited-magazin

In der Mitte der Nacht ein Eishockeymusical.

Finsternis macht sich seit längerem breit. Nicht nur in der Nacht, die den Tag verschlingt, sondern auch beim von Medien und Fans vormals hochgejubelten und nun niedergestampften Herren-Fußball-Nationalteam, nach der US-Wahl, vor der abermaligen Wahl des österreichischen Bundespräsidenten (falls wir wählen können), wahrscheinlich noch mehr nach der Wahl (falls sie nicht oder doch angefochten wird), in der Politik allgemein, in der Solidarität, in der Zivilcourage, im gesellschaftlichem Miteinander. Wenn die Nacht am dunkelsten ist, beginnt die Dämmerung. Und die Hoffnung stirbt zuletzt. „Hoffnung ist viel zu passiv. Wir brauchen Willen.“, sagte Leonard Cohen, der leider auch von uns gegangen ist. Noch mehr Finsternis. Aber er sang auch: „There is a crack, a crack in everything. That’s how the light gets in“.

Der Riss in der Gesellschaft ist da. Doch wo ist das Licht? Vitamin D hilft gegen die Sonnen- und Lichtarmut des Körpers und nebenbei unterstützend bei chronischen Krankheiten. Sauna lässt den Körper Gifte ausschwitzen und bei ausreichendem Hitze-Kälte-Unterschied das Herz-Kreislaufsystem auf Funktionstüchtigkeit prüfen. Ohne aktives Tun! Gleich neben der Sauna im Parkbad in der „Keine Hoffnung“-Arena (so wurde sie angekündigt!) lud das Theater in der Innenstadt zum Black Wings-Musical „Heaven and Hell“. Zwei Spieler der Black Wings landen nach einem Zusammenstoß, bei dem sie das Bewusstsein verlieren, im Limbus und geraten dort in den Kampf zwischen Himmel und Hölle. Ihre Begegnungen mit Frau Gott, Luzifer, Rasta-Jesus und sonstigen Kreaturen eröffneten ein dreieinhalbstündiges „Musical On Ice“-Spektakel, bei dem die Eishockeyfans stimmgewaltig mitmischen durften und Kader- und Jugendspieler mit ihren Show-Wettkämpfen die Dramaturgie mitbestimmten. Ausdrücklich gewünscht wurde keine Abendgarderobe, sondern das Erscheinen im „Black Wings Fan Outfit“. Zum Lachen verführt wurden die Besucher durch diverse interne „Black Wings“ Schmähs, Applaus zollten sie neben den zahlreichen Gesangseinlagen aus dem Rock- und Popbereich dem Maskottchen Gonzo, der verkleideten und umfunktionierten Eismaschine und dem Hallensprecher. Die lauteste Zustimmung erhielt dieser in der Szene, in der sich die KämpferInnen für Himmel und Hölle zum Angriff formierten, mit folgender Aussage: „Stop! Wir san doch kane Fußballfans!“

Ich geh allerdings lieber zum Fußballverein meines Herzens. Eishockey zuschauen ist mir schlichtweg zu brutal. Das Musical fand ich gelungen. Eine Theaterproduktion auf Eis ist schon eine gewisse Herausforderung, imponiert bin ich allerdings von der Flexibilität und dem Einsatz der Vereinsverantwortlichen für die Fans etwas Erstmaliges und Ungewöhnliches auf die Beine zu stellen. Diese Wertschätzung wünsche ich mir vom Verein meines Herzens auch. Doch davon sind wir genauso weit entfernt, wie von einem neuen Fußballstadion. Die grünste Sportarena der Welt plant derzeit der englische 5. Ligist „Forest Green Rovers“. Das von Zaha Hadid Architects entworfene Holzstadion wird Herz eines Businessparks für grüne Technologien. So kann Interessensdurchsetzung eines Vereinsvorsitzenden aussehen!

Kampfsport auf höchstem Niveau bot die Karate WM 2016 Ende Oktober in Linz. Zwei Frauen und ein Para-Sportler gewannen Gold, Silber und Bronze. Alisa Buchinger, Bettina Plank und Markus „Mendy“ Swoboda. Haben Sie das gewusst? Viele Linzer erfuhren von der Karate WM nur wegen dem vorausgegangenen Fußball Cup-Stadiondesaster des Linzer Stadtklubs. Die nicht vorhandenen freien Plakatflächen fehlen anscheinend nicht nur der Freien Szene, sondern auch den Sportveranstaltern. Schade! Denn gerade diese stimmige Großveranstaltung hätte sich mehr Beachtung und Besucher verdient, hat sie sich doch als „Green Event“ der Nachhaltigkeit verpflichtet und u. a. im Merchandise mit dem sozialökonomischen Betrieb „Fix & Fertig“ (gegründet von der Sozialhilfe Wien) kooperiert und gezeigt, wie ein respektvolles inklusives gesellschaftliches Miteinander gestaltet werden kann. Sehe ich da Licht?!

