When Sun Comes Out

Es glitzerte und knisterte in Tom Bogaerts Klanginstallation Sun Ra Ra – gezeigt im bb15 im Oktober. Die Arbeit erinnerte daran, wie ernst es einst um die Avantgarde stand. Denn während Sun Ra 1986 in einem Interview mit dem Musicians Magazine befand: „Sie sehen nicht so aus, als hätten sie Spaß“, wird das Publikum bis heute auf hypnotische-vergnügliche Weise mit auf eine Reise Richtung Saturn genommen. Bettina Landl schreibt über Sun Ra Ra von Tom Bogaert – und beginnt mit dem Outer Space und Sun Ra.

Sun Ra Ra im Oktober 2021 im bb15. Foto Tom Bogaert

„What I’m dealing with is so vast and great that it can’t be called the truth. It’s above the truth.“
Sun Ra

„Wie nunmehr, von der neuerlichen Flut noch schlammig, die Erde / Von dem ätherischen Strahl und den Gluten der Sonne gewärmt war, / Brachte sie Arten hervor …“, heißt es in Ovids Metamorphosen. Die Kernfusionen im Innersten dieses heißen, beständigen, hell brennenden Sterns Sonne verwandelt in jeder Sekunde vier Millionen Tonnen Materie in Energie. Sun ist eine Jägerin, aktive Substanz. Wer ihr zu nahe kommt, verliert alle Bodenhaftung. Im Sommer 1969, als die Welt gespannt auf den Flug von Apollo 11 wartete, fragte die Zeitschrift Esquire populäre Persönlichkeiten nach ihren Vorschlägen, hinsichtlich erster Worte nach der Mondlandung, und Sun Ra, damals auf dem Höhepunkt seines Ruhms, antwortete: „Reality has touched against myth / Humanity can move to achieve the impossible / Because when you’ve achieved one impossible the others / Come together to be with their brother, the first impossible / Borrowed from the rim of the myth / Happy Space Age To You …“

„The Vodou Man“ Sun Ra (1914–1993) revolutionierte den Jazz und übt bis heute Einfluss auf eine Vielzahl von Künstlerkolleg*innen aus. 1952 legte er seinen Geburtsnamen Herman Poole Blount ab, nahm den Namen Sun Ra an, der auf den antiken ägyptischen Sonnengott verweist und war Teil einer Band mit ständig wechselnder Besetzung. Diese wurde als „Arkestra“ bekannt – eine Verbindung von Arché und Orchester – und wird seit 1995 von Marshall Allen geleitet. Seit 1969 beschäftigte sich Sun Ra intensiv mit den Möglichkeiten der elektronischen Klangerzeugung, die Synthesizer boten. Er lieh sich von Robert Moog einen Minimoog, der erstmals auf den Alben „My Brother the Wind“ (1970) und „Space Probe“ (1974) eingesetzt wurde. Er war einer der produktivsten Musiker des Jazz. Im Laufe seiner Karriere nahm er hunderte Alben auf, von denen viele von winzigen Plattenfirmen veröffentlicht und daher nur in kleinen Auflagen vertrieben wurden. Er veröffentlichte seine Musik zeitweilig (für die damalige Zeit außergewöhnlich) auf seinem eigenen Plattenlabel Saturn und vertrieb sie über den Versandhandel. So blieb Sun Ras Musik dem großen Publikum, das ihn nicht auf Konzerten erleben konnte, unbekannt. In den 1990er-Jahren wurden viele seiner Aufnahmen zum ersten Mal postum auf CDs beim Plattenlabel Evidence veröffentlicht. „Strange Strings“ (1966), eines seiner frühen Alben, wurde 1998 in die Liste „100 Records That Set the World on Fire (While No One Was Listening)” der Zeitschrift The Wire aufgenommen.

Tom Bogaert (1966 in Brügge, Belgien, geboren), eine Hälfte des haitianisch-belgischen Künstlerduos Lafleur & Bogaert, arbeitet seit geraumer Zeit an und mit dem Phänomen Sun Ra. Bogaerts Werke gründen oftmals auf einer aktivistischen Geisteshaltung, was die beiden Künstler zu verbinden scheint. Er praktiziert Kunst mit einem Bewusstsein für den politischen Rahmen, dem sie entspringt. Seit 2016 vergibt das afo architekturforum oberösterreich Residencies an Architekt*innen und Künstler*innen, die sich mit den Themen Raum, Architektur und Stadt auseinandersetzen und lud 2021 Bogaert nach Linz ein. Mit „Ruining the City“ installierte er im Zuge dessen eine Arbeit aus Agar-Agar über dem Bronzemodell am Schlossberg, das Linz um 1800 zeigt. Die Masse war sowohl Nahrung als auch Habitat für eine Ameisenkolonie, die nach und nach ihren gesamten Lebenszyklus um die Skulptur organisierte und sie in einem natürlichen Verfallsprozess wieder zum Verschwinden brachte. Inspiriert von Überlegungen des Architekten und Theoretikers Eyal Weizman zu Analogien zwischen tierischen Befallsformationen und urbanen Kampfstrategien, beschränkte sich Bogaert nicht auf die physisch sichtbare Stadtrealität, sondern thematisierte eine zweite, „archäofuturistische“ Stadt, wie sie sich aus der Vorstellung ihrer Bewohner*innen materialisiert.

Im Anschluss an seinen Aufenthalt installierte Bogaert sein laufendes Forschungsprojekt „Sun Ra Ra“ im bb15, zu Leben und Werk des Afrofuturisten Sun Ra. Bogaert war und ist inspiriert von der apokryphen Geschichte des legendären afroamerikanischen Jazzpioniers und Mystikers Sun Ra, der behauptete, nicht von der Erde, sondern vom Planeten Saturn zu stammen. Darin fanden die Besucher*innen die Ästhetik Sun Ras auf den Raum und dessen Exzentrik auf die Musik – der vor dem Lichte existierenden – angewandt. Es glitzerte und knisterte in Bogaerts nicht sequentieller interkonnektiven Klangarbeit in drei Teilen, die aus bisher unveröffentlichten Aufnahmen des traditionellen haitianischen Rara-Songs „Fize Nimewo Nèf“, Sun Ras „Rocket Number Nine“ und „Rakete Nummer Neun“, einem neuen Track der in Wien lebenden Klangkünstlerin Masha Dabelka, besteht. Ebenfalls zu sehen war „The Sun Ra in Haiti Library“ – eine Sammlung von Musik, Videos und gedruckten Bildern, die der Untersuchung des Erbes von Sun Ra in Haiti dient, mit der Bogaert bereits 2015 anlässlich der 4. Ghetto Biennale begann.

Bei der Erzählung von Sun Ra in Haiti, auf die sich seine Library stützt, dürfte es sich (auch) um einen Mythos handeln, der einen weiteren interessanten Aspekt zwischen realer oder imaginierter Präsenz von Sun Ra darstellt. So heißt es in einer alten Ausgabe des Lonely Planet, auf die Bogaert stieß, als er sich gerade mit dem Besuch Sun Ras in Ägypten in den frühen 1970er-Jahren beschäftigte: „There are a few stories that you might hear in Port-au-Prince: that Sun Ra lived here on and off for a few years in the 1960s. That he owned a Gingerbread house that you now can stay in, or maybe it’s a restaurant you can eat at. He stayed in quite a few other places. He stayed in a campervan, or perhaps, a tent. He tried to buy Hôtel Oloffson. He composed ‘Rocket Number Nine Take off for the Planet Venus’ in Port-au-Prince. He signed a photo of himself that now graces the walls of a local restaurant. He wanted to adopt a Haitian boy. He sired various children. He shared a room with Graham Greene.“ Was Bogaert dann auf den Straßen hörte, ließ ihn glauben, dass dies wahr sein könnte. Zudem fand er heraus, dass die Wurzeln dieses legendären Stücks Musikgeschichte in dem traditionellen Rara-Song „Fize Nimewo Nèf“ zu finden sind. Ra-Ra ist eine Art von Festivalmusik aus Haiti, die hauptsächlich während der österlichen Karwoche bei Straßenumzügen gespielt wird. Dabei kommen zylindrische Bambus- oder Me­talltrompeten (vaccine) zum Einsatz, die oft aus Kaffeedosen recycelt werden. Zudem werden Trommeln, Maracas, Güiras, Güiros und Metallglocken verwendet. Mit den vaccines werden wiederholende Rhythmen gespielt, die dazu auch mit einem Stock gestrichen werden, während in sie hinein geblasen wird. Bei aktuelleren Umzügen werden auch konventionelle Trompeten und Saxophone verwendet. Der Musikstil basiert zu einem großen Teil auf der Kultur der afrikanischen Einwanderer, beinhaltet aber euch Elemente der Taíno-In­dia­ne­r*innen, wie die Verwendung der Güiros und Maracas. Rara-Lieder werden ausschließlich in Haitianisch aufgeführt und zelebrieren die afrikanischen Wurzeln der Afro-Haitia­ne­r*innen. Während der Prozession wird häufig Voodoo praktiziert. Die Texte behandeln oft soziale Themen wie politische Unterdrückung und Armut.

Bogaert lud die Band Kod Kreyòl ein, Sun Ras „Rocket Number Nine Take off for the Planet Venus“, das 1966 auf Sun Ras eigenem Plattenlabel veröffentlicht wurde, (neu) zu interpretieren. Auf einem Konzert, das 2015 in der Innenstadt von Port-au-Prince stattfand, performte die Band „Fize Nimewo Nèf“ gemeinsam mit Masha Dabelkas „Rakete Nummer Neun“. „Here comes the sun do, do, do / Here comes the sun“ und erhält alles Leben auf der Erde, leuchtet uns, erwärmt den Boden, die Meere, die Atmosphäre, steuert das Klima, bringt Trockenperioden und Eiszeiten, treibt den Wind, der über die Erde weht und unser Wetter bestimmt. Ihre Stürme stören Radioverbindungen, verursachen elektrische Entladungen und markieren sogar die Baumringe mit Radioaktivität. „Here comes the sun do, do, do / Here comes the sun / And I say it’s all right.“

 

Referenzen: „When Sun Comes Out“ war die erste Platte auf Sun Ras Label Saturn, die in New York aufgenommen und 1963 veröffentlicht wurde; „Here Comes The Sun“ vom Album „Abbey Road“ (1969) der Beatles.

Die Ausstellung Sun Ra Ra war vom 10.–20. Oktober 2021 im bb15 – Raum für Gegenwartskunst zu sehen. Aktuelle Ausstellung im bb15: www.bb15.at

Bei mir ist alles bis zum Schluss verhandelbar

Zwei ästhetisch sicher gratwandernde Ausstellungen des vergangenen Herbstes: Matthias Tremmel zeigte sug zansibar fried war im EFES 42 in Linz, Edgar Lessig stellte I thought I wanted to be there, but I wasn’t sure in der Stiege 13 in Wien aus. Die Referentin hat Edgar Lessig und Matthias Tremmel eingeladen, sich über ihren Zugang zu Kunst, zu Material und den Dingen zu unterhalten.

M: Und jetzt sitzen wir in einem Café in St. Pölten und unterhalten uns für die Referentin.

E: Ja, weil St. Pölten genau in der Mitte liegt, wenn man von Tür zu Tür rechnet. Ich habe extra auf Google Maps nachgeschaut. Hast du dir was für unser Gespräch überlegt?

M: Hör zu, was hältst du davon: Ich finde, dass unsere künstlerische Herangehensweise an die Projekte, die wir machen, sehr ähnlich ist. Nur diametral anders. Im Prinzip sind wir beide Trichter. Nur die Orientierung ist anders. Meine Arbeiten sind ein eher breit gefasster Trichter, damit Leute hineinrutschen können. Fast wie Lupen, die irgendwo hindeuten – möglicherweise auf etwas Diffuses, schwer zu sagen. Bei deinen Arbeiten ist es umgekehrt. Die sind konzentriert, klar und konkret, aber schwer zum Einklinken. Die kleine Öffnung des Trichters eben. Aber wenn man sich dafür einmal eingeklinkt hat, kommt man in die Weite.

E: Das ist eine spannende Überlegung.

M: Zum Beispiel deine Ausstellung in der Stiege 13, da muss man dich und das Ganze schon kennen, damit man zur Arbeit hinkommt, oder?

E: Ich wüsste es nicht, weil ich mich selbst zu gut kenne. Ich kann nur das wiedergeben, was mir manche Besucher:innen gesagt, und ich recht schön gefunden habe. Die kannten meine Arbeiten nicht wirklich, sind in die Ausstellung gegangen und haben mit dem Ausstellungstitel schon einen Zugang zu der Sessel-Arbeit gehabt. Sie haben sich gefragt, ob tatsächlich irgendwas stattgefunden hat, ob sie zu früh oder zu spät sind und haben dann angefangen zu philosophieren: Ab wann wird aus dem zu spät ein zu früh? Weil, wenn du nach einem Treffen die benutzen Sessel wieder zurückstellst, kreierst du ja quasi das Potenzial des erneuten Herunternehmens. Und das von Leuten zu hören, die den Ausstellungstext von Jasmin Mersmann vorher nicht gelesen haben, fand ich total schön! Aber ich bin mir auch bei deiner Ausstellung im EFES 42 nicht sicher, wie viele Leute deine eigene Interpretation der Arbeit herauslesen konnten.

M: Das ist ja generell nicht möglich, meine Arbeiten können ja nur für mich vollkommen funktionieren. Für alle anderen funktionieren sie als Show. Mein Ansatz bei jeder Arbeit ist immer: Wenn eine Person zufällig so daherkommt, muss sie irgendwie Spaß am Raum finden können. Aber natürlich haben andere keine Chance, sich in mein Verständnis einzuklinken. Meine Arbeit ist für alle offen, aber die Chance, die Interpretation so wie ich zu entschlüsseln hat niemand.

