Lob und Tadel.
Die Umbrüche in der heimischen Gastroszene sind epochal. Der Slowdude ist erschüttert und sitzt mit aufgerissen Augen, offenem Mund und feuchten Händen vor der Schreibmaschine. Aber der Reihe nach: Das allseits beliebte Cafe Jentschke samt inkorporiertem Kasperkeller ist Geschichte. Schön bleiben in Erinnerung die netten Nachmittage vor oder im Cafe. Mit Blick auf die Landstraße. Re-presenten oder Leute-schauen waren ein beliebter Zeitvertreib an diesem neuralgischen Punkt der Linzer Landstraße. Im Inneren verwinkelt und auch ein wenig aus der Zeit gefallen wurden Kaffee, rauchgeschwängerte Mehlspeisen oder das eine oder andere Bier genossen. SchülerInnen fanden eine Zuflucht beim Schwänzen, aufgetakelte Matronen legten eine Pause beim Powershoppen ein oder die nette alte Dame aus der Herrenstraße verweilte bei einem Verlängerten, während sie auf ihre Freundinnen wartete. Ein Stück Stadtgeschichte. Der Slowdude hasst Jazz und findet das berühmte Zappa-Zitat* überaus passend. Aber im Kasperkeller gehörte der Studentenjazz gemeinsam mit dem Seiterl und Gulasch einfach dazu. Stammtische, Musik und handfestes Essen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Ganz anders verhält es sich mit dem nun masseverwalteten Klosterhof. Konsequent wurde das von einem Champagner-Dieter-Bohlen der Linzer Gastroszene baulich einzigartige Lokal über die Jahre verunmöglicht. Das Essen teuer und grauenhaft. Die Veranstaltungen befremdlich und das gesamte nach außen getragene Stimmungsbild verheerend. Hoffentlich findet sich hier ein tragfähiges Konzept, das die Institution weiterleben lässt. Denn der Platz, die Räume und der Garten würden eine würdevolle Nutzung verdienen. Hoffentlich keine XXL-Tapas Bar.
Ein Lichtblick ist jedenfalls das wiederbelebte „Leopoldi“-Stüberl. Wie es scheint, ist die neue BetreiberInnen-Truppe angetreten, das große Erbe des am Adalbert-Stifter-Platz gelegenen Lokals in verjüngter Form fortzuführen. Die investigativ angelegten Testessen des Slow-Dude verheißen nur Gutes. Der freundliche Empfang ist schon mal Balsam auf der Seele des geschundenen Testessers. Das Menü passt. Die Suppe gut und die Kartoffeln zum Schnitzerl kommen nicht aus der Convenience-Packung. Und das Schnitzerl selbst ist auch sehr fein. Winner ist allerdings der – dem Slowdude sehr wichtige – Salatindikator. Super Dressing, frische Salate und liebevoll arrangiert. Hier war ein Update wirklich nötig. Zwar war der Oma-Salat der alten Küchencrew auch recht fein – Essigessenz rules – aber jetzt ist es schon wesentlich besser. Auch die armen Vegetarier haben es leichter und bekommen gute Küche. Was Veganer betrifft, kann der Slowdude nichts sagen, außer, dass sie ihm leidtun. Auch die schonende Renovierung der Einrichtung soll hier nicht unerwähnt bleiben – das Interieur ist weitgehend erhalten und nur schonend und bewusst adaptiert. Der Slowdude denkt: So geht Gastro und so geht sanfte Modernisierung. Top!
Die befreundete Gastrojournalisten-Posse des Landeshauptblattes ist anderer Meinung. Die sollten ihren Testrayon aber auf die neuen „Promenaden-Galerien“ beschränken. Da sind sie zu Hause. Corporate Media at its best.
In den Galerien war der Slowdude auch schon. Und hat probiert, nicht reflexartig zu schimpfen und objektiv zu bleiben. Aber die ersten Schritte in diesem Mix aus Abflughalle und Peripheriewohnbauanlage haben alles zunichtegemacht. Glorious Bastards (wie kann man nur?!?), My Indigo und Barefoot Cafe halten, was sie versprechen. Nichts. Systemgastro, wie sie im Bilderbuch steht. „Witzige“ Namen, austauschbare Konzepte und lahmes Essen erwarten einen dort. Da isst der Slowdude lieber am Sonntag ein kaltes Thunfisch-Sandwich von Freitag in der Tankstelle. Das hat mehr Stil und ist schneller vorbei.
In Kürze: Café Jentschke und Kasperkeller. Ewig schade drum. Klosterhof. Wie sollte es anders kommen. Leopoldistüberl. Daumen hoch. Glorious Bastards, My Indigo und Barefoot Café. Daumen runter.
* „Jazz ist nicht tot, meine Damen und Herren, er riecht nur komisch“
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