 

Andrea Winters Sendung SPORT IM DORF (vorraussichtliche) Sendetermine und Inhalte:

Mi 21. 12. 2016 live 18.00–19.00 h, Markus „Mendy“ Swoboda (2. Platz Kanu Paralympics 2016, 2. Platz Para-Karate WM 2016) mit seiner Karate-Trainerin Iris Kreuzer

Mi 25. 1. 2017 live 18.00–19.00 h, geplantes Thema Eishockey

Kulinarische Scharmützel eines professionellen Dilettanten

Erdbeer Torte mit Vanille Creme

Sweets for my sweet, sugar for my honey – oder so. Kuchen und Torten, die süßen Antagonisten stehen nun im Fokus – auf Befehl der Chefredaktion. Und so fügt sich der Slowdude und klärt erstmal Grundsätzliches und begibt sich dann auf eine städtische Mehlspeisen-Testrally.

Die Fragen: Ist die Torte aristokratisch und der Kuchen bürgerlich oder gar proletarisch? Entspricht die Torte einem Rolls-Royce Phantom VI und ein Kuchen einem Citroën 2CV? Ist die Torte das Besondere und der Kuchen das Einfache? Ist die Torte aufregende Sinnlichkeit und der Kuchen langweiliger Alltag?

Mitnichten! Der Kuchen schlägt die Torte um Längen – glaubt dem Slowdude und seiner Beweisstrecke. Der Kuchen ist flexibel, dynamisch und innovativ. Immer am Zeitgeist, wandelbar, leichtfüßig und wechselt gekonnt zwischen Genussmittel, Seelentröster und Mahlzeit. Zudem kann er saisonal punkten (mit Ausnahmen), ist gänzlich unpolitisch und pfeift (auch mit Ausnahmen) auf allzu scharf gezogene territoriale Grenzen und Zuschreibungen. Die Torte hingegen ist behäbig, fett und oft aufdringlich üppig. Ähnlich der alten, schwerfälligen Tante, die bei Familienfeiern mit der Handtasche am Schoß am Kopfende des Tisches sitzt, etwas aufdringlich riecht, die Kinder in die Wangen kneift und meist zu lange bleibt.

Die Torte erhebt auch Anspruch auf Landschaften (Schwarzwald), auf Hotels (Sacher), Städte (Linz), Adelsgeschlechter (Esterházy) und Kleriker (Kardinal).

Der Kuchen hingegen dient sich selbstlos seinen Hauptdarstellern an: zum Beispiel Apfelkuchen, Marillenkuchen, Schokokuchen und Mohnkuchen. Und noch einer direkten Konfrontation hält der Kuchen stand: Der Verzehr ist einfacher und lässt sich nobler bewerkstelligen – die Torte hingegen kämpft oft gegen ihre unausgereifte Statik und oft eigenartige und der Selbstzerstörung zuträgliche Montageart. Also: Torte 0 und Kuchen 3 Punkte. Eindeutiger Sieger – was aber nicht bedeutet, dass Kuchen immer lecker sein muss – zumindest nicht in Linz.

Hier stehen passionierte KuchenfreundInnen einem sehr vertrackten Angebot gegenüber. Dominiert von der Linzer Torte (die eigentlich von einem Bäcker namens Linz in Wien erfunden wurde) ist Linz kein besonderes Kucheneldorado. Als eine Art Rockefeller des süßen Gewerbes beherrscht Jindrak das Geschehen in der Stadt. Das Angebot ist üppig und Torten-dominiert und auf der Kuchenseite unterentwickelt. Und selbst die paar Kuchen, die es gibt, sind tortig. Die Konditorei Preining im Linzer Norden hingegen bietet neben einem – wie der Slowdude findet – zu großen Tortenangebot eine sehr gute Auswahl von verschiedenen Kuchen an. Der Marillenkuchen ist besonderes zu empfehlen. Und die Tante ist auch da.

Im Linzer Zentrum produziert die Bäckerei Knott immer donnerstags den sogenannten Topfenzopf – ein unglaublich flaumiger Topfenkuchen in Kastenform. Ein Muss! Unbedingt probieren! Eigentlich das heimliche Highlight der Linzer Kuchenrally. Recht schmackhaft, aber auch auf Angebotsseite recht beschränkt, sind die Kuchen der Bäckerei Honeder. Kein Muss, aber ein wohlwollendes Kann. Sympathisch geradlinig und sehr schmackhaft sind die Kuchenspecials der K&K Hofbäckerei. In Kastenform gebacken sind Schoko- und Nusskuchen auch ein ideales Mitbringsel, das selbstgemacht aussieht. Die Bäckerei Haubis und Kandur sollen auch noch genannt sein. Keine Highlights, aber auch keine Fails. Die Bäckerei Eichler macht in Linz wahrscheinlich den besten Guglhupf.