E: Wenn man sich reinfuchst, kommt man aber vielleicht nah ran. Du hattest einen Begleittext aufliegen, der nur aus einem Satz besteht: „What is a knockout like you doing in a computer-generated gin-joint like this?“. Ich hab den Satz einfach gegoogelt und dann erkannt, dass er aus ‚Star Trek: The Next Generation‘ ist. Es geht um dieses Holodeck, konkret um eine Episode, in der eine Bar darin generiert wird. Damit hatte ich dann für mich einen Zugang gefunden. In der Ausstellung sehe ich dann grün angemalte Pommes, und habe sofort eine Verbindung zu eben diesem Holodeck hergestellt. Der Begleittext funktioniert ein wenig wie ein Easteregg in Computerspielen. Er ist nicht notwendig, um deine Arbeit zu erfassen und um Spaß daran zu haben. Aber wenn man ein wenig Arbeit reinsteckt, fühlt man sich wie ein König, weil man hinter die Kulissen schauen konnte.

M: Wie bei deiner Foto-Plakatarbeit eigentlich. Da sitzen 5 Leute dichtgedrängt auf einem Sofa, hinter ihnen der Titel der Ausstellung „I thought I wanted to be there, but I wasn’t sure“ auf einem riesigen Plakat und schauen dich an. Und im zweiten Raum die leeren Stühle.

E: Genau! Das habe ich ja auch gemacht, damit man hinter die Kulissen schauen kann. Um einen kurzen Blick auf meine Interpretation der Ausstellung zu bekommen.

M: Diese ganze interne Kohärenz, die man als Künstler:in ins eigene Werk steckt, ist dir schon wichtig, oder?

E: Ich brauche diese Struktur einfach, damit Arbeiten überhaupt entstehen können. Es gibt so unglaublich viele Möglichkeiten und Entscheidungen zu treffen, da brauche ich eine gewisse Kohärenz, um zu einer Entscheidung zu kommen.

M: Aber hat man wirklich eine Auswahl an Möglichkeiten? Also sicher stehen theoretisch unendlich viele Möglichkeiten zur Auswahl, aber tatsächlich gibt es nur eine: die Möglichkeit, die zum Kunstwerk passt und die es zu finden gilt, oder?

E: Stimmt schon, aber ich muss mir zuerst einen Rahmen schaffen, damit ich darin überhaupt erst die eine richtige Möglichkeit finden kann.

M: Sicher, Strukturen und Grenzen muss es geben, aber das sind für mich oft nur die Räumlichkeit und die Zeitlichkeit. Weiter traue ich mich gar nicht zu begrenzen. Davor schrecke ich zurück, habe sogar Angst davor.

E: Ich auch.

M: Aber machst du es nicht?

E: Ja, mittlerweile. Aber es ist gruselig, weil ich Angst habe etwas zu verpassen. Aber irgendwo gibt‘s mir sogar Sicherheit. Irgendwo muss ich anfangen, Entscheidungen zu treffen, damit ich weiterkomme, um sie nachher wieder revidieren zu können.

M: Bei mir ist alles bis zum bitteren Schluss verhandelbar. Alles ist möglich und das Ding ist erst fertig, wenn die Ausstellung steht. Davor kann sich alles jederzeit ändern.

E: Ich glaube aber schon, dass auch du schon davor Entscheidungen triffst. Die Materialien standen zum Beispiel schon am Anfang der Ausstellung fest: Holz, Pommes und dieses Wolkenmaterial. Dein Rahmen sozusagen, und wie sich das Material dann zu einer Arbeit manifestiert, das ist dann die zu suchende einzige Möglichkeit.

M: Sie standen nicht wirklich fest, sie haben sich eher ergeben, aber auf alle Fälle bewege ich mich auch in Rahmen, wenn auch nur, um sie wieder zu brechen. Mir kommt oft vor, ich stolpere durch Rahmen wie ein Clown in der Manege.

E: Es hat bei deiner Ausstellung übrigens erstaunlich wenig nach Frittierfett gerochen.

M: Naja, beim Aufbau hab ich ja jeden Tag drinnen frittiert. Da war der Geruch wirklich omnipräsent. Ich hab’s aber schon gar nicht mehr gerochen.

E: Aber dir war der Geruch dann zu viel?

M: Ich hab ja schon mehrere Arbeiten mit Fritteusen gemacht und Frittiergeruch ist halt ein extrem potentes ästhetisches Mittel, das übertüncht viele andere Sachen. Ich wollte es nicht nur auf diesen Fritteusen-Geruch reduzieren. Darum hab ich davor auch radikal gelüftet. Und dabei halt eine Spur zu viel. Ich hätte gern gehabt, dass der Geruch erst auftritt, wenn man schon eine Weile drinnen ist.

E: Ist aber auch schwierig, sowas in so einem offenen Raum zu kontrollieren.

M: Ja, aber es ist auch egal. Er war nicht so notwendig, weil das Visuelle ja eh so aufregend war. Das orange Licht plus dem Frittiergeruch wären als sinnlicher Eindruck zu viel gewesen.

E: Es ist spannend, wie gewisse Elemente bei dir immer wieder kommen, aber sich anders präsentieren. Du hast gemeint, diesmal war es weniger chaotisch, oder wie hast du das gesagt, konzentrierter?

M: Sicherer, ich war mir diesmal sicherer. Ich glaube meine Arbeiten der letzten sechs Jahre waren teils sehr überladen aufgrund einer Unsicherheit meinerseits. Eben weil ich will, dass alle was von der Arbeit haben und dafür muss man eben eine große Bandbreite von Wahrnehmungen abdecken. Das Visuelle, das Haptische, das Rezeptionelle. Auch diese gewisse Unschärfe, ob es nun ein Kunstwerk ist oder nicht, ist notwendig, damit man die Kunstleute ein bisschen davon abhält, eine Arbeit zu schnell zu kategorisieren.

E: Was ja immer ein bisschen schwierig ist, wenn man in einem Kunstraum ausstellt.

M: Sowieso, aber möglich!

E: Das habe ich auch mit den Arbeiten in der Stiege 13 versucht. Ich hab herumphantasiert, was diese zwei übereinanderliegenden Räume mal gewesen sein könnten und dann das Narrativ geschaffen, dass es ein Versammlungsort war. Das war Basis dieser Arbeit und dann stehen einfach Stühle drinnen und ein Foto-Plakat hängt an der Wand. Und dann waren eben Leute verwirrt. Es ist ja witzig, wenn man Leute aus der bildenden Kunst verunsichert, aber wenn man ehrlich ist, checken alle, dass es eine künstlerische Arbeit ist, weil es in einem Kunstraum stattfindet.

M: Nach zwei Sekunden checken sie es vielleicht, aber in den ersten Sekunden ist ein Zweifel da, und den sollte man anvisieren. Aber man darf eine Arbeit nicht nur auf diesen Zweifel reduzieren. Trotzdem braucht jede Arbeit eine gewisse Unsicherheit in der Wahrnehmung, damit offener und freier wahrgenommen werden kann. Aber diesen Moment zu erzeugen, in dem man sich unsicher ist, was es nun ist, ist ein Balanceakt, wo man leicht zu viel oder zu wenig machen kann. Bei meiner Arbeit „gebühnt tranchiertes narrationsimulativ_guerilla-ontologische machination“ bei der Ausstellung „eben“ im Salzamt, hats ja zum Beispiel Bretter, Teppich, Gelatine, Video, Eier, Keramik, Sesam, Plastikbesteck und Neonlicht gegeben. Und das ist schon eine krasse Überladung, die abstoßend werden kann. Bei dieser Überforderung kann man sich dann eher schwer einklinken.

E: Naja, aber alle deine Arbeiten sind eine Überforderung.

M: Findest du die EFES 42-Ausstellung war auch eine Überforderung?

E: Auf jeden Fall. Aber nicht in der Fülle des Materials, sondern eher wie du es benutzt hast. Du gehst da rein und siehst irgendwelche Holzstangerl emporstehen in denen grüne Dinger drinstecken. Dann erkennt man, dass es angesprayte Pommes sind, oben hängen irgendwelche Plüscherl, die das Licht färben und unten schweben Holzbretter knapp über dem Boden. Und man selbst steht mittendrin. Genau diese kurze Überforderung macht Tabula rasa mit deiner Erfahrung und dadurch lernt man die Arbeit neu kennen.

M: Lustig, weil ich war so stolz darauf, dass es so eine ruhige Arbeit ist.

E: Sie ist eh ruhig, aber sie kann ja trotzdem überfordern. Mein Lieblingsvergleich ist die Ausstellung in der Secession von Daniel Dewar & Grégory Gicquel, die Kommoden, Reliefs und eine Bank geschnitzt haben. Diese Bank stand dort, wo normalerweise eine Museumsbank stehen würde. Und dort stand nicht „Bitte hinsetzen“, es stand auch nicht „Bitte nicht hinsetzen“. Es stand nämlich gar nichts da, das ist total überfordernd, weil dir nicht gesagt wird, was zu tun ist. Aber es ist halt nur im ersten Moment überfordernd. Und wenn man diese Überforderung überwinden kann, gewinnt man Entscheidungsfreiheit.

M: Voll, eine Art Handlungsraum, der eine eigene Wahrnehmung ermöglicht. Es ist damit fast schon emanzipierend. Ich finde, Kunst sollte ja eigentlich immer subversiv sein.

E: Darum denke ich, dass Überforderung prinzipiell nichts Schlechtes ist. Es ändert auf radikale Weise deinen Anspruch und deine Sehgewohnheit auf dieses Ding.

M: Wahrscheinlich kommt es drauf an, wie man sich einer Überforderung stellt. Es gibt ja ganz tief in uns diese acute-stress-response, zu Deutsch Kampf-oder-Flucht-Reaktion. Dabei reagiert man auf eine Überforderung, also auf einen momentanen Kontrollverlust, entweder konfrontativ oder fliehend. Also man macht einen Schritt nach vor hin zum Unbekannten, oder halt ganz viele zurück ins Bekannte.

E: Das ist eine super Schluss-Analogie, oder?

M: Eigentlich schon irgendwie.

 

Edgar Lessig ist in der Kunst zuhause, geht aber ab und zu auch mal vor die Türe. Er hat Bildende Kunst an der Kunstuniversität Linz studiert und macht dort gerade seinen Abschluss in Angewandte Kultur- und Kunstwissenschaften. Zuletzt hat er in der Stiege 13 in Wien ausgestellt. www.edgarlessig.com

Matthias Tremmel bevorzugt seine narrativ-simulierten Kunstwerke gerne auch punktgenau frittiert. Nach einem Zwischenspiel als Keramik-Werkstättenleiter an der Kunstuniversität Linz widmet er sich nun wieder vermehrt der Bildenden Kunst. Zuletzt stellte er im EFES 42 in Linz aus.

14 haltepunkte zu airbag/14 holes

Das bb15 ist ein zeitgenössischer Artspace, der sich auf experimentelle Zugänge zwischen Ausstellungen, Performances, Sound und anderem fokussiert. Zuletzt entstand die Idee, externe Artists der Residency-Schienen mit lokalen Künstler:innen zusammenzubringen, die sich auf Text spezialisiert haben. So traf Lukas de Clerks Residency-Arbeit Airbag/14Holes vom Mai dieses Jahres auf Sarah Rinderer: 14 haltepunkte zu airbag/14 holes besteht als eigenständiger Text von Sarah Rinderer und gibt einen Eindruck des Aufeinandertreffens.

Airbag/14Holes by Lukas de Clerck im bb15 im Mai 2021. Videostill/Video Sara Piñeros

[1]
polyestergewebe, das langsam beginnt, sich vom boden zu heben. ein kinderspiel, in dem zwei spieler jeweils einen ball im luftstrom über sieben kegel grün gelb blau rot grün gelb blau in den korb schweben lassen. jetzt ohrenstöpsel darin.
schläuche – glass clear – führen von den kegeln nach oben, verknoten sich, verästeln sich weiter zu clustern, münden – mit klebeband befestigt – in den kopfstücken gesammelter blockflöten.
das luftkissen wächst nach und nach diagonal in den ausstellungsraum des bb15 hinein, in einem winkel von etwa 45°– derselbe, in dem man die blockflöte zum eigenen körper geneigt hält.

[2]
wir setzen uns an den donaustrand, um über seine arbeit zu sprechen. schattenverästelungen am boden, immer kleiner werdend. behutsam, leicht setzt er die englischen worte an die lippen an. bevor er mit der kunst begann, hat er das selbst-nicht-sichtbar-sein studiert: hiding away into sound. intuitively, non-chalant, child-like almost.

[3]
just listen
flatterzunge flimmerkammer
windkanal instrument
mundstück makroimprovisation
maschinenraum modulieren
schwimmen schief
gewöhnlich gleichschweben gigant
surround sound orgel
dudelsack dysfunktional
dauerspiel dröhnen
druck auf der brust

[4]

 

 

[5]
nicht alle kegel sind mit schläuchen und blockflöten verbunden.
der luftstrom kühl und überraschend stark, wenn man die hand über das loch an der spitze hält.

(grün gelb blau rot gelb blau)

[6]
hast du irgendwo noch eine blockflöte zuhause? wann wie was hast du auf ihr gespielt? hast du es gemocht? wie wurde dir beigebracht, dass musik klingen soll? und wie lange ist deine blockflöte schon still? seit wie vielen jahren hast du nicht mehr auf ihr gespielt?
(fragen für ein persönlich-warmes gespräch)

[7] donaurauschen. die zwei haltepunkte der blockflöte: an der unterlippe und beim hinterständig positionierten rechten daumen. er streckt die beine aus, erzählt von seinen musikalischen haltepunkten. synthesizersounds von éliane radigue, von daphne oram, von delia derbyshire.
vom umgang mit einem noch nie dagewesenen instrument.

[8]
not in a musical way
pleura parasit
sauerstoff pfeifen
ventile beatmungs-
maschine atemkreislauf
luft röhrensystem
oberton bronchiolen
außergewöhnlich anhaltend
vibrieren des bodens
unter den schuhsohlen

[9]
(sein international recorder flute asylum)
alt sopran holz plastik
mit maserung matt glänzend abgeschlagen fehlende lacksplitter
nicht mehr ganz weiß
blau die oberen beiden löcher mit schwarzem gaffaband zugeklebt
bei einer anderen die großbuchstaben der früheren besitzerin eckig ins holz geritzt
LORE

[10]
dü le re te re te che
diri tiri did’ll

(verstimmen verlernen vergessen spielen)

[11]

 

 

[12]
sein schnelles daumen-auf-und-ab
zittriges vibrato
der roten plane
über dem gebläse

[13]
kaum wind am donaustrand. traditional folklore music is inspired by nature, imitates the sounds of nature, sagt er. today – schaut einem motorboot nach, das einen wasserschifahrer durch unser sichtfeld zieht – we need to imitate the sounds of machines, become machines.

