Editorial
Im 1968 erschienenen Mel-Brooks-Film „The Producers“ gibt es eine Szene, in der der Musicalproduzent und sein Buchhalter nach einem fulminant-komödiantischen Showdown zusammentreffen. Deren betrügerisches Vorhaben mit dem beabsichtigt schlechtesten Musical der Welt war gescheitert, die Nazi-Klamotte samt seiner grottenschlechten Mitwirkenden geriet unerwartet zum parodistischen Erfolg und wegen des Erfolges hätten die Investorinnen – alias zuvor eingewickelte alte Damen – mit einer Prämie ausbezahlt werden müssen. Mit Geld, das wegen des geplanten Misserfolges natürlich nie zur Auszahlung vorhanden war. Mitten im Zusammenbruch des schönen Plans kam es in der Hitze des Gefechts zu folgendem Dialog, in dem der Buchhalter ausruft, dass man wegen des missglückten Vorhabens nun doch nicht einfach die Schauspieler umbringen könne! Worauf der Musicalproduzent, der offensichtlich diese Idee hatte, empört ein Warum? ausruft und die Frage zurückschmettert, ob er denn schon einmal mit einem gegessen habe?! Mit diesem Screwball- wie Breakdown-Dialog soll hier der Textbeitrag von Theresa Gindlstrasser eingeleitet werden. Bezüglich Tabubruch und Groteske hat sie als Vergleich den Film „The Producers“ herangezogen, um sich zu fragen, ob das Attentäter-Musical „Assassins“, wie es im Landestheater gerade läuft, eigentlich Sinn machen kann. Den Text gilt es selbst nachzulesen. Der Film soll – in Form dieser hoffentlich exakt erinnerten Stelle – eine Empfehlung sein.
Amoral, Breakdown und Clash of Aesthetics – allein die vielen Trumps auf der Assassins-Bühne scheinen das reale wie ästhetische Chaos zu spiegeln und auf bizarre Weise etwas abzubilden, was nicht mehr abgebildet werden kann. Ein unglaubliches Echtzeit-Desaster zeigt sich auch in der realen Welt zwischen Heimatwahn und Human Resources Exploitation. Da sollen etwa symbolisch-ideologische Leuchttürme diejenigen „sicher“ nach Hause geleiten, die noch nicht einmal eine Gedankenbreite vor die eigene Haustür gedacht haben. Wir dachten ja, die Leuchttürme seien für jene da, die, um mit Melville zu sprechen, „mit blutunterlaufenen Augen aus der Tiefe kommen“. Also für diejenigen, die sich weit hinausgewagt haben oder – das soll heutzutage auch vorkommen – für die, die auf hoher See in Not geraten sind. Und zur Exploitation kann man nur wiederholt sagen: Kürzungen hin, Förderungen her – Wer zahlt, schafft ab? Gerade in Zeiten wie diesen ist es unglaublich kurzsichtig, die Ressourcen nicht gerecht umzuverteilen.
Damit gehen wir weg vom globalen bis lokalen Real-Life-Bizarro-Musical, wir sind ohnehin täglich damit beschäftigt und man kriegt ja schon kaum mehr Luft deswegen. Und nennen hier beispielhaft die Genres und Texte in der Referentin, die uns Vergnügen bereiten. Zum Beispiel stellt Aloisia Moser ein Medientheorie-Spiel aus dem Hause Qujochö vor, das sie für uns gespielt hat – den „Mythos von Theuth“. Georg Wilbertz wirft einen weitläufigen Blick auf das Thema Arbeit – er hat sich Katharina Gruzeis Ausstellungsprogramm im Lentos vorab angesehen. Und dann wollen wir stellvertretend für alle AutorInnen namentlich Pamela Neuwirth, Lisa Spalt, Wiltrud Hackl, Stephan Roiss und Christian Wellmann erwähnen: Es war uns wie immer ein Vergnügen.
Die Redaktion, Tanja Brandmayr und Olivia Schütz
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