Die absoluten Schlusslichter sind Backwerk und die Backshops der Supermärkte. Inakzeptabel. Da schmeckt das Gebäck so wie der Shop aussieht. Nach Plastik. Und das ist keine vorab gefasste Meinung, sondern das Ergebnis eines Selbstversuchs.

So. Der Slowdude hat das Süße überwunden und freut sich wieder auf das saure Milieu.

Ich suche den Menschen im Internet für die ernsten Beziehungen.

Ich bin mit einer Frau unterwegs. Sie trägt ein schwarzes Kleid. Plötzlich taumelt sie, krümmt sich, und klappt irgendwie zerhackt nach hinten zusammen. Ich stürze hin und sehe, dass alle stumm hersehen, sie tun aber nichts. Die Frau hat merkwürdigerweise die Hände in ihren Kleidertaschen. Ich greife nach der Hand und eine Energie greift mich plötzlich an, strömt mit einem Ruck in mich. Mein Körper wacht auf. Nach dem rebellischen Traum sitze ich mit einem Kaffee vor meinen Mails. Bitterschwarze Bohne, Computersurren. Spammail: Hallo! Wie geht es Ihnen? Wie ist Ihre Stimmung? Ich will Sie besser kennenlernen. Ich suche den Menschen im Internet für die ernsten Beziehungen. Ich habe ernste Absichten. Ich hoffe, dass du nicht bist der Perverse. Ich hoffe, dass du bist der gute Mann. Weggeklickt. Naja, ich bin auch kein Mann.

Die Tage vergehen. Ich bin unterwegs. Projektbesprechungen vor weltpolitischem Hintergrund. Sich über Zusammenhänge Gedanken machen, die global rein in den Abgrund und lokal raus aus der Scheiße tauchen, soviel Horror. Ich laufe an der Straßenecke meiner Freundin in die Arme. Aus entgegengesetzten Richtungen kommend, starren wir im Laufen gebannt auf einen Fast-Zusammenprall, der an der Ecke passiert ist. Ein Auto bremst beim Fußgängerübergang zusammen, eine Frau ist zurückgesprungen und schreit aus Schock. Sie schreit und schreit. Es ist ganz seltsam. Irreal. Die Leute rundum telefonieren und fotografieren ängstlich. Meine Freundin sagt zu mir: Komm, wir gehen weiter. Ich bin fertig, meine Freundin hat feuchte Augen. Wir gehen zum nächstbesten „Kaffeesieder“, „Brüher“ oder „Röster“? Dort machen wir zu unserer Unterhaltung kleine Zungenbrecher-Wortketten über die Öko-Hipster-Society. Etwa: Dinkel, dunkel, Dünkel. Oder: Neo Bio Biedermeier / Sieder Neo Biobieder. Naja. Das erheitert ein wenig und bestärkt uns später in ein Lokal zu wechseln, das nicht biorhythmusmäßig um 18 Uhr zusperrt. Es ist eines, in dem die Leute nicht nur schick sprachlos, sondern richtig einsam an der Bar hocken. Wir landen in der Wiener Straße. Ich gehe zu einem an der Bar, den ich frage, ob er Feuer hätte. Er hat gutmütige Augen und sagt: „Nehmt ihr das Feuer, ihr seid zu zweit.“ Ich bin ehrlich gerührt und sage, wir kommen lieber gern öfter zu ihm um Feuer zu holen. Er meint freundlich, da könne er „wohl nichts dagegen haben“. Ich würde am liebsten sagen: Ja genau, ich suche auch den Menschen im realen Leben für die ernsten Beziehungen. Aber im Fernseher über der Bar läuft eine Analyse über den Münchner Amoklauf. Meine Freundin und ich reden über den verstörenden Dialog zwischen Amokläufer und Anrainer, bevor die Schießerei in München losging. Der Amokläufer: „Ich bin Deutscher“, der Anrainer vom Balkon des Hochhauses: „Du bist ein Wichser, was machst du da?“ Zusammenkrachende, zusammenklappende Menschen.