[14]
now i’ve talked a lot.
das luftkissen, das langsam beginnt, in sich zusammenzufallen.
hellhohes seufzen knistern knittern wogenfalten wie wasser.
ertrinkend in luft.
my mouth feels really dry.
er sinkt nach hinten auf den rücken ins gras,
das polyestergewebe,
grüngelbblaurot,
zurück auf den boden des ausstellungsraums des bb15.

 

14 haltepunkte zu airbag/14 holes von Sarah Rinderer ist ein eigenständiger Text, der gelesen werden kann, ohne direkt auf die Ausstellung hinzuweisen. Wer trotzdem einen Eindruck der Arbeit Airbag/14Holes von Lukas de Clerck haben möchte: oscillations.eu/airbag-14-holes

Airbag/14Holes ist eine hybride Klangskulptur von Lukas de Clerck, die irgendwo zwischen Dudelsack, Orgel und Kinderspielzeug liegt. Zur Klangerzeugung werden Blockflöten verwendet, die nach kurzer Erkundung in der Jugendzeit nie wieder gespielt wurden. Eine nomadisierende Gruppe von Blockflöten wurden zu einem Blockflöten-Asyl im bb15 zusammengesammelt. Airbag/14Holes versorgte diese Flöten mit Luft. Eine schwere, kontinuierliche Interaktion zwischen den Flöten erzeugte den entstehenden Klang, gleich einer dysfunktionalen Orgel, die nach einer langen Zeit der Stille endlich ihre Stimme findet. Während seines Aufenthalts im bb15 hat Lukas De Clerck Airbag/ 14Holes als sein Instrument verwendet.

Lukas De Clerck lebt und arbeitet in Brüssel. Er arbeitet mit wiedererkennbaren, fast alltäglichen Klangproduktionen. Damit schafft er zugängliche Spielwiesen. Er ist Teil des Collectief Publiek Geluid – einem Kollektiv, das sich auf die Klanggestal­tung im öffentlichen Raum konzentriert, und mehrerer Musikprojekte wie 2GIRLSNAMEDSERGIO, Ï Î und Bloedneus & de Snuitkever. www.lukasdeclerck.com

Ankündigungsplakat

King Poet Flati

Ende Oktober hat der King Poet Flati im Kulturverein Strandgut 40 Jahre Amerikanische Underground Ghetto Blaster Hardcore Poesie gegeben – Florian Klabacher hat die Lesung besucht und Flati zum Gespräch getroffen.

Ankündigungsplakat

Ankündigungsplakat

„Flati heute 21 uhr strandgut …“ – „I know, seh ma uns leicht dann? :D“ – „Klaro bin schon da, aber derzeit samma zu zweit und er droht quasi mit absagen … Bitte nimm so viele mit wie mögl“: Seine Lesungen in Linz besuchen wollen ist ein bisschen wie Guns’n’Roses-Konzertkarten haben. Erst wenn’s losgeht, bist du ganz sicher, dass es stattfindet. Der König der Undergroundpoeten tritt in diesem „bäuerlichen Provinzkaff“ nämlich nicht vor einem halb leeren Raum auf, „des intressiert mi ned, in Wien san de Hütten voll“. Aber als am 28. Oktober die letzten Raucher*innen ihren Tschick ausdämpfen und den Kulturverein Strandgut betreten, finden auch hier wie gewohnt nicht mehr alle einen Sitzplatz. „Ich befinde mich am frühen Vormittag in einen heruntergekommenen Stundenhotel am Stadtrand von Las Vegas …“ beginnt Gerald Wilhelm a.k.a. King Poet Flati die Premiere seines neuen Textprogramms „Meine Hitze-Erlebnisse von Nevada“.

In den nächsten siebzig Minuten nimmt uns Flati unter anderem mit in eine Barackensiedlung in Sacramento, zum Koksschmuggeln nach Tijuana, zur Sauftour in einen Großmarkt in Inglewood, zur mörderischen Höllen-Geisterbahn in Los Angeles, auf einen illegalen Flohmarkt und zur Auseinandersetzung mit einem Gerichtsvollzieher. Die Rahmenelemente und handelnden Personen in den Texten sind recht konstant die gleichen wie schon über Jahre hinweg: Tiefe Bars, heruntergekommene Stundenhotels, stinkende In­nen­höfe, verfallene Altbauwohnungen, ein alter Ford Mustang, brutale Bullen, Drogendealer, Highways, Gangster, ungute Typen, alte Kumpel, Tresenkellner und mitten drin Flati, der handelnde Erzähler: Interne Fokalisierung, szenisches Präsens, eine protokollartige Wiedergabe der Geschehnisse. Als hätte er eine Allergie auf Satzschlusszeichen rast er von Beistrich zu Und, von Sodass zu Indem, und solange nicht ein, zwei abrundende Grasjoints „zu meinem Wohlbefinden“ geraucht werden, lässt er die Erzählung höchstens beim Umblättern kurz zur Ruhe kommen. Die Form der Texte widerspiegelt ihren Inhalt: In der Grammatik die ruinöse Umgebung, in der Aussprache von Fremdwörtern die Outlaws, die sie bevölkern. Es ist ein eigener Reiz, das Gehörte in Echtzeit zu entschlüsseln. Die Intensität, mit der er die Texte in den Raum schmettert, hat kurz vor Flatis vierzigjährigem Bühnenjubiläum etwas nachgelassen, aber er nimmt dich immer noch mit auf einen ganz eigenen Trip, wenn du dich darauf einlässt. Es ist ein unglaublich unterhaltsamer Abend.

Ein großer Teil des Publikums ist wohl noch nicht geboren, als Flati im November 1981 zum ersten Mal die Bühne der Stadtwerkstatt betritt. Dort bringt er als Autor und Schauspieler vier Theaterstücke auf die Bühne. Der gebürtige Linzer und deutsche Staatsbürger wird kurz darauf nach Deutschland abgeschoben, kann jahrelang nicht zurückkehren, schnuppert in Berlin zum ersten Mal Großstadtluft und fokussiert auf das Schreiben seiner Underground Poesie. Bewusst geht er in Bars, von denen ihm Leute abraten, weil sie zu gefährlich seien. Er fühlt sich dort wohl, kommt mit den Leuten gut zurecht, freundet sich unter anderem mit Mitgliedern der Hells Angels an, lernt die Hausbesetzer*innenszenen deutscher Großstädte kennen und reist per Autostopp mit LKW-Fahrern. Er hat immer Stift und Block dabei und schreibt drauf los, wenn ihm die Umgebung Inspiration für neue Texte liefert, zu Hause tippt er das Geschriebene mit der Schreibmaschine ab. Er knüpft viele Kontakte, über die er immer wieder erfolgreiche Lesungen organisiert. Es folgen über die Jahrzehnte Auftritte in Grieskirchen, Wels, Wien, Bochum, Hamburg, Berlin und vielen anderen österreichischen und deutschen Städten, in der Vergangenheit oft mit musikalischer Begleitung, kombiniert mit Trommel- oder Tanzeinlagen oder indianischem Gesang, mittlerweile aber bewusst reduziert auf den Vortrag der Texte, auf deren Inhalt der Fokus liegen soll.

Bemerkenswert ist, dass Frauen darin keine selbständige Rolle spielen (zumindest nicht in den mir bekannten Programmen). Kommen Frauen vor, dann in vergangenen Programmen fast ausschließlich, wenn er mit ihnen flirtet oder darüber hinaus sexuell in Beziehung steht; ihre Charakterisierung geht dabei nicht über ihr äußeres Erscheinungsbild hinaus. Bei der Premiere im Strandgut kommt als einzige Frau eine Sexarbeiterin, die er an einer Bar trifft, an der er „kein Interesse“ hat und der er einen Drink zahlt, vor.

Obwohl Flati bisher noch nicht in die USA gekommen ist, spielt sich sein Werk hauptsächlich dort ab. „Weil die Untergrund-Szene dort viel härter und gefährlicher ist“ als hierzulande und ein passenderes Umfeld für die Ereignisse in seinen Texten bietet. Sein Bild dieser Szene ist geprägt von Sonny Bargers Büchern über die Geschichte der Hells Angels und den Texten der für ihn wichtigsten Underground Poeten: Charles Bukowski, William S. Burroughs, Jack Kerouac, Allen Ginsberg, Neal Cassady und Jack London. Er kennt ihr Werk, ihre Wurzeln und ihre Biografien und erzählt leidenschaftlich davon.
Obwohl sich die Umgebung in seinen Texten nicht maßgeblich verändert, sind Flatis Lesungen auch nach vier Jahrzehnten erfrischend kreativ, er achtet auf Qualität statt Quantität „Es wird schwieriger, neue Texte zu schreiben. Weil ich habe schon so viele Texte, ich muss aufpassen: Habe ich das schon einmal geschrieben? Ich kann ja nicht dieselbe Geschichte zwei Mal erzählen“. Außerdem ist Flati in seinen Texten genauso wenig eine statische Figur wie im echten Leben. „In meinen wilden Jahren hab ich Gas gegeben und mir nix angeschissen, aber ich bin jetzt keine 35 mehr sondern 67“. Das spiegeln auch die neuen Texte wider: In vorangegangenen Programmen sucht Flati ständig die Konfrontation, ist in Schläger- oder Schießereien verwickelt und hat diverse Substanzen im Blut. Jetzt schmuggelt er das Zeug zwar in die USA, weil er von seiner Poesie alleine nicht leben kann, zieht aber im ganzen Programm keine einzige Prise Koks. Statt sich im Ford Mustang Verfolgungsjagden mit der Polizei zu liefern, fährt er meist im Schritttempo oder stellt den Wagen auch mal ab und geht zu Fuß durch Inglewood, weil das sehr gesund sein soll. Und beim Tresenkellner bestellt er schon mal Apfelsaft oder Limonade statt Whisky. Flati ist authentisch und dabei weit davon entfernt, langweilig zu werden.

Damit zieht er neben treuen Fans auch immer neues, junges Publikum an. Einerseits wohl über die immer wieder auffälligen Plakate – ein alter Bekannter druckt sie kostenlos mit dem Farbkopierer, um ihm Kosten zu sparen, andere kutschieren ihn mit dem Auto durch Linz und Wien, um das Plakatieren zu erleichtern, die Lesungen und Bewerbung organisiert Flati nämlich selbst – andererseits weckt Flatis Auftreten mit Stars-And-Stripes-Bandana, King-Poet-T-Shirt und Totenkopf-Schmuck auch bei persönlichem Kontakt Interesse. Eine Krankenpflegerin, die die Lesung im Strandgut mit einer Hand voll Freund*innen besucht, erzählt, dass ein Patient auf ihrer Station davon geredet hat, dass er für seine Lesung plakatieren gehen muss. Den Auftritt von dem schrägen Typen wollte sie sich nicht entgehen lassen.

Das Café Strom in der Stadtwerkstatt sieht Flati inzwischen in der Hand von „Ferngesteuerten, die die ganze Zeit am Bildschirm hängen“, eine Generation, die nur Techno hört statt „richtiger“ (nämlich am besten Rock-, Hardrock- oder Heavy-Metal-) Musik. Seine Stammlokale in der Linzer Altstadt, Asfalt und Corretto sind der aggressiven Verdrängungspolitik von Initiativen wie dem „Verein Altstadt neu“ zum Opfer gefallen und seit Jahren geschlossen. Das bisschen Underground in Linz, das Flatis Vorstellungen nahe kommen könnte, scheint vom Aussterben bedroht zu sein. Mit seinen Lesungen hält er dessen Fahne aber weiterhin hoch – hoffentlich noch viele Jahre!

Gira Zapatista

Die Referentin bringt seit mehreren Heften eine Serie über frühe kämpferisch-soziale Bewegungen und emanzipatorische Entwicklungen. In dieser Ausgabe geht es um die aktuellen Autonomieprozesse des Zapatismus. Über die ‚Reise für das Leben‘, die die Zapatistas heuer bis nach Tirol geführt hat, berichtet uva obstinada.

Die Reise für das Leben. Foto zapatirol

Menschen, die bereits in den 90ern politisch aktiv waren, werden sich noch gut an den Beginn des Jahres 1994 erinnern. In der Silvesternacht 1993 besetzte der Ejercito Zapatista de Liberación Nacional/EZLN mehrere Städte des im Süden von Mexiko gelegenen Chiapas und erklärte dem mexikanischen Staat den Krieg. Das Datum war sehr genau gewählt. Am 1. Jänner 1994 trat das Freihandelsabkommen NAFTA in Kraft, das für viele Kleinbäuer*innen, die bereits zu diesem Zeitpunkt in elenden Verhältnissen leben mussten, existenzbedrohende Folgen hatte. Mit zivilen Protestformen versuchten die indigenen Bewohner*innen der Selva Lacandona zuvor immer wieder auf ihre miserablen Lebensumstände aufmerksam zu machen, ohne Gehör zu finden 1. Nach 12 Tagen zog sich die bewaffnete Guerilla wieder in die Berge zurück. Die zapatistische Bewegung begann daraufhin mit dem Aufbau autonomer, auf Solidarität basierender und selbstverwalteter Gesellschaftsstrukturen. Als antiautoritäre Bewegung stellten sie sich dem Versuch, eine neue Welt zu erschaffen, ohne die Macht zu ergreifen. Dies geschieht über ein basisdemokratisches Rätesystem und dem Prinzip des gehorchenden Regierens: Entscheidungen werden an der Basis getroffen und durch jederzeit abwählbare Delegierte über mehrere Instanzen bis zum Rat der guten Regierung wei­tergetragen, der für die Umsetzung verantwortlich ist.
Die Zapatistas setzten von Beginn an auf Internationalismus und globale Vernetzung. Gleichzeitig bot der Autonomieprozess und die gelebte Revolution der Zapatistas emanzipatorischen Bewegungen Inspiration und neue Perspektiven. Damit stieß der Zapatismus große, weltweite Proteste wie die Antiglobalisierungsbewegung mit an.
In Folge der Wirtschaftskrise 2008 begann der weltweite Aufstieg rechtsextremer Demagog*innen und die globale Marginalisierung linker Bewegungen. Die Aufbruchstimmung der 00er Jahre verflog zunehmend und die Kämpfe der Zapatistas bekamen immer weniger Aufmerksamkeit.

