25 und ein Jahr
Mit der Ausstellung „26 Jahre Atelier Diakoniewerk“ feiert das Atelier der Kunstwerkstatt in Gallneukirchen sein 26-Jahr-Jubiläum. Natalia Müller, Kuratorin der Ausstellung, über die Geschichte des Ateliers und die Ausstellung, die Mitte November im Ursulinenhof eröffnet wurde.
Die Feierlichkeiten zum 26-jährigen Bestehen des Ateliers des Diakoniewerks sollen vor allem der Hochachtung gegenüber dem Œuvre sowie dem Potential der Künstler:innen dienen, die durch ihr Schaffen und Können das Atelier zu dem gemacht haben, was es heute ist.
Das Datum der Entstehung war gar nicht so leicht ausfindig zu machen, so existierten im Entstehungsprozess unterschiedliche mögliche Datierungen, die den Start des Ateliers beschreiben könnten.
Tatsächlich gab es aber Veränderungen im Jahr 1995, an denen die Wende vom sogenannten Freizeit-Atelier zum künstlerisch geführten Atelier festzumachen war. 1993 legte Joy Hörwarter, eine engagierte Mitarbeiterin der Behindertenarbeit, ein Konzept für ein gestalterisches Angebot im Rahmen der Werkstattarbeit vor, das in den darauffolgenden beiden Jahren zur Umsetzung kam.
Rund um den Zeitraum 1995, der mit der Suche und Aufnahme von Menschen mit künstlerischem Potential wie auch einer Neuorientierung durch den ersten örtlichen Wechsel einherging, wurde das Atelier zu einem eigenständigen Bereich.
„Die Freiräume, die die Kunst braucht, sind stetig zu suchen und zu bewahren.“
Joy Hörwarter
In weiterer Folge übernahmen Helmut Pum und Erika Pabel das Atelier von Joy Hörwarter und es wurde eine organisatorische Trennung von der Werkstätte durchgeführt. Zu diesem Zeitpunkt fand in einem weiteren Schritt, mit dem Beginn von Ausstellungsarbeiten, eine Öffnung nach außen statt.
Die nächste Veränderung erfolgte im Jahr 2000, es wurden neue Räumlichkeiten im Haus Zoar in Gallneukirchen bezogen, in denen das Atelier lange beheimatet blieb. Die folgenden Jahre prägten engagierte Kolleg:innen und Wegbegleiter:innen die Entwicklung des Ateliers.
Zu den Künstler:innen der ersten Stunde zählten unter anderem Erika Staudinger (1995), Ursula Mitter (1996) und Rosemarie Heidler (1997). In den darauffolgenden Jahren kamen Jutta Steinbeiß (1998), Johanna Rohregger, Herbert Schlossern sowie Thomas Pühringer (1999) dazu. In den Anfängen der frühen 2000er folgten Josef Landl (2000), Heinz Frieder Adensamer (2002) und Gertraud Gruber.
Nach und nach bereicherten viele der heute noch aktiven Künstler:innen die geschaffenen Atelierräumlichkeiten mit ihren Werken. Es bestand vom Start weg eine bemerkenswerte Dichte an spannendem und kreativem Potential.
Die Klarheit in der Umsetzung als auch eine Kompromisslosigkeit in ihren künstlerischen Arbeiten beeindruckten mich seit dem Beginn meiner Arbeit im Atelier. Als Künstlerin faszinierte mich der direkte und auch sehr ehrliche Zugang zur Kunst. Sei es in der expressiven Farbwahl der Flächengestaltung von Johanna Rohregger, die fast akribische Verdichtung der ihr interessant erscheinenden Stellen in den Zeichnungen von Erika Staudinger oder auch die kleinen farbigen Flächen von Ursula Mitter, die sich aneinandergereiht zu ihren „Spuren“ verdichten. So unterschiedlich ihre Stile auch sind, so sehr ihre Zugänge zur Kunst auch variieren, die Qualität der Arbeiten wie das künstlerische Potential waren von Anbeginn an bemerkenswert. Wichtig für uns, als künstlerische Mitarbeiter:innen des Ateliers, war es immer, durch gute Rahmenbedingungen für ein autonomes und kreatives Klima zu sorgen.