Mir fällt der Traum der vergangenen Nacht ein. Stattdessen erzähle ich einen anderen, bereits sehr alten Traum, den ich noch nie erzählt habe. Ich sitze an meinem Schreibtisch und sauge an einem Kugelschreiber. Gleichzeitig glaube ich im Traum zu wissen, dass die Tinte giftig ist. Ich weiß letztlich nicht warum, aber ich sauge am Kugelschreiber, warte darauf krank zu werden, zu sterben. Ich warte im Dunklen, warte noch immer, werde aber nicht krank, sterbe nicht. Es passiert nichts. Nach langer Zeit stellt sich in Ruhe ein Satz ein. Der Satz ist dann verschwunden und taucht viel später in der Erinnerung wieder auf. Der Satz hieß: Wenn ich die Tinte essen kann, dann kann ich auch vom Schreiben leben. Wahrscheinlich könnte man viel dazu sagen – von wegen freudianisch oder sich als Schreiberin Texte aus den Fingern saugen. Aber meine Freundin ist plötzlich sehr erheitert und sagt nochmal: „Wenn ich die Tinte essen kann, dann kann ich auch vom Schreiben leben“. Stimmt, der Satz ist gut. Es ist anscheinend doch noch nicht alles giftig. Sie meint aus ihrer umfassend künstlerisch angelegten Haltung heraus – sie, die Künstlerin – dass dieser Traum, diese ganze Paradoxie nicht weniger als einen „urschöpferischen Akt“ darstelle. Mit großen Augen geht sie den Satz noch einmal im Geiste durch und beginnt wieder zu lachen. Man müsse mit diesem Satz, mit dieser Aussage, mit dieser Bildwendung künstlerisch arbeiten, aus dieser komplett rätselhaften Lebensparadoxie nicht weniger als ein ganzes Kunstprojekt machen, sagt sie. Ich sehe sie an und denke: Leute wie wir haben anscheinend eine tief verwurzelte Gewissheit, dass sich die bösen Dinge aus sich, aus einer urschöpferischen Kreativität heraus, zum Guten transformieren können. Diese Hoffnung haben wir, immerhin. Und ein paar echte Menschen rund um uns, das haben wir auch. Meine Freundin meint: echte Träume, echte Menschen. Wir bleiben dann noch sitzen und basteln existenzialistische Zungenbrecher, just for fun. Mit dem, der uns die Streichhölzer schenken wollte, weil wir mehr sind.

We need to talk about gonads.

Sportliche Wettkämpfe wie Olympische Spiele interessieren mich nur bedingt und wenn, dann meist aus der aufrichtigen Bewunderung für gut trainierte Körper, die mir vor Augen führen, zu welch marmornen Stellen auch mein Körper – in seiner Grundausrichtung nicht unsportlich angelegt – fähig gewesen wäre.

In die mediale Berichterstattung über die diesjährigen Olympischen Spiele allerdings hat es mich regelrecht hinein gesogen, hauptsächlich mittels auf den ersten Blick harmloser, in der Summe aber sehr ernüchternder Berichte und Interviews: Wenn es um gleichwertige Anerkennung, Entlohnung und Wertschätzung von Arbeitsleistung unterschiedlicher Geschlechter geht, wurden wir offenbar ganz weit zurückgeworfen. Spätestens seit diesen Olympischen Spielen ist klar: Es ist schlicht und ergreifend Sexismus, den wir diskutieren müssen. Die Presseberichte und Interviews während diesen Olympischen Spielen, in denen männliche Leistungen hervorgehoben, weibliche kleingeredet wurden oder Ehemänner durch ihr Verhalten am Beckenrand etwa mehr an Aufmerksamkeit generierten als ihre Medaillen gewinnenden Ehefrauen, existieren in unübersichtlich großer Zahl. Unvergesslich auch die Diskussion darüber, ob Beachvolleyball spielende Frauen wirklich nur in knappen Bikinis oder doch auch in Ganzkörperanzügen zur Ausübung des Sports fähig sind. Tennisstar Andy Murray (der zwischen 2014 und 2016 von der Französin Amélie Mauresmo trainiert wurde und sich als Feminist bezeichnet) reagierte zwar in der Tat schlagkräftig, als ein BBC Reporter ihn als den „ersten“ ansprach, „der im Tennis zwei Goldmedaillen geholt habe“ und er betonte, dass Serena und Venus Williams wohl jede bereits vier Goldmedaillen gewonnen hätten – dennoch bleibt zu befürchten, dass dieser Sexismus, der hier durch die Medienberichterstattung zu und über Olympia einmal mehr an die Oberfläche schwappte, systemimmanent ist – unabhängig ob das System Sport, akademische Laufbahn, Politik oder Kunst und Kultur heißt. Im Sport allerdings scheint er sich besonders hemmungslos auszuleben, betrachtet man etwa den Leichtathletik-Weltverband IAAF und seine 2011 erstellten, seit 2015 nach einem Einspruch der indischen Läuferin Dutee Chand und einem Urteil des Internationalen Sportgerichtshofes zumindest ausgesetzten „Testosteron-Regeln“ für weibliche Sportler, die im Fall erhöhter natürlicher Produktion von Hormonen wie Testosteron „medical interventions“ über sich ergehen lassen müssen, um weiterhin im Bewerb bleiben zu dürfen. Laut Journalistinnen wie Susie East für CNN, die darüber auch im Zuge der Olympiade 2016 berichteten, bestätigten vier anonym bleibende Sportlerinnen, dass bei ihnen zwischen 2011 und 2015 auch die Entfernung der Eierstöcke und Teile der Klitoris zu diesen „medizinischen Eingriffen“ zählten – medizinisch nicht notwendige Eingriffe, da etwa eine verlängerte Klitoris maximal ein Symptom von Hyperandrogenismus ist, wie dieser Überschuss an männlichen Hormonen genannt wird. Völlig zu Recht fragten sich andere Journalistinnen wie Emily Willingham auf forbes.com, ob denn auch die Penislänge bei Männern nun ausschlaggebend für die Teilnahme an Bewerben sei und nötigenfalls eine Verkürzung oder Verlängerung des Penis bzw. eine Entfernung der Hoden vorgeschrieben würde (Would the IAAF ask a man to give up his gonads and remove half of his penis to be allowed to compete, simply because that man naturally produces more testosterone than the average male? Emily Willingham, forbes.com, 15. 8. 2016).