Im Oktober 2020 informierte das Geheime Revolutionäre Indigene Komitee (CCRI) in einem Kommuniqué über den Plan, dass verschiedene zapatistische Delegationen die Welt bereisen werden, um sich mit linken Basisgruppen auszutauschen und Kämpfe gegen Kapitalismus, Patriarchat, Rassismen oder Umweltzerstörung zu vernetzen.
In den Kommuniqués erklären die Zapatistas ihre Beweggründe für die Reise für das Leben: Die weltweiten Zerstörungen des kapitalistischen Systems werden zunehmend zu einer Bedrohung für die gesamte Menschheit. Als wollten die Zapatistas mit ihren Texten in Erinnerung rufen, dass all die Herrschaftsstrukturen, die so viel Leid verursachen, von Menschen gemacht sind und damit auch durch Menschen zu Fall gebracht werden können. Deshalb suchen die Compañeroas den Austausch mit Gleichgesinnten, um Gemeinsamkeiten zu finden, Unterschiede anzuerkennen, voneinander zu lernen und Organisierungsprozesse zu stärken.
Die Delegation besteht mehrheitlich aus Frauen*, umfasst 450 Personen, und setzt sich auch aus Menschen anderer indigener Organisationen zusammen. 180 machten sich trotz enormer staatlicher Schikanen auf den Weg nach Europa.
Eine erste Vorhut aus sechs Personen erreichte bereits im Juni 2021 per Schiff europäisches Land. Als umgekehrte Eroberung und anti-koloniale Antwort auf die Conquista und die Gräueltaten der einstigen Kolonialmacht ging die Delegation „500 Jahre nach der angeblichen Eroberung dessen, was heute Mexiko ist“ in Spanien an Land und benannte den neuen Kontinent in Slumil K‘axemk‘op (widerständiges Land) um. „Wir werden dem spanischen Pueblo (…) sagen: Erstens: Dass sie uns nicht erobert haben. Dass wir weiterhin da sind und Widerstand und Rebellion fortsetzen. (…).“ 2
Die Neubenennung Europas legt nahe, dass es der zapatistischen Bewegung nicht nur um die Sichtbarmachung der eigenen Widerstandsgeschichte geht. „Existimos, porque resistimos“ (wir existieren, weil wir Widerstand leisten) richtet sich auch an alle linken Aktivist*innen, die für eine gerechtere Welt kämpfen und vielleicht auch an all jene, denen die Kraft ausgegangen ist oder die den Kampf für eine gleichberechtigte Welt bereits verloren gegeben haben.
Obwohl die Reise mehrmals durch staatliche Schikanen gefährdet schien, war es Mitte September dann doch so weit: 180 Delegierte landeten in Wien und wurden dort mit einer Kundgebung und Willkommensveranstaltungen begrüßt. Nach Erarbeitung eines Reiseplanes wurden Kleindelegationen in verschiedene Länder und Städte entsandt.
So kam am 24. September 2021 auch die freudigst erwartete Delegation aus 6 Frauen* und 6 Männern in Innsbruck an. Das Ankunftsdatum wurde wenige Tage zuvor bekanntgegeben und erforderte eine schnelle Fixierung aller Veranstaltungsideen.
Ungefähr 60 Menschen waren gekommen, um die Compañeroas am Hauptbahnhof willkommen zu heißen. Nach einem Anfangsapplaus wurde schnell klar, dass es keinen Ablaufplan gab. So standen sich für einen Moment alle verlegen gegenüber, bis ein Aktivist aus der ZapaTirol-Gruppe zu einer Willkommensrede ansetzte. An einem Haus wurde ein großes Banner mit der Aufschrift Hola Compas Zapatistas entrollt und die Delegation mit Transparenten und Willkommensschildern zu den wartenden Autos auf der anderen Straßenseite begleitet. Nach einem gemeinsamen Abendessen gab es ein erstes Plenum, um den Compas das Programm für die nächsten zwei Wochen vorzustellen. Sie entschieden sich nach gemeinsamer Rücksprache dazu, alle Einladungen anzunehmen und bedankten sich für die Möglichkeit hier zu sein.
Am nächsten Tag fand eine Kundgebung vor dem mexikanischen Honorarkonsulat in Wattens statt. Kurz vor Ankunft der Delegation rief die zapatistische Generalkommandantur wegen zunehmender paramilitärischer Angriffe und der Finanzierung von paramilitärischen Gruppen durch den mexikanischen Staat zu Protestaktionen auf. Diese Art der staatlichen Gewalt wird auch als Krieg niederer Intensität bezeichnet. Ein Drittel des gesamten Militärs ist im dünnbesiedelten Chiapas stationiert und umstellt die befreiten Gebiete. Es kommt immer wieder zu Angriffen von Bundespolizei, Militär und Paramilitärs, neuerdings auch von Narcos, mafiaähnlichen Strukturen im Bereich des Drogenhandels. Viel deutet daraufhin, dass Gewalteskalationen drohen.
An den Folgetagen fanden verschiedene kleine, manchmal auch größere Gesprächsrunden statt. Der Austausch umfasste politische Kampffelder, Organisierungsprozesse, Strategien und Werkzeuge des Widerstands, aber auch den Umgang mit Konflikten. Die Compas teilten die Idee des Compañerismo mit uns, bei dem es um Vertrauensbildung, das Tragen von Verantwortung füreinander und das Zusammenwachsen als Gruppe geht. Gerade das Zusammenführen von verschiedenen Kämpfen war – so die Compas – in den ersten Jahren ein langer, schwieriger und konfliktreicher Prozess. Die Notwendigkeit der Aushandlung eines konfliktreichen WIRs wird von den Compas heute durch die Überzeugung getragen, dass jede*r das Recht hat zu kämpfen und für ihre*seine Rechte einzutreten. Als konkretes Beispiel erzählten die Compas, dass ihre Bewegung zu Beginn sehr patriarchal strukturiert war. Frauen* mussten sich ihren Platz darin erst erkämpfen und führten in Folge die revolutionären Frauen* ge­setze ein, die für alle FLINTAs* ein gewaltfreies, selbstbestimmtes Leben bei voller politischer Partizipation ermöglichen sollen. Bei einem feministischen Austauschtreffen erzählten die Compañeras* von den Veränderungen in ihren Pueblos: Die Haltung und Verantwortungsübernahme des ganzen Dorfes führten dazu, dass Frauen* nur mehr sehr selten von Gewalt betroffen sind.
Die Bereitschaft zur Suche nach selbstreflexiven, lösungsorientierten und transformativen Wegen der Konfliktbearbeitung beschrieben die Compas als wichtigen Teil ihrer Organisierung, um zu einem Kollektiv zusammenzuwachsen und Spaltungen zu verhindern.
Die Delegation traf auch zu einem Erfahrungsaustausch mit Menschen zusammen, die besonders stark von Entrechtung, staatlicher Gewalt und polizeilichen Repressionen betroffen sind: mit Menschen aus Afghanistan, Armutsreisenden und Geflüchteten, die im Abschiebelager Bürgelkopf isoliert und festgesetzt werden.
Ein Kinoabend, an dem Der Aufstand der Würde gezeigt wurde, bot den Rahmen für eine große und offene Veranstaltung. Das Interesse war riesig, der Kinosaal ausverkauft. Die Dokumentation informiert über die zapatistische Bewegung und die selbstorganisierten Gesellschaftsstrukturen und wurde den Compas per Flüsterübersetzung gedolmetscht. Nach dem Film gab es Raum für Gespräche, Ergänzungen und Fragen.
Die Zapatistas organisieren sich u. a. in landwirtschaftlichen Genossenschaften, in Frauen*kooperativen, mit solidarischen Vertriebsstrukturen und leben von Subsistenzwirtschaft. Deshalb gab es beim Besuch einer SoLawi und einer Kräuterwanderung die Möglichkeit, agrarökologisches und naturmedizinisches Wissen auszutauschen.
Beim feministischen Kampftag und einer FLINTA*-Platzbesetzung konnten die Compañeras* leider nicht mehr dabei sein, weil sie bereits am Vortag weiterreisten. Wie bei den encuentros feministas, den feministischen Treffen in Chiapas, übernahmen solidarische Männer die Carearbeit. Abends fand eine Demonstration statt, die für alle offen war und von einem FLINTA*-Block angeführt wurde. Dem Aufruf Eine andere Welt ist möglich! Kämpfen im Herzen der Bestie folgten neben zahlreichen Menschen auch die verbliebenen Compas. Am Ende der kämpferischen Demo wurde der Platz ohne Namen vor dem Landestheater, der in Zeiten des faschistischen Terrors erst Dollfuß- und später Adolf-Hitler-Platz hieß, zum Ni Una Menos Platz benannt.
Nach 14 intensiven Tagen gab es eine Abschlussreflexionsrunde, die ein Aktivist mit der Feststellung schloss, dass es längst nicht mehr nur darum geht, ob eine andere Welt möglich ist. Stattdessen haben wir schon lange den Punkt erreicht, an dem eine andere Welt notwendig ist. Gehen wir’s an!

1 Christian Schwaiger: Reise der Zapatistas nach Europa. In: Kreidekreis 4/2021, S. 18
2 Sechster Teil: EIN BERG AUF HOHER SEE. In: Tierra y Libertad-Nr. 82, S. 6

zapatirol.noblogs.org
zapalotta.org

Die Serie in der Referentin ist auf Anregung von Andreas Gautsch bzw. der Gruppe Anarchismusforschung entstanden, siehe auch: anarchismusforschung.org

„Wenn wir nichts tun, passiert nichts“

Vor den Folgen von Klimaerwärmung und Artensterben warnt die Forschung seit Jahrzehnten. Die oberösterreichische Politik bleibt taten- und planlos. Wie Fridays For Future, XR und Co. den Druck erhöhen wollen, hat Marina Wetzlmaier bei der Klima-Allianz OÖ recherchiert. Diese wurde im Dezember 2020 ins Leben gerufen und setzt sich unter anderem aus verschiedenen zivilgesellschaftlichen Organisationen von Radlobby OÖ, attac Linz, Fridays for Future Linz und XR Extinction Rebellion OÖ zusammen.

Im Sommer 2021, der in Österreich von Hitze, Starkregen und Hagel dominiert wurde, legte der Weltklimarat (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) in seinem sechsten Bericht unangenehme Fakten auf den Tisch: Die derzeitige Klimaerwärmung ist menschengemacht, schreiben die Autor*innen erstmals in dieser Klarheit. Und damit die Folgen, die derzeit weltweit zu spüren sind: Dürren und riesige Waldbrände auf der einen Seite, Überschwemmungen auf der anderen, Tornados nicht nur in fernen Ländern, sondern mitten in Europa. Wetterextreme, die sich häufen werden. Einige Folgen sind laut IPCC nicht mehr umkehrbar: die Eisschmelze und der Anstieg der Meeresspiegel. Das im Pariser Klimaabkommen festgelegte Ziel von einer maximalen Erwärmung um 1,5 Grad wird bereits 2030 erreicht sein, zehn Jahre früher als noch 2018 prognostiziert. Der IPCC-Bericht enthalte keine Überraschungen, twitterte Klimaaktivistin Greta Thunberg. Tatsächlich tragen die etwa 230 Expert*innen des Weltklimarates aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse zusammen, 14.000 Studien haben sie insgesamt ausgewertet.

Angesichts dieser niederschmetternden Nachrichten bleibt ein Hoffnungsschimmer: noch können die schlimmsten Folgen vermieden werden. Allerdings „nicht, ohne die Krise wie eine Krise zu behandeln“, warnt Thunberg in den Sozialen Medien. Dass keine Zeit mehr zu vergeuden sei, um die Katastrophe abzuwenden, darüber scheint es bei den Vereinten Nationen, unter Klimaforscher*innen, Klimaschutzorganisationen und vielen Teilen der Bevölkerung Einigkeit zu geben. Auf politischer Ebene verhallen die Warnungen jedoch großteils.

Laut der Klima-Allianz OÖ sind Österreich und insbesondere Oberösterreich in Sachen Klimaschutz „alles andere als Musterschüler.“ Die Treibhausgas-Emissionen seien in den letzten sechs Jahren sogar gestiegen. Selbst vor den Landtagswahlen 2021 wird das Klimathema von der politischen Mehrheit eher vernachlässigt.
Während international und auf Bundesebene Klimaziele formuliert wurden, hat Oberösterreich nicht einmal welche. Einen Antrag, der die Erstellung eines Klimaschutz-Plans für Oberösterreich vorgesehen hätte, lehnten ÖVP, FPÖ und SPÖ im Landtag ab. „Warum die Landespolitik bremst, verstehen wir auch nicht“, sagt Stefan Amatschek von der Klima-Allianz OÖ, die den Antrag vorbereitet hat. „Auf Gemeindeebene ist man da weiter.“ Das ergab ein Klimawahl-Check, im Zuge dessen 1800 Emails mit Fragebögen an Gemeindepolitiker*innen verschickt wurden, von immerhin der Hälfte kamen Rückmeldungen. Darin haben sich 80% der Gemeindepolitiker*innen für das Ziel der Klimaneutralität bis 2040 ausgesprochen, und zwar quer durch alle Parteien, wie Amatschek hervorhebt. Auf der Webseite klimawahlen.at lassen sich die Ergebnisse für die einzelnen Gemeinden abrufen und werden auch nach der Wahl verfügbar sein. „Die Daten liegen damit auf dem Tisch und können nicht negiert werden“, sagt Amatschek. Eine Kernidee des Projekts ist es, „sanften Druck“ auf die Politik auszuüben.

Die Klima-Allianz wurde im Dezember 2020 ins Leben gerufen und setzt sich aus verschiedenen zivilgesellschaftlichen Organisationen zusammen. Darunter die Radlobby Oberösterreich, attac Linz, Fridays for Future Linz und XR (Extinction Rebellion) Oberösterreich. Um die politischen Akteur*innen zum dringend notwendigen Handeln zu bewegen brauche es alle, jede Organisation mit ihren jeweiligen Schwerpunkten und Strategien. So die Idee hinter der Allianz, die vor allem zum Austausch und zur Koordination dient.

