Terri Frühling

Terri Frühling betreibt aufwieglerisch intelligent „künstlerische Feldforschung“. Über gemeinsame Lebensstationen und markante Arbeiten schreibt Künstlerkollegin Andrea Lehmann, und stellt zuerst fest: Terri Frühlings Lebenslauf liest sich wie Terri Frühlings Kunst.

Terri Frühling lernte ich 1989 kennen, als sich unser beider Leben zur Kunst hinzuzubewegen begann. Im Korsett gebrauchsgraphischer Regeln, im Schulgefüge der HTBL für Grafikdesign, und den sozialen Verwirrungen der Jugend begann unser gemeinsamer Weg: Im Wirrwarr der Normalität war Humor ein Ausweg, sowie Terri Frühlings vielfältige Interessen, die seit jeher die Realität bereicherten.

Bestechende Eigenart von Terri Frühling ist ihre Ironie, unterlegt von scharfer Beobachtung, pointierter Realitätsfindung, Einfühlsamkeit und Freiheitsdrang. Während des Masterstudiums der plastischen Konzeption/Keramik in Linz war das notwendige kräftige Quäntchen Ungehorsam unverkennbar integraler Bestandteil ihrer Arbeit. Frühling betreibt, in eigenen Worten, „künstlerische Feldforschung“, und das seit mehr als 20 Jahren. Wobei sich die Feldforschung nicht nur auf die eigene Kunst bezieht, sondern auch auf ein Aufspüren der Konventionen, die auch die Sphären der Kunst selbst betreffen, bzw. geht es Frühling immer auch um deren Überschreitung.

Ihre Werke manifestieren sich in verschiedener Stofflichkeit und in vielen Erscheinungsformen. So war das auch auf der Bühne, gemeinsam mit Elke Punkt Fleisch und Ester Hinten Finster als Szene-Schlagerband Ganshaut, die von 2005 bis 2013 ihre kabarettistischen Musikperformances bis zur Schmerzgrenze überhöhte. 2006 etwa, beim Wiener Protestsongcontest, erspielte die -Band- den 6. Platz, und sie knackten das „zache“ Wiener Publikum. Oder die figurale Arbeit DJ Ötzi, ein lebensgroßes Konterfei, das, erschlagen von einer Maß Bier, und 2009 gezeigt im Kulturquartier, an die Grenze der guten Kunst und deren schöner Präsentationräume führte. Auch setzte Frühling mit der TOTALE, dem Festival für parallele Kunst 2011–2017, in Zusammenarbeit mit Wolfgang Fuchs, den Grenzgang fort. Die Orte und situativen Gegebenheiten der Stadt Linz wurden und werden als Event „missbraucht“. Festivalstationen, unter anderem Super Luna oder Never been to Istanbul, wurden im roten, wegweisenden Festivalplan und als Katalog mit diversen Textspenden aufbereitet. Die Totale ist offiziell heuer noch zu bestaunen. – Pure Ironie!

In den neueren Arbeiten ist eine zusätzliche Dimension von Ernsthaftigkeit und Tiefe zu bemerken. Transfrühling, 2011 vom Land Oberösterreich ausgezeichnet, befasst sich auf sehr lyrische Art mit den Talenten der Künstlereltern und der eigenen Identität. Transfrühling tritt als Zeichnung des Vaters und als Keramik der Mutter in Erscheinung.

Das Generationenthema erfährt 2012 eine radikale Weiterentwicklung mit der matriarchalen Performance Mama Mysterien Theater. Mit Intimität sprengt Frühling den patriarchalen Aktionismus, baut eine Brücke zwischen ambivalenten Gefühlen und spiegelt, sozusagen in Dualität, Hermann Nitschs patriarchales Mysterientheater. Mit Symbolen von Lebensbejahung agieren in drei Akten Terri Frühling, ihre Schwester Sophie und deren Mutter, die Künstlerin Monika Miegl. Unter Horngetöse und strengem Geräusch werden Eier, Milch, Spargel, Beeren(saft) und Nudeln in mystisch anmutenden Handlungen auf mütterlichen Bäuchen verteilt. Die matriarchale Performance für Vegetarier (und natürlich auch für andere) ist filmisch dokumentiert.

Die Vielseitigkeit der Künstlerin unterstreicht den gesamtheitlichen Duktus. An unvorhersehbaren Ecken und Ebenen der Kunst erblicken ihre Arbeiten das Licht der Welt. Provokant pointiert in ihrer Ungezähmtheit, trotz der oftmals, oder gerade deshalb verwendeten klassischen Medien wie Zeichnung und Illustration, Gebrauchsgraphik, Skulpturales, Keramik, Fotographie, Film, Performance, Musik, bleibt sie in den Aussagen unverkennbar kräftig. Als BetrachterIn kann man sich auf einiges gefasst machen, um dann am Kern der Aussage anzukommen, bis einem die gerade entstandene Aussage wieder neue Gedankengänge serviert. GUT SO!

In den letzten Jahren ergab sich die Notwendigkeit, das Zeitmanagement und die Lebensumstände von KünstlerInnen mit Kindern zu thematisieren. Noch vor 10 Jahren war dem Kunstbetrieb diese Art der Lebenswelt, zumindest aus meiner Beobachtung heraus, noch verschlossen. In dieses Themenfeld reiht sich der Baby Success Club, der seit 2013 existiert, ein, und wurde 2015 im Salzamt der Stadt Linz als „Impuls“-Projekt mit Elke Punkt Fleisch erarbeitet bzw. präsentiert. Meiner Meinung hat sich seither in der Kunst- und Kulturlandschaft auch kaum etwas verändert, außer dass durch den realen Lebensdruck der KünstlerInnen der Nachwuchs zu den Ausstellungen mitgebracht werden darf – weil der Nachwuchs der KünstlerInnen zu den Ausstellungen mitgebracht werden will.

#MyKelomatResidency, 2016 entstanden, beschreibt den Arbeitsmarathon unter Kreativitätsdruck von 7.00 bis 22.15 h im Kurhotel, und zielt in eine ähnliche Richtung. Als BetrachterIn wird man in der Restinformation der Katalogform begrüßt. Die Beziehung Kunst/Nichtkunst startet Terri Frühling in Der große Beginn mit einer Hashtag-Diskrepanz aus #Vorfreude und #Startblockade. Es springen einem u. a. Fotos entgegen, die aus einer Bed-In-Performance zu sein scheinen. Perfekt ohne Distanz zum Betrachter. Sofort wird frau wieder auf den Boden der Realität geworfen. Die Künstlerin NUR im Tagaufstehbeginnmodus. „Ich schaffe es aus dem Bett“ – Residence als Kunstwerk: Kunstproduktion, Rechtfertigung und Selbstauslieferung, eingekeilt in Zeit- und Realisierungsnot, sind im Katalog mit Arbeiten von Bioart, Naturstudie, Lichtkunst und mehr, in konsumfähige Einheiten gebracht. Die stundenweise dokumentierten Projekte immer im Kontakt mit saurer Ironie sind am Tag des offenen Ateliers, im Oktober 2017, im Künstlerinnenatelier in Urfahr zu sehen. Querbezüge zu aktuell Gesellschaftlichem, Sozialem, Persönlichem und den Kunstformen bilden sich bei Terri Frühling ständig, und werden gekonnt in Selbstironie mit technischer Vielseitigkeit aufgelöst. Frei bildend und auch sezierend.

 

„Mit 30 anfangen zu studieren??! Da sind sie früher schon gestorben!“
Mehr Infos: www.terrifruehling.at

Terri Frühling gestaltet gemeinsam mit Elke Punkt Fleisch „Die kleine Referentin“

Tage des offenen Ateliers, Sa 21. + So 22. Oktober 2017, 10.00–18.00 h
Atelier Frühling, Tal 3, 4040 Urfahr

Traun ist auch schön

Das Community-Theater-Projekt „Perspektiven des Alltags. Neues Oberösterreich“ dokumentiert einen heterogenen Alltag in Oberösterreich. Erzählt von Rassismus, fragt nach Heimat und stellt den Begriff „Leitkultur“ zur Debatte.

Theater und Alltagsperspektiven von Pangea/Werkstatt der Kulturen der Welt. Foto Bettina Gangl / PANGEA

Theater und Alltagsperspektiven von Pangea/Werkstatt der Kulturen der Welt. Foto Bettina Gangl / PANGEA

N athalie Nyti-Bota redet sich in Rage. Auf der Bühne der Tribüne Linz sitzend, listet sie auf, was Oberösterreich für sie persönlich an angenehmen Alltagserfahrungen bereithält und was Leben in Oberösterreich allgemein an Alltagsrassismus, Leistungsdruck und Leben in Armut bedeutet. Kommt von den schönen Landschaften zu den Obdachlosen, zur Verständnislosigkeit und zum Individualismus. „Jetzt hab ich irgendwie den Faden verloren. Was war das Thema?“. Und die Premiere des Community-Theater-Projektes zum Thema „Alltag und Oberösterreich“ unter dem Titel „Perspektiven des Alltags. Neues Oberösterreich“ windet sich weiter. Durch Erzählsequenzen, Spielanleitungen und Streitgespräche zwischen zwei „Bio-Oberösterreicherinnen“ hindurch. Gefördert durch die spartenübergreifende Ausschreibung „zusammen:wachsen“ des Bundeskanzleramtes sowie durch Mittel der Stadt Linz konnte das Projekt „Perspektiven des Alltags. Neues Oberösterreich“ vom Verein „Pangea. Werkstatt der Kulturen der Welt“ realisiert werden.

Neben Nyti-Bota stehen außerdem Lia Chuguashvili, Juliana Hartig, Abdul Yousefi, Aziz Yusofi und Eric Zachhuber auf der zurückhaltend gestalteten Bühne. Mehrere Stühle, ein Fahrrad, viele Bodenkacheln und eine Gitarre; der inhaltlich reichhaltige Theaterabend hat ein sparsames Erscheinungsbild. Gemeinsam mit 15 anderen Menschen mit den unterschiedlichsten Migrationsbiographien und bisher wenig bis keiner Theatererfahrung haben die sechs Darstellenden in der Zeit zwischen April und Juni 2017 an Schreibworkshops unter der Leitung von Clara Gallistl teilgenommen. Die beiden professionellen Schauspielerinnen Cosima Lehninger und Zuzana Cuker kamen erst während des Probenprozesses mit der Regisseurin Bérénice Hebenstreit zur Gruppe dazu. Seit der Premiere am 29. Juni gastierte die knapp einstündige dokumentarische Theaterarbeit beim Franck-Kistl-Fest, im Wissensturm und im Nordico Museum Linz. Weitere Spieltermine sind während der HelferInnenkonferenz von „ZusammenHelfen in Oberösterreich“ auf dem Ars Electronica Festival und dem Carneval Of Fear in Schärding vorgesehen.

Die in Oberösterreich aufgewachsene und nunmehr für die Liste Pilz kandidierende Autorin, Dramaturgin und Kulturmanagerin Gallistl konzipierte das Projekt „Perspektiven des Alltags. Neues Oberösterreich“. Und leitete den Schreibprozess. Und fungierte während der Probenzeit als Dramaturgin. Von „passiver Aktivierung“ der Teilnehmenden hält sie nichts. Umso mehr von Nachhaltigkeit. Aus der Projektgruppe ist eine neue Initiative entstanden: „Neues Oberösterreich. Verein für integrative Theaterarbeit“ will jährlich eine Produktion fertigen.

Begonnen hat aber alles in Waxenberg. Da wurden während eines dreitägigen Workshops im April erste Diskussionen geführt. Über Theater und andere soziale Räume, über Barrieren und darüber, wie auf einer Bühne ein selbstbestimmtes äußeres Bild entwickelt werden kann, beziehungsweise wie ein Theater beschaffen sein müsste, mit dem sich die Teilnehmenden gemeint fühlen würden. Und über Grenzen. Und über Rassismus. Theoretische Anstöße kamen von der Mit-Konzipierenden und ehemaligen Geschäftsführerin von „Pangea“ Stephanie Abena Twumasi, unter anderem Vorstandsmitglied von „JAAPO. Unterstützungsstruktur für und von Schwarzen Frauen zur Verbesserung der Lebenssituation in Oberösterreich“.