Ist es heute für mich und meine Kolleg:innen klar, dass es sich bei vielen der Arbeiten um Kunst handelt und diese Werke auch als solche zu betiteln sind, benötigte es in der Vergangenheit, gesellschaftlich und kunsthistorisch, doch eines Prozesses, der zur Erreichung dieser Akzeptanz führte.
Über die Veränderung der bis dahin etablierten Kunst seit dem Beginn der Fotografie, die erste Gemeinschafts-Ausstellung einiger Impressionisten im Hause des Fotografen Nadar, die eine Wende in der Kunstgeschichte einleitete, ebenso die Südseereisen von Paul Gaugin, dem Aufbruch der Künstler nach Ozeanien, ist in der klassischen Moderne schon viel referiert worden. Meiner Meinung nach ist aber dieser Wandel einer neuen Sichtweise in der Kunst, sprich der Akzeptanz von Menschen mit unterschiedlichsten psychischen Problemen und Beeinträchtigungen, erst durch die Publikation von Walter Morgenthaler über den Künstler Adolf Wölfli ermöglicht worden. Den Boden dafür bereitete die Moderne mit ihrer Abwendung von der akademischen Kunst sowie den formalen Prinzipien in der Malerei.
Bis heute hält noch eine Diskussion über etwaige Begrifflichkeiten von Art Brut bis Outsider Art an. Die Anerkennung ihrer Kunst sowie die Wertschätzung als Künstler:innen allgemein ist aber inzwischen eindeutig gegeben.
„Die Kunst ist -– entgegen allen ästhetischen und philosophischen Schulmeinungen – nicht ein Luxusmittel, in schönen Seelen die Gefühle der Schönheit, der Freude oder dergleichen auszulösen, sondern eine wichtige geschichtliche Form des gesellschaftlichen Verkehrs der Menschen untereinander, wie die Sprache.“
Rosa Luxemburg
Die Zusammenstellung der Werke war eine Herausforderung. Es war kein Leichtes, unter der Fülle der Arbeiten zu selektieren, um eine Entscheidung für die Ausstellung zu treffen. Die Auswahl konzentriert sich auf einige wenige Künstler:innen und deren Werk, vornehmlich jene, die schon seit Anbeginn im Atelier tätig sind und es so mitgeprägt haben. Eine umfassende Zusammenstellung des entstandenen Œuvres der Künstler:innen würde in jeder Hinsicht den Rahmen der Gegebenheiten sprengen.
Bei all der Vielfalt der Menschen sowie der Talente, die das Atelier in den letzten 26 Jahren geprägt haben, soll diese Jubiläumsausstellung dazu dienen die entstandene Kunst der Künstler:innen zu würdigen, aber auch die Wichtigkeit geeigneter Strukturen und Freiräume zu zeigen, durch die das Schaffen ermöglicht und erleichtert wird. In diesem Sinne freuen wir, das Atelier-Team, uns, eine Auswahl der entstandenen Kunstwerke in der Ausstellung zeigen zu können.
Dieser Text von Natalia Müller ist auch im Katalog zur Ausstellung erschienen.
Ausstellung: 26 Jahre Atelier Diakoniewerk
Das Atelier des Diakoniewerks feiert 26 Jahre Kunst. 26 Jahre Atelier des Diakoniewerks. 26 Jahre Kunst, die durch Künstler:innen des Diakoniewerks geprägt wurde und eine Zeit, die auch Künstler:innen in ihrer Entwicklung und Schaffenskraft geprägt hat. diakoniewerk.at/veranstaltung/26-jahre-atelier-vernissage-und-jubilaeums-ausstellung
Ursulinenhof im OÖ Kulturquartier
Noch bis 13. Jänner 2022