„Alle fürs Klima“, lautet heuer auch das bundesweite Motto von Fridays For Future. „Die Bevölkerung hat verstanden, dass es Klimaschutz braucht, aber die Politik noch nicht. Und solange es die Politiker*innen nicht verstehen, braucht es uns“, betonen Lea Moser und Bjarne Kirchmair von Fridays For Future Linz. Die weltweite Klimabewegung setzt mit Demonstrationen und Klimastreiks auf die große Masse. Bis zu 9.000 vorwiegend junge Menschen gingen etwa in Linz auf die Straße. Ihre Slogans sind ein Vorwurf an die Entscheidungsträger*innen aus Politik und Wirtschaft, die ohne Rücksicht auf die nachfolgenden Generationen handeln: „Wir sind hier – Wir sind laut – Weil man uns die Zukunft klaut“ und „There is no Future on a dead Planet!“

Aufgrund der Corona-Pandemie waren große Aktionen im vergangenen Jahr nicht möglich, aber es passierte viel Arbeit im Hintergrund: Organisationsarbeit, Vernetzung, Online-Meetings sowie kleinere Aktionen. Ein Lichtermeer zum Jahrestag des Pariser Klimaabkommens oder Proteste im Rahmen der globalen Klimastreiks mit einer begrenzten Anzahl an Teilnehmenden. Aktivitäten ins Internet zu verlegen habe Vor- und Nachteile: „Für mich war es manchmal einfacher, weil ich nicht immer nach Linz fahren musste. Das ist auch ein bisschen Klimaschutz“, sagt Lea. „Aber es ist schöner, wenn man Leute persönlich trifft, das steigert die Motivation.“ Nun zieht es die „Fridays“ wieder raus aus der Bubble, auf die Straße. Es sei Zeit für ein großes Zeichen. Für den weltweiten Klimastreik am 24. September soll daher wieder stärker mobilisiert werden.

„Wir haben in der Vergangenheit gesehen, dass Unterschriftenaktionen für die Politik nicht so interessant sind, aber wenn man viele Leute auf die Straße bringt, macht das was.“ Alle seien eingeladen sich zu beteiligen. Denn, obwohl Fridays For Future von der Jugend ausgeht, möchte die Bewegung mit ihren Aktionen alle Menschen ansprechen. Schließlich betrifft Klimaschutz die gesamte Gesellschaft: „Wir jungen Leute sind doch etwas zu wenig, es braucht das Wissen und die Erfahrung von älteren Menschen. Es braucht alle, damit sich was verändert.“

In Sachen Klimaschutz werde zu sehr auf die individuelle Verantwortung der Menschen appelliert. Selbst zur Veränderung beizutragen kann oft schwierig sein, beispielsweise solange ein Kurzstreckenflug billiger ist als ein Zugticket. Damit der einfachste und günstigste Weg auch der klimafreundlichste ist, muss die Politik passende Rahmenbedingungen schaffen. Konkrete Maßnahmen zu formulieren sehen die Klimaschutzbewegungen nicht als ihre Kernaufgabe. Konkrete Lösungen und Ansätze gebe es bereits vonseiten der Wissenschaft. „Hört auf die Wissenschaft“, lautet daher ein Appell an die Politik. In ihren Forderungen geht es um das große Ganze, darum, dass es überhaupt einen Plan gibt, der in Einklang mit den Pariser Klimazielen steht „Es ist nicht unsere Aufgabe den Politikern zu sagen, was sie konkret tun sollen. Das ist ihre Aufgabe, dafür wurden sie gewählt.“ Laut den Fridays habe in Oberösterreich keine Partei die perfekte Lösung. „Einige sind noch sehr weit davon entfernt“, kritisieren sie.

Genau deshalb setzt Extinction Rebellion (XR) auf „radikales Wachrütteln“. Dafür sind die Aktivist*innen auch bereit, an die eigenen körperlichen Grenzen zu gehen. So verbrachte Martha Krumpek, die bekannteste „Rebellin“ in Österreich, insgesamt fünf Wochen im Hungerstreik, um gegen die Lobau-Autobahn zu protestieren. Bei einer anderen Aktion klebten sich die Aktivist*innen an den Säulen eines Bankgebäudes fest: „Ich klebe hier fest, weil ich verzweifelt bin“, ruft einer von ihnen. „Weil es bringt nichts, brav demonstrieren zu gehen, Petitionen zu unterschreiben. Die machen trotzdem weiter wie bisher.“

Die Ursprünge von XR liegen in Großbritannien, wo Ende 2018 rund 6000 Personen friedlich die Themsebrücken in London blockierten. In Österreich bzw. Oberösterreich wurde XR Anfang 2019 aktiv. „Manche nennen uns die radikale Schwester der Fridays“, sagt Florian Mayr von XR Oberösterreich. Die Strategie liegt im gewaltfreien zivilen Ungehorsam, mittels dessen sie Regierungen zu konkreten Maßnahmen bewegen will. Angefangen bei kürzeren Straßenblockaden, sogenannte „swarmings“, bis zu „Rebellionswellen“ mit mehreren Aktionen. In Wien dauerte eine Blockade fast 14 Stunden. „Man kann immer politische Versammlungen machen, auch unangemeldet“, sagt Mayr. „Dann kommt der Zeitpunkt, wo die Polizei diese Versammlung auflöst. Hier beginnt der zivile Ungehorsam, wo ich sage, ich gehe nicht weg.“ Es gehe darum, Opferbereitschaft zu zeigen: „Wir nehmen die Bedrohung durch die Klimakatastrophe so groß wahr, dass wir bereit sind, Strafen entgegenzunehmen und uns einsperren zu lassen.“ In der Regel sind es Strafen für Verwaltungsübertretungen, die bei 140 Euro liegen können. Oberstes Prinzip sei für XR die Gewaltfreiheit, allerdings gibt es dazu unterschiedliche Interpretationen, zum Beispiel in Bezug auf Sachbeschädigungen. So wurden in Großbritannien im Rahmen eines Protests gegen Banken schon mal Scheiben eingeschlagen. „Eine rote Linie wird immer Gewalt gegen Menschen sein“, betont Mayr. In Österreich lautet der Konsens, keine Form der Gewalt anzuwenden, auch nicht verbal.

In Linz fanden meistens kleinere Straßenblockaden statt. Nicht von allen Beteiligten wird dabei verlangt, mit einem Schild auf der Straße zu sitzen. Wesentlich sind auch Personen, die für Deeskalation sorgen. Den Passant*innen und Autorfahrer*innen erklären, worum es bei den Aktionen geht und sich auch für die Blockaden entschuldigen. „Es ist nicht so, dass wir die Leute stören wollen. Aber, wenn wir nichts machen, passiert nichts.“ Die meisten Menschen würden Verständnis zeigen und die Aktionen gut finden. Kommunikation sei wichtig, damit es funktioniere.

Wie bei Fridays For Future ist auch bei XR während der Pandemie viel Grundarbeit passiert, neue Konzepte wurden entwickelt, Strukturen gefestigt. „Jetzt geht es wieder so langsam hinaus.“ Auch hier muss eine große Anzahl von Menschen aktiv werden, um die Politik zum Handeln zu bewegen und einen Systemwandel herbeizuführen. So lange, bis der Widerstand nicht mehr ignoriert werden kann.

Mehr über die Klima-Allianz OÖ: klimaallianz-ooe.at

Die Mitglieder der Klima-Allinaz OÖ
(Stand Aug. 2021 lt. Website):
attac
Linz, Bürgerinitiative lebenswertes Vorder­stoder, Climbers For Future, DV-Donau, Fairplanning, Fridays For Future Linz, Klimavolksbegehren Oberösterreich, Klimafokus Steyr, Mehr Demo­kratie, Parents For Future Oberösterreich, Rad­lobby Oberösterreich, Scientists For Future Oberösterreich, Südwind Oberösterreich, Teachers For Future Oberösterreich, Vegans For Future, Verkehrswende jetzt, XR (Extinction Rebellion) Oberösterreich

Das Lob von Autofreaks für Menschenstärken

Ein heißer Samstagvormittag – Hannes Langeder kommt mit seinem Lastenrad zu unserem Gespräch. Ort des Geschehens: Das Untergeschoss der ehemaligen Dependance der Kunstuniversität in der Urfahraner Reindlstraße. Die Garage ist Depot und Ausstellungsort und seit neuestem auch Sitz der neu gegründeten C. A. U. U. (Cycling Art University Urfahr). Hannes Langeder im Gespräch mit Magnus Hofmüller.

MH: Du arbeitest seit Jahren in den Feldern Mobilität und urbaner Raum. Wie kam es dazu? Und wie wichtig sind die Themen Verkehrswende und Klimaschutz in deinen Arbeiten.
HL: [lacht] Klimaschutz interessiert mich überhaupt nicht. Man sieht ja an meinen Arbeiten, dass ich nur an Autos interessiert bin. Und dass diese in Zukunft weiter existieren können. Im Laufe der Zeit habe ich bemerkt, dass das Auto auch mit menschlicher Muskelkraft betrieben werden kann. Menschenstärken. Es braucht keinen Motor. Also hat sich dann doch automatisch die Klimafreundlichkeit ergeben. Ganz ohne mein Zutun.
Aber die grundsätzliche Idee basiert auf einem Projektvorschlag für die Kulturhauptstadt Linz 2009, nämlich ein Elefant auf Rädern, mit dem Gäste durch die Stadt treten können. In der Recherche und der Abklärung des notwendigen Gesetzesrahmens hat mir Eva Schobesberger damals verraten, dass vom Gesetzestext her nur Fahrräder ab einer gewissen Breite (Anm.: über 1,10 m) auf der Straße fahren müssen. Sonst nichts. Das war der Anfang.
Die schnellen Autos als Objekte habe ich gewählt, weil es absehbar war, dass das Gefährt ziemlich langsam sein wird und so der Kontrast noch stärker werden wird. Und einen Porsche kennt einfach jeder Mensch – der Archetyp eines Autos.
Motivation ist aber auch die Einzigartigkeit von Fahrrädern – denn da gibt es nichts Besseres. In Hinblick auf Umwelt und auch individuelle Mobilität. Man ist immer schneller am Ziel, kann Dinge transportieren und gewinnt auch Zeit durch die Langsamkeit. Zwar ein Widerspruch, aber doch richtig.

MH: Dein Weg mit velozipeden Objekten beschreitet ja eine Geschwindigkeitskurve vom fahrradadäquaten Tempo (Humpy Horsies) über schätzungsweise Schrittgeschwindigkeit (Ferdinand GT und Fahr­radi Farfalla FFX) bis hin zum völligen Stillstand bzw. Bewegung im Stillstand beim Fahrradi Model MD. Was ist die Intention dahinter, war das geplant? Es wirkt fast so, als wären es drei inszenierte Akte.
HL: Ich möchte das Superlativ immer weiter verstärken. Ich gehe hier in die entgegengesetzte Richtung – die große Masse möchte ja immer schnellere Autos. Ich gehe bewusst in die andere Richtung. Ich hatte zwar früher auch ein schnelles Auto. Man merkt aber mit zunehmender Geschwindigkeit, dass auch der Stress stärker wird. Und es werden ja alle Lebensbereiche schneller. Und hier wird die Langsamkeit zum Luxus. Ich würde meine Räder nie gegen ein 1500-PS-Auto tauschen. Mit dem Fahrradi Model MD wollte ich das total ausreizen. Ausreizen bedeutet, das Objekt steht still. Die Form mit dem sogenannten Haifisch-Maul mimt zwar einen 50er-Jahre-Rennwagen, der aber 0 km/h fährt. Die einzige Funktion besteht darin, dass sich das Rad drehen kann. Und das bewirkt – nach dem Ideengeber der Arbeit, Marcel Duchamp – dass einen das Betrachten aus dem Alltag holt. Das hat mich inspiriert. Und ist für mich auch der Kern der Kunst – dass mich etwas berührt und mich quasi „beiseite“ nimmt.

MH: Deine Objekte spannen den Bogen ihrer Vermittlung vom öffentlichen Raum über Ausstellungsräume bis hin zu TV-Shows und Youtube-Clips. Für welches Format sind sie erdacht? Oder anderes gefragt: Welche Rezeptionsebene ist dir am wichtigsten?
HL: Ich habe einen gesamtheitlichen Ansatz für meine Kunst. Ähnlich wie in der Medizin. Mir genügt nicht ein einziges Objekt, sondern mir ist das Gesamtbild meiner Arbeit sehr wichtig. Das umfasst verschiedenste Medien, Orte oder Techniken. Das kann eine Ausstellung sein, ein Werbevideo, eine Autoshow oder ein Merchandise-Artikel wie ein T-Shirt. Es soll für mich ein Zusammenspiel aller Teile sein und ich möchte eine Atmosphäre schaffen. Esoterisch gesamtheitlich [lacht].

MH: Deine Arbeiten reiben sich stark an Designklassikern. Wie wichtig ist dir die Trennlinie zwischen Kunst und Design? Oder ist „Design“ für dich nur Mittel zum Zweck.
HL: Ja, ist nur Mittel zum Zweck. Aber es macht auch Vergnügen. Zum Beispiel der erste Fahrradi: Hier ein Auto, dass es noch nicht gibt, quasi vorherzusagen und es selbst in die Hand zu nehmen, war sehr klasse. Ich hätte mir durchaus vorstellen können, für Ferrari als Designer zu arbeiten. Der Ferdinand GT 3 RS war eine Kopie – aber es hat Spaß gemacht, mit der Form zu arbeiten. Außerdem habe ich schon viel Lob von Autofreaks erhalten – die meinen, ich soll weitermachen.