„Wann fühle ich mich ausgeschlossen? Wann schließe ich mich selbst aus? Und wann schließe ich andere aus?“ – aus diesen Fragen ergab sich ein erster Themenkatalog. Für die weitere Schreibarbeit fanden etwa 25 Termine in Kleingruppen statt. Dergestalt wurde versucht, auf die unterschiedlichsten Lebensrealitäten der Teilnehmenden zwischen 16 und 64 Jahren aus insgesamt 16 Ländern einzugehen. Es entstanden circa 50 Seiten Text, hauptsächlich Transkriptionen von Diskussionsverläufen, teils von den einzelnen Teilnehmenden eigenständig verfasste Passagen. Gemeinsam mit der Regisseurin Hebenstreit, die zuletzt zum Beispiel für das Volkstheater Wien „Superheldinnen“ von Barbi Markovic inszeniert hatte, erarbeitete Gallistl eine Spielfassung und ergänzte so das diskursive wie spielerische Material um eine rein fiktive Streitebene. Die beiden Schauspielerinnen Lehninger und Cuker begeben sich für diese Szenen als „Bio-Oberösterreicherinnen“ in Konfliktdialoge. Da geht es um das rassistische Potential der Frage „Woher kommst du wirklich?“, um Unsicherheit und um politisch korrektes Sprechen.

Die knackig konzentrierte Inszenierung findet über lose ineinander übergehende Szenen zu einer Darstellung von heterogenen Perspektiven. Widersprüchlich und voller starker Behauptungen, erzählt sich so ein Nebeneinander, ein Alltag in Oberösterreich. „Ich liebe meine Heimat. Also, das Land, woher ich komme. Aber Traun ist auch schön“. Da werden Wünsche an ein neues Oberösterreich formuliert, die Landes-Hymne intoniert, wieder abgebrochen und im Hinblick auf die Leitkultur-Debatte die Frage „Seid ihr euch unsicher mit eurer Kultur?“ ans Publikum gewendet. Anhand eines Spiels, das Nachahmung als körperlichen Vorgang präsentiert und bei dem alle Macarena tanzen können, aber nur manche mehrere Liegestütze schaffen, lässt die Inszenierung den Begriff „Leitkultur“ in die lächerliche Leere laufen. „Ich wünsche mir, dass es in Österreich keine Leitkultur gibt“.

Hebenstreit formuliert Folgendes über die zweiwöchige Probenarbeit an der Inszenierung: „Wichtig war mir, Formen zu finden, die die Auseinandersetzungen aus den Workshops und die dort verhandelten Fragestellungen sichtbar werden lassen. Auf den Proben haben wir Ideen ausprobiert, dabei auch neues Textmaterial generiert. Die Arbeit war eine tolle Erfahrung. Die Gruppe hat sich durch ein großes gegenseitiges Vertrauen ausgezeichnet, wodurch sich jeder und jede sehr persönlich einbringen konnte. Theater braucht eine hohe Disziplin und Konzentration beim Arbeiten, was neben dem normalen Alltag eine Herausforderung darstellt. Umso wichtiger ist das gemeinsame Anliegen, das eine Arbeit trägt, um beides aufzubringen. Es war für mich besonders überraschend, in wie kurzer Zeit wir einen Theaterabend erarbeiten konnten, von dem sich sowohl Teilnehmende als auch Zuschauende bereichert und berührt fühlten“.

Gallistl versteht das Projekt „Perspektiven des Alltags. Neues Oberösterreich“ als eine Überschneidung von Kunst- und Sozialarbeit. Deshalb sei die Frage nach der gemeinsamen Arbeitssituation auch so ernst genommen worden. „Wer will und kann für eine Aufführung auf der Bühne stehen?“, das ist eine Frage, die für alle 21 am Projekt beteiligten, in ganz Oberösterreich lebenden Menschen mit Migrationsbiographie individuell beantwortet worden sei. Ob Kinderbetreuung oder Auto-Transfer, Gallistl betont: „Es wurde versucht, alles zu ermöglichen“. Die Etablierung einer gemeinsamen Arbeitssituation ist auch Thema der Aufführung geworden. „Check mal, in was für einer Welt wir leben!“, heißt es irgendwann. Wie wir gemeinsam leben und arbeiten wollen, das schwingt beständig mit. Am Ende steht die Frage: „Können wir das in Ruhe besprechen?“. Ein Ausblick auf viele weitere diskursive Auseinandersetzungen.

Weitere Spieltermine sind während der HelferInnenkonferenz von „ZusammenHelfen in Oberösterreich“ auf dem Ars Electronica Festival und dem Carneval Of Fear in Schärding (siehe Tipp Die Referentin).

Searching for a Fata Morgana

Was mit dem Salzamt passiert, ist noch immer nicht entschieden – wird Zeit, meint die Referentin. Wir berichten einstweilen aus dem Salzamt: Unter dem Titel „Searching for A Fata Morgana“ haben zuletzt Clemens Bauder und Rachel Leah Cohn im Sommer ausgestellt. Clemens Bauder im Interview.

Ihr seid in Katar in die Wüste gegangen und habt euch auf die Suche nach einer Fata Morgana gemacht. Dann sind kinetische Holzobjeke entstanden, die einen Bewegungsaspekt forciert haben, eine Sand- und Soundmaschine mit dem Titel „Disco Fata Morgana“ und ein sechseckiger Leuchtturm. War das quasi die selbstgebaute Fata Morgana?

Ja genau, wir haben die Frage, wie denn eine Fata Morgana aussehen könnte, auf poetische Weise beantwortet und in zwei verschiedene Objekte umgesetzt. Durch die vorangegangene Recherche war Rachel vor allem von den farbenfrohen arabischen Glaslaternen und Narrationen im Schattentheater inspiriert. Die Bilder im Leuchtturm erzählten von einer persönlichen Entdeckung einer künstlich angelegten Oase in der Wüste, die mittlerweile abgerissen wurde und komplett verschwunden ist. Mit Malereien auf Acrylglas und Silhouetten aus Holz versuchte sie einen Ort, an dem die Natur und das Artifizielle für einige Zeit miteinander verflochten waren, wieder ins Gedächtnis zu holen und fatamorganesk wie ein Leuchtfeuer am Horizont auftauchen zu lassen. Ich habe mich über Sound und Licht an die Idee einer Fata Morgana angenähert. Die Stille und absolute Dunkelheit der nächtlichen Wüste waren für mich von Anfang an sehr beeindruckend. In dieser Atmosphäre wollte ich eine kinetische Figur, die Disco Fata Morgana, auftauchen lassen. Eine Maschine, die mit dem Wüstensand einen rhythmischen, repetitiven Sound als auch bewegtes Licht generiert. Diese beiden Ansätze haben wir dann für die Installation im Salzamt zusammengeführt.

Die Arbeiten im Salzamt waren surreal, leuchtend, schienen wie Holzgebilde mit anderer Logik und verborgenem Zweck. Die Fotos ließen vermuten, dass alles insgesamt in der Wüste vermutlich nochmal eine ganz andere Magie hatte. Ins Nachhinein gefragt: Was war diese Arbeit?

Ortsspezifische Arbeiten 1:1 in den Ausstellungskontext zu überführen finde ich schwierig. Wir haben deshalb versucht, mit unseren Erfahrungen in der Wüste eine eigenständige Arbeit, die mit den atmosphärischen Potentialen und Versatzstücken der vorangegangen Objekte spielt, zu entwickeln. So sind drei fata­morganeske Bilder entstanden, die durch einen Leuchtturm immer wieder für kurze Zeit aufflackern. Verknüpft mit dem bei der Eröffnungsperformance gemeinsam mit Andre Zogholy entstandenen Sound. Für mich war die Disco Fata Morgana ein skizzenhafter Prototyp, ein prozesshaftes Experimentieren in einer bis dahin noch unbekannten Umgebung. Etwas, das in der Wüste für kurze Zeit auftaucht und dann wieder verschwindet. Deshalb auch keine Vorankündigung oder Publikum. Im Endeffekt war es also wirklich für uns und die Wüste. Der Wunsch, mit der Disco Fata Morgana in einem größeren Maßstab für ein Publikum zu performen, ist aber da.

Man kennt dich in Linz als Architekt, als Artist, der immer wieder mit Holz zu tun hat, und im Zusammenhang mit urbanen Thematiken. Vielleicht kannst du Arbeitsschwerpunkte ergänzen. Und erzähl bitte auch über deine Kollegin Rachel Leah Cohn, warum und wie ihr zusammengekommen seid und gearbeitet habt.

Rachel und ich haben uns im Dezember 2015 auf der Bi-City Biennale of Urbanism and Architecture in Shenzhen, China, bei der wir beide im Rahmen der Aformal Academy eingeladen waren eine Arbeit zu realisieren, kennengelernt. Nach ein paar Tagen Recherche vor Ort – wir waren beide vom informellen urbanen Erfindergeist im Urban Village Baushizhou, wie zum Beispiel von mobilen Grillstationen, inspiriert – und überschneidenden Interessen wie etwa am traditionellen chinesischen Teeritual hat sich dann eine Kollaboration ergeben. Angelehnt an die klassischen Schubkarren, die das Stadtbild noch immer prägen, haben wir eine mobile Sauna samt Ritual für sechs Personen entwickelt und mit einfachsten Werkzeugen – Hammer und Fuchsschwanz – gebaut. Für den Saunaofen wurde ein Hot Pot, der normalerweise zum Brühen von Suppen verwendet wird, umfunktioniert. Vor jedem Saunagang wurde bei einer Teezeremonie jenes Teewasser, das für das Reinigen der Gefäße abfällt, gesammelt und als Aufgusswasser verwendet. Mit dem Wasserdampf breitete sich auch der Geruch von grünem Tee in der kleinen Sauna aus. Besonders gefallen hat mir, dass die Wände der Sauna aus durchsichtigem Vinyl waren. Mit Fortdauer des Saunagangs ist durch den Dampf der Blick auf die Stadt verschwunden, ebenso für die Passanten der Blick ins Innere. Bei mir hat sich in den letzten Jahren ein Arbeitsschwerpunkt hin zu experimentellen, temporären Architekturen und Installationen, meist im öffentlichen Raum entwickelt. Temporär vielleicht deshalb, weil bei solchen Projekten verschiedene Grenzen etwas weiter ausgelotet werden können. Aber auch, weil man bei diesen Projekten sehr nah dran sein und selbst Hand anlegen kann, von der Idee bis zur Fertigstellung. In der letzten Zeit verknüpfen sich meine Arbeiten immer mehr um eine Soundkomponente und kinetische Momente.

In der Arbeit Disco Fata Morgana wird ein Holzobjekt von Sand angetrieben und bewegt zum Beispiel eine goldene Teekanne, die dann bedeutsam immer wieder verschiedene Richtungen anzeigt. Ihr beiden seid nicht nur im Salzamt in goldenen Kostümen, goldenen Jacken und Kniehosen aufgetreten, sondern auch in der Wüste – soweit ich weiß. Ich komme damit zu Alice. Ich hatte, wahrscheinlich wegen der Teekanne und der Kniehosen, gleich diese Assoziation zu Alice im Wunderland.

