Don’t Forget About Your Girl, Alaska!
Bereits mit ihrer Band ELISA WORKS sorgte die Multiinstrumentalistin, Sängerin, Texterin und Komponistin Lisa Maria Thurnhofer in der oberösterreichischen Kulturszene für Furore. Jetzt arbeitet sie unter dem Namen FRIDA VAMOS an einem neuen multimedialen Projekt im Popkontext. Die Vorab-Auskopplung „Alaska“ lässt abermals aufhorchen! – meint Daniel Steiner.
ELISA WORKS entstand aus einer Notlage heraus. Im Vorfeld eines vereinbarten Konzerts mussten mehrere Kollegen eines früheren Bandprojekts Thurnhofers aufgrund anderer, besser bezahlter Engagements absagen. Die damals erst 18jährige wollte diesen Gig aber unbedingt spielen und erarbeitet gemeinsam mit FreundInnen ein auf von ihr in Teenagertagen komponierten Songs basierendes Programm. Der Erfolg gab Lisa Maria Thurnhofer recht, ELISA WORKS entwickelte sich zu einer Popband mit Hitqualität. Nummern wie „Hey There (Stranger)“ oder „FridayNights“ wurden zu Publikumslieblingen, erstgenannte Nummer erschien auf einem Tribute Sampler für den Rothen Krebs.1
Auch aufgrund der Entstehungsgeschichte bleibt ELISA WORKS2 immer in im Grunde traditionellen Bahnen der Pophistorie verhaftet. Simple Melodien, auf Anhieb mitsingbare Refrains und größtenteils eine klassische Instrumentierung – wie schon zu Zeiten der Beatles basierend auf Gitarre, Bass und Schlagzeug – die sowohl akustisch als auch in „Stadionrock“-Besetztung funktioniert. Sicherlich gibt es Abweichungen vom klassischen Popschema, hier wird ein Glockenspiel eingebaut, dort ein Keyboard, manchmal zur Ukulele gegriffen – vor allem teilt sich Lisa Maria Thurnhofer den Frontgesang mit Jana Tack, einer in Österreich lebenden Lebenskünstlerin aus Belgien. Diese Aspekte zeigen bereits in dieser musikalischen Schaffensphase die Bereitschaft Neues zu wagen. Wobei an dieser Stelle angemerkt werden muss, dass die Band ELISA WORKS nicht aufgelöst, sondern nur auf unbestimmte Zeit auf Eis gelegt wurde.
Mit ihrem neuen Projekt FRIDA VAMOS – der Name entstand übrigens während eines Nebenjobs als Kellnerin im allseits bekannten Cafe Strom zur Abwehr allzu aufdringlicher Verehrer – schlägt Lisa Maria Thurnhofer gänzlich andere Wege ein als bei ELISA WORKS. Im Mittelpunkt steht nicht mehr der klassische Song an sich, nicht mehr dessen Reproduzierbarkeit, ob am Lagerfeuer oder auf der Bühne einer 2000er Halle unterstützt von Licht-, Laser- und Rauchshow, sowie dem ganzen restlichen Rock’n’Roll Brimborium. Ausgangspunkt ist nun das Zusammenspiel von Text, Musik und Bild, gewissermaßen der Versuch Pop dreidimensional darzustellen. Für Jänner 2016 ist die Veröffentlichung der EP „Fantasm“ geplant, 5 Songs mit 5 dazugehörigen Videos, die jeweils von einem/einer FilmemacherIn stammen sollen. Verhandlungen mit interessierten Labels laufen bereits. Das Video der ersten Vorabveröffentlichung „Alaska“3 wurde dabei von Thurnhofer selbst produziert. Inhaltlich wird sich „Fantasm“ dem Spannungsfeld zwischen Traum und Traumata widmen, Persönliches mit der irrealen Realität die nur in Traumwelten möglich ist, verwoben. Der Einfachheit halber, lassen wir FRIDA VAMOS selbst sprechen, Lyrics hier sozusagen als Lyrik anführen:
ALASKA
the dust on my books has turned into ashes since I ripped the pages out last night I’m writing this song on my skin cause it matches did you need my paint or claim your pride?
why’d you keep me up last night oh why’d you keep me up?
you owe me your lips cause I like your face this is not about you bitch better behave it was meant to be fun so stop putting up a fight 57, 56, 55 …
why’d you keep me up last night,
oh, why’d you keep me up?