MH: Wir war der Gestaltungsprozess bei den „Humpie Horses“?
HL: Die „Humpie Horses“ sind aus einem Spiel mit Material und Fahrrädern entstanden – das hat mir unglaublich Spaß gemacht und ich wollte eigentlich nicht mehr aufhören. Obwohl die Formen immer ausladender wurden. Ursprünglich war das gar nicht als Kunstprojekt gedacht. Ich habe einfach begonnen und konnte eben nicht mehr aufhören. Das verbindet mich mit Duchamp – die Barhocker (Anm.: auch ein Teil des Objekt Fahrradi Model MD) waren auch nur fürs Atelier gedacht und wurden dann erst zum Kunstwerk. Das erste „Humpie Horse“ war mein Alltagsrad. Das positive Feedback auf der Straße hat mich dazu bewogen weiterzumachen. Ich war total ungebremst und machte immer weiter. Ohne Reglements, die einen sonst im Kunstbetrieb oft ein wenig behindern.

MH: Danke für das Gespräch!

 

Cycling Art University Urfahr (C. A. U. University)
Der Kunst-Fahrrad-Salon inmitten von Urfahr.
Ausstellung und Bar mit Beiträgen u. a. von David Kapl, Birgit Finster, Tatjana Schinko & Lama Ghanem, Fino Felix Vierlinger, Christine Pavlic und Hannes Langeder
Termin: jeden Do 18.00 – 21.00 h
Ort: Alte Kunstuni Tiefgarage Urfahr/Reindlstraße
Infos: https://bit.ly/37JILfD

Zur Person
Hannes Langeder (*1965) ist bildender Künstler, bekennender Auto- und Fahrradfreak, Fahrradaktivist, Gründer und Mitbetreiber des KünstlerInnenkollektivs IFEK (Institut für erweiterte Kunst). Er betreibt gemeinsam mit KollegInnen auch das Salonschiff Fräulein Florentine am Urfahraner Donauufer. Er lebt und arbeitet in Linz und Puchenau.

Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen (Auswahl): Künstlerhaus Wien, Museum der Arbeit Hamburg, Lentos Kunstmuseum Linz, Industriemuseum Chemnitz, Gallery onetwentyeight new york, MAK – Wien, Ars Electronica Festival.

Show und öffentliche Auftritte (Auswahl): BBC Top Gear, IAA Frankurt, Architekturbiennale Köln, Art Tours Stuttgart.
Infos: han-lan.com

Die Rädchen im Kulturbetrieb

Residenz – Frühe Jahre eines Literaturverlags im Stifterhaus und Die gezeichnete Welt der Emmy Haesele im Lentos: Florian Huber schreibt über zwei Ausstellungen und darüber, dass deren Protagonist*innen in symptomatischer Weise für die mangelnde Aufarbeitung der NS-Gewaltverbrechen im Österreich der Nachkriegszeit stehen. Oder: Manches kleine Rädchen im Kulturbetrieb hat zur NS-Zeit auch schon mal freiwillig an der Flag gestanden.

„Die Geschichte eines Verlags kann nichts anderes sein als die Geschichte seiner Bücher.“ Mit diesem Satz wirbt die Fassade des StifterHauses für seine derzeitige, von Bernhard Judex, Martin Huber und Manfred Mittermayer kuratierte Ausstellung „Residenz – Frühe Jahre eines Literaturverlags.“
Der Ausspruch stammt vom Verlagsgründer Wolfgang Schaffler (1919–1989), unter dessen Führung sich Residenz zu einem der wichtigsten österreichischen Literaturverlage entwickeln sollte, in dem etwa Autor*innen wie H. C. Artmann, Thomas Bernhard, Barbara Frischmuth, Peter Handke, Franz Innerhofer, Andreas Okopenko, Peter Rosei oder Julian Schutting publizierten. Für den jetzigen Anlass wurde die ursprünglich für das Literaturarchiv Salzburg konzipierte und dort bereits 2019 gezeigte Ausstellung um Materialien aus dem Vorlass Alois Brandstetter ergänzt, der dem Verlag als Herausgeber sowie Verfasser von Romanen und Kurzprosa seit Jahrzehnten eng verbunden ist. Die Geschichte eines Verlags als Geschich­te seiner Bücher präsentiert sich dementsprechend als Sammlung von Korrespondenzen und Manuskriptseiten, ergänzt um Fotografien und Erstausgaben aus dem Verlagsarchiv, deren Entstehungsprozess durch an Schreibtische erinnernde, von Gerold Tagwerker gestaltete Ausstellungsmöbel evoziert wird.
Wer sich allerdings Einblicke in die Gesprächszusammenhänge und vor allem die handwerklichen Seiten des Büchermachens verspricht, wird enttäuscht. Immerhin zeugen zahlreiche Buchcover von der Ästhetik der Buchgestaltung und ihrem zeit­lichen Wandel, der in der empfehlenswerten Begleitbroschüre zur Ausstellung allerdings eher registriert als diskutiert wird.
Stattdessen begnügt sich die prinzipiell sehenswerte Ausstellung mit einer anhand von Erscheinungsdaten und Spitzentiteln inszenierten Leistungsschau der österreichischen Nachkriegsliteratur, die mit der 1975 erfolgten Publikation von Die Ursache als erstem Band von Thomas Bernhards literarischer Autobiographie ihren Abschluss findet. In diesem Jahr trat auch Jochen Jung in den Verlag ein, der diesen später leiten und sein Programm bereits in den Jahren zuvor als Lektor prägen wird. Sein Wirken und die aktuelle Situation des einst in Salzburg und heute in St. Pölten beheimateten Verlags bleiben in der aktuellen Ausstellung weitgehend ausgespart. Dabei hätte gerade der Blick auf die jüngere Verlagsgeschichte und bedeutende Gegenwartsautor*innen wie Milena Michiko Flašar, Clemens Setz oder Michael Stavaric, die allesamt bei Residenz debütierten, eine Reflexion des in den letzten Jahrzehnten stattgefundenen Wandels der Produktions- und Rezeptionsbedingungen von Literatur und ihrer Auswirkungen auf den Kulturbetrieb ermöglicht.
Die Entscheidung, die Schau stattdessen mit „einem besonderen Höhepunkt“ im Verlagsprogramm abzuschließen, mag vielleicht auch dem Umstand geschuldet sein, dass für die Konzeption drei ausgewiesene Bernhard-Experten verantwortlich zeichnen. Sie verweist allerdings auch auf einen blinden Fleck der Schau, wie etwa ein Blick auf die Videoplattform YouTube offenlegt. Dort findet sich ein Gespräch mit Thomas Bernhard aus dem Jahr 1975 zur Ursache, in dem dieser feststellt, dass es den Salzburgern nach Ende des Zweiten Weltkriegs „sehr schnell“ gelungen sei, „Hitler in Christus umzuwandeln“.
Bernhards Behauptung von der Anpassungsfähigkeit der ehemaligen Nationalsozialist*innen an die neuen politischen Umstände provoziert nicht nur Fragen nach dem Vor- und Nachleben autoritärer Regime und ihrer menschenverachtenden Ideologien, die im konkreten Fall von den letzten Jahren der Donaumonarchie über den Austrofaschismus bis in unsere Ge­genwart reichen mögen. Es lässt sich vermutlich auch direkt auf seinen Gesprächspartner beziehen, den 1919 in Linz geborenen und 1990 in Salzburg verstorbenen Schriftsteller und Journalisten Rudolf Bayr, der ab 1961 als Berater, Lektor und Gutachter des Residenz Verlags fungierte und in der aktuellen Ausstellung dementsprechend prominent vertreten ist. Zur Sprache bringen die Ausstellungsmacher dabei nicht nur seine Rolle als Autor, der sich in den 1950er-Jahren einen Namen mit der Übertragung antiker Tragödien ins Deutsche machte, sondern auch die Anfänge seines beruflichen Wirkens als so genannter Schriftleiter für Kultur des Völkischen Beobachters in den Jahren 1940 bis 1944 in Wien. Dessen ungeachtet, konnte Bayr nach Kriegsende rasch zu einem der maßgeblichen Proponenten des Salzburger Kulturlebens aufsteigen, und schließlich von 1975 bis 1984 als Intendant des ORF-Landesstudios Salzburg firmieren. Seine Karriere war damit vielleicht weniger außergewöhnlich als symptomatisch für die mangelnde Aufarbeitung der nationalsozialistischen Gewaltverbrechen im Österreich der Nachkriegszeit, die auch im Programm des Residenz Verlags ihre Spuren hinterließ. So würdigt die Ausstellung neben Thomas Bernhard mit Hans Lebert einen weiteren Residenz-Autor, der in seinem Werk bereits früh die Mitverantwortung an NS-Verbrechen thematisierte und damit im deutlichen Wi­derspruch zum gesellschaftlichen Mainstream der 1960er- und 1970er-Jahre stand. Im Gegensatz dazu enthielt sich Bayr „[n]ach der Katastrophe des Hitlerregimes und des Krieges […] jeglichem neuem Engagement“, wie Brita Steinwendtner in einer bereits 1999 entstandenen und in der Begleitbroschüre wiederabgedruckten Würdigung auf den verkannte[n]“ Schriftsteller und „große[n] Dichter“ festhält. Sein Lebensweg wird darin folgendermaßen resümiert:

„Geboren im Zusammenbruch aller Werte und politischen Strukturen, aufgewachsen in der Katastrophe des Nationalsozialismus, dessen Rädchen im Kulturbetrieb er wurde, Zeuge eines hemmungslosen Wiederaufbaus und schließlich kompromissloser Kämpfer gegen die Zerstörung der Umwelt, schrieb Rudolf Bayr Variationen der Verführbarkeit, des Verlustes und des verwalteten Menschen.“

Obwohl der Autor bereits 1938 der NSDAP beitrat, wird dieser zu einem „Rädchen im Kulturbetrieb“ verniedlicht. Dabei erinnert seine Biografie frappierend an die Erfolgsgeschichten anderer ehemaliger Nationalsozialist*innen wie Gertrud Fussenegger oder Karl-Heinrich Waggerl, mit dem Bayr befreundet war. Nicht zuletzt aus diesem Grund stellt sich die Frage, wie repräsentativ Bayrs Karriere für die österreichische Nachkriegsliteratur war und welche gesellschafts- und kulturpolitischen Versäumnisse mit dieser verbunden sind.
Das Archiv des Residenz Verlags und die Figur des angeblich verkannten Autors böten für diese Fragestellung zweifellos einen guten Ausgangspunkt. Statt der Zuflucht bei einem längst verblichenen, goldenen Zeitalter der österreichischen Literatur, bliebe damit vor allem die schmerzhafte Konfrontation mit ihren Schwächen und Ambivalenzen, die womöglich nicht nur Einsichten in die geistige Verfasstheit am Beginn der zweiten Republik, sondern auch unsere Gegenwart ermöglichen würde.

Eine Gelegenheit hierzu bietet auch die derzeit im Lentos Kunstmuseum stattfindende Retrospektive „Die gezeichnete Welt der Emmy Haesele“, die ebenfalls auf das publizistische Wirken von Brita Steinwendtner verweist. Schließlich trug die Salzburger Journalistin neben den aus den 1990er-Jahren stammenden Pionierarbeiten der Kunsthistorikerin Barbara Wally maßgeblich zur Wiederentdeckung der 1894 in Mödling bei Wien geborenen und 1987 in Bad Leonfelden verstorbenen Künstlerin bei. Ihr 2009 im Haymon Verlag publizierter Briefroman Du Engel Du Teufel widmet sich der unglücklichen, aber künstlerisch prägenden Liebesbeziehung Haeseles mit Alfred Kubin (1877–1959), die bis heute stark den Blick auf ihr zeichnerisches Lebenswerk bestimmt. Bereits 2010 unternahm das Nordico mit der Schau „Berührungen, Begegnungen“ den Versuch, den Blick auf ihr Werk zu erweitern, indem dieses und Kubins Schaffen in einen Zusammenhang mit ihren Zeitgenossinnen Clara Siewert (1862–1945) und Margret Bilger (1904–1971) gestellt wurde. Die damalige Ausstellung wurde wie die aktuelle Retrospektive von Brigitte Reutner-Doneus kuratiert, die sich diesmal anhand von Briefen, Fotografien, Tagebuchaufzeichnungen und Zeichnungen ausschließlich auf Haesele konzentriert, deren Nachlass durch eine Schenkung 2020 größtenteils an das Lentos gelangte. Die Lektüre des Ausstellungskatalogs plausibilisiert diese Entscheidung, indem sie an den Einfluss der Künstlerin auf die Ästhetik von Kubin erinnert. Dementsprechend zählt auch die Kuratorin Haesele „neben Margret Bilger, Hans Fronius, Hilde Goldschmidt, Fritz von Herzmanovsky-Orlando, Oskar Kokoschka, Alfred Kubin und und Wilhelm Thöny zu den Hauptvertreter*innen des späten Expressionismus in Österreich.“
So sehr diese Einschätzung mit Blick auf Haeseles Bildsprache einleuchten mag, sperrt sich ihr Lebensweg andererseits deutlich gegen eine solche Eingemeindung. Während etwa Goldschmidt, Kokoschka und Thöny bzw. ihre Angehörigen während der NS-Herrschaft verfolgt und ins Exil gezwungen wurden, handelt es sich bei Haesele um eine regimetreue Nationalsozialistin, die sich ab Oktober 1943 freiwillig als Flakhelferin engagierte, wie auch dem in der Ausstellung aufliegenden Saalheft zu entnehmen ist.
Umso mehr verwundert, dass dieser Umstand in der Ausstellung selbst nicht adäquat thematisiert wird, die stattdessen vom „Entwicklungsprozess einer Frau […], die nach langen, schicksalhaften Irrungen und Verwirrungen schlussendlich Frieden mit ihrem Leben schloss“ und von „tragische[n] Schicksalsschläge[n] in der Zeit des Zweiten Weltkriegs“ spricht. Wo sich das in der Ausstellung zur Lektüre aufliegende Saalheft und der Katalog um eine differenzierte Sicht auf Haeseles bemühen, wird ihre Biografie beim Gang durch die Ausstellung zum individuellen Leidensweg einer den Zeitläufen vermeintlich passiv und vollkommen ungeschützt ausgelieferten Künstlerin verklärt. Für diese Einschätzung sprechen nicht nur der problematische Einleitungstext, sondern auch die zahlreichen, unkommentierten Zitate aus Haeseles Tagebüchern sowie die den einzelnen Ausstellungsteilen bzw. Werkgruppen vorangestellten Kapitelüberschriften wie „Animus und Anima“ oder „Im Bann des Krieges“. Die Frage, ob und inwieweit rassisch-völkische und antisemitische Ideologien im Werk der Künstlerin ihre Spuren hinterließen, wird hingegen an das Saalheft bzw. den Ausstellungskatalog delegiert, während die Retrospektive selbst eher als Rehabilitierungsversuch einer zu Unrecht vergessenen Künstlerin der Nachkriegsmoderne erscheint. Das ist auch deshalb enttäuschend, da sich die problematischen Seiten von Haeseles Oeuvre keineswegs auf die Zeit des Nationalsozialismus beschränken lassen. Zu nennen wäre etwa die intensive Beschäftigung der Künstlerin mit Anthroposophie, Theosophie oder der Archetypenlehre von C. G. Jung, deren teils „rassistische und antisemitische Grundlagen“ und Einfluss auf ihre Bildsprache immerhin im Saalheft adressiert werden. In diesem Zusammenhang wäre es zudem lohnend gewesen, anhand von Haesele die Bedeutung spiritistischer Lehren innerhalb einer Kulturgeschichte der Moderne zu diskutieren, die etwa auch im Werk so unterschiedlicher Künstler*innen wie Paul Klee, Joseph Beuys oder Hilma af Klint ihre Spuren hinterließen. Im Saalheft wird etwa die Wertschätzung von Haeseles zeichnerischem Werk durch den Phantastischen Realismus erwähnt, was freilich auch die Frage provozieren mag, wie sich ihr Werk im Kontext der Kunst nach 1945 behaupten kann.