Die goldenen Kostüme sind aus der Idee heraus entstanden, in der Wüste selbst zu reflektieren, mittels Sonnenstrahlen oder künstlichem Licht zum Leuchtobjekt zu werden. Die Maßanfertigung an sich war schon ein Erlebnis. Mit dem Schneider haben wir nur kurz eine Skizze hin- und hergeschoben, das tatsächliche Kostüm war dann eine Überraschung. Herr Kamal hat aber einen guten Job gemacht. Und reflektiert hat der Vorhangstoff schlussendlich auch sehr gut. Mit unseren Kostümen waren wir in der Wüstenszenerie seltsame Fremdkörper und dann auch wieder nicht. Die Teekanne war mehr ein glücklicher Zufall als zu Beginn gewollt. Nachdem ich tagelang mit verschiedenen Discokugel-Varianten gespielt hatte, ist sie mir auf dem Basar in die Hände gefallen. Und dass der Schnabel der Kanne stetig in verschiedene Richtungen zeigt, passt natürlich noch viel besser zur Suche nach einer Fata Morgana.

Und dann erzählst du im Vorgespräch, dass du derzeit an Projekten für die Alice-Ausstellung im OK arbeitest. Hat das miteinander zu tun? Oder anders gefragt, was sind deine nächsten Arbeiten?

Es gibt eigentlich keine direkte Verbindungslinie. Gemeinsam mit Kathi Lackner arbeite ich an einer künstlerischen Spiel- und Bewegungszone, dem Gaudimax und gleichzeitig an einer Transformationsschleuse, dem Eingang in die sinnliche Welt von Alice. Gemeinsam mit Markus Reindl und Julia Ransmayr kuratiere ich überdies das multidisziplinäre Format UNTEN. Das Programm bewegt sich zwischen Rauminstallation, Performance und Clubkultur. Wir forschen vielleicht auch ein bisschen nach der dunklen Seite von Alice. In diesem Rahmen ist dann auch die nächste Sound- und Lichtinstallation am Start, Markus und ich kreieren gerade eine Nachtmaschine.

Katar ist ein Emirat, eine absolut regierte Monarchie. Laut Wikipedia das reichste Land der Welt mit einem sogenannten „kaufkraftbereinigten Bruttoinlandsprodukt“ von ca. 127.600 Dollar pro Kopf – und der Scharia als Hauptquelle der Gesetzgebung. Kannst du ein paar Eindrücke von Katar schildern? Und vielleicht auch vom Stellenwert von Kunst, Kunstuniversität und den KünstlerInnen. Wie ist es euch gegangen mit eurem Vorhaben?

Ich war zum ersten Mal im arabischen Raum unterwegs und mein Radius war wegen des straffen Zeitrahmens von nicht ganz drei Wochen ein sehr enger. Auch habe ich mich hauptsächlich im sehr internationalen Umfeld der VCU Qatar, der Zweigstelle einer amerikanischen Universität bewegt. Das heißt, ich habe eine sich sehr in Öffnung begriffene Gesellschaft erlebt, wenngleich Reglementierung und enormer Reichtum überall präsent sind. Bei jeder Rückfahrt aus der Wüste ist mir Doha, die Hauptstadt von Katar, wie eine gigantische, künstliche Fata Morgana an sich erschienen. Mit den Ressourcen der VCU Qatar im Rücken war die Realisierung der Installationen möglich, Materialien auf dem Basar aufzutreiben, ein Abenteuer.

Abschließend zurück zum Leuchtturm. Und wir versuchen damit auch eine inhaltlich verwegene Brücke zwischen Katar und Linz. Mir fällt auf, dass der Leuchtturm zurzeit von verschiedenen Initiativen künstlerisch thematisiert wird. Auf der Florentine gibt es seit etwa zwei Jahren einen Leuchtturm als kinetisches Objekt, Time’s Up werden, was ich weiß, in ihrer Ausstellung Turnton auch einen Leuchtturm dabeihaben. Und heuer wird die Stadtwerkstatt im September insgesamt drei Leuchttürme im Donauraum platzieren, die das neu ausgerufene Urfahraner Areal „Lower East Site“ bespielen. Ihr habt nun bei „Searching for a Fata Morgana“ einen Leuchtturm in der Wüste platziert. Warum diese Symbolik der Orientierung bei euch?

Durch die unglaubliche Weite der Wüstenlandschaft kann einem das Gefühl der Orientierungslosigkeit bereits untertags sehr schnell einholen. Ohne Führer oder GPS ist man tatsächlich verloren und ist über jede Erscheinung am Horizont froh. Nach der nächtlichen Performance haben wir uns in der Stockfinsternis mehrmals mit unserem Truck hoffnungslos verirrt. Da half nur Autospuren lesen. In diesem Moment hätte ich mir einen realen Leuchtturm irgendwo am Horizont gewünscht. Für mich persönlich strahlen Leuchttürme seit jeher eine magische Anziehungskraft aus. Beim Näherkommen an das Leuchtfeuer in weiter Ferne gibt der zuerst nur klein geheimnisvoll rotierende Punkt schlussendlich die Sicht auf die unmittelbare Umgebung immer mehr frei. Ein ähnliches Gefühl hatte ich beim Zuwandern auf unseren Leuchtturm, der mit assoziativen Bildern einen Ort markierte, der nicht mehr ist.

Zeigen, was der Animationsfilm kann

Im Sommer lud FIFTITU% zu zwei Animationsfilmabenden ins Moviemento Kino. Michaela Schoissengeier hat sich das Animationsfilm­festival tricky women angesehen und berichtet über ein 2-Tage-Festival, mehrere Schwerpunkte – und fokussiert am Ende auf Arbeiten von Veronika Schubert.

Still aus dem Video „In erster Linie“ Foto Veronika Schubert

Still aus dem Video „In erster Linie“ Foto Veronika Schubert

„Getting Closer“ das Jahresmotto 2017 von FIFTITU% war die Überschrift der beiden Filmabende im Juni. Die Festivaldirektorinnen Birgit Wagner und Waltraud Grausgruber von tricky women Wien, die das Programm zusammengestellt haben, setzten bei der Auswahl der Beiträge noch die Schwerpunkte „Migration/Family“ und „Beziehungen/Gesellschaften“.

Insgesamt wurden 19 Beiträge von internationalen Filmschaffenden gezeigt und es wurde sichtbar, was der Animationsfilm alles kann. Wagner und Grausgruber, die auch am ersten Abend anwesend waren, war es wichtig, neben den Inhalten auch die Vielfalt von unterschiedlichen Techniken zu zeigen. Von sehr einfachen, wenigen Strichen bis zu aufwändigen Figuren aus Knetmasse wurde die Bandbreite der Möglichkeiten gut dargestellt.

1998 ist das Gründungsjahr von FIFTITU%, tricky women flimmerte 2001 das erste Mal über die Leinwand. Seitdem fand das internationale Animationsfilmfestival in Wien 14 Mal statt, immer Anfang März, rund um den internationalen Frauen*tag, und legt dabei den Fokus auf die Arbeiten von Frauen*. Damit bekleidet tricky women eine herausragende Position in der internationalen Filmlandschaft. Neben dem Wettbewerb bietet das Festival in thematisch immer wieder neu ausgerichteten Spezialprogrammen und Retrospektiven einen Überblick über das Animationsfilmschaffen von Künstlerinnen aus aller Welt und insbesondere von österreichischen Filmemacherinnen. 2017 stand Japan, das Land mit einer langen und reichen Tradition an Animes und Mangas im Mittelpunkt des Geschehens.

FIFTITU%

„2016 haben wir mit dem Jahresfokus Break it down versucht, heteronormative Strukturen frontal anzugehen und aufzubrechen und eine Reinterpretation von Geschlecht, Sprache und Handeln zu forcieren.“1, heißt es im Programm von FIFTITU%. FIFTITU% wird kommendes Jahr 20 Jahre alt und solche Jubiläen lösen so manche Ambivalenzen aus. Ein Grund zum Feiern? Ja, sicher! Feste feiern ist schön. Andererseits zeigt es auch den Zustand der Gesellschaft, die sich in vielen Angelegenheiten verändert hat und sich weiter ändert, die Geschlechterfrage gehört nur bedingt dazu. FIFTITU% ist lästig, FIFTITU% bleibt dran, FIFTITU% reflektiert sich selber kritisch – Attribute, die nicht immer gern gesehen werden, noch weniger wertgeschätzt, was sich auch in der Verringerung von monetären Zuwendungen zeigt.

Veronika Schubert: In erster Linie

Veronika Schubert im weißen Schutzanzug, mit Atemmaske und Taucherbrille nähert sie sich ihrem Arbeitsplatz, den sie nur durch herunterhängende Plastikfolien erreicht. Der Laptop liegt verkehrt mit dem Bildschirm auf den Rücken. Über 3000 kleine Glasplättchen sollen es werden, die sie feinsäuberlich nacheinander auf den Bildschirm legt und auf denen sie dann mit einem Gravierstift Wolkenformationen nachzeichnet, besser gesagt nachgraviert. „Ein so GRAVIERENDES Thema wie die Art und Weise des Umgangs mit Flüchtlingen in Krisensituationen konnte nur in Glas graviert werden“, meint die Künstlerin auf ihrer Homepage. Die so entstandenen Linien lassen jedoch nicht mehr unbedingt an Wolken denken, sondern ähneln eher sich ständig verändernden Grenzlinien auf Landkarten. Daraus ist der 5’20 Minuten lange Animationsfilm „In erster Linie“ entstanden, der 2016 seine Premiere feierte und beim Vienna shorts festival 2017 zum besten österreichischen Film gekürt wurde – Herzliche Gratulation!

Veronika Schubert sammelt und archiviert Sätze und das schon seit ihrer Jugendzeit. Konsequent arbeitet sie mit dem Medium Sprache. Mittlerweile ist schon ein beachtlicher Fundus angewachsen, auf den sie für ihre Arbeiten immer wieder zurückgreifen kann. Vertont wurde der Kurzfilm „In erster Linie“ mit einzelnen Sätzen aus Nachrichtensendungen des österreichischen Fernsehens, die ab September 2015 aufgenommen wurden. Die daraus montierte Collage bildet die Hilflosigkeit und Unfähigkeit der österreichischen Politik ebenso ab wie die Uneinigkeit auf europäischer Ebene. „In erster Linie“ gehörte dem Programm „Beziehungen/Gesellschaftsstrukturen“ am zweiten Filmabend an. Der Film irritiert, verstört und macht neugierig.

Und was machst du so?

Veronika Schubert macht vieles, zum Beispiel strickt sie als Diplomarbeit 2005 ihren Film „Tele-Dialog“ und beschäftigt sich darin mit der Sprache „einfach gestrickter“ Fernsehsendungen. Davor, 2004, wurde zur Präsentation des Videos „Schildertausch“ auf die Fassade des architekturforums oberösterreich das Zitat „Und was machst du so? angebracht, das aus ihrer Zeitungsüberschriften-Sammlung stammt, noch immer die Hausmauer des afos ziert und zum kurzen Innehalten einlädt. 2010 entsteht die Arbeit „Säg gaad“ – dafür verwendet sie handschriftlich aufgezeichnete Lustenauer Dialektwörter. Hunderte überlagerte Einzelbilder von gestickten Umrisslinien reproduzieren sich immer wieder neu. Veronika Schubert ist in Vorarlberg geboren und zeigt vor dem Hintergrund ihrer eigenen Herkunft die Komplexität der Konstruktion von Persönlichkeit. Dazwischen und danach gibt es viele wunderbare Arbeiten, worin Sprache filetiert, wortwörtlich zerlegt und neu zusammengesetzt wird, verbunden mit präzisem Handwerk. Eine schöne umfangreiche Werkschau gibt es auf der Homepage der Künstlerin.

