Post von Lieselotte!
Christine Pavlic ist Künstlerin, Fahrradbotin und Kulturarbeiterin. Ein Tag ohne Fahrrad ist ihr mittlerweile fremd und sowieso kennt man sie schon einige Zeit, da sie mit ihrem Rennrad durch die Linzer Straßen fegt und Zustellungen erledigt. Über ihre Engagements plaudert sie mit Johannes Staudinger bei Jazz im Strom und einem musikalischen Ständchen von Kommando Elefant.
Als gebürtige Innsbruckerin, bist du damals schon mit dieser Fahrradaffinität nach Linz gekommen?
Gar nicht, weil ich habe in Innsbruck am Berg gewohnt, und da war es natürlich auch immer sehr mühsam. 2006 bin ich weggezogen, bevor der ganze Radsport-Hype nach Innsbruck gekommen ist. Ich war ein paar Mal mountainbiken, aber das war irgendwie nicht das meine. Nein, ich bin eigentlich total spät zum Radfahren gekommen, mit meinem Projekt der Lieselotte Maier hat es angefangen (Anm.: Kunstobjekt eines fahrradbetriebenen Katamarans). Weil ich draufgekommen bin, wie genial Räder sind, wie einfach sie sind, weil man sie so schnell verstehen kann und gut nutzen kann. Ursprünglich wollte ich ein Boot bauen und das Fahrrad ist dann als Mittel zum Zweck zum Einsatz gekommen. Da hab ich begonnen, mich mit Fahrrädern auseinanderzusetzen.
In welchem Kontext ist es zu dem Projekt mit dem Fahrradboot Lieselotte Maier gekommen und wie kamst du dann zu den Linzer Fahrradboten?
Angefangen hat es 2011 mit einer Vorlesung bei Leo Schatzl auf der Uni. Dort ist es um Wasser und öffentlichen Raum gegangen. Daraus ist die Idee entstanden, machen wir uns einfach unser eigenes Boot und veranstalten dann ein Wettrennen, also eine eigene Kür, welches Boot eleganter ist. Ich hab mich ab dem Zeitpunkt total reingefreakt, wobei ich am Ende die einzige war, die ein Boot gebaut hatte. Mir hat es aber so getaugt, ich hab dann gleich zwei Monate durchgebaut und viel Zeit aufgewendet. Dadurch konnte ich Kontakt zu vielen Radlleuten aufbauen. 2014 hab ich dann das Diplom gemacht und mir das erste Rennrad gekauft. Ein Pinarello, das war super! Nach drei Monaten war ich Fahrradbotin. Mich hat es voll ins Radfahren reingezogen! Eine Freundin, die vorher die einzige Radlbotin in Linz war, hat mich gefragt, ob ich nicht Fahrradbotin werden möchte. Ich hab noch gezögert, nein, nein, und dann doch, OK, ich mach es, voll cool!
Du bist dann gleich für die Green Pedals gefahren?
Ja!
Wie oft bist du als Botin im Einsatz?
Jetzt nur mehr einen Tag in der Woche. Früher bin ich zwei, drei Tage gefahren und jetzt mit meinem Job geht das einfach nicht mehr. Irgendwann muss man sich halt auch entscheiden.
Wie sieht euer Dienstplan aus?
Wir sind ein fixes Team, das heißt, es gibt einen fixen Plan mit kleinen Abweichungen. Wenn ich zum Beispiel an einem Montag nicht kann, springt jemand anderer ein. Wir sind ja nur zu zehnt, das heißt, es ist alles sehr familiär. Ein Arbeitstag dauert von acht bis siebzehn Uhr, man kann aber auch einen halben Tag bis eins fahren.
Welche Transporte werden von euch abgewickelt?
Kunden sind Druckereien, Grafikbüros, aber auch Ärzte, wo verschiedene Proben durch die Stadt transportiert werden. Es gibt Touren, da fährt man vier, fünf Ärzte an, und bringt dann die Proben zu einem Krankenhaus. Drucksorten, Dokumente, Blumen, Hüte, alles Mögliche transportieren wir. Ich hab sogar schon ein Gebiss transportiert.
Mittlerweile werden bei euch auch Lastenräder eingesetzt?
Ja, mit denen können wir bis zu 100 Kilo transportieren. Aber 100 Kilo hängen sich an. Wir haben nicht viele Fahrten mit so schweren Lasten, aber das ist dann schon eher grenzwertig. Das Gewicht muss ausbalanciert werden, aber es geht. Tagtäglich möchte ich nicht mit 100 Kilo herumfahren.
Was hältst du von dieser ganzen Lastenfahrradwelle? Mittlerweile steigen ja auch die großen Logistikfirmen auf Lastenfahrräder um?
Prinzipiell ist das super. Jedes Auto weniger, jedes Radl mehr auf der Straße ist super! Ist immer auch die Frage, wo es sich hin entwickelt. Bei der letzten Fahrradboten-Meisterschaft in Kopenhagen hab ich mir gedacht, cool, das ist dort einfach so selbstverständlich, da gibt es Lastenfahrradparkplätze vor den Geschäften, mit eingezeichneten Lastenfahrrädern am Boden. Aber auch bei uns in Linz sieht man jetzt schon viele Familien mit Kindern drinnen. Das ist in den letzten zwei Jahren erst so richtig gekommen. Es ist natürlich auch ein großes wirtschaftliches Interesse dahinter. Das wird es immer geben, aber für die Stadt und den Straßenverkehr finde ich es gut! Der Straßenverkehr in Linz ist natürlich etwas traurig, da muss sich was ändern.