Abgesehen von diesen ungeheuerlichen Eingriffen erzählt bereits die Vorgeschichte dieser „Sex Testings“ von einem besessenen, zwanghaften Beharren auf einem binären Geschlechtersystem und von purem Sexismus: Denn um in „den Verdacht“ zu kommen, als Athletin zu viel an Testosteron produzieren und sich anschließend dem IAAF Geschlechter-Test zu unterziehen, reicht es aus, unfeminin zu laufen, einen unfemininen Körper oder männliche Gesichtszüge zu haben.

Gegen diese Praxis des IAAF entlarvt sich der pseudofeministische Diskurs, den nicht nur rechtspopulistische Politiker_innen derzeit führen (wollen), einmal mehr als bloßer Deckmantel für Islambashing. Das „Beschneiden“ und „Zurechtstutzen“ eines weiblichen Körpers, das Bestimmen dessen, was als weiblich zu gelten hat aus der Perspektive und unter Ausführung eines männlichen Regulativs finden hier, in der westlichen Welt, vor unser aller Augen im Namen des Sports statt. Das schmälert nicht die Verbrechen an Frauen, die im Namen von Religionen begangen werden, keinesfalls. Aber es zeigt, worüber wir wirklich reden sollten.

TischTennis, Go!

In Zeiten der Vereinzelung im Spielverhalten der Menschen, gekrönt mit dem Höhepunkt der kontrollierten Verblödung der Massen in der Öffentlichkeit mit Pokémon Go!, möchte ich auf das Wesen des Spiels Bezug nehmen. Laut Spielwissenschaft ist „das Spiel eine grundlegende menschliche Aktivität, die Kreativität, und im Wettkampf Energie und Kraft freisetzt. Es enthält somit das Potential, verfestigte Strukturen zu durchbrechen und Innovation hervorzubringen.“ Anhand des Erklärungsmodell des Homo ludens (dt. der spielende Mensch) entwickelt der Mensch seine Fähigkeiten vor allem über das Spiel. Er entdeckt seine individuellen Eigenschaften und wird über die dabei gemachten Erfahrungen zu der in ihm angelegten Persönlichkeit. Spielen wird dabei der Handlungsfreiheit gleichgesetzt und setzt eigenes Denken voraus. Das Modell besagt: „Der Mensch braucht das Spiel als elementare Form der Sinn-Findung.“ Grundsätzlich wird unterschieden zwischen Spielen, die einem spontanen Impuls nach spielerischer Betätigung folgen, die aus sich selbst heraus Sinn ergeben („zweckfreie Spiele“) und Spielen, die für bestimmte Interessen außerhalb des Spiels instrumentalisiert werden („zweckgerichtete Spiele“). Mit der Frage, welch bestimmte Zwecksetzung das obengenannte Spiel verfolgt, möge sich bitte jeder selbst auseinandersetzen und kritisch hinterfragen. Mein Plädoyer für das Spiel als sozio-kulturelles Phänomen, bei dem die Freude und das Zusammenkommen der Menschen im Vordergrund stehen, erläutere ich nun anhand diverser TischTennis-Aktivitäten in der Freien Szene Linz.