Wie im Fall des vermeintlich unterschätzten Schriftstellers Bayr, ist Haeseles künstlerisches Schaffen vermutlich weniger originell als stellvertretend für die Moderne mit ihren gesellschaftlichen und ideologischen Verwerfungen anzusehen. Es verwundert daher nicht, dass Thomas Bernhards Diktum sich auch mit Blick auf ihren Lebensweg als treffend erweist. 1950 konvertierte Haesele zum Katholizismus, der fortan auch ihr zeichnerisches Werk bestimmen sollte.

 

Residenz – Frühe Jahre eines Literaturverlags
Wie kaum ein anderer Verlag nach 1945 hat Residenz die zeitgenössische österreichische Literatur gefördert und geprägt. Seit Beginn des literarischen Programms in den späten 1960er Jahren entwickelte er sich zur führenden Adresse innerhalb Österreichs für die wichtigsten Autorinnen und Autoren aus diesem Land. Ausgangspunkt für die Ausstellung über die frühen Jahre des Residenz Verlags (bis 1975) sind zwei für diese Zeit wesentliche Persönlichkeiten: der Gründer Wolfgang Schaffler (1919–1989) und der in Linz geborene Autor, Lektor und Berater Rudolf Bayr (1919–1990).

Stifterhaus, noch bis 5. Oktober 2021
stifterhaus.at

Die gezeichnete Welt der Emmy Haesele
Emmy Haesele (1894–1987, geb. als Emma Helene Göhring) wächst in großbürgerlichen Verhältnissen in Wien auf. Nach dem Ersten Weltkrieg zieht sie mit ihrem Ehemann, dem Arzt Hans Haesele, in die kleine Salzburger Landgemeinde Unken bei Lofer. An Philosophie und Theosophie umfassend interessiert, beginnt sie im Alter von 36 Jahren, ihre Träume und Bilder des Unbewussten zu zeichnen. Bald darauf fädelt der befreundete deutsche Schriftsteller Oscar A. H. Schmitz ein Treffen mit Alfred Kubin ein. Nach mehrjähriger intensiver Beziehung zu dem als „Magier von Zwickledt“ bekannten Alfred Kubin verändert sich Haeseles Zeichenstil gravierend. Die überaus sensible Künstlerin lässt nun märchenhafte Chiffren zur Bewältigung von geschlechterspezifischen Konflikten aus ihrer Seele aufsteigen. Animus und Anima übernehmen die Hauptrollen in der bildlichen Darstellung ihrer Ängste und Drangsale. Auch tragische Schicksalsschläge in der Zeit des Zweiten Weltkriegs versucht Haesele mithilfe von C. G. Jungs Archetypenlehre zeichnerisch zu verarbeiten. In den 1950er- und 1960er-Jahren schlägt die Figur des menschenfreundlichen Harlekins schließlich einen versöhnlichen Ton in ihren Werken an.
Die Ausstellung gewährt berührende Einblicke in den Entwicklungsprozess einer Frau, die nach langen, schicksalhaften Irrungen und Verwirrungen schlussendlich Frieden mit ihrem Leben schloss.

Lentos Kunstmuseum, noch bis 03. Oktober 2021
www.lentos.at

Goldene Sterne für Frauen

Mehr als ein roter Teppich: 63 goldene Sterne erinnern auf der Ernst-Koref-Promenade an bedeutende Frauen, die in Linz ihre Spuren hinterlassen haben. WALK OF FEM heißt das Projekt, das in mehreren Etappen auf 120 Sterne anwachsen soll. Die beiden Künstlerinnen Margit Greinöcker und Betty Wimmer haben die Sterne gestaltet. Mit Silvana Steinbacher haben sie über Entstehung, Hintergründe und Reaktionen gesprochen.

Anerkennung für bedeutende Frauen. Foto greinoec

Leider habe ich es nicht miterlebt. Denn an jenen Tagen Mitte Juni, als der WALK OF FEM auf der Ernst-Koref-Promenade zwischen Brucknerhaus und Kunstmuseum Lentos entstand, bin ich dort nicht entlanggegangen.
Ein Team einer Straßenmarkierungsfirma und zwei Künstlerinnen haben auf dieser Promenade gemeinsam an einem Projekt gearbeitet, sich ausgetauscht, einander unterstützt und miteinander Pausen eingelegt.
Dieses Teamwork zwischen den sechs Menschen mit teils völlig konträren Berufen haben die beiden Künstlerinnen Margit Greinöcker und Betty Wimmer als sehr belebend und harmonisch in Erinnerung behalten. Anderes ist ihnen weniger positiv im Gedächtnis geblieben, doch davon später. Worum geht’s?

Die Ernst-Koref-Promenade mit Blick auf die Donau ist eine schöne und vor allem viel frequentierte Stelle in Linz. Und jetzt ist sie noch um einiges interessanter und bereichernder geworden. Denn 63 Sterne zieren die rund 400 Meter zwischen den beiden Kulturgebäuden. Jeder Stern erinnert an und würdigt eine bereits verstorbene Frau mit Linz-Bezug. Die Frauen haben in unterschiedlichen Bereichen Herausragendes geleistet oder sind in ihrer Zeit als Pionierin aufgefallen. 
Die Aktion unter dem Titel WALK OF FEM hat, so wie die meisten umfangreichen Projekte, eine lange Vorgeschichte. Bereits vor 13 Jahren wurden im Zuge des Linz Fest 08 temporär 18 Sterne als 18 Unsichtbare Linzerinnen auf der Ernst-Koref-Promenade angebracht. Bildhaft und unübersehbar hat damals schon das Duo Greinöcker/Wimmer auch noch die sogenannte Einkommensschere, die Gläserne Decke, die Karriereleiter oder die Quotenschaukel in Form von Installationen umgesetzt.
2018 wurden die beiden Künstlerinnen seitens des Frauenbüros der Stadt mit der Entwicklung einer dauerhaften Gestaltungsvariante der WALK OF FEM-Sterne beauftragt. Die Persönlichkeiten wurden, so wie dies auch bei der Vergabe von Straßennamen der Fall ist, vom Archiv der Stadt Linz ausgewählt und überprüft. Seit dem Frühjahr dieses Jahres werden Namensvorschläge seitens des Frauenbüros der Stadt Linz entgegengenommen, um sie nach der „Absegnung“ durch das Archiv in zeitlichen Abständen dem WALK OF FEM hinzuzufügen.
Im Gespräch mit Margit Greinöcker und Betty Wimmer spüre ich bald, dass diese langfristige Aktion im öffentlichen Raum den beiden wesentlich mehr bedeutet als irgendein Auftrag, denn die Aktion entspricht ganz ihrer Intention, wenn man das Konzept der WALK OF FEM-Sterne und den Werdegang der Künstlerinnen betrachtet.
Die ausgebildete Bildhauerin Betty Wimmer ist Performerin und entwickelt raumgreifende Installationen. Vor einigen Jahren, als Teil der internationalen Performancegruppe Disparat, organisierte sie ein Arbeitstreffen im Kunstraum Goethestraße mit abschließender Präsentation. Ihre Arbeiten sind, so wie auch die von Margit Greinöcker geografisch breit gestreut. Betty Wimmer war mit ihren Projekten in Deutschland, Frankreich oder auch Italien vertreten.  Seit vielen Jahren arbeitet sie immer wieder mit Margit Greinöcker zusammen, und dieses Teamwork scheint gut zu funktionieren.
Margit Greinöcker spannt in ihren Arbeiten einen Bogen von temporären Bauten oder ortspezifischen Handlungen bis zu experimentellen und dokumentarischen Videoproduktionen, sei es aktuell im Linzer Dom oder vor Jahren auf Istanbuls Straßen. Dort ging sie in Dirndl und Kopftuch durch einen konservativ-religiösen Stadtteil in Istanbul und dokumentierte die Reaktionen der Einwohnerinnen und Einwohner. 2013 erhielt sie den Gabriele-Heidecker-Frauenkunstpreis, in diesem Jahr das Margarete-Schütte-Lihotzky-Projektstipendium.
„Wenn man einen Fokus darauf richtet, was Frauen leisten, dann kann man nicht mehr aufhören sich mit deren Biografien zu beschäftigen“, resümiert Margit Greinöcker jetzt in einer Zwischenetappe dieses Work in Progress. Und es ist tatsächlich erstaunlich, wie viele bedeutende Frauen in Linz gelebt haben oder einen Bezug zu dieser Stadt aufweisen.
Wobei die Spannweite bei WALK OF FEM über mehrere Jahrhunderte reicht: Von der 1711 geborenen Ordensschwester und Gründerin der Elisabethinen Ernestine von Sternegg bis zu Maria Schwarz-Schlöglmann: Die einst engagierte Geschäftsführerin des Gewaltschutzzentrums ist vor drei Jahren verstorben. Mit den bisher 63 Sternen wird unter anderem an Künstlerinnen, Wissenschaftlerinnen, Opfer des Nationalsozialismus, Geschäftsfrauen und auch an eine Betriebsrätin aus dem Arbeiterstand erinnert: Leopoldine Feichtinger war 1966 die erste Betriebsrätin der Linzer Tabakfabrik.
Als ich die Liste der 63 Frauen durchlese, fällt mir Käthe Diernesberger auf. Unter der Rubrik Tätigkeit steht schlicht Dienstmädchen. Sie ist 1879 in Waizenkirchen geboren und kam nach einem entbehrungsreichen Leben, geprägt von Ausbeutung, Misshandlung und einigen privaten Schicksalsschlägen, nach Linz, wo sie im Hotel Budweis in Urfahr arbeitete. Dass wir heute noch etwas über ihr Leben wissen, verdanken wir ihren eigenen Aufzeichnungen. Käthe Diernesbergers Biografie steht trotz ihrer Individualität stellvertretend für das Leben vieler Frauen aus der unteren Gesellschaftsschicht dieser Epoche. Der Stern für diese Frau lässt die Sorgfältigkeit bezüglich der Auswahl der Frauen erkennen. Dennoch, fast 20 Politikerinnen sind als Anteil vielleicht etwas übertrieben, denke ich, als ich die Liste durchgehe.
Stichwort Politik: Beim entsprechenden Gemeinderatsbeschluss wurde dieses Projekt seitens der FPÖ zwar nicht abgelehnt, doch deren Politikerinnen und Politiker enthielten sich ihrer Stimme. Die Entwicklung lässt sich aber nicht aufhalten und bedeutende Frauen werden künftig aus ihrem historischen Versteck geholt und im Stadtbild präsentiert. Auch das Female-Upgrade-Projekt von Elisa Andessner geht in diese Richtung. Ende Mai wurde innerhalb eines Straßenfests die Umbenennung der Glaubackerstraße in Agathe-Doposcheg-Schwabenau-Straße gefordert: Glaub­­acker hat Hitler am Balkon gemalt und sich dem Nationalsozialismus angedient, Doposcheg-Schwabenau war eine engagierte Malerin, die Bedeutendes für die Linzer Kunstszene geleistet hat. Bewilligen muss diese Umbenennung allerdings erst eine HistorikerInnenkommission. Von den rund 560 Straßennamen in Linz, die nach Persönlichkeiten benannt sind, entfällt übrigens nicht einmal ein Zehntel auf Frauen. Finden könnte man noch viele weitere herausragende Frauen. Rund 120 „Sterne-Frauen“ sollen es werden.
Zu Beginn des Textes war die Rede davon, dass dem Künstlerinnenteam Greinöcker/Wimmer nicht alles in gleicher Weise gefiel, als die Sterne angebracht wurden, um es freundlich zu formulieren. „Wir wollen nicht nur ein Werk schaffen, es geht uns auch um Austausch, um Vermittlung und Kommunikation mit den Betrachterinnen und Betrachtern“, sagt Betty Wimmer. Trotz des harmonischen Team­works mit den Lackierern gestalteten sich die Arbeiten auf der Ernst-Koref-Promenade unterschiedlich. Von den Passantinnen und Passanten hörten Margit Greinöcker und Betty Wimmer sowohl zustimmende Reaktionen von Frauen wie Männern als auch das Gegenteil. Von einigen kam das Argument, sie würden die entsprechenden Frauen gar nicht kennen, was an sich als Beleg für die Notwendigkeit dieser Aktion zu sehen ist, gilt es doch Frauen aus dem Schatten auf die Bühne zu stellen, um dieses Bild zu verwenden, und Frauen, die in ihrer Zeit oft gegen viele Widerstände ihre Anliegen verwirklicht haben, zu würdigen. Doch zurück zur Gegenwart und zur Ernst-Koref-Promenade: Einige Passantinnen und Passanten gingen während des Arbeitsprozesses und trotz der gut sichtbaren Absperrungen über den gerade entstehenden WALK OF FEM. Und schließlich, und auch das sei nicht verschwiegen, sind auch schon Spuren des Vandalismus zu bemerken. Namen wurden über einzelne Sterne geschmiert oder ein einzelner Name durchgestrichen. Auch das zählt zu den Realien, doch ich gehe fest davon aus, dass die Frauennamen innerhalb der Sterne betrachtet, einige erst kennengelernt und im Gedächtnis bleiben und somit nur physisch mit Füßen getreten werden.