 

1 www.fiftitu.at/de/node/405

Veronika Schubert, geboren in Vorarlberg, studierte experimentelle visuelle Gestaltung an der Kunstuniversität in Linz und lebt in Wien.

www.veronika-schubert.at

www.rohnerhaus.at

www.fiftitu.at

www.trickywomen.at

Im Rohnerhaus gibt es aktuell eine Überschriften-Arbeit zu sehen.
05.–07. 10. 2017: SELBST.BESTIMMT
Rohnerhaus, Lauterach (Vorarlberg)
„Archiv-Nr. 0749: Wo ist hier der Speisewagen“, Print auf Papier, Breite ca. 1,5 m.
www.veronika-schubert.at/galerie/2017.html

Unfreiwillig ungebeten

Unter dem Motto Ungebetene Gäste thematisiert das Festival der Regionen 2017 in Marchtrenk Aspekte des Flüchtens und der Bewegung, der Gastfreundschaft und des Ressentiments. Mit der Produktion des Festivaltrailers wurde die Filmemacherin, Musikerin und bildende Künstlerin Karin Fisslthaler beauftragt. Daniel Steiner, beeindruckt von Fisslthalers Zäunen, zitiert zuerst Wikipedia.

Hybrid produzierter Festivaltrailer von Karin Fisslthaler aka Cherry Sunkist. Filmstill Karin Fisslthaler

Hybrid produzierter Festivaltrailer von Karin Fisslthaler aka Cherry Sunkist. Filmstill Karin Fisslthaler

„Ein Zaun ist eine Form der Einfriedung. Er trennt zwei Bereiche dauerhaft oder auf Zeit durch eine von Menschen geschaffene Abgrenzung. Geschieht dies speziell um Tiere einzuschließen, spricht man auch von Gatter oder Pferch. Ein Zaun besteht gewöhnlich aus Holz, Metall (festem Guss- oder Schmiedeeisen oder auch biegsamem Draht) oder Kunststoff. Aus Stein oder Beton errichtete Abgrenzungen heißen Mauer; eine Mittelstellung zwischen Zaun und Mauer nimmt die Gabionenwand ein. Gelegentlich sind Zäune auch farbig gestrichen, lasiert oder lackiert, moderne Holzzäune meist imprägniert, Drahtzäune oft kunststoffbeschichtet. Häufig verwendete robuste Holzarten sind Edelkastanie, Lärche, Eiche, Kiefer oder biegsame – und billige – wie Fichte und Weide. Anders als eine Mauer oder Wand ist er jedoch im Prinzip transportabel und begrenzt durchlässig. Von einem Hindernis, einer Barriere oder Absperrung trennt ihn die klar definierte Grenzziehung, wenn auch die Begriffe gelegentlich in synonymer Bedeutung verwendet werden.“

Karin Fisslthaler hat die Einladung, den Trailer für das Festival der Regionen, zum Thema „Ungebetene Gäste“ zu produzieren, genutzt, um eine künstlerische Replik zu dem sich leider durchsetzenden europäischen Umgang mit Schutzsuchenden zu finden, ohne dabei zwanghaft politisch zu werden, beziehungsweise: in einem zuerst privat anmutenden Gestus. Vordergründig und laut FdR-Site „als faszinierendes Licht- und Schattenspiel inszeniert“, eröffnen sich in diesem Sinn und bei genauerer Betrachtung des Kurzfilms weitere Bedeutungsebenen. Ausgehend von einem Lokalaugenschein am diesjährigen Austragungsort des Festivals, fokussierte sich das Interesse der Künstlerin – inmitten dieser angesprochenen und allgemein sehr homogenen Abschottungstendenzen – auf die Verschiedenartigkeit von Designs von Zäunen und deren intendierter Wirkung: Abgrenzung und Schutz, Repräsentation und Protz, Ein- oder Aussperren. Oder auch nur aussagekräftige Klein-Konvention in der Einfamilienhaussiedlung? Entgegen ihrer bisherigen filmischen Arbeitspraxis hat Fisslthaler bei diesem Projekt gänzlich auf die Verwendung von Found Footage verzichtet und nur selbstgedrehtes Material benutzt. Alleine mit dem Fahrrad im nächtlichen Marchtrenk unterwegs, kam sie während der Dreharbeiten dem Gefühl des Eindringlings bzw. des ungebetenen Gasts sehr nahe. Das kurze Aufleuchten des Blitzlichts, der generell spärliche Einsatz von Licht bei diesen Nachtaufnahmen und das profan Abweisende der von Menschenhand errichteten Begrenzungsanlagen erzeugen eine düstere, beklemmende Grundstimmung, die in Richtung eines Alltagshorrors Ulrich Seidlscher Prägung geht. Spätestens hier stellt sich die Frage: Kann man hinter diesen Zäunen Schutz finden? Hier Gast zu sein – unfreiwillig ungebeten – das will man nicht, das muss man. Im Sinne einer für Karin Fisslthaler typischen hybriden Herangehensweise an künstlerische Projekte, beauftragte sie sich in Form ihres musikalischen Alter Egos Cherry Sunkist quasi selbst mit der Komposition und Produktion der Filmmusik und dem Sounddesign. Die oben angesprochene, beklemmend düstere, ja kalte, menschenfeindlich wirkende Atmosphäre der Bildebene wird durch die Verwendung eines auf Beats, Gitarre und Stimme reduzierten Popsongs kontrastiert, das Gesamtbild durch eine emotionale Ebene erweitert. Zu guter Letzt fand auch noch das Festivalmaskottchen, der Rottweiler auf den Festival-Bildsujets, und siehe die zu Beginn im Wikipedia-Eintrag zitierten, durch Zäune eingeschlossenen Tiere, in Form kurzen Rottweilergebells augenzwinkernd Eingang in den Trailer.

 

Im Rahmen der Festivaleröffnung am 30. Juni kann man Karin Fisslthaler aka Cherry Sunkist dann auch vor Ort Live erleben: Ab 21.30 h im Festivalzentrum auf der Marchtrenker Welserstraße bzw. bei Schlechtwetter im Kulturraum TRENK.S.

www.fdr.at

Auf den Netzseiten der Referentin findet sich außerdem ein Überblick über andere aktuelle Ausstellungen und Projekte von Karin Fisslthaler.

Auf Durchzug ausrasten

Avanti avanti, jalla jalla und weiter und weiter rollt der Verkehr viel­spurig, mehrsprachig und breit gefächert an fahrenden Pflastersteinen vorbei bis über den Rand gefiedert durch die Heide. Hajde hajde! ruft Angela Flam als diesjährige Chronistin des Festivals der Regionen – und liefert uns vorneweg Tempo, Vergangenheit und Atmosphäre aus Marchtrenk in Oberösterreich.

Hier ein Werbeplakat, dort eine Tankstelle, zwischen Häusern große Hecken und Industrie und hin und wieder eine wandernde Schotterpyramide mit Bachstelzen auf den vorgelagerten Pfützen. Fasten your seatbelts! Marchtrenk, eine rastlose Raststätte. Man könnte ein drive-in, drive-through, drive out, ein drive me crazy als Wahrzeichen vermuten. Oder eine rotierende Tankstelle auf Achse. Fehlgeschlagen. Das Wahrzeichen ist der Wasserturm außerhalb des Zentrums.

Wo bitte ist das Zentrum? Zwischen den Kreisverkehren. Zwischen dem Kreisverkehr beim Lidl und dem Kreisverkehr beim Interspar entlang der alten Bundesstraße, dazwischen der Kreisverkehr beim Corner Cafe & ehemaligen Greißler ums Eck, zurzeit ein DHL-Paketshop. Take a seat, relax and enoy! Rechts und links die alte und neue Kirche sowie alte Wirtshäuser, die neu umgebaut wurden. Die alten Heidehäuser sind aus dem Stadtbild verschwunden und die Soldaten auch. Wo sind sie geblieben? Es gibt Bänke, Banken, Cafes, Geschäfte, das Stadtamt und Marktplatzcenter, darin das World of Travel, das Athina und ein Coworking-Space für digitale Nomaden. Geschäfte kommen und gehen. Was läuft, läuft durch, greift nicht am Schotterboden. Eine Prachtstraße zum Meer wird man keine finden, auch keinen Palast (außer China Moon Palast), keinen Wolkenkratzer mit reich verzierten Balustraden im Netz rautenförmiger Friese konzipiert, nein, nichts von alledem. Aber Bahnübergänge gibt es, die es nicht mehr gibt: sie sind durch Schranken gesichert. Und Straßen, die im Nichts enden. Manche sind seit Jahren zurzeit gerade in Arbeit und nicht befahrbar und vor der Autobahnbrücke steht eine Ampel, die gestohlen wurde. Wenn es blinkt, wird es entweder rot oder grün.

Das Denkmal von Kaiserin Maria Theresia sind Schwarzföhren, mit denen sie die Heide aufforsten ließ, als Windschutz & um den Boden fruchtbar zu machen. Wo sind die schwarzen Föhren? Sie sind rissig geworden, vom Wind gebeutelt/geknickt. Von der Wirtschaftswunderblume verweht. Geht das durch? Der Schotter als Symbol für Ursprung und Unendlichkeit?

Marchtrenk ist als Wirtschaftsfaktor modern und menschlich geworden & wurde 2016 die beliebteste Gemeinde im Herzen Europas. And whatever you need. We will provide! Die Heide ist kein Streudorf mehr mit Heidekräutern & strohgedeckten Heidehäusern entlang der Pferdeeisenbahn und dem Funkenflug der K&K Elisabethbahn, sondern ein dicht besiedeltes Wohn- und Industriegebiet mit Anschluss an die Autobahn, Schiene und darüber kreisenden Airbussen vom Blue Danube Airport. La dolce vita! Man kann die Uhr nach dem Flieger stellen oder sich außerhalb der Zeit treffen. Mit dem Dröhnen der Motoren wird es 10 Uhr 10, die Lufthansa startet nach Frankfurt, um 13:05 nach Paris, DO um 17:20 erhebt sich die Small Planet über der Wäschespinne nach Heraklion, gefolgt von der Austrian nach Rhodos, DI 12:00 startet die Eurowings nach Palma, FR 15:40 die Air Cairo nach Marsa Alam … Warum reitet/fliegt ihr durch dieses giftige Land? fragt der Junker den Marquis in Rilkes Ballade. Um wiederzukehren! ist die Antwort.

Was macht ein Wasserturm im Überschwemmungsgebiet der Traun, wo früher das Tethysmeer war? Er versorgt 35.000 ungebetene Gäste: Soldaten in Kriegsgefangenschaft, die unfrei, nach Haager Konvention zwischen 1914–18 in ‚Feindesland‘ Arbeit verrichteten mussten. „Nobody is left behind!“ Wir lassen keinen zurück! 1879 Soldaten sind in Marchtrenk zurückgeblieben: 1382 Italiener, 467 Russen, 1 Rumäne, 11 Serben und 18 Unbekannte, die nach Hause gehen wollen und jene, die anderswo zurückgelassen wurden und endlich nach Hause kommen wollen, um festzustellen, dass es kein Zuhause mehr gibt. Aber wohin reist ihr dann? „Immer nach Hause“, ist die Antwort jeder Odyssee, jeder Irrfahrt von Wilhelm Meister bis Heinrich von Ofterdingen. Die schwarze Barackenstadt von damals im Dorf ist verschwunden. Das Theater hinter Stacheldraht gibt es nicht mehr. Auch keinen Stacheldraht. Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Generation „auf der Flucht“, der nachfolgenden Generation „sich verflüchtigen“ und einem „flüchtigen Durchzugsort“ auf durchlässigem Schotterboden?