Das derzeit beliebteste Zusammentreffen vieler Menschen zum gemeinsamen Spiel ist wohl turn|table|tennis in der Stadtwerkstatt. Die Kombination aus Ringerlspiel und gepflegtem turntablism scheint das Herz vieler zu treffen und ist ebenso bei „Auswärtspielen“, z. B. Goldener Container am OK-Platz, ein beliebter Treffpunkt. Bei diesem Spiel besteht für schwächere SpielerInnen die Möglichkeit, sehr lange im Spiel zu bleiben. Meist geht es freundschaftlich zu und die Besseren spielen ihr Können nur gegen andere gute SpielerInnen aus, wenn es darum geht, selbst im Spiel zu bleiben oder letztendlich im Finale. Während des Rundgangs um den Tisch wird getratscht, getrunken, gescherzt, gelacht und guten Spielwechseln Applaus gezollt.

Bereits im Jahre 2012 organisierten Black Devil & The Cranes das größte Ringerl der Welt am Ottensheim Open Air. Jenes Kollektiv veranstaltet Turniere im Einzel- und Doppelmodus, nur um im Anschluss eine offenes Ringerl spielen zu können. Eine kreative Variante des TischTennisspiels setzte dieses Team bei den Kapustan Staatsmeisterschaften 2014 um. Das Doppel wurde auf zwei nebeneinanderstehende Tische verlegt, d.h. jeder der SpielerInnen verteidigte eine gesamte Tischfläche. Die Neuanordnung der Regeln und des Spielbereichs forderten Hobby- und ehemalige Vereinsspieler gleichermaßen und erwies sich als gelungene und spannende Abwechslung.

Ein ziemlich durchgeknalltes Spektakel gestaltete das Kollektiv qujOchÖ mit der Zusammenführung verschiedenster Genres unter dem Namen acidpingpongpunkallnighter. Mit einer speziell konstruierten Pingpongplatte, fluoreszierenden Spielflächen, Stroboskopblitzen, viel Trockennebel, obligatem 80er-UV-Licht, doppelten bis dreifachen Spiegelungen, live kredenzter verzerrter Acidelektro-mit-Punk-Attitüde über ein 4-Kanalsystem und SpielerInnen, die ihr Äußerstes gaben, wurde die Nacht zur „Tour de Force“.

Auf, ihr Menschen! Lasst uns weiter zweckfrei spielen und die phantastischen Möglichkeiten des TischTennis ausloten. Mir würde ja das Spiel auf einem runden Tisch gefallen!

PS: Letzte Meldung: Chuck Norris hat alle Pokémons mit einem Festnetztelefon erschlagen.

Die Welt dankt!

 

Buchtipp Comic: Mawil – Kinderland (u. a. TischTennis als Teil der Kindheit in der eh. DDR)

Termine:

Freitag 16. 9. 16, 19.00–20.00 h auf dorf tv: Sport im Dorf mit Schwerpunkt TischTennis Sport im Dorf ist die Pilot-Sendung unserer Spiele!-Kolumnistin Andrea Winter, dieses Mal im Rahmen von „Das globale Dorf“

turn|table|tennis jeden 1. Donnerstag im Monat

Kulinarische Scharmützel eines professionellen Dilettanten

Cucina del Mondo – auf Du und Du mit Fufu, Pho und Tikka.

Der Slowdude liebt es bunt, vielfältig und international. Darum rücken diesmal Fufu, Pho und Tikka in den kulinarischen Fokus und werden neugierig beäugt, verkostet und bewertet.