and the dust on my books it has turned into ashes since I ripped the pages out last night I’m writing this song on my skin cause it matches did you need my paint or claim your pride?
don’t forget about your girl Alaska
don’t forget about your girl
don’t forget about your girl Alaska
don’t forget about the scrap on my lips has turned into rust since I gave myself up to the sea to wash me ashore what ever the cost and tame this storm inside of me
Musikalisch bleibt Lisa Maria Thurnhofer auch mit FRIDA VAMOS dem Universum des Pop treu, allerdings verschiebt sich der Schwerpunkt Richtung elektronischer Musik. Der Fokus wird nicht mehr auf Gefälligkeit und Eingängigkeit gelegt, stattdessen herrschen in sich verschränkte Arrangements vor, außerdem wird das althergebrachte Songschema von Strophe, Bridge und Refrain aufgebrochen, die Kompositionen dadurch um einiges komplexer und zugleich fesselnder. Sparsam, aber nicht minimalistisch werden sowohl die Instrumentierung wie auch die Beats eingesetzt, über allem schwebt der – durchaus mit dem etwas kitschigen Attribut „wunderschön“ zu beschreibende – Gesang Thurnhofers und rückt so den Inhalt wieder ins Zentrum. Bei „Alaska“ gelingt es der Künstlerin die musikalische Beschreibung der Kapitulation zugleich zum Triumph über das Geschehen werden zu lassen. Oder, um mit Tolstoi zu sprechen, Musik wird zur „Stenographie der Gefühle“. Natürlich ist das jetzt nicht alles neu, man kann durchaus Anleihen von Künstlerinnen wie DINKY oder BJÖRK finden, da jedoch die persönliche Note dermaßen stark ausgeprägt ist, wäre es meiner Meinung nach falsch, gleich die Neuerfindung des Rades zu fordern. Vor allem, da man annehmen kann, dass sich auf der gesamten EP „Fantasm“ noch die eine oder andere musikalische Überraschung verbergen wird.
Doch zurück zu „Alaska“ und zum visuellen, künstlerisch gleichwertigen bzw. gleich wichtigen Teil des Projekts. Auf dieser Ebene arbeitet Lisa Maria Thurnhofer konsequenterweise mit einer, unmittelbar an Traumsequenzen denken lassenden Bildsprache. Dabei verwendet sie, in einer speziellen Abwandlung der Stock Footage Methode, Material aus ihrem reichhaltigen Archiv eigener Aufnahmen und kreiert damit das optische Pendant zu Text und Musik. Basierend auf einer mittels statischer Kamera gedrehten Aufnahme küstennaher Inseln im Nieselregen, führt die Reise durch Wohnungen, zu Feuerwerken und Badenixen, in Tiergärten und mittels Eisenbahnfahrt zurück zum Meer. Nach Alaska?
Natürlich möchte Thurnhofer weiterhin live spielen und arbeitet daher neben der Produktion der EP an einer bühnentauglichen Formation, mit der die FRIDA VAMOS Songs dem Publikum direkt vor Ort präsentiert werden können. Gemeinsam mit DJ TACTIK – der auch bei einem Song auf „Fantasm“ mitarbeiten wird – und zwei weiteren Musikerkollegen wird zur Zeit in diese Richtung experimentiert, konkrete Konzerttermine gibt es momentan daher noch nicht. Dafür kann man sich die Wartezeit bis zum Erscheinen von „Fantasm“ im Jänner mit dem neuen Soloalbum des HINTERLAND-DJs ABBY LEE TEE „byaccident“4 versüßen, auf dem es unter anderen auch den Gesang von FRIDA VAMOS zu hören gibt.
1 Online bestellbar bei SUBSTANCE Records unter: www.substance-store.com/news/new-releases/?tx_ttproducts_pi1[begin_at]=80&tx_ttproducts_pi1[backPID]=29&tx_ttproducts_pi1[product]=40452&cHash=e63cffa518 oder einfach beim Rothen Krebs Nachfolgelokal, dem Salonschiff Fräulein Florentine nachfragen
2 Besetztung: Dominik (Git), Grilli (Drums), Jana (Voc/Chimes), Jürgen (Bass), Lisa (Voc/Keyboard/Ukulele), Toni (Git)
Link: www.facebook.com/elisaworks
3 ALASKA auf Vimeo: vimeo.com/124198971
4 abbyleetee.bandcamp.com