Seit 1946 wurden auf dem ehemaligen Lagerareal Flüchtlinge (sog. Heimatvertriebene) angesiedelt und die Bevölkerungszahl hat sich verdreifacht. Der Zustrom setzt sich laufend fort, auch heute, in vielschichtiger Schichtung, unter ihnen immer wieder Vertriebene & Asylsuchende, ein stetig ansteigender Strom zwischen sichtbaren und unsichtbaren Zu(Ein)Flüssen, von Schicksalen und Traumata und Spuren, die darin wandern, die wir nicht lesen können. Haben sie sich angewurzelt? Wie die Föhren der Maria Theresia? Wurden sie nach den gängigen Vorstellungen von Integration und Zugehörigkeit umgetopft/eingebürgert, in Zwischenräumen verfrachtet/verortet? Wir sind geronnene Zeit, schreibt Marisa Madieri. Nicht nur Menschen, auch Orte sind geronnene Zeit, mehrfache Zeit. Ein Ort ist nicht nur seine Gegenwart, sondern ein Zeitenlabyrinth aus verschiedenen Epochen. Manche Orte sprechen, andere hüllen sich in Schweigen & beinhalten ein undurchsichtiges Geheimnis, das sorgfältig entschärft und geborgen werden will, so wie die im Juli 2014 gefundene 50-Kilo-Fliegerbombe in der Traun und so manche, die noch im Umkreis verborgen liegen.

„Unsere Eltern räumten die Trümmer der zerstörten Häuser mit den Händen weg – wir, die nächste Generation, sind mit dem Aufräumen der seelischen Trümmer beschäftigt“ schreibt Bettina Alberti. Den generationsübergreifenden (Kriegs)Themen ist nachzuspüren, den verdrängten, den verschwiegenen, den unausgesprochenen, die immer noch & immer wieder neu überschatten und vielleicht gar nicht geweckt werden wollen, die (wie die Sternmühle?), im Dornröschenschlaf schlummern, bis die Zeit reif ist oder „Es ist Zeit, dass es Zeit wird?“ „Es ist Zeit“, schreibt Paul Celan „dass der Stein sich blühen bequemt“ & die darin herumirrenden Themen (Identität/ Unzugehörigkeit / Rastlosigkeit / Suche / …) umgeschichtet, belichtet und neu gestimmt werden. 2014 wurde in Marchtrenk ein Friedensweg errichtet.

Die Heide ist einen Abstecher wert! Man kann durchziehen, einkehren, absteigen oder zum Advokaten in Vaduz aufsteigen und Marie Antoinette auf der Durchfahrt nach Frankreich zuwinken. Die Römer waren hier, die Bayern keltischen Ursprungs aus dem heutigen Frankreich, Napoleons Truppen, die spanische Grippe, Plünderer, Brandstifter, amerikanische Panzer rollten durch, während Schulkinder im Unterricht Kartoffelkäferlarven auf den Feldern abpflückten, streitende Eheleute wurden in einer Wiege an den Pranger gestellt usw., bis zum nächsten Heckenschnitt, zum nächsten Reifenplatzer, zum nächsten Trachtensonntag, zur nächsten Steuerreform, zur nächsten Tankstelle, zur nächsten Maikäferinvasion, zum nächsten Fitnessrun, darunter Schützengräben und verzierte Tonscherben einer jungsteinzeitlichen Siedlung und Sperrmüll, darüber Sieg, Summer in the City, Seuchen, Zugverspätungen, ein abstürzendes Sportflugzeug, Mord- und Totschlag an der Tankstelle, es lebe der Kaiser, es lebe der Führer, es lebe der Pagenkopf, es lebe der Hula Hoop.

Auf Reisen kann man eine bestimmte Richtung einschlagen oder sich im Strudel der Dinge verirren, seine Identität verlieren oder den Sinn des Lebens finden oder ständig vorwärtsstrampeln. Was ist das Ziel solcher Fahrten? – „Reisen, nicht um anzukommen, sondern um zu reisen, um so spät wie möglich anzukommen, um möglichst niemals anzukommen“, ist die Antwort von Claudio Magris. Ankommen, abfahren oder durchreisen? Alles bewegt sich, mal pulsierend, mal flüssig, mal schleppend bis zäh, Stau. Stopp. Speed. Der Verkehr als Lebensader – das Ende der Gemütlichkeit? Ständig durchströmt werden? Rien ne va plus. Haltmachen. Pausieren. Im Durchzugsgebiet wird auch gerastet. Früher Herberge & Pferdetränke, heute Terminal & Avanti. Man kann sich Outdoor beim Radfahren entspannen oder beim After-Work im Fitnesszentrum verschnaufen, am Bahnhof eine Zwischenstation einlegen & Containerzüge von Hamburg Altona nach Istanbul und weiter bis China beobachten. Oder im eigenen Garten gemütlich relaxen, im Pool untertauchen, am Trampolin die Schwerkraft überwinden, sich mit dem Hund hinter der Hecke verschanzen und Landkarten studieren, Reiseberichte lesen. My home is my castle! Vorhang zu & mit dem (Traum)Schiff in See stechen? Oder vor dem rotierenden Globus sitzen und sich von der Fliehkraft erfassen und weiter bis über die Unendlichkeit hinaus treiben lassen …

Marchtrenk – I spend my lifetime running. El Camino! Der Pilgerweg bis ans Ende der Welt verläuft am nördlichen Traunufer. Am südlichen Traunufer (dem einstigen Jenseits) erinnert ein Denkmal an ein Massengrab – hier führte im April 1945 der Todesmarsch ungarischer Juden vom KZ Mauthausen nach Gunskirchen und weiter nach Ebensee bis ins Grab in den Wolken … Am Jakobsweg kann man bis Santiago gehen und bei der Turteltaube Liegestützen machen, unter laufenden Turbinen im Sprühregen stehen oder in umgekehrter Richtung dem Jerusalemweg folgend im FKK Club Solearis alle Hüllen fallen lassen, Kormorane und Reiher sichten, Enzian und Frauenschuh und Hummelorchidee, die man sonst nur im Hochgebirge antrifft. Der Pilgerweg verläuft in diesem Abschnitt als Fitnessparcours, wo man bei Föhnwetter bis zum Traunstein sehen und mit den Federwolken weiterziehen kann –

Marchtrenk – eine vom eiszeitlichen Gletscher geformte Terrasse mit Ausblick bis zu den Korallenriffen, den heutigen Kalkalpen.

Marchtrenk – Transitzone & Zufluchtsort, ein aufgeladener Raum? Ein vielschichtiges Konglomerat?

Marchtrenk – ein rasender Rastplatz zum Auftanken und Haltmachen, zum Einkehren und Pausieren, zum Abstürzen und Entgleisen. Früher zogen Pferde durch, heute Pferdestärken. Ob flüchtige Station, ob (durch)läufiger Rastplatz, man kann auf Durchzug sein, auf Durchzug stellen und auf Durchzug ausrasten – im doppelten Sinn und das Ganze dazwischen: haltmachen pausieren auftanken verschnaufen abspannen abchillen abspacen ausklinken auszucken überschnappen und durchknallen.

Man kann auch warten. Warten auf was? Warten, bis wer vorbeikommt. Ungebetene Gäste beispielsweise. Vom 30. Juni bis 09. Juli 2017 wird Marchtrenk vom FDR aufgestört. Don’t worry don’t cry, ride a horse and fly!

Festival der Regionen, 30. Juni – 09. Juli 2017 in Marchtrenk

Das umfangreiche Programm: fdr.at

 

Eröffnung: HYMN TO LOVE von Marta Górnicka

HYMN TO LOVE for orchestra, stuffed-animal choir, and others is a show about Europe closing ist ranks. Nation after nation is crying out: “Give us back our country!” It is also a show about how every nation loves to forget. And how human time bombs are so furious they’re blowing their fuses. Thus, history repeats itself. HYMN TO LOVE is the last piece in the Polish director’s European triptych inspired by Mother Courage. The Holocaust and the image of an orchestra playing music in death camps are a starting point for Górnicka to address the rise of present-day European nationalism and the migration crisis. In her libretto to HYMN TO LOVE, Marta Górnicka exposes the obscene language of politics today, quoting statements by fundamentalist fighters and terrorists, alongside speeches made by legitimate politicians. Górnicka mashes up Internet hate-speech with pop lyrics and patriotic songs.

Counted out, Running Light

Das Wahrzeichen von Marchtrenk wird beim FdR mit zwei Projekten bespielt.

Das Wahrzeichen. Foto Norbert Artner

Das Wahrzeichen. Foto Norbert Artner

Ein Wahrzeichen repräsentiert eine Stadt. Für Machtrenk ist das der Wasserturm, ein Relikt aus dem 1. Weltkrieg mit Einschusslöchern, wo heute Tauben nisten. Architektonisch steht der 24 m hohe Betonturm am Durchbruch der Moderne „form follows function“ und ist der letzte erhaltene Militärbau aus dem 1. Weltkrieg in OÖ. Nicht verstecken, sondern stolz sein? Der Krieg im Fokus einer Stadt. Wer will darauf stolz sein? Oder andersrum: Eine Stadt bekennt sich zu ihrer Geschichte. Von was erzählt uns dieser Turm? Vom anbrechenden 20. Jhdt. & vom Ausbruch einer Gesellschaft aus der sinnentleeren Fassadenkultur, vom Rausch der Geschwindigkeit, von aufbrechenden Experimenten in allen Kunstrichtungen, die sich selbst aus dem Korsett sprengten, vom Untergang eines Großreiches, von der Relativitätstheorie über den Reißverschluss bis zum elektrischen Schneebesen, von lachenden Gesichtern, die als Helden in den Krieg hinauszogen und nicht mehr oder erblindet, verstümmelt und traumatisiert zu zweit auf drei Beinen zurückzukehren. Mit Shell Shock Syndrom.

Der Wasserturm wird im Rahmen des Festivals mit zwei Projekten in Szene gesetzt: Innen mit einer begehbaren Klanginstallation (Angezählt/Counted out von Katarina Matiasek): Wie durch Schichten der Zeit dringen die Stimmen ehemaliger italienischer Kriegsgefangener aus der Vergangenheit herüber, die zwischen 1914–18 im Lager waren. Außen eine Lichterkette (Running Light von Miriam Hamann), die als Lichtkörper Bezug auf die Signale der Hochsee-Navigation nimmt und unaufhörlich rund um den Turm kreist. Der Wasserturm wird so zu einer Assoziation und einem symbolischen Leuchtsignal für alle, die auch heute ins Kanisterboot der Hoffnung steigen und den Fluchtweg über das Meer nehmen. Wohin der Weg? In einen rettenden Hafen? Oder in ein Massengrab?

Die Fetische der Chrystal Tesla

Kathrin Stumreich wurde 2016 für ihre Arbeit „What would Ted Kaczynski’s daughter do …?“ der Marianne-von-Willemer-Preis für digitale Kunst verliehen. Im Sommer wird es im AEC eine Ausstellung zu ihren Arbeiten geben. Lisa Spalt bleibt im Medium und beschreibt einen ausufernden Versuch, Kathrin Stumreich über das Internet kennenzulernen.

Aus vielerlei Gründen konnte ich Kathrin Stumreich und ihre Arbeiten bis jetzt nicht live erleben. Also googeln: Kathrin Stumreich bezeichnet sich auf ihrer Website selbst als interdisziplinär arbeitend. Und aus ihrer Biografie ist zu ersehen, dass sie tatsächlich beängstigend umfassend interessiert und ausgebildet ist. Immerhin hat sie in Antwerpen und Michelbeuern Mode studiert, hat sich in Wien mit Philosophie und Ethnologie beschäftigt, vor allem aber an der Angewandten das Studium der Digital Arts mit Auszeichnung absolviert. Ach ja, und Physiotherapie kann sie auch noch.

Aber ich will mich ja vor allem mit ihren Arbeiten beschäftigen, eigentlich zuerst mit der einen, mit der Stumreich den Marianne-von-Willemer-Preis 2016 gewonnen hat. Dann allerdings fällt mir doch eine andere auf. Sie trägt den Titel „Sonnenlauf“ und stammt aus der Serie „oetztal augmented“. Ein mich heimelig anrührender Heureiter gerät da – auf eine bewegliche Konstruktion montiert – in Bewegung. Das Ding scheint, so der Beipacktext, eine Art Sonnenuhr darzustellen, doch die Sonne lenkt den Heureiter, der da seinen künstlich induzierten Schatten wirft, eben nicht, es ist ein bisschen Technik, und das sagt doch schon einiges über unsere Zeit aus, in der man nicht von der Sonne abhängig ist, wenn man Licht braucht, in der man aber dennoch immer noch mit dem Kopf im Heureiterzeitalter steckt.

