… some women actually find it attractive …

Frau weiß gar nicht, womit sie diesmal diese Kolumne beginnen soll – es tut sich ja so wahnsinnig viel auf dem Parkett der Frauenverachtung, und nicht immer ist sie auf den ersten Blick als solche erkennbar. Immerhin steht ja auch der Internationale Frauentag vor der Tür, Tageszeitungen werden womöglich einen Tag lang ausschließlich die weibliche Schreibweise verwenden (und werden damit ungewollt manifestieren, wie ungewöhnlich dies ist, „Zurück zur Normalität!“ würde es Heinz Mayer* verzweifelt formulieren). Und es werden wohl erneut erschreckende Zahlen veröffentlicht zu Themen wie: Frauen auf der Flucht, Mädchen in die Technik, häusliche Gewalt und gläserne Decke. Zu letzterem Thema haben an einem Wochenende bereits im Februar zwei Artikel versucht, mich darüber zu informieren, weshalb wir auf Geschlechtergerechtigkeit in österreichischen Führungsetagen noch länger warten werden. Einer war im Karriereteil des Standard zu finden, wo eine Studie aus dem Jahr 2016 präsentiert wurde, die darlegt, dass „Frauen gar nicht führen wollen“ (Frauen haben weniger Selbstbewusstsein. Frauen steuern weniger bewusst eine Führungsposition an). In der Tageszeitung Die Presse rät ein Human Resources Berater im Rahmen einer Diskussion zur „gläsernen Decke“ Frauen, doch „ruhig einmal narzisstisch“ zu sein. Beide Beispiele zeigen in erster Linie eines: jene Parameter, die definieren, was „führen“ in der gegenwärtigen Arbeitswelt bedeutet, geben nach wie vor Männer vor oder jene Frauen, die es nach männlichen Kriterien „geschafft“ haben, sich dadurch Männern gegenüber als „gleichwertig“ bewiesen haben und demzufolge als befähigt wahrgenommen werden, anderen Frauen in einer männlich dominierten Welt der Führungskräfte Ratschläge zu geben. Dass diese Kriterien, die „beruflichen Erfolg“ oder „Karriere“ definieren, obsolet sein könnten, daran wird kaum ein Gedanke verschwendet, im Gegenteil werden mit solchen Studien und Aussagen Grenzen des beruflichen Aufstiegs manifestiert, Grenzen, die bei Kinderwunsch oder Wunsch nach Arbeitszeitverkürzungen als „typisch weibliche“ Defizite bezeichnet werden, die durchaus auch abwertend auf Männer angewandt werden, wenn diese sich zum Beispiel für eine längere Karenzzeit oder verkürzte Arbeitszeiten entscheiden würden. Von Rahmenbedingungen, die die Kompetenzen, Bedürfnisse und Lebensentwürfe aller Geschlechter ernstnehmen und mitdenken würden, sind wir weiter entfernt denn je. (Auch dank manch konservativer Jungpolitikerin, die bei frauenpolitisch relevanten Themen offenbar eher an Heidi Klum als an Johanna Dohnal denkt.) Es heißt: Frauen, lernt von Männern, die machen’s richtig. Da wird nicht Kritik an starren Bedingungen formuliert, sondern Kritik an jenen Frauen (gleichermaßen dadurch auch an „führungsunwilligen“ Männern), die sich nicht einlassen wollen auf ein uninspiriertes, phantasieloses und sehr unmodernes Bild einer „Karriere“ im klassischen Sinn. Im Rahmen einer so engen Denke können Frauen also nur führen und reüssieren, wenn sie es den Männern gleichmachen, oder gar die „besseren Männer“ sind, um gleich noch ein nicht totzukriegendes Stereotyp zu bemühen. Unter diesem Gesichtspunkt wird nachvollziehbar, wie es passieren kann, dass eine sehr erfolgreiche Frau nach über 10 Jahren in Führungsverantwortung mit den Worten „Das haben wir dir zu Beginn gar nicht zugetraut“ öffentlich verabschiedet wird. Und der Betreffende das nicht einmal böse meint. Und die betreffende Frau einmal mehr ihre Stärke beweist, indem sie den Satz nonchalant überhört. Und dennoch bleiben Aussagen wie diese nichts anderes als Beispiele für einen strukturellen Sexismus, der Frauen damit beschäftigt hält, sich aus einer Schublade nach der anderen zu befreien.

Generell gilt: Bevor ich über Frauen, die nicht nach überkommenen Kriterien „führen“ wollen, urteilen möchte und darüber, ob sich eine Quote für Frauen unter Umständen auch negativ auswirken könnte, will ich erst einmal hinterfragen, auf welcher Basis eigentlich die Jahrhunderte lang etablierte Männerquote sich legitimiert und ob der angeblich „männliche“ Führungsstil noch adäquat ist in einer Welt, die eigentlich nichts weniger braucht als dünnhäutige, „typisch“ männliche Autokraten.

Er sei für eine 100% Quote für Frauen in allen Gremien, Interessensvertretungen, Regierungen und Aufsichtsräten, meinte ein Freund kürzlich. Denn, wenn eines klar sei, dann: „Wir haben es verkackt“. Es sei, betont er, spätestens nach Trump wohl für jeden sichtbar, wie wenig weit Männer die Welt im positiven Sinn gebracht hätten. Und wie möglichst schnell sie ihnen entrissen werden sollte. Bis es soweit ist, richte ich mich an Facebook-Seiten wie Man who has it all immer wieder auf. Es ist das Gegenteil der gutgemeinten „für-einen-Tag-gendergerechten-Schreibweise“ am Internationalen Frauentag. Es ist böse, sarkastisch und sexistisch. Nur in die andere Richtung halt: To all intelligent men. Don’t be AFRAID of your Intelligence. It’s OK to be a man and be intelligent. Some women actually find it attractive.**

 

* Heinz Mayer und Eva Blimlinger über das Binnen I, ORF 2, ZIB 2, 15. 7. 2014

** Man who has it all, facebook, 4. 11. 2015

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