Starten wir unsere kleine Afrika-Asia-Tour in der Urfahraner Freistädter Straße. Normalerweise keine Adresse, an der man zufällig vorbei schlendert und auch nicht in einem ausgewiesenen Kulinarikbezirk. Die gastronomische Nachbarschaft bietet abseits des berühmten Fleischers Hörlsberger nur Systemgastro. Wohltuende Ausnahme: Das Vietnam Pho in der Freistädter Straße 60 begrüßt seine Gäste freundlich in kargem Ambiente – kein Firlefanz, sondern Funktionsromantik – dafür sind Chefin und Chef umso herzlicher und persönlich um das Wohl ihrer Gäste bemüht. Der Dude startet mit vietnamesischen Frühlingsrollen Cha Gio Chay und ist beglückt. Frische Zutaten, die richtige Menge Koriander und ausgewogene Aromen machen Lust auf mehr. Und da geht es schon weiter: Pho Ga ein typisch vietnamesischer Suppentopf heiß und gehaltvoll befriedigt er Hunger und Gusto. Eine schmackhafte Brühe als Basis, die mit Nudeln, Gemüse und Fleisch zu einem Topf voll Geborgenheit fusioniert. Einzig das noch gierig bestellte Maniokdessert ist für den von der tschechischen Mehlspeiskultur verwöhnten Gaumen eine Zumutung. Aber trotzdem 5 von 5 Punkten für unsere Freunde aus Vietnam. Es treibt den Slowdude weiter in die Tamu Sana genannte Wunderwelt der afrikanischen Küche (Kirchengasse 6, Linz-Urfahr). Umgezogen und neu eröffnet, direkt neben dem Café Strom gelegen, betreibt die charmante Chefin Mag.a Monique Muhayimana gemeinsam mit ihrem Team das wohl beste afrikanische Restaurant in Österreich. Der Slowdude weiß das! Er kennt sich aus und ist ausgewiesener Experte. Wir starten – wie könnte es anders sein – mit den in Linz mittlerweile schon sehr bekannten Sambusa. Lecker gefüllte Teigtaschen – wahlweise vegetarisch (Kartoffel/Spinat, Käse, …) oder mit faschiertem Fleisch gefüllt sind sie der ideale (aber auch sehr sättigende) Starter. Als Hauptgang wählt der Slowdude Mafe (saftiges Rindfleisch in Erdnusssauce) – als Side-dish Fufu. Eine Art Polenta-Gries-Brei – recht fest und eher geschmacklos – aber eine ideale Begleitung, da die Konsistenz Witz hat und Fufu als Saucentunke bestens geeignet ist. Gastropros würden von spannender Textur faseln. Als Nachspeise Mandazi (warme Bananen-Teigbällchen) runden den 3-Gänger ab – und machen die Manioksache vergessen. Die bloße Menge an Nahrung und die daraus resultierenden Kalorien setzen Handlungsbedarf in Richtung digestio. Der Slowdude sucht Hilfe im benachbarten Cafe Strom. Und bekommt diese umgehend: deren kredenzter Mühlviertler-Gin macht alles gut! Auch für Monique 5 von 5 Punkten. Weiter geht’s über die Donau durch das weitgehend kulinarische Sperrgebiet der Landstraße in Richtung der wunderbar multikulturellen Wienerstraße. Und zwar ins Namastey India in der Wiener Straße 38. Hier schwenkt der Slowdude vom noblen A-la-Carte-Getue hin zum handfesten Mittagsbuffet. Es gibt Chicken Tikka Masala (gegrilltes Henderl in Cashew-Sauce), vegetarisch zur Auswahl Dal Makhani (schwarze Linsen), Pakora (Gemüse in Kichererbsenmehl paniert), Naan, Chapati (Brote) und dazu natürlich das obligate Mango Lassi. Als Nachspeise kommt Matka Kulfi (Eis mit leckerer Garnitur aus Pistazien und Kardamon) auf den Tisch. Das Ambiente lenkt nicht vom Essen ab und das ist gut so. Eine Mischung aus Standardgastrodesignausstattung (ich verfluche Niedervolthalogenspots) und leicht indischer Deko. Passt aber. Der Slowdude wird äußerst zuvorkommend beraten und auch unglaublich schnell versorgt. Das gefällt und weil es schmeckt: 5 von 5 Punkten.

Die drei Gaststätten sind natürlich nur eine Auswahl der vielfältigen internationalen Linzer Küche. Sie zeigen aber deutlich das abseits der obligaten Einkaufsstraßen und Konsumtempel mit ihren blöden Eventfoodstores und pseudoauthentischen Tagescafés viele kleine, feine Orte entstehen und uns kulinarisch durchaus auf hohem Niveau verwöhnen können. Und auch die Geldtasche nicht vollends plündern. Der Slowdude empfiehlt: Entdeckt die Seitenstraßen, bereist eure Stadt!

www.vietnampho-linz.at

www.tamusana.at

namastey-india.at

Kommentare, Hinweise und Tipps via E-Mail an slowdude@gmx.at.

Euer Slow Dude

Fufu bezeichnet in der schwarzafrikanischen Küche einen festen Brei aus Yams und Kochbananen. Er ist in ganz Westafrika und vor allem in Ghana und Nigeria Hauptbestandteil oder Beilage vieler Gerichte.

Pho ist eine traditionelle Suppe der vietnamesischen Küche. Eine mögliche Wortherkunft ist die vietnamesische Aussprache für das französische Gericht Pot-au-feu.

Tikka: Chicken tikka masala, oft CTM abgekürzt, ist ein häufig in indischen Restaurants in Europa und Nordamerika angebotenes Currygericht aus gegrillten, marinierten Hähnchenfleischstücken (chicken tikka) in einer würzigen Tomatensoße.

(Quelle: Wikipedia)

SPIELE! Andrea Winter rund um den Sport.

Mission Possible – Gemeinsam zum Aufstieg! Blau-Weiß Linz ist zurück im Profi-Fußball.