Plötzlich erinnere ich mich, wie oft ich als Kind dachte, dass diese Heureiter dastehen wie Leute, die ihre Arme zum Himmel strecken und Beschwörungsformeln dazu murmeln. Die Heureiter Vorarlbergs oder eben des Ötztals – das waren für mich die Joshua-Trees der Mojave-Wüste, eine Art von Figuren, die mit dem Himmel kommunizieren. Ich denke mir: Wenn ich will, kann ich dieses Hochstrecken der Heureiter-Arme als einen magischen Akt sehen. Ich kann behaupten: Der alte Heureiter war in Wirklichkeit eine für mächtig gehaltene Priesterin, die es möglich machte, der Natur zu trotzen, eine Stellvertreterin der Menschen, die zwar mit Hilfe von Beschwörungsformeln gutes Wetter herbeizaubern mussten, aber schließlich dafür nicht den ganzen Tag auf dem Feld stehen konnten. Die Heureiter sind die Entsprechung zu den Gebetsfahnen der Tibeter. Und die Beschwörung, die da über die Heureiter simuliert wurde, schien früher eben lebensnotwendig angesichts der Natur, die ihre Likes und Dislikes nach Lust und Laune verteilte und ihre Gladiatoren, die wir einmal waren, nach Belieben leben oder töten ließ. Ich erinnere mich nun auch wieder, welches Machtgefühl die Arbeit mit dem Gerät erzeugte: Da produziert ein ganz kleiner Mensch Vorräte und schafft es dadurch, seine ziemlich irre Mutter Natur zu überlisten, die ihn immer nur dann füttert, wenn es ihr gerade passt bzw. ihm meistenteils nur den Po verhaut, wenn sie keine Lust zum Kochen hat. Und ich denke mir: Diese Überlistung ist heute nötiger denn je. Oder sind wir nicht inzwischen zu groß geworden, als dass wir noch an den Brüsten der Natur hängen dürften? Wir wären doch schlecht beraten, darauf zu vertrauen, dass die Gute am Mittag eine Pfanne auf den Tisch knallt, in die wir dann alle unsere Löffel stecken. Nix da mit „Sie säen nicht, sie ernten nicht“. Die Menschheit ist erwachsen und weiß kaum noch, wo die Mama eigentlich wohnt, so lange hat diese die Jungen schon nicht mehr zum Sonntagskaffee eingeladen. Begonnen aber hat die Entfremdung und Selbstermächtigung – das behaupte ich jetzt einmal – mit dem Heureiter. Der führte – von der Form her – direkt zur Antenne. Und was aus ihm geworden ist, können Sie jeden Tag erleben, wenn die Kinder am Mittagstisch ihre Smartphones streicheln. So sehr sich aber die Gerätschaften verändert haben – die Notwendigkeiten und Bedürfnisse bleiben auf ewig dieselben: Liebe, Nahrung, Information, Coca Cola und ein tolles Profilfoto beim Lieblingsnetzwerk – das macht einen großen Teil unseres Lebens aus. Und das alles verschafft uns heute die Technik.

Was aus dem Wunsch nach der Kontrolle der Natur hervorgegangen ist, endete aber auch in der Kontrolle des Menschen durch den Menschen. Ja, der Mensch ist heute in doppelter Weise das Unberechenbare geworden: als Bürgerin, die abgehört werden muss, und als Geheimdienst, der überwacht.1 Berechenbarkeit und Beeinflussbarkeit erscheinen so verlockend wie nie, an sie glauben wir.

Kennen Sie das Paar-Zahlen-Experiment? Es geht so: Eine Versuchsperson bekommt immer zwei Zahlen vorgelegt und muss sagen, ob sie zusammenpassen. Die Experimentatorin beurteilt die Antworten, und zwar ganz simpel einer Gauß’schen Kurve folgend, mit „wahr“ und „falsch“. In Wirklichkeit gibt es also kein System, nach dem man sinnvolle Urteile fällen könnte, die ProbandInnen setzen das aber wie selbstverständlich voraus. Während ihnen immer neue Zahlenpaare vorgelegt werden, adaptieren sie ihre Erklärungen und versuchen, ein Muster hinter dem Ganzen zu entdecken. Irgendwann erreicht die Kurve der Wahr-Aussagen hier 75%. Und die Befragungen zeigen: Alle ProbandInnen haben spätestens in diesem Moment ein kompliziertes System von Regeln entwickelt, die ihrer Ansicht nach die Urteile der Experimentatorin regeln. Ja, manche behaupten sogar noch nach der Aufdeckung des Schwindels, sie hätten WIRKLICH das System entdeckt, mit dem man Urteile vorhersagen könne. Dieses Schlussfolgern ist aber trotz aller Absurdität nicht dümmlich, es beruht auf einer Notwendigkeit: Wenn wir den Hintern des Tigers aus dem Busch herausragen sehen, wäre es klug, sich den Vorderteil dazuzudenken, wenn wir nicht gefressen werden wollen. So funktioniert das Denken, so funktioniert Berechenbarkeit, so funktionierte der Kult und so funktioniert die Technik: „Wenn – dann“ ist die Formel, nach der wir agieren.

In Melanesien landeten im Zweiten Weltkrieg US-amerikanische Militärs, bauten Rollfelder und wurden von Flugzeugen mit Gütern versorgt. Die Einheimischen sahen diesem Zauber gebannt zu. Ihrer Logik nach konnte – Schlussfolgerung! – nur das Bauen des Rollfelds diese immensen Vögel angelockt haben, die in ihren Bäuchen „Cargo“ mitbrachten – phantastische Güter, die man hierzulande noch nie gesehen hatte. Es war also auch nur zu logisch, dass die Menschen nach dem Abzug der US-Truppen ihre eigenen Rollfelder bauten und – um dem göttlichen gefüllten Geflügel zu zeigen, wo es hingehörte – auf diese holprigen Bahnen ihre Flugzeuge aus Stroh oder Holz stellten. Diese Beschwörung sollte die Götter beeinflussen.

Die Objekte und Installationen, die Kathrin Stumreich baut, erinnern mich nun auf eine packende Weise an solcherart Kulte. Sie alle haben etwas eigenartig Tröstliches für mich – ob es nun um die automatisch gesteuerte Heureiter-Sonnenuhr geht oder eben die Arbeit, mit der Stumreich den Marianne-von-Willemer-Preis gewonnen hat: Sie vermitteln mit den Eindruck von Kultobjekten, die Berechenbarkeit und Beeinflussbarkeit simulieren, den Schutz vor Mächten, die wir nicht im Griff haben, und sie bieten die Möglichkeit, das ganze Gewurstel zu reflektieren.

„What would Ted Kaczynski’s daughter do …?“ lautet der Titel von Stumreichs ausgezeichneter Arbeit, die aus einem Video, einem Wikipedia-Eintrag auf einem I-Pad, einem Audioguide und ein paar Objekten besteht, auf die ich noch zurückkommen werde. Jedenfalls: Wenn die Priesterin einst der Natur entgegentrat und die NSA der unberechenbaren Menschheit, dann tritt hier eine neue Agentin auf den Plan, die nun wiederum der Macht von NSA und Konsorten entgegentritt. Die Frau ist die fiktive Ingenieurin und Ethnolinguistin Chrystal Tesla, Tochter von Ted Kaczynski, der als der UNA-Bomber bekannt geworden ist. Chrystal, deren Vorname wohl nicht von ungefähr an die Droge Crystal Meth erinnert, ist etwas schizophren, nämlich technikaffin und technophob, sie denkt logisch nach, zieht ihre Schlüsse und baut dann Geräte, die sie in ähnlichem Sinn vor den Abhörorgien der NSA schützen sollen, wie das William S. Burroughs in den 70er-Jahren von seinen Tapes behauptete: Er entwickelte in seinem Text „Electronic Revolution“ nach den Abhörorgien Nixons eine ganze Sammlung von künstlerischen Taktiken, die die Technik, die sich die Politik unter den Nagel gerissen hatte, aneignen und gegen jene selbst wenden sollten.

Auch Stumreichs Geschichte spiegelt ihre Zeit. Darin spielt nun Genetik ebenso eine Rolle wie die Settings der Digital Natives oder die DIY-Bewegung; am wichtigsten aber die uns schon so vertraute Atmosphäre mittlerweile allgegenwärtiger digitaler Überwachung, die neuerdings schon unser Überich formt, sodass wir am Abend wie die Kindlein zu ihr beten, damit ihr großes Auge auch dann auf uns ruhen möge, wenn wir im Schlaf von einem psychopathischen Weltverschwörer niedergemetzelt werden. Aus dieser unserer Zeit heraus entwickelt Tesla ihre Simulationen von Abwehrgeräten, ihre Fetische. Und diese Fetische des 21. Jahrhunderts sehen natürlich aus wie technische Geräte. Dennoch ruft Stumreich den DIY-Aspekt der alten Kult-Objekte auf, wie wir sie aus dem ethnologischen Museum kennen. Es geht hier um Selbstermächtigung, und die kann nicht in Serie gekauft werden. So erschafft Chrystal Tesla, diese Heldin unserer Tage, mit Hilfe der alten Technik des Brettchenwebens zum Beispiel Kupferbänder, die die Verortung von Handys stören sollen. Oder sie erzeugt einen von ihr erfundenen, ganz speziellen Faraday’schen Käfig, in dem sich die NSA-Argusaugen verfangen sollen etc. Ich will die Geräte hier nicht alle beschreiben – sehen Sie sich die Sache im AEC selber an!

Wichtig scheint mir an der Sache, dass hier ein Gebrauch von Technik gepflegt wird, der vom Pfad abweicht, den ein paar mächtige Leute vorgezeichnet haben. Und so einem schiefen Gebrauch wohnt eben immer ein spezieller Zauber inne. Das hat u. a. Michel de Certeau in seinem Buch „Kunst des Handelns“2 bemerkt: Es ist der Zauber der Auflehnung, der uns zum Beispiel anrührt, wenn Menschen ein seelenloses Gelände völlig gegen seine Intention verwenden, indem sie es für ihr Parkour-Training oder eine Flashmob-Rezitation der „Ode an die Freude“ benützen. Da geht es um tatsächliche kleine Aneignungen, um tatsächliche kleine Möglichkeiten des Überlistens von Macht oder zumindest um Geschichten, die von einer solchen Überlistung erzählen. Ja, es geht um solche Geschichten, um moderne Mythen und Märchen, die nicht ausschließlich der Ohnmacht entstammen, wie das bei Verschwörungstheorien der Fall ist, sondern auch der Freude an der Entdeckung und am Spiel. Kunst kann Geschichten anbieten, die komplett abheben und uns gerade damit auf einen – allerdings gewendeten – Boden der Tatsachen zurückholen. Darüber muss ich nachdenken, seit ich im Netz ein paar Arbeiten von Kathrin Stumreich gesehen habe.

1 An dieser Stelle sei der Film „Das Netz“ von Lutz Dammbeck genannt, den Stumreich auf ihrer Website zitiert. In „Das Netz“ wird die Geschichte des UNA-Bombers mit den LSD-Experimenten der US-Regierung, geheimen ExpertInnentreffen und künstlerischen Bewegungen in Beziehung gesetzt (YouTube!).

2 Michel de Certeau: „Arts de Faire“, Paris 1980. (Deutsch: „Kunst des Handelns“, Berlin 1988)

 

Die Ausstellung wird am 21. Juni, um 18.30 h, im Ars Electronica Center eröffnet.

www.kathrinstumreich.com

www.linz.at/frauen/5021.asp

Das Naturereignis der „unpolitischen“ Brunhilde Pomsel

Brunhilde Pomsel arbeitete als Sekretärin für NS-Propagandaminister Joseph Goebbels, einen der größten Verbrecher des Dritten Reichs. Im Film Ein deutsches Leben erlebte Silvana Steinbacher eine der letzten Zeitzeuginnen an den Schaltstellen des Massenmords. Die Erinnerungen dieser skrupellosen MitläuferInnen weisen unangenehme Parallelen auf.