Man muss sich als Radfahrer in Linz auch seinen Platz schaffen!
Wenn man als Radbote fährt und die ganze Zeit viel auf der Straße ist, da ärgert man sich nicht die ganze Zeit, da sucht man sich den schnellsten und einfachsten Weg. Während dem Botenfahren ärgere ich mich viel weniger über schlechte Radwege, als wenn ich privat fahre. Der Fahrstil als Botin ist einfach anders. Wenn du acht Stunden mit dem Fahrrad fährst, da fährst du anders. Da bleibst du nicht immer stehen und fährst auf dem Radweg und suchst dir einen gemütlichen Weg, sondern du fährst einfach.
Wie viele Frauen fahren bei den Linzer Fahrradboten?
Ich bin zwei Jahre alleine gefahren. Insgesamt sind wir jetzt bei Green Pedals und Veloteam zwischen sechs und acht Frauen. Was echt super ist, weil wie ich die zwei Jahre alleine gefahren bin, war das schon deprimierend. Es macht schon einen Unterschied, wenn mehr Frauen fahren. Weil, wenn einfach ständig mehr Frauen als Boten zu den Kunden kommen, dann ist das nicht mehr so was Besonderes. Es ist einfach normal. Früher gab es immer wieder so Sprüche, wo ich mir gedacht habe, in welchem Jahrhundert leben wir? Man merkt den Unterschied, dass es jetzt besser wird.
Du wirst weiterhin Fahrradbotin bleiben?
Derweil schon, es ist jetzt zwar etwas knapp von der Zeit, weil ich gerade meinen Diplomabschluss mache. Aber ich werde es sicher nicht aufgeben. Jetzt kommt ja dann die OERBM, die österreichische Radbotenmeisterschaft nach Linz.
Was kann man sich von der OERBM 2017 erwarten?
Eine super Location, die Postcity am Linzer Hauptbahnhof, und eine Mischung zwischen Sport und Fahrradkultur, es gibt eine Kunstausstellung in der Stadtwerkstatt, Partys, Goldsprint, Bikepolo, Mainrace, Forum, … Stattfinden wird das Ganze von Freitag, 23. bis Sonntag, 25. Juni!
Du bist auch bei der Bike Kitchen in der KAPU engagiert?
Ja, es gibt recht tolle, neue Tendenzen, nämlich, dass es ein paar motivierte Frauen gibt, die mehr Energie investieren wollen, und im Moment gibt es immer wieder FLIT-Workshops (Anm.: FLIT steht für Frauen, Lesben, Inter, Trans). Hierbei geht es darum, einen Raum zu schaffen, um Workshops anzubieten, in einem ruhigen Rahmen, wo Fahrrad-Basics erklärt und diskutiert werden. Jeden letzten Donnerstag im Monat treffen sich speziell Frauen bei der Bike Kitchen, sie kommen aus den unterschiedlichsten Bereichen, und es sind immer zwischen fünf und fünfzehn Teilnehmerinnen dabei. Das finde ich ziemlich lässig, dass es auch darum geht, möglichst vielen Leuten die Sicherheit zu geben bzw. ihnen beizubringen, sich das eigene Rad wieder selber herzurichten, die Basics kennenzulernen und weiterführend auch Spaß an der Maschine zu haben, dass es eine so easy Maschine ist, die so vielseitig nutzbar ist. Oder zum Beispiel auch, das taugt mir voll, haben einige von uns aus alten Laufrädern eine riesige Kuppel, Felge an Felge, gebaut, die dann einfach mit Bohnen und Hopfen bepflanzt wurde, ein begrüntes Laufradgebilde, das dann einfach mehr ist als das Fahrrad, das einen von A nach B bringt.
Am Ende stieß die Band Kommando Elefant vor ihrem Auftritt in der Stadtwerkstatt zu unserem Interview hinzu. Sie intonierten den 50 Jahre alten Klassiker „Bike“ von Pink Floyd: I’ve got a bike. You can ride it if you like. It’s got a basket, a bell that rings and things to make it look good. …
Lieselotte Maier: lieselottemaier.blogspot.co.at
OERBM 2017: oerbm2017.sccm.at
Fahrradbotendienst Green Pedals: www.greenpedals.at
Fahrradbotendienst Veloteam: veloteam.at
Steel City Cycle Messengers: www.sccm.at
Neue Förderung der Stadt Linz für Lastenfahrräder und Fahrradanhänger: www.linz.at
Die Stadt Linz unterstützt Privatpersonen, Fahrgemeinschaften, Betriebe/Organisationen (mit Standort bzw. Hauptwohnsitz in Linz) beim Kauf von Lastenfahrrädern, Elektro-Lastenfahrrädern und Fahrradanhängern.
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!