 

www.linz.at/medienservice/2020/202010_107859.php

www.linz.at/frauen/walkoffem.php

Du bist schon seit drei Tagen tot

Es wird Zeit über den Tod zu reden? Am 8. August wurde vom Verein sagbar auf dem Barbara-Friedhof der Memento #tag – Streetart & Vergänglichkeit initiiert und zelebriert. Christian Wellmann berichtet darüber, sowie über Death Positive und einige Aktivitäten des Vereins.

Gegenwärtig ist das „Problemkind“ Tod auch zu lästig. Immer will es die ganze Aufmerksamkeit, als wie wenn sonst nix los ist. Alle werden jemand kennen, der am Virus gestorben ist, so die bekannte Aussage des kindlichen Kanzlers. Angst fressen Seele auf – mit Haut, Hirn, Haaren und Homecomputer. Niemand will sterben – wer will, bitteschön – aber alles zerbröselt ja sowieso unumgänglich, irgendwann. Warum dann das Reflektieren darüber totschweigen? „Death Positiv“ heißt zu akzeptieren, dass man sterben wird, aber auch, dass man dem Tod mit derselben Neugier zu begegnen versucht, wie anderen Aspekten der menschlichen Existenz. Oder es bedeutet, dass ein schöner Stern nur ein Anblick eines längst erloschenen Lebens ist. Tod überall.

Der gemeinnützige Linzer Verein sagbar beschäftigt sich über Kunst und Kultur mit dem Thema „Tod“. Helfend. Humorvoll. Ernst. Und sucht eine neue Form der Friedhofskultur. Eine letzte Ruhestätte soll auch als Begegnungsort der Liebe möglich sein. sagbar stellt die Mittel, dem Leben und dem Tod mit Leichtigkeit entgegenzutreten. Das Leben leben. Selbstbestimmte Würde einatmen.

Betrieben wird der Verein von Verena Brunnbauer und Nicole Honeck. Als Trauerarbeiterinnen fordern sie, dass es Zeit wird, über das (oft) Unaussprechliche mehr und offen zu kommunizieren. Brunnbauer ist ehemalige Bestatterin, Medien- und Kommunikationswissenschaftlerin, Freizeitpädagogin und Humorberaterin. Und beschäftigt sich bereits einige Jahre mit „Tod und Humor“. „Der Tod ist ein Reisender, der uns den ganzen Lebensweg begleitet und mein Ansatz ist es, einen leichtfüßigen Umgang damit zu finden“, so die ausgebildete Trauerbegleiterin Brunnbauer.
„Der Tod ist trotzdem ein Thema, mit dem man sich nicht gerne auseinandersetzt. Wir gehen davon aus, dass es besser wäre, sich damit zu Lebzeiten intensiver auseinanderzusetzen, um a) besser zu reagieren und agieren, wenn tatsächlich ein Todesfall eintritt – und b) weil das Ausnahmesituationen sind. Leute brauchen das, sie sind oftmals überfordert. Wenn man sich schon vorher damit auseinandersetzt, kann man anders agieren in so einer Situation,“ findet Nicole Honeck. Sie hat Kommunikationswissenschaften studiert und ist über Sozialarbeit in den Kulturbereich gewechselt. Hat eine Mediatoreninnenausbildung und ist danach im freien Bereich gelandet, beim Verein Pangea – die letzten sechs Jahre war sie in Leonding, bei der Kuva.
Beide erfüllen sich mit sagbar einen Herzenswunsch. Es gilt, gemeinsam Tabus zu brechen. Einen Umdenkprozess zu beschleunigen. Und so etwas wie eine Abfederung gegen ein zu hartes Aufschlagen zu ermöglichen, wenn der Ernstfall eintritt.

Direkt am Barbara-Friedhof befindet sich ihr Zentrum und Büro, das für vorläufig zwei Jahre bezogen wurde. An einem Eingang in einem ehemaligen Blumenladen gelegen, sind sie für alle Interessierten da und suchen das Gespräch mit FriedhofsbesucherInnen. „Zum Beispiel haben wir mit einer jungen Familie geredet, die ein Kind verloren und hier ein Kindergrab hat. Sie sagen, dass sie sich in ihrer Situation damals gewünscht hätten, wenn es so etwas wie uns gegeben hätte“, erzählt Verena Brunnbauer über eine äußerst positive Reaktion.

Es wird weiter laufend Ausstellungen, Workshops oder Weiterbildungsangebote geben. Im offenen Hauptquartier gibt es zudem eine kleine Bibliothek, die stetig ausgebaut wird. Es muss sich alles natürlich noch entwickeln – Input ist erwünscht. „Wir haben eine Finanzierung von der Stadt Linz bekommen, super. In Wahrheit ist das aber nicht ausfinanziert. Vieles müssen wir selber bezahlen. Die Zusage vom Land ist noch ausständig. Für das Projekt ist es uns das wert, wir lieben es“, so Honeck.

Der Memento-mori-Tag wurde 2013 in Australien geboren – 2020 gab es ihn erstmals in Österreich.
Der „Dying to Know Day“ soll gleichzeitig an die Sterblichkeit erinnern sowie daran, das Leben zu genießen. Am Sonntag, den 8. August 2021, hat sagbar auf dem Barbara-Friedhof nun den „Memento #tag – Streetart & Vergänglichkeit“ in passendem Rahmen zelebriert. Unter dem durchaus heftigen Motto: „Es wird Zeit, über den Tod zu reden.“ Für viele sicher ein schwer zu fassendes Thema.
Im Friedhof befand sich etwa eine Hörinstallation mit Haartrocknern von „Lebensblüten“ – dazu Workshops und Performances. Als ein nach außen hin sichtbares Zeichen ist eine Wand in der Lastenstraße (vor der Bahnunterführung) dauerhaft mit Graffitis verschönert. canlab, katuuschka, ruin, video.sckre haben sich Gedanken zum Tod gemacht und ein vielfältiges Panoramabild mit dottergelber Schmuckfarbe gestaltet, das hoffentlich noch lange dort zu betrachten ist, bevor die Farbe zerfällt. Die völlig unterschiedlichen Stile ergeben eine Narration des Todlebens, sofern man das so sehen will. Ein voller Erfolg, schauen Sie sich das an! „Ein zartes Band zwischen Streetart und dem Leben ist die Vergänglichkeit. Weder der Mensch noch Graffitis sind für immer. Ganz langsam verblassen sie und leben in Erinnerungen weiter“, so die sagbar-Macherinnen. Auf Friedhofsmauern zu sprühen ist eigentlich ein No-Go. Zumindest in Österreich. Die Außenmauern des Barbara-Friedhofs sind denkmalgeschützt – die Blechwand, die besprüht werden durfte, ist zudem ein für diesen Zweck schwer zu bearbeitender Untergrund. Brunnbauer hat bei Aufenthalten in Athen Unmengen an Graffitis zur Thematik gesehen und fotografiert – sie wurden hier als Planen an der Außenwand angebracht. Sie haben das Projekt stark beeinflusst. Und natürlich gab es noch die „Sargbar“: ein umgebauter Holzsarg, der zu Gesprächen an der Bar (=Sarg) einlädt und die Angst vor dem Tod nehmen soll. „Es ist alles sagbar an der Sargbar.“ Todernst ist hier gar nichts. Alle KünstlerInnen haben ihre „Memento“-Beiträge übrigens gratis gestaltet (siehe oben: Finanzierung).

Verena Brunnbauer und Nicole Honeck schwebt außerdem ein kultureller Garten am Friedhof vor – mit Sachen anpflanzen und so. Dass tatsächlich Leben dort passiert. Eine weitere Zukunftsvision ist ein Picknick im weitläufigen Gelände. Am Friedhof ist man (naturgemäß) eher vorsichtig, sich mit Neuem zu beschäftigen. „Doch die Friedhofszuständigen sind sehr offen, sie wünschen sich solche Sachen und unterstützen uns. Auch sind sie begeistert darüber, dass sich endlich etwas tut am Friedhof. Einmal was anderes“, erklärt das sagbar-Duo.
Viele Rückmeldungen sind so – die meisten Älteren sind aber eher ablehnend, natürlich nicht alle. Es gibt weitere gemeinsame Projekte mit dem Friedhof, wie zum Beispiel nächstes Jahr zu Ostern eine Wanderausstellung von einem Hospiz aus Deutschland („Gemeinsam gehen“). Oder Vorträge und Konzerte, wie „Quartett für das Ende der Zeit“ (Veranstaltungstipp s. u.).
In ihrem Büro oder über die Homepage kann das Kartenspiel „Sarggespräche“ gekauft werden. Es soll ein Werkzeug sein, um Gedanken, Vorlieben und Geschichten über Leben und Tod auf unterhaltsame Weise auszutauschen. Dieses Spiel mit insgesamt 100 Fragen wurde entwickelt, um die Kultur des Schweigens über den Tod zu brechen. Fragen wie: Was passiert, wenn du dir deine Sterblichkeit bewusstmachst? Oder: Wie möchtest du in Erinnerung bleiben?

Was ist Sterbehilfe? Wo hört sie auf? Der oft sehr negativ besetzte Begriff hat jetzt sogar in „Schnitzelhausen“ plötzlich Grautöne: Seit 1. 1. 2021 ist die sogenannte „Beihilfe zum Suizid“ erlaubt – dazu „indirekte und passive Selbsthilfe“. Der VfGH hat das bisher bestehende Verbot gekippt. Ein wahrlich radikaler Schritt, unglaublich, dass so etwas hierorts noch möglich wurde.
sagbar ist irgendwie auch eine Sterbehelferin oder ein Begleitservice. „Man will nicht immer über den Tod sprechen – aber man kann sich mit künstlerischen Mitteln, Ausstellungen, Plakataktionen nähern und KünstlerInnen einladen, sich damit zu beschäftigen. Und es von verschiedenen Seiten öffnen. In Deutschland ist es zum Beispiel groß, dieses Thema aufzubrechen, anders zu behandeln, ein bisschen mehr ins Leben zu integrieren. Dort gibt es viel variablere Sachen“, bemerkt Honeck.
In Österreich ist das weniger der Fall, der katholische Mief will einfach nicht aus dem Fuchsbau. Dazu ein anderes Beispiel: In der Nähe zu Time’s Up im Linzer Hafen ist die Anlegestelle für eine „Wasserbestattung“, die „Feierliche Verabschiedungen“ auf der Donau anbieten. Also für alle, die nichts mit Friedhöfen o. ä. zu tun haben wollen. Nur darf die Aschenbestattung tatsächlich nicht im Hoheitsgewässer ob der Enns erledigt werden. Das versaut wohl den Glauben oder die Gewässergüteklasse. Um die Asche offiziell und korrekt zu verstreuen, muss die niederösterreichische Grenze oder Passau angesteuert werden. Diese konservative Totenstarre, die so absurd klingt, dass man sie gar nicht glauben will, muss (mit vielem anderen religiösen Bling-Bling) dringendst hinterfragt werden. Und ebendort versenkt werden. Ist OÖ gar konservativer als Bayern oder NÖ? LH Stelzer fordert mehr Grenzschutz. Shorty’s Sugar Daddy braucht Geborgenheit. Wer schützt uns aber vor der Asche, die von Passau die Donau runterrinnt?
Passend dazu ist ein Umstand, den mir Nicole Honeck noch anvertraut: „Auf der Asche einen Baum zu pflanzen, ist in Österreich und Deutschland nicht möglich. Der Weg geht über die Schweiz – dort wird der Baum großgezogen, bis die ganze Asche aufgesaugt ist – und dann wird der fertige Baum wieder zurückgeschickt. Es wäre toll, wenn ein Ahnenbaum hier am Friedhof gepflanzt werden könnte.“ Zumindest werden nun sagbar-Samen ausgesät – wann sie aufgehen, wird man sehen.

KLF-Mastermind Bill Drummond hat sich mit einer Webpage (mydeath.net) bereits vor einigen Jahren mit einer ähnlichen Thematik beschäftigt. Leider ruht das Projekt, das sich mit möglichen Fragen zum Tod beschäftigte, bereits wieder. Bei einem Vortrag im Wiener MQ betonte er besonders die Wichtigkeit, sich einen letzten Song zur letzten Ruhe zu wünschen – und ihn via HP für alle ersichtlich einzutragen. Dies ist nur eine von unzähligen weltweiten Initiativen, die versuchen, den Tod wieder mehr zum persönlichen Thema zu machen. Und die versuchen, den Körper aus dem Monopol eines Staates oder einer religiösen Verschwörungsmaschinerie zu entreißen. Gut, dass auch in Linz daran gekratzt wird. „Es ist vollbracht“, so eine nachdenklich machende Grabsteininschrift am Barbara-Friedhof. Humor ist, wenn man trotzdem stirbt.

 

deathpositiv.at

sagbar-Zentrale
St. Barbara Friedhof, Friedhofstraße 9, Linz.
Öffnungszeiten: Mo.: 17.00–19.45 h, Mi.: 9.00–12.00 h

Messiaen – Quartett für das Ende der Zeit
5. Oktober 2021, 19.00 h
Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Blicke auf den Tod“ lädt der St. Barbara Friedhof im Vorfeld von Allerheiligen an drei Abenden ein, sich mit dem existentiellen Thema Tod aus verschiedenen Perspektiven zu beschäftigen: Psychologie, Musik, Literatur und Philosophie.
sagbar steuert einen musikalischen Abend bei: Messiaens sogenanntes „Quartett für das Ende der Zeit“ ist eines der maßgebendsten Werke des 20. Jahrhunderts. Es wurde im Konzentrationslager STALAG VIII A bei Görlitz komponiert. Mit: Joel Bardolet/Violine, Pablo Barragan/Klarinette, Dominic Chamot/Klavier, Elisa Siber/ Violoncello
Freier Eintritt. Zählkarten gibt es beim Portier des St. Barbara Friedhofs. Spenden erwünscht.