Und immer wieder: Die ganze Menge konnte nichts dafür? Foto Blackbox Film

Und immer wieder: Die ganze Menge konnte nichts dafür? Foto Blackbox Film

Ich habe die Szenerie noch deutlich vor Augen. Bei einem familiären Geburtstagsfest stritten einige Verwandte lange über die Volksabstimmung zur Inbetriebnahme des Kernkraftwerks Zwentendorf, mein Vater versuchte mehrmals zu beruhigen. Einige Male habe ich von diesem Fest erzählt, bis meine Cousine und mein Bruder meine Erinnerungen an einigen Stellen gravierend zurechtrückten: Das Fest sei damals friedlich verlaufen und über Zwentendorf wurde nur kurz und in einhelliger Meinung gesprochen. Ich muss wohl einige Erinnerungssplitter über beinahe vierzig Jahre verschoben oder falsch abgelegt haben. Was also können wir über Jahrzehnte hinweg verlässlich und wahrheitsgetreu abrufen, inwiefern können wir unserem Gedächtnis überhaupt trauen?

Diese Gedanken beschäftigen mich, während ich auf den Beginn des Films Ein deutsches Leben warte. Brunhilde Pomsel musste sich an Begebenheiten vor mehr als siebzig Jahren erinnern. Musste sie? Wollte sie nicht eher ihr Gewissen erleichtern, sich rechtfertigen? Wie sehr lässt sich abgesehen davon dem Denkvermögen einer Frau trauen, die über einhundert Jahre alt ist? Ich bin skeptisch, doch bei letztem Punkt zu Unrecht. Brunhilde Pomsel erweist sich in diesem Film als geistig sehr rege. Doch gleich vorweg: Diese Eigenschaft wird die einzige bleiben, die ich an dieser Frau als beeindruckend hervorheben kann.

An einem Sonntagnachmittag sehe ich mir gemeinsam mit rund fünfundzwanzig Menschen diese Dokumentation an. Neben mir sitzt ein Mann um die dreißig, die langen Einstellungen, Nachdenkpausen und die mitunter langsame Sprechweise der alten Frau, denen der Film seinen Platz einräumt, strapazieren seine Seh- und Hörgewohnheiten spürbar, er rückt unruhig auf seinem Sitz hin und her, in der Mitte des Films schläft er kurz ein. Nach dem Ende des Films wird er aber mit seiner Begleiterin sofort über Brunhilde Pomsel zu diskutieren beginnen. Neben mir eine alte Frau, die die Dokumentation aufmerksam verfolgt, vereinzelte Besucher verlassen aber auch bald den Saal. Im Raum, so empfinde ich, herrscht eine Atmosphäre der Nervosität und Ungeduld. Erst als in einer Einspielung eine Leichenentsorgung im Warschauer Ghetto zu sehen ist, hören wir alle nur noch das Knistern des historischen Materials, kein Rascheln im Saal, nichts. Seltsam, denke ich, denn die Aussagen von Brunhilde Pomsel sind für mich so ungeheuerlich, dass sie von Beginn an Stille erzeugen müssten.

Worum geht’s? Die Blackbox Film & Medienproduktion Ein deutsches Leben ist am 7. April in den Kinos angelaufen. Brunhilde Pomsel war von 1942 bis Kriegsende im NS-Propagandaministerium Sekretärin von Joseph Goebbels. (Was hat er ihr diktiert, denke ich schon bald.) Goebbels war bekanntlich einer der engsten Vertrauten Hitlers und durch seine antisemitische Propaganda einer der wesentlichen Wegbereiter des Holocaust.

In Schwarz-Weiß-Bildern und stark ausgeleuchteten Close-ups erzählt Pomsel über diese Zeit. Ihre Erinnerungen, die oft im Plauderton daherkommen, ergänzen die vier Regisseure durch teils nie zuvor gezeigte historische Aufnahmen und Zitate aus Goebbels Tagebuch.

Ich bemerke während des Films – habe ich das Recht dazu? –, dass ich viele Pomsel’sche Wortmeldungen kaum aushalte. Eine Auswahl:

„Ist es denn wirklich so schlimm, wenn man für sich selbst versucht, das Beste herauszuholen.“

„Schuldig fühle ich mich nicht. Es sei denn, man wirft dem ganzen deutschen Volk vor, dass es letzten Endes dazu beigetragen hat, dass diese Regierung überhaupt ans Ruder gekommen ist. Das sind wir alle gewesen. Auch ich.“

„Nichts haben wir gewusst.“

„Auch das Schöne hat Flecken und auch das Schreckliche hat Sonnenstellen.“

„Wir haben mitgeklatscht, es ging nicht anders, es war ein Naturereignis. Die ganze Menge konnte nichts dafür.“

(Anm.: Diese Aussage bezieht sich auf Joseph Goebbels Zitat: „Wollt ihr den totalen Krieg?“ in seiner Rede im Berliner Sportpalast am 18. Februar 1943).

Spätestens bei diesem Zitat packt es auch den Mann neben mir. Er wird für ein paar Minuten ruhig sitzen bleiben. Was hat Goebbels ihr diktiert, rast es mir immer wieder durch den Kopf, und hat sie bei der Reinschrift nur an ihr perfektes Zehnfingersystem gedacht? Über den Inhalt ihrer Arbeit spricht sie nämlich nicht. Wurde sie nicht gefragt, wollte sie nicht oder hat sie sich nicht mehr „erinnert“?

Vor einigen Jahrzehnten hat mir ein Ehepaar erzählt, wenn es den Zweiten Weltkrieg nicht gegeben hätte, hätte es sich nicht kennengelernt und wäre jetzt nicht glücklich verheiratet. Auch das schwingt in meinem Kopf mit, als ich Brunhilde Pomsel zuhöre, denn sie erzählt vom Büroalltag, als hätte sie in einer Modeagentur gearbeitet, in der es gar lustig zugegangen sei. Der gepflegte, modische Chef, sein sensibles Hündchen, seine lieben Kinder. Und vor allem: Ihr tolles Gehalt, um das sie alle beneideten. Immer wieder erwähnt sie, sie sei ein völlig unpolitischer Mensch gewesen. Ein Leben in der Idylle also, wenn man bereit war alles beiseite zu schieben, so wie auch Hitlers Sekretärin Traudl Junge in dem 2006 entstandenen Film Im toten Winkel, so wie einige meiner Verwandten. Der zeitliche Bogen kann bis heute gespannt werden, – natürlich in einer anderen Dimension des Elends.

Ein paar Tage nach diesem Film lese ich von einer Studie, deren Ergebnisse ich nicht in dieser Drastik erwartet hätte: 56 Prozent der Befragten stimmen der Aussage sehr oder ziemlich zu, dass die Diskussion über den Zweiten Weltkrieg und den Holocaust beendet werden sollte. Außerdem sieht ein Drittel der Befragten Gutes wie Schlechtes an der NS-Zeit, wobei jeder zweite 15- bis 20-Jährige ein mangelndes Wissen über den Hitlerfaschismus angibt. Junge und mäßig gebildete Menschen zeigen eine erhöhte Tendenz für autoritäre Zugänge.

Dieses Ergebnis animiert mich, mir die Postings zu eben jenem Film der Zeitung Der Standard1 anzusehen. Laut Umfrage sind deren LeserInnen jung, gebildet, urban und mobil. Wie ich erwartet hatte, reagiert eine Mehrheit der siebzehn Postenden ablehnend bezüglich der skrupellosen und verdrängenden Pomsel’schen Welt, doch ich finde auch einige verworren formulierte Textbeiträge. Ein Leser oder eine Leserin meint „Sekretärinnen waren nur Frauen ihrer Zeit“ (Aha! Was meint er/sie damit? Wie wären diese denn charakterlich ausgestattet? Waren Männer anders strukturiert?) Ein Kommentar nimmt zum Film gar nicht Stellung. Eine Thematik dieser Dimension sei zu komplex, lese ich, um sie in einem Zeitungsforum diskutieren zu können. Summa summarum empfinde ich das Ergebnis dieser Wortspenden eines sogenannten gebildeten Publikums als eher verzichtbar. Vielleicht müssen sie aber auch verzichtbar bleiben?!

Ich frage mich, warum die Regisseure zu den bereits zahlreich vorhandenen Materialien über ZeitzeugInnen noch diesen Film hinzugefügt haben? Brunhilde Pomsel wird voraussichtlich eine der letzten sein, die über die NS-Diktatur sprechen konnte und: Sie saß – äußerst bequem – im Epizentrum der Schreckensherrschaft, auch wenn sie sich verdächtig oft als unpolitisch und kleines Rädchen bezeichnet. Interessanterweise gibt einer der Regisseure zu Protokoll, sie sei „eine scharfe politische Beobachterin“ gewesen. Also doch? Wann hat sich dieser grundlegende Wandel bei ihr vollzogen? So vieles passt da für mich nicht zusammen. Warum sind die Regisseure offensichtlich bemüht auch ein eher positives Bild von Pomsel zu zeichnen? Wahrscheinlich haben sie Nähe und Sympathie zu dieser Frau entwickeln müssen, um diesen Film überhaupt drehen zu können.

Einige Tage später stelle ich mir die für viele unvermeidliche Frage, wie ich mich während der NS-Zeit verhalten hätte. Ich bin mir sicher, dass ich diese Jahre nicht als Heldin erlebt hätte. Wenn mir zu einer Sophie Scholl also leider der Mut gefehlt hätte, so nehme ich doch an, dass ich nicht für ein gutes Gehalt und ein angenehmes Leben alles verdrängt und meine Sinne völlig ausgeschaltet hätte. Aber das bleibt natürlich Theorie.

Den Kinostart konnte Brunhilde Pomsel übrigens nicht mehr erleben. Sie starb am 27. Jänner 2017 – zynisch wie der Zufall manchmal spielt – in der Nacht auf den Internationalen Holocaust-Gedenktag.

 

1 „Ein deutsches Leben“: Kronzeugin mit eingeschränkter Sicht. Der Standard, 04. 04. 2017

 

Ein deutsches Leben

A/D 2016, 113 Minuten

Regie: Christian Krönes, Olaf S. Müller, Roland Schrotthofer, Florian Weigensamer.

Von meinem Privaten in dein Politisches

In den Galerieräumen des Forum Wels war im Frühjahr die Ausstellung Vor und Zurück zu sehen. Mit der zugrundeliegenden Thematik der Erinnerung wurden Objekte, Bilder und Installationen von Bibiana Weber, Edith Stauber und Alenka Maly gezeigt. Über Erinnerung, die Verbindung des Privaten mit dem Politischen, über persönliche Kunstbeziehungen sowie „das Gefühl einer geringeren Einsamkeit“ haben die drei Künstlerinnen mit Tanja Brandmayr gesprochen.