Im Vergleich zum ersten Aufstieg 2011 in Wattens ein wenig unspektakulär – durch den Lizenzentzug von Austria Klagenfurt steigen beide Relegationsteams auf – aber diesmal als kompromissloser Regionalliga Meister mit ca. 90 geschossenen Toren. Ein Freudenfest für alle Fans. Im Übrigen ist der 12. Mann auch eine Frau. Wie beim V – SKVrau!

Die Gründe, warum Frauen ihre Zeit und Energie in die Fankultur am Fußballplatz stecken und ein regelmäßiges Hobby daraus machen, sind genauso vielschichtig wie die der anderen Fans, die quer durch jegliche Lebensrealitäten, Generationen und Einstellungen zusammenkommen, um ihren Verein anzufeuern und gerade in entscheidenden Momenten der 12. Mann zu sein.

Mit Freunden in einer sich positionierenden Fankultur aufzutreten oder als Freigeist und EinzelgängerIn trotzdem in einer Gemeinschaft zu sein. Am Ende der Woche Dampf ablassen und die aufgestauten Emotionen in lustvollen Bahnen und Wellen loslassen. Die meist durch Arbeit und Alltag gefesselte ureigene Kraft spüren dürfen. Ja, spüren dürfen! Beim Schreien sich der möglichen Kapazitäten der Lungen bewusst werden und bemerken wie der Brustkorb Raum einnimmt. Die verrauchten Lungenbläschen füllen sich endlich wieder mit Sauerstoff – und freuen sich darüber! Den eigenen Klangkörper erleben und zum Vibrieren bringen! Die Schultermuskulatur trainieren beim Überhandklatschen. Auf ein Bier! Beim Schreien in die Kraft kommen.

Seine Empörung zum Ausdruck bringen. Seine Empörung zum Ausdruck bringen, kanalisiert in einer Reaktion auf eine falsche Schiedsrichterentscheidung. Da verliert man und frau das eine oder andere Mal die ansonsten hochgehaltene „political correctness“ – und es tut gut. Es ist gut. Es darf sein. Wir sind am Fußballplatz. Wenn nicht hier, wo dann?!

Die gesellschaftlichen Schranken, in denen wir unsere Wut oder Empörung Ausdruck und Gehör verschaffen können, sind eng, hoch und lassen kaum individuellen Spielraum zu. Unterwirf dich den Regeln, ansonsten „gibt’s eins aufs Haupt“.

Wird die Empörung der Menschen über den täglichen globalen und lokalen Wahnsinn in den Austragungsländern der diesjährigen sportlichen Großveranstaltungen wahrgenommen und medial zum Thema gemacht? Oder gibt es Zensur und „Brot und Spiele“ für die Massen? Ein Flüchtlingsteam unter der olympischen Fahne sendet eine „message to each asylum seeker in the world“. Dieses Zeichen der Hoffnung ist medial, professionell, manipulativ vermarktet um das soziale Gewissen der Smartphone-Gesellschaft mit einem „Gefällt mir“ zu befriedigen. Zynischer Hohn für diejenigen, die vorm Stacheldraht stehen und denen nichts als der Krieg im zurückgelassenen Gepäck bleibt.

Ein lokales Zeichen für ein solidarisches und respektvolles Miteinander in Oberösterreich unter dem Motto: „Sport bewegt. Sport verbindet. Über Konfessionen, Kulturen und Weltbilder hinweg.“ setzt der SOS Cup – Anpfiff für Menschenrechte. Zu diesem interkulturellen Benefiz-Hobby-Fußballturnier am Samstag, dem 11. Juni laden SOS Menschenrechte & Arge TOR herzlichst ein.

Tags zuvor beginnt die Fußball-EM in Frankreich mit österreichischer Beteiligung. Oder mit Österreichern, Migranten, Flüchtlingen … Unser Top-FIFA-Ranking hätten wir ohne Alaba, Junuzovic, Garics & Co nicht erreicht. Wir wären im unteren Drittel vertreten, so wie beim Ranking zur Gleichstellung der Frau oder zur Korruption.

Wegen Korruptionsverdacht wurde der bisherige FIFA Generalsekretär J. Valcke, verheiratet und Vater von 2 Kindern, entlassen und: Hört, hört!!! Zum ersten Mal in der Geschichte der FIFA wird eine FRAU – die senegalesische Diplomatin Fatma Samoura – Generalsekretärin. Zum ersten Mal seit der Gründung der FIFA 1904 wird dieser Posten auch NICHT-europäisch besetzt. Bröckelt womöglich die männliche, weiße, heteronormative Macht?! Die Welt dankt!

 

11. Juni: SOS Cup – Anpfiff für Menschenrechte

6.–10. Juli in Italien: Mondiali Antirazzisti – Antirassistische Fan-Weltmeisterschaft

irgendwann im Sommer das Derby: Blau Weiß Linz – LaskL