Die Einladung zur Ausstellung in die Welser Galerie Forum kam über Bibiana Weber. Edith Stauber hatte bereits Bilder mit dem Titel Vor und Zurück. Und während des langen, fallweise gemeinsam zurückgelegten Lebensweges sind bereits einige andere Arbeiten entstanden, die „in Räumen vor und zurückgehen“, wie Alenka Maly ergänzt (etwa 2009 mit Malys Ausstellung zur Arbeitersiedlung Hammerweg). Die drei Künstlerinnen teilen die gegenseitige Wertschätzung für ihre Arbeiten, sie haben zudem, was das Kunstverständnis betrifft, „gemeinsamen Vergangenheitsduft eingeatmet“. Sprich: Die künstlerischen Arbeiten und Wahrnehmungsebenen werden gegenseitig verstanden, auch wenn sie sich – wie wir später sehen werden – doch auch wesentlich im Zugang voneinander unterscheiden. Und wie zu erwarten war, ging es bei der Ausstellung, also mit dem Vor- und Zurückgehen in der Zeit weniger um Nostalgie. Wenngleich es auf Nachfragen scheint, dass der Begriff der Wehmut nicht ganz von der Hand zu weisen ist, allerdings stärker im politischen Kontext des Verlustes einer Zeit, in der Solidarität, Häuser besetzen oder ein radikaler Feminismus möglich war und trotz des Kampfes doch irgendwie zum guten Grundton einer Gesellschaft gehörte. Alenka Maly: „Ich habe keine Antwort, was Wehmut betrifft. Die 70er waren dahingehend eine goldene Zeit, vorher war Armut, dann war Protest und Solidarität möglich, jetzt ändert sich alles rasend“. Also weniger persönliches Sentiment als ein Blick über verlustig gegangene gesellschaftliche Errungenschaften. Und damit gehen wir wieder zurück in den „Duft“ der frühen Jahre: Alenka Maly und Bibiana Weber, beide mit ähnlicher sozialer Herkunft, ausgebrochen aus der Arbeiterschicht, haben etwa in einem Schritt der emanzipatorischen Selbstermächtigung Kunst studiert. Und auf die generelle Frage, wie sich denn die Erinnerung, das Private und das Politische in den Arbeiten treffen, merkt Maly an, dass sie in einer Familie aufgewachsen sei, wo immer politisch gedacht wurde, demnach sei auch das Private politisch gewesen. In die folgende kurze Diskussion über die Durchdringung des Privaten und Politischen, über Bibiana Webers künstlerische Transformation des Persönlichen in eine allgemeinere Gültigkeit, über einige Details in den Arbeiten der drei Künstlerinnen, kommen wir zu Edith Staubers für mich zumindest im Moment überraschenden Aussage, dass sie ihre Arbeiten als „rein privat“ verstehe. Dass es ihr um einen „Weg ins Private“ gehe, präzisiert sie mit den Worten: „Jeder hat etwas Privates“. Und dass mit der somit ableitbaren Definition „Alles ist privat“ ein Prozess von Mein-Privates-findet-sofort-einen-Zugang-in-dein-Privates möglich ist, verdeutlicht für mich, auch in Kombination mit den beiden anderen Künstlerinnen, den persönlichen, eigenständigen, wie auch äußerst bemerkenswerten egalitären Zugang, der in der Ausstellung insgesamt zu spüren ist. Beginnen wir also mit Edith Stauber.

Edith Stauber hat ihr Werk zwischen Malerei, Zeichnung und Film angesiedelt. In bester Erinnerung ist ihr animierter Film Parkbad (bzw, eigentlich: Eintritt zum Paradies um 3€20), der die Szenen eines Freibades in detailreicher Genauigkeit darstellt. Hier porträtiert nicht nur ihre „Lust am Gesamtbild“ den Ort, sondern Staubers „Frage der Beobachtung“ erweckt im Zuseher, in der Zuseherin die eigenen erinnerten Eindrücke: Quasi wie das letzte im Glas schwimmende Essiggurkerl, das mit der Gabel herausgefischt werden will (wie im angesprochenen Film) scheinen Erinnerungen kurz und deutlich zugänglich, entwischen letztlich aber doch immer wieder. In Wels wurden auch neuere Filme gezeigt. Außerdem, auch gar nicht nostalgisch, ein von Edith Stauber so bezeichneter „Bilderdurchfall“. Dieser zeigte fast tagebuchartig skizzierte und gezeichnete Eindrücke, halbwegs unverdauter Alltag also, in seiner speziellen Zusammensetzung aus verträglichen und unverträglichen Elementen, in ebenso verschiedenen Formaten und Techniken in den Welser Galerieräumen präsentiert. Diese Zeichnungen sind entsprungen aus einem Impuls der fast zeichnerischen Befreiung, so Edith Stauber, wohl auch gegenüber einer recht eindrücklichen Gegenwart. Wie im Gegensatz dazu widmete sie sich mit der Serie „Am Balkon“ der Vergangenheit. So hat sie alte Fotografien des Vaters aufgenommen, der die Familie immer wieder am Balkon abfotografiert hatte, schmucklos und im Motiv wiederkehrend, wie es wohl zu dieser Zeit nicht untypisch war. Stauber hat das aus künstlerischer Sicht „formal Strenge“ in Folge einer malerischen Bearbeitung unterzogen. Hat über eine lange Zeit des „nicht bewussten Nachdenkens“ während des Malens bemerkt, dass nach und nach Eindrücke aus der Vergangenheit hochkamen. Jedenfalls künden diese Momente auf dem Balkon von einer fast verlassen wirkenden Monochromie, sie haben aber auch etwas ungemein Lebendiges, dieses Baby Edith zum Beispiel, das frech, skeptisch oder schreiend, jedenfalls mit der einzigen Aufgabe eines Babys, nämlich zu wachsen und zu gedeihen, in die Welt blickt … oder die Jugendliche Edith, die mit zusammengezwickten Augenlidern in der strahlenden Sonne steht.

Während Edith Stauber ihren Blick auf Situationen und die damit einhergehende persönliche Erfahrung richtet, widmet sich Bibiana Weber den Dingen bzw. der Kommunikation mit den Dingen. In einem Zugang des Lost-and-Founds zeigte die Objektkünstlerin zwei Herangehensweisen – wobei sich die eine als eine Spur emotionaler erwies als die andere, die dem Sentiment die Ordnung beifügte. Kleine Wunderkammern aus gefundenen Objekten haben sich so angesammelt, etwa beim Spazierengehen; und ihre so entstandene Sammlung sei selbst „ein Kommen und Gehen“, sagt Weber. Sie weist in ihren Arbeiten auf Qualität(en) hin, gibt den Dingen Aufmerksamkeit, denn die Dinge „haben Spuren, haben Spuren hinterlassen, erzählen selbst Geschichten.“ Dass so Geschichten neu erzählt oder anders weitererzählt werden, ist selbstredend für den künstlerischen Prozess. Bibiana Weber sei dabei, so die Kolleginnen, „die Übersetzerin der Dinge“. Als vordergründig etwas weniger spielerisch (Weber arbeitet übrigens auch mit Stahl), erweist sich der zweite Ansatz Webers, der zum Beispiel in den Arbeiten Linz oder Telefonauskunft 11 88 77 zu sehen war. Dafür rollte sie aus dem Papier alter Stadtkarten, Zeitschriften, aus blauen Wahlkarten oder im Falle von „11 88 77“ aus dem Telefonbuch von ihr so bezeichnete Papierperlen. Dass diese Papierperlen, eine neben der anderen in Schaukästen aufgereiht, dabei nicht nur „je nach Lichtsituation Schatten werfen und Bewegung ins Spiel bringen“, sondern gewitzt wie grotesk Erinnerung zu verarbeiten und beinahe wissenschaftlich geordnet zu systematisieren scheinen, scheint dabei ganz klar Bezug auf die von ihr formulierte Absicht zu nehmen, „das Persönliche zu etwas allgemein Gültigerem zu transformieren“. Das Persönliche also fein säuberlich ausgeschnitten, quasi zu Erinnerungsperlen aufgewickelt und im Schaukasten platziert? Sozusagen eine gerollte Geschichte des Einzelnen und des Allgemeinen? Jedenfalls habe ich das Gefühl, dass die hier beispielhaft genannte Nummer der Telefonauskunft nicht nur über alte Zeiten und die neueren Zeiten der Digitalisierung spricht. Sondern ich entwickle so etwas wie einen kleineren Horror, dass die persönlichen Erinnerungen, jede für sich einzeln so schön durchlebt und deshalb für einen selbst so besonders wertvoll, irgendwann selbst wie tote Kleinstlebewesen in einem Schmetterlingskasten gleich, von einem selbst also aufwändig als Erinnerung präpariert, aufgerollt und platziert, zu einem System werden, das Bibiana Weber in ihrem Ausstellungstext so beschrieben hat: „Still ruhen diese Kleinstobjekte auf weißen, gerasterten Flächen in Objektkästen“. Bibiana Weber scheint in ihren Arbeiten jedenfalls eine beinahe wissenschaftliche, erkenntnistheoretisch anmutende Fragestellung platziert zu haben: Was ist den Dingen und was ist der Erinnerung immanent? Was kann man über den Kern der Dinge oder die Vergangenheit sicher wissen?

Im hinteren, letzten Raum hat Alenka Maly eine Rauminstallation aufgebaut, die aus mehreren Komponenten bestanden hat – und die als Gesamtsituation Anklänge von Reisen, Durchreisen, des insgesamt Unbeständigen evozierte; oder der großen Ungeheuerlichkeit des unkalkulierbar Improvisiertens eines jeden Lebens, das sich zuletzt und am Ende sozusagen immer als flüchtig erweist; und eines Raumes, in dem „großes Glück und großes Leid“ quasi miteinander leben, wie Alenka Maly angemerkt hat. So spürt man die in die Gegenwart strahlende Erinnerung an die Familie Malys – durch zwei im Raum einander gegenüberliegende installative Settings, die den letzten Campingurlaub mit dem Vater wieder auferstehen haben lassen. Die Erinnerungen erweisen sich als schön wie schmerzhaft. Ein Video zeigt den Vater und Musiker Gust Maly, im Süden auf einem Campingplatz Gitarre spielend. Er und die Familie wussten zu diesem Zeitpunkt bereits von seinem nahenden Tod. Die zum Loop geschnittene Melodie begleitet ein an die Wand gehängtes Tischtuch des Campingtisches, aufgehängt als Beleg des Gemeinsamen, als Ort, wo die Familie selbstverständlich zusammengekommen ist, um zu reden, zu essen, zu trinken und zu streiten – nicht zuletzt um die privaten sowie größeren Angelegenheiten einer an sich politischen Familie zu debattieren. Dieses Stück Tuch, das wie als Beweis des Gemeinsamen und gleichzeitig als Anklage des Verlustes gelesen werden kann, schlägt zudem eine andere Verbindung zu einem weiteren „Größeren“ im Ausstellungsraum auf: Gleichsam im persönlichen Leid verankert, scheint Maly das Wissen um den Schmerz zu multiplizieren, transformiert persönlichen Schmerz und Mitgefühl mit den vielen Familien und Menschen auf der Flucht. In Wäsche bearbeitete sie Pressefotos aus den Flüchtlingscamps, indem sie etwa diese Bilder verblassen ließ, um Wäschestücken auf Wäscheleinen wieder Farbe einzuhauchen, inklusive kleiner Maschen und Schleifen auf kleinen Mädchenpullovern: Wäsche als bereits des Öfteren von Maly gewähltes Mittel, als Symbol für das der Haut am nähesten Liegende; als Symbol für Nähe, die sich mitfühlend mit dem Leid anderer zu verbinden weiß, in einer zutiefst humanistischen Positionierung. Nach dem Verlassen der Räume klingt die Melodie des Vaters noch lange nach.

Gemeinsames vor und zurück in der Zeit also, verschiedenes hin und her in den Beziehungen. Wunderbare Beiträge in den einzelnen Räumen. Und trotz aller anskizzierten Unterschiede in der künstlerischen Herangehensweise: Gemeinsam scheint die Übersetzungsarbeit in einen „größeren Zusammenhang“ mit Menschen, Dingen, Situationen und nicht zuletzt in eine Kommunikation gemeinsamer Erfahrungen hinein. Mit diesem Sichtbarmachen, Spürbarmachen ginge es schlichtweg auch um das „Gefühl einer geringeren Einsamkeit“, so Edith Stauber. Rückbezogen auf die Ausstellung: nicht nur eingebettet, sondern durch vielfache mögliche Bezüge weit